Verfahrensgang
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten als unzulässig zu verwerfen.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Klägerin verpflichtete sich mit Vertrag vom 10. November 2016 gegenüber dem Beklagten, eine bestimmte Anzahl von Verstärkerplatten für Scharniere von Fahrzeugtüren (sogenannte Plates) an eine Auftraggeberin des Beklagten zu liefern. Nachdem die Lieferung erfolgt war, rügte der Beklagte, dass ein Teil der Plates mangelhafte Gewinde aufweise. Die Klägerin versprach Nacherfüllung, verlangte aber vorab die Bezahlung des anteiligen Preises (in Höhe von 4.387,56 €) für diejenigen gelieferten Plates, die nicht bemängelt wurden. Dem kam der Beklagte nach. Die Klägerin nahm die zugesagte Nacherfüllung indes - auch nachdem der Beklagte sie unter Fristsetzung dazu aufgefordert hatte - nicht vor. In der Folge erklärte der Beklagte den teilweisen Rücktritt vom Vertrag.
Rz. 2
Die Klägerin hat sich auf den Standpunkt gestellt, die von ihr gelieferten Plates seien mangelfrei gewesen, und hat die Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 5.612,44 € sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, verlangt. Der Beklagte hat geltend gemacht, ihm seien infolge der Mangelhaftigkeit der Plates ein - bereits bezifferbarer - Schaden in Form entgangenen Gewinns aus dem Geschäft mit seiner Auftraggeberin in Höhe von 2.766,39 € entstanden sowie deshalb weitere Gewinne in fünfstelliger Größenordnung entgangen, weil es sich bei dem in Rede stehenden Auftrag um einen Testlauf gehandelt habe, dem eine jahrelange Produktionsserie habe folgen sollen. Er hat widerklagend außer der Zahlung des genannten Betrags nebst Zinsen sowie der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten die Feststellung begehrt, dass die Klägerin verpflichtet sei, ihm jeden Schaden zu ersetzen, der Folge des Unterlassens einer Nachbesserung derjenigen gelieferten Plates sei, die mangelhaft gewesen seien.
Rz. 3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage hin - unter deren Abweisung im Übrigen - zur Zahlung von 1.437 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung der - noch nicht bezahlten und nach Meinung des Beklagten mangelhaften - Plates verurteilt. Die Berufung des Beklagten, mit der er sich gegen die Abweisung seiner Feststellungswiderklage und im Hinblick auf seine Zahlungswiderklage ausschließlich gegen die im Wege der Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgte Teilabweisung seines auf uneingeschränkte Verurteilung gerichteten Klageziels gewendet hat, hat keinen Erfolg gehabt. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Mit der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter.
II.
Rz. 4
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Denn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 € nicht (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Rz. 5
a) Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln (Senatsbeschlüsse vom 18. April 2023 - VIII ZR 421/21, juris Rn. 9; vom 6. Dezember 2022 - VIII ZR 30/22, juris Rn. 6; vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn. 15; vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, juris Rn. 8; jeweils mwN). Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (Senatsbeschlüsse vom 18. April 2023 - VIII ZR 421/21, aaO; vom 6. Dezember 2022 - VIII ZR 30/22, aaO; vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, aaO; vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, aaO; jeweils mwN). Als Grundlage hierfür dienen nur solche Tatsachen, die der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Dezember 2022 - VIII ZR 30/22, aaO; vom 30. März 2021 - VIII ZR 345/19, juris Rn. 4 mwN) oder die jedenfalls in Verbindung mit der Berufungsentscheidung offenkundig sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2022 - VIII ZR 30/22, aaO; vom 24. März 2022 - V ZR 149/21, NJW 2022, 2195 Rn. 7).
Rz. 6
Entscheidend für die Bewertung der Beschwer einer Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beziehungsweise - in den Fällen einer Berufungszurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO - der Zeitpunkt, bis zu dem das Berufungsgericht Vortrag der Parteien bei seinem Beschluss berücksichtigen musste (BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR 180/10, NJW-RR 2011, 1528 Rn. 13 mwN; Beschluss vom 14. Februar 2023 - VIII ZR 268/21, juris Rn. 5), und zwar nach Maßgabe der dem Parteivorbringen zu diesem Zeitpunkt zugrundeliegenden tatsächlichen Angaben zum Wert (Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn. 15; vom 1. März 2016 - VIII ZR 129/15, juris Rn. 2). Dem Beschwerdeführer ist es verwehrt, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die von ihm gemachten Angaben zu korrigieren, um die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu überschreiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3; vom 1. März 2016 - VIII ZR 129/15, aaO; vom 19. Oktober 2017 - VI ZR 19/17, juris Rn. 5; vom 17. November 2020 - VIII ZR 154/19, juris Rn. 5; vom 2. Dezember 2021 - III ZR 62/21, juris Rn. 5; jeweils mwN). Hat er insoweit keine verlässlichen oder vollständigen Angaben gemacht und hat das Berufungsgericht den Streitwert deshalb unter Zugrundelegung seiner unvollständigen Angaben geschätzt, so ist er ebenfalls gehindert, die diesem Streitwertbeschluss zugrundeliegenden Annahmen mit neuem Vortrag in Frage zu stellen, um den Wert der Beschwer zu erhöhen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, aaO; vom 2. Dezember 2021 - III ZR 62/21, aaO).
Rz. 7
b) Mit der Revision, deren Zulassung der Beklagte erstrebt, verlangt er einerseits die Beseitigung der im landgerichtlichen Urteil - hinsichtlich des ihm zuerkannten Zahlungsanspruchs - ausgesprochenen Zug-um-Zug-Verurteilung und verfolgt andererseits sein bislang erfolgloses Feststellungsbegehren weiter. Der sich daraus ergebende Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt den Betrag von 20.000 € entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht.
