Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 21. April 2004 und der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 10. Februar 2004 aufgehoben.
Die Vergütung des weiteren Beteiligten wird auf 1.151,65 Euro festgesetzt.
Die Schuldnerin trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 158,85 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Der weitere Beteiligte ist mit Beschluss vom 22. Dezember 2000 (GA I 166) zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden. Am 7. Oktober 2002 (GA II 300) legte er die Schlussrechnung, den Verteilungsvorschlag sowie das Schlussverzeichnis vor und stellte einen Vergütungsantrag. Am 10. Dezember 2003 bestimmte das Insolvenzgericht einen weiteren Prüfungstermin sowie den Schlusstermin auf den 11. März 2004 (GA II 346 f). Am 28. Januar 2004 reichte der weitere Beteiligte eine berichtigte Schlussrechnung und einen weiteren Vergütungsantrag ein, mit dem er – ausgehend von einer Insolvenzmasse von 4.564,59 Euro – eine Vergütung von 684,69 Euro nebst Umsatzsteuer sowie Auslagenpauschalen für vier Jahre nebst Umsatzsteuer, insgesamt also einen Betrag von 1.151,65 Euro verlangte; den Vergütungsantrag vom 7. Oktober 2002 nahm er zurück.
Rz. 2
Mit Beschluss vom 10. Februar 2004 hat das Insolvenzgericht die Vergütung in der Hauptsache antragsgemäß festgesetzt, Auslagenpauschalen jedoch nur für zwei Jahre – für den Zeitraum von der Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens bis zum Eingang der ersten Schlussrechnung am 7. Oktober 2002 – bewilligt (GA II 378). Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der weitere Beteiligte die Festsetzung weiterer 158,85 Euro als Auslagenersatz, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 64 Abs. 3, § 313 Abs. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie führt zur Festsetzung der beantragten Auslagenpauschalen für weitere zwei Jahre nebst Umsatzsteuer (§ 8 Abs. 3, § 7 InsVV a.F.).
Rz. 4
1. Gemäß §§ 10, 8 Abs. 3 InsVV a.F. kann der Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren nach seiner Wahl anstelle der tatsächlich entstandenen Auslagen einen Pauschsatz fordern, der im ersten Jahr 15 %, in den folgenden Jahren jeweils 10 % der gesetzlichen Vergütung beträgt. Das Amt des Verwalters endet in der Regel erst mit Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens. Grundsätzlich kann die Auslagenpauschale bis zu diesem Zeitpunkt verlangt werden (BGH, Beschl. v. 2. Februar 2006 – IX ZB 167/04, z.V.b.). Der weitere Beteiligte ist am 22. Dezember 2000 zum Treuhänder bestellt worden. Aufgehoben worden sein kann das Verfahren erst nach dem Schlusstermin am 11. März 2004. Der weitere Beteiligte war also mehr als drei Jahre lang als Treuhänder tätig. Er hat damit Anspruch auf die Auslagenpauschale für insgesamt vier Jahre. Die Grenze des § 8 Abs. 3 InsVV a.F. – höchstens 250 Euro pro angefangenen Monat – wird auch für das vierte Jahr der Tätigkeit des weiteren Beteiligten nicht erreicht.
Rz. 5
2. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Verwalter die Auslagenpauschale allerdings nur für denjenigen Zeitraum fordern, in dem er insolvenzrechtlich notwendige Tätigkeiten erbracht hat (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 – IX ZB 255/03, WM 2004, 1881, 1882; Beschl. v. 2. Februar 2006 – IX ZB 167/04, z.V.b.). Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen endet dieser Zeitraum jedoch nicht zwingend bereits mit der Vorlage der Schlussrechnung. Bis zum Schlusstermin können weitere Aufgaben anfallen, die der Verwalter zu erledigen hat. Das zeigt gerade der vorliegende Fall. Als die Schlussrechnung schon vorlag, hat das Insolvenzgericht noch einen Termin zur Prüfung angemeldeter Forderungen angesetzt. Die Schlussrechnung musste überarbeitet werden, nachdem eine Forderungsanmeldung nachträglich korrigiert worden war. Wegen der langen Verfahrensdauer hat der weitere Beteiligte schließlich alle Gläubiger schriftlich zur Aktualisierung ihrer Bankverbindung aufgefordert; er hatte außerdem die Veröffentlichung der Summe der Forderungen und des für die Verteilung verfügbaren Betrages aus der Insolvenzmasse zu veranlassen (§ 188 Satz 3 InsO). Im Schlusstermin am 11. März 2004 hat er den Schlussbericht erstattet und die Schlussrechnung erläutert.
Rz. 6
3. Keine zusätzliche Auslagenpauschale kann ein Verwalter allerdings dann verlangen, wenn er das Verfahren ohne sachlichen Grund verzögert hat. Maßgebend ist dann derjenige Zeitpunkt, bis zu dem das Insolvenzverfahren bei angemessener, zügiger Bearbeitung durch den Verwalter abgeschlossen worden wäre (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004, aaO; Beschl. v. 2. Februar 2006
– IX ZB 167/04, z.V.b.). Im vorliegenden Fall ist das Verfahren mehr als ein Jahr lang – zwischen dem 7. Oktober 2002 und dem 10. Oktober 2003 – ohne erkennbaren Grund nicht betrieben worden. Dass der weitere Beteiligte diese Verzögerung verursacht hätte, haben die Vorinstanzen jedoch nicht festgestellt; dafür gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte. Anlass, die Abrechnung der Auslagen gemäß § 8 Abs. 3 InsVV a.F. einzuschränken, besteht daher nicht.
III.
Rz. 7
Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen erfolgt nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis (§ 577 Abs. 5 ZPO). Die Sache ist zur Endentscheidung reif. Für das dritte und das vierte Jahr der Treuhänderschaft kann der weitere Beteiligte jeweils die Pauschale gemäß § 8 Abs. 3 InsVV a.F. in Höhe von 10 % der Nettovergütung von 684,69 Euro abrechnen. Zuzüglich der Umsatzsteuer (§ 7 InsVV) ergibt sich ein zusätzlich festzusetzender Betrag von 158,85 Euro.
Fundstellen
Haufe-Index 2833543 |
ZInsO 2006, 424 |