Leitsatz (amtlich)
Die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG erstreckt sich auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der ein Betreuerwechsel abgelehnt worden ist (im Anschluss an BGH v. 7.5.2014 - XII ZB 138/13, FamRZ 2014, 1191).
Normenkette
FamFG § 303 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 07.05.2014; Aktenzeichen 12 T 94/14) |
AG Mülheim a.d. Ruhr (Entscheidung vom 25.03.2014; Aktenzeichen 5 XVII 309/13) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerden der weiteren Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des LG Duisburg vom 7.5.2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 5.000 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Beteiligten zu 2) und 3), Tochter und Enkelin der Betroffenen, begehren einen Wechsel deren Betreuers.
Rz. 2
Sie haben angeregt, anstelle eines Berufsbetreuers (des Beteiligten zu 1) die Enkelin der Betroffenen zur Betreuerin zu bestellen. Das AG hat einen Betreuerwechsel abgelehnt. Das LG hat die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) als unzulässig verworfen. Hiergegen richten sich ihre zugelassenen Rechtsbeschwerden.
II.
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerden sind begründet.
Rz. 4
1. Das LG vertritt die Auffassung, dass nahe Angehörige i.S.v. § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG gegen die Ablehnung ihrer Anregung, einen Betreuer nach § 1908b Abs. 1 BGB zu entlassen, keine Beschwerdeberechtigung haben, weil sie nicht in einem eigenen Recht unmittelbar verletzt seien. Das gelte auch, wenn ein Angehöriger das Ziel verfolge, selbst als neuer Betreuer bestellt zu werden. In solchen Fällen richte sich die Beschwerdeberechtigung anders als bei der erstmaligen Bestellung eines Betreuers allein nach § 59 Abs. 1 FamFG. Bei der Ablehnung eines Betreuerwechsels handle es sich nicht um eine Maßnahme i.S.v. § 303 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FamFG.
Rz. 5
2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rz. 6
a) Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass der Kreis der Entscheidungen, die Gegenstand einer Beschwerde des durch § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG privilegierten Personenkreises sein können, durch die Neuregelung der Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG in gleichem Umfang eine Erweiterung erfahren hat wie das Beteiligungs- und Beschwerderecht der Betreuungsbehörde durch die Regelungen in § 303 Abs. 1 FamFG und § 274 Abs. 3 FamFG. Deshalb erstreckt sich die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der ein von ihnen angeregter Betreuerwechsel vom AG abgelehnt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Senatsbeschluss vom 7.5.2014 verwiesen (XII ZB 138/13, FamRZ 2014, 1191 Rz. 9 ff.).
Rz. 7
b) Auf dieser rechtlichen Grundlage kann die Entscheidung des LG keinen Bestand haben. Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Beteiligten zu 2) und 3) im erstinstanzlichen Verfahren gem. § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG beteiligt wurden (vgl. zur Form der Beteiligung BGH v. 9.4.2014 - XII ZB 595/13, FamRZ 2014, 1099 Rz. 11). Zwar können sich die Beteiligten zu 2) und 3) nicht auf eine Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 1 FamFG berufen. Jedoch steht ihnen die Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zur Seite, sofern die Beschwerde im Interesse des Betroffenen erfolgt. Ob dem - entgegen der Auffassung des AG - so ist, wird das LG noch zu prüfen haben.
Rz. 8
3. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil die Sache noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. § 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG). Sie ist deshalb an das LG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 8193902 |
NJW 2015, 6 |
EBE/BGH 2015 |
FamRZ 2015, 701 |
FuR 2015, 671 |
FGPrax 2015, 266 |
BtPrax 2015, 203 |
JZ 2015, 500 |
MDR 2015, 1029 |
Rpfleger 2015, 704 |
NJOZ 2016, 124 |