Leitsatz (amtlich)

Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers wird gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt, wenn der Auftragnehmer zur Aufklärung von Werkmängeln ein selbständiges Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife seiner Werkleistungen und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs nachweisen zu können.

 

Normenkette

BGB § 204 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Entscheidung vom 30.05.2011; Aktenzeichen 17 U 152/10)

LG Dortmund (Urteil vom 19.08.2010; Aktenzeichen 12 O 160/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 34.073,44 EUR

 

Gründe

I.

Rz. 1

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Werklohn in Anspruch. Die Parteien streiten ausschließlich darüber, ob die Werklohnforderungen verjährt sind.

Rz. 2

Der Beklagte beauftragte die Klägerin im Jahre 2001 zunächst mit dem Einbau von Fenstern, dann auch mit der Montage von Zimmertüren. Nach Beendigung der Arbeiten erteilte die Klägerin dem Beklagten unter dem 27.3.2003 Schlussrechnungen über 17.236,94 EUR und 16.836,50 EUR, insgesamt 34.073,44 EUR. Der Beklagte zahlte unter Verweigerung der Abnahme nicht und erhob umfangreiche Mängelrügen. Daraufhin führte die Klägerin Nachbesserungsarbeiten durch. Mit Schreiben vom 18.5.2004 verlangte sie die Abnahme der Werkleistungen bis Ende Mai 2004. Das lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 27.5.2004 unter Hinweis auf eine mit diesem Schreiben überreichte Mängelliste ab. Mit Schriftsatz vom 17.9.2004 leitete die Klägerin beim LG ein selbständiges Beweisverfahren zur Klärung der Frage ein, ob die vom Beklagten bezeichneten Mängel vorhanden seien. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das selbständige Beweisverfahren Ende April 2007 beendet.

Rz. 3

Das LG hat die im April 2009 erhobene Werklohnklage der Klägerin wegen Verjährung abgewiesen. Auf die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er weiterhin die Abweisung der Klage erreichen will.

II.

Rz. 4

Das Berufungsgericht geht für seine Entscheidung davon aus, dass das von der Klägerin eingeleitete selbständige Beweisverfahren gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB zu einer Hemmung der Verjährung ihrer Werklohnforderungen geführt hat. Der Beklagte meint, damit habe das Berufungsgericht die höchstrichterlich bisher nicht geklärte, in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur umstrittene Frage beantwortet, ob ein vom Auftragnehmer zur Klärung der Mängelfreiheit seiner Werkleistungen eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB die Verjährung seiner Werklohnforderungen hemmt.

Rz. 5

Das rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die Rechtssache hat entgegen der Auffassung des Beklagten keine grundsätzliche Bedeutung, weil der von ihm aufgezeigte Meinungsstreit den vorliegenden Fall nicht betrifft. Deshalb ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts in diesem Punkt auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 ZPO.

Rz. 6

Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob ein vom Auftragnehmer zur Klärung der Mängelfreiheit eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB zur Hemmung der Verjährung seines Vergütungsanspruchs führt (dagegen: OLG Saarbrücken NJW-RR 2006, 163 [164]; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., Teil 2 Rz. 139; Lenkeit, BauR 2002, 196; Heinrich in Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 204 Rz. 30; Grothe in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 204 Rz. 44; Vogel in jurisPR-PrivBauR 6/2008, Anm. 4 E; dafür insb.: Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl., Teil B, Anh. 3 Rz. 41 m.w.N.; Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 13. Aufl., § 204 Rz. 20). Hintergrund für diesen Meinungsstreit ist der sich aus der Rechtsprechung des BGH ergebende Grundsatz, dass die Hemmungswirkung des selbständigen Beweisverfahrens nur solche Ansprüche betrifft, für deren Nachweis die vom Gläubiger zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemachten Tatsachenbehauptungen von Bedeutung sind (BGH, Urt. v. 29.1.2008 - XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rz. 30; vgl. auch zum alten Recht: BGH, Urt. v. 3.12.1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329 [331]; Urt. v. 4.3.1993 - VII ZR 148/92, BauR 1993, 473 = ZfBR 1993, 182; Urt. v. 21.12.2000 - VII ZR 407/99, BauR 2001, 674 = NZBau 2001, 201 = ZfBR 2001, 183). Daran könnte es fehlen, wenn der Auftragnehmer die Mangelfreiheit aufklären lassen will, um Mängelrechte des Auftraggebers abzuwehren. Das wiederum ist regelmäßig der Fall, wenn seine Werkleistungen abgenommen sind und sein Vergütungsanspruch fällig geworden ist. Gerade darauf stellen das OLG Saarbücken (a.a.O.) und ersichtlich auch die ihm folgende Literaturmeinung ab.

Rz. 7

Hier liegen die Dinge anders. Die Klägerin hat das selbständige Beweisverfahren eingeleitet, nachdem der Beklagte die bis Ende Mai 2004 verlangte Abnahme unter Hinweis auf angebliche Mängel verweigert hatte. Die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs hing gem. § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB also davon ab, nachweisen zu können, dass die behaupteten Mängel nicht vorlagen und der Beklagte hätte abnehmen müssen. Für derartige Fallkonstellationen, in denen der Auftragnehmer die Mangelfreiheit seiner Werkleistungen in einem selbständigen Beweisverfahren klären lassen will, um seinen Vergütungsanspruch gerichtlich durchsetzen zu können, führt die Einleitung eines solchen Verfahrens nach einhelliger Auffassung dazu, dass die Verjährung des Vergütungsanspruchs gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt wird (vgl. Kniffka/Schmitz, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 30.9.2011, § 634a Rz. 126; Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl., Teil B, Anh. 3 Rz. 41; Lakkis, jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 204 Rz. 9.1; Weyer, BauR 2001, 1807 [1811]; Heinrichs, BB 2001, 1417 [1421]). Das Berufungsgericht hat diese Rechtsfrage zutreffend in eben diesem Sinne beantwortet. Sie bedarf keiner weiteren Klärung.

III.

Rz. 8

Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, Halbs. 2 ZPO).

 

Fundstellen

NJW 2012, 1140

NJW 2012, 6

BauR 2012, 803

BauR 2013, 860

EBE/BGH 2012, 83

CR 2012, 305

IBR 2012, 237

JurBüro 2012, 387

WM 2012, 1931

AnwBl 2012, 97

MDR 2012, 458

VersR 2012, 733

ZfBR 2012, 365

NJW-Spezial 2012, 173

NZBau 2012, 228

NZBau 2012, 6

FMP 2012, 57

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