Leitsatz (amtlich)
Die Höhe der Beschwer eines zur Rechnungslegung verurteilten Beklagten ist jedenfalls dann nach den Kosten für eine Fremdleistung zu bemessen, wenn er glaubhaft macht, aus Alters- oder Krankheitsgründen zur Eigenleistung nicht in der Lage zu sein.
Normenkette
ZPO §§ 3, 511a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 12. April 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 5.000,– DM
Gründe
I. Mit der Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten Rechnungslegung und Einsicht in die Abrechnungsunterlagen über die Verwaltung zweier bebauter Grundstücke in O. und I., die im Miteigentum der Prozeßparteien standen und vor längerer Zeit veräußert worden sind. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat den Streitwert der Berufung des Beklagten auf 1.300,– DM festgesetzt und diese gemäß §§ 511 a Abs. 1, 519 b ZPO durch Beschluß als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.
II. Die gemäß §§ 519 b Abs. 2, 569 Abs. 1, 577 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes durch die erstinstanzliche Verurteilung des Beklagten den Betrag von 1.500,– DM (§ 511 a Abs. 1 ZPO). Die Berufung ist daher zulässig.
1. Zwar geht das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, daß der Wert der Beschwer des zu einer Auskunft verurteilten Beklagten sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten bemißt, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert (BGHZ 128, 85, 87 ff.); ein Geheimhaltungsinteresse des Beklagten ist hier nicht ersichtlich. Was die Bemessung der Beschwer mit einem Betrag unterhalb der Berufungssumme des § 511 a Abs. 1 ZPO angeht, so kann das Revisionsgericht nur prüfen, ob das Berufungsgericht von dem ihm in § 3 ZPO eingeräumten freien Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht, insbesondere für die Bewertung maßgebliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 28. November 1990 – VIII ZB 27/90, WM 1991, 657; Urt. v. 24. Juni 1999 – IX ZR 351/98, NJW 1999, 3050). Das ist hier der Fall.
2. a) Soweit das Berufungsgericht den nach erstinstanzlicher Rechnungslegung des Beklagten über das Objekt in O. verbleibenden Aufwand zur Ermöglichung der Einsichtnahme des Klägers in die bei dem Steuerberater beider Parteien befindlichen Abrechnungsunterlagen für dieses Objekt mit 100,– DM bewertet, berücksichtigt es schon nicht, daß das Landgericht insoweit ausweislich seiner Entscheidungsgründe von einer noch nicht erfüllten Verpflichtung des Beklagten zur Vorlage von Belegen gemäß § 259 Abs. 1 BGB ausgegangen ist. Daß das Landgericht den Beklagten gleichwohl uneingeschränkt zu (erneuter) Rechnungslegung verurteilt hat, mag für die Höhe der Beschwer weniger ins Gewicht fallen, weil der Beklagte insoweit auf die in seinem Auftrag (zum Preis von 2.143,68 DM) bereits gefertigte Abrechnung des Steuerberaters zurückgreifen kann.
b) Zur Glaubhaftmachung des Aufwandes für die noch nicht gefertigte Abrechnung für das Objekt in I. hat der Beklagte dem Berufungsgericht 13 Leitzordner mit Abrechnungsunterlagen aus der Zeit von 1987 bis 1999 vorgelegt. Nach Ansicht des Berufungsgerichts rechtfertigt der Umfang der Unterlagen keinen höheren Abrechnungsaufwand als 1.200,– DM, weil diese zur Rechnungslegung überwiegend nicht erforderlich seien und der Beklagte die Abrechnungen für die einzelnen Jahre bis zum Verkauf des Grundstücks (Ende 1997) auch nicht erstmals erstellen müsse; denn sie seien bereits in Abrechnungen gegenüber den Pächtern sowie insbesondere in die Steuererklärungen der vergangenen Jahre eingeflossen, wie die bei den Aktenordnern befindlichen Zahlenkolonnen zeigten.
Abgesehen davon, daß es an einer Schätzung des für die Abrechnung erforderlichen Zeitaufwandes fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 24. Juni 1999 aaO), läßt das Berufungsgericht ermessensfehlerhaft außer Betracht, daß zur Rechnungslegung zunächst einmal die Unterlagen in den Ordnern gesichtet, auf ihre Relevanz für die Abrechnung geprüft und den Zahlenkolonnen zugeordnet oder zur Bildung zusätzlicher Abrechnungsposten herangezogen werden müssen, was eine zumindest teilweise Wiederholung des Abrechnungsaufwandes für viele zurückliegende Jahre erfordert. Vor allem aber hat das Berufungsgericht den Hinweis des Klägers nicht gebührend berücksichtigt, daß bereits die nur den Zeitraum von 1987 bis 1991 umfassende Abrechnung des Steuerberaters für das Objekt in O. vom 2. September 1998 – trotz der offensichtlich auch für dieses Objekt in der Vergangenheit gefertigten Steuererklärungen – einen mit der vorgelegten Rechnung belegten Kostenaufwand von mehr als 2.000,– DM verursacht habe und die einen erheblich längeren Zeitraum umfassende Abrechnung für das Objekt in I. einen entsprechend höheren Kostenaufwand erfordere. Soweit das Berufungsgericht den (1925 geborenen) Kläger auf ihm zuzumutende Eigenleistungen (ohne Inanspruchnahme des Steuerberaters) verweist, läßt es seinen durch Vorlage eines ärztlichen Attestes vom 15. Dezember 1999 glaubhaft gemachten Vortrag außer acht, wonach er aufgrund einer schweren Herzkrankheit und der Folgen einer Herzoperation die erforderlichen Abrechnungsarbeiten nicht mehr selbst leisten kann.
3. Da die ermessensfehlerhafte Schätzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§§ 3, 511 a ZPO) durch das Berufungsgericht den Senat nicht bindet, kann er die Schätzung selbst vornehmen. In Relation zu den Abrechnungskosten für das Objekt in O. erscheint ein Betrag von 5.000,– DM angemessen (§ 3 ZPO).
Unterschriften
Röhricht, Hesselberger, Goette, Kurzwelly, Kraemer
Fundstellen
Haufe-Index 547367 |
NJW 2001, 1284 |
BGHR 2001, 398 |
BGHR |
EBE/BGH 2001, 82 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 826 |
MDR 2001, 709 |
www.judicialis.de 2001 |