Rz. 8
aa) Noch zutreffend geht die Nichtzulassungsbeschwerde davon aus, dass die Beschwer des Beklagten im Hinblick auf die Zug-um-Zug-Verurteilung, deren Beseitigung er erstrebt, mit (höchstens) 1.437 € zu bemessen ist.
Rz. 9
Das Interesse einer Partei an der Beseitigung einer - mit einer Teilabweisung ihres Klageziels auf uneingeschränkte Verurteilung verbundenen - Zug-um-Zug-Verurteilung bemisst sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, weshalb es grundsätzlich auf den Wert der zu erbringenden Gegenleistung ankommt (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06, WuM 2007, 395 unter 2 a; vom 7. April 2009 - VIII ZB 94/08, NJW-RR 2010, 492 Rn. 2; siehe auch BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 8 ff. [zur Berufungsbeschwer]). Der Wert des Beschwerdegegenstands ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings stets durch den Wert des Klageanspruchs nach oben begrenzt (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. April 2009 - VIII ZB 94/08, aaO; vom 2. Februar 2017 - V ZR 49/15, juris Rn. 2; jeweils mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. März 2017 - V ZR 243/16, juris Rn. 6).
Rz. 10
Danach scheidet insoweit eine Bewertung der Beschwer des Beklagten mit mehr als 1.437 € - wie auch die Nichtzulassungsbeschwerde erkennt - schon deshalb aus, weil die Klägerin (lediglich) zur Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung von näher bezeichneten Plates, verurteilt worden ist.
Rz. 11
bb) Die Beschwer des Beklagten infolge der Abweisung seines daneben geltend gemachten Feststellungsbegehrens ist unter Zugrundelegung des insoweit maßgeblichen Vorbringens der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen ihrer Auffassung nicht mit 19.600 €, sondern - wegen des bei einer positiven Feststellungsklage stets vorzunehmenden Abschlags von 20 Prozent - mit (nur) 15.680 € zu bemessen.
Rz. 12
(1) Die Nichtzulassungsbeschwerde führt zur diesbezüglichen Beschwer des Beklagten unter Heranziehung der Begründung des Landgerichts für die - vom Berufungsgericht insoweit übernommene - Festsetzung des Streitwerts der Feststellungswiderklage auf 19.600 € aus, der dem Beklagten - aus seiner Sicht infolge einer Pflichtverletzung der Klägerin - entgangene Gewinnanteil habe 20 Prozent des Werts der Lieferung von weiteren 3.500 Satz Plates in Höhe von insgesamt 98.000 €, mithin 19.600 € betragen.
Rz. 13
Ausgehend hiervon lässt die Nichtzulassungsbeschwerde außer Acht, dass sich der Streitwert - was auch die Vorinstanzen übersehen haben - für den diesbezüglichen Widerklageantrag und ebenso die vorliegend hiermit übereinstimmende Beschwer des Beklagten mit Blick darauf, dass dieser nicht eine Leistungsklage, sondern eine positive Feststellungsklage erhoben hat, unter Berücksichtigung eines Abschlags in Höhe von 20 Prozent bemisst (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, juris Rn. 20 mwN; vom 21. Februar 2017 - XI ZR 88/16, NJW 2017, 2343 Rn. 12, 18). Es ergibt sich hier demnach hinsichtlich der - bisher erfolglosen - Feststellungswiderklage des Beklagten eine Beschwer von (nur) 15.680 €.
Rz. 14
(2) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde andeutet, die Vorinstanzen hätten den mit der Feststellungswiderklage geltend gemachten, im Schätzwege ermittelten entgangenen Gewinn des Beklagten möglicherweise auch mit einem höheren Betrag ansetzen können, etwa weil die Auftraggeberin des Beklagten - den Angaben eines vom Landgericht vernommenen Zeugen zufolge - über einen Zeitraum von zumindest zehn Jahren etwa 100 bis 125 Satz Plates pro Woche bei dem Beklagten habe bestellen wollen, ist dieses Vorbringen nach Maßgabe der oben aufgezeigten Rechtsprechungsgrundsätze für die hiesige Bemessung der Beschwer des Beklagten ohne Belang. Denn die Bewertung des von dem Beklagten mit seiner Feststellungswiderklage geltend gemachten entgangenen Gewinns durch das Berufungsgericht, das insoweit der Beurteilung durch das Landgericht gefolgt ist, beruhte auf der in der Widerklageschrift gemachten Angabe des Beklagten, seine Auftraggeberin hätte im Fall der vertragsgemäßen Leistung durch die Klägerin "bis dato [weitere] 3.500 bis 4.000 Satz" Plates bei ihm bestellt; den hierauf entfallenden Gegenstandswert hat der Beklagte dort mit gut 12.000 € angegeben.
Rz. 15
Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass er dem Umstand, dass das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht den behaupteten entgangenen Gewinn des Beklagten daraufhin unter Zugrundelegung eines (fiktiven) Auftragsvolumens von 3.500 Plates mit 19.600 € (20 % von 98.000 €) bemessen hat, in den Vorinstanzen entgegengetreten wäre.
Rz. 16
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Dr. Bünger |
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Kosziol |
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Wiegand |
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Dr. Matussek |
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Messing |
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Hinweis:
Das Verfahren ist aufgrund Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen worden.
Fundstellen
Dokument-Index HI16241400 |