Normenkette

ZPO § 78 Abs. 1, § 78b

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Beschluss vom 04.08.2020; Aktenzeichen 10 U 135/20)

LG Bad Kreuznach (Entscheidung vom 17.01.2020; Aktenzeichen 2 O 268/18)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. August 2020 wird abgelehnt.

 

Gründe

Rz. 1

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer weiteren Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung in Anspruch.

Rz. 2

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Rz. 3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in der Berufungsentscheidung hat der Kläger fristgerecht Beschwerde durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt. Dieser hat mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2020 angezeigt, dass er das Mandat niederlege. Auf seinen Antrag ist die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bis zum 7. Januar 2021 verlängert worden.

Rz. 4

Mit einem am 28. Dezember 2020 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Telefaxschreiben hat der Kläger persönlich beantragt, ihm einen Notanwalt für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beizuordnen.

Rz. 5

II. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet.

Rz. 6

1. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht nach § 78b Abs. 1 ZPO einer Partei auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Rz. 7

2. Die erstgenannte Voraussetzung des § 78b Abs. 1 ZPO ist nur erfüllt, wenn die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre vergeblichen Bemühungen dem Gericht - innerhalb der Rechtsmittelfrist - substantiiert dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Mai 2017 - IV ZR 391/16, juris Rn. 6; vom 16. Februar 2004 - IV ZR 290/03, NJW-RR 2004, 864 unter 2 a [juris Rn. 5]; BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2020 - VIII ZA 6/20, juris Rn. 7; jeweils m.w.N.). Der Kläger hat seinen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts damit begründet, es seien von ihm alle BGH-Anwälte telefonisch angefragt worden, keiner habe Kapazitäten frei gehabt, sich seines Anliegens annehmen zu können. Er hat Absage-Erklärungen mehrerer am Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwälte bis zum Ablauf der Begründungsfrist nachgereicht.

Rz. 8

Allerdings kommt, wenn eine Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert hat, im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die Partei ebenfalls innerhalb der maßgeblichen Frist darzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017 aaO; BGH, Beschlüsse vom 11. November 2020 - V ZR 112/20, juris Rn. 2; vom 28. April 2020 - VIII ZR 300/18, FamRZ 2020, 1390 Rn. 5; jeweils m.w.N.).

Rz. 9

Der Kläger hat dazu auf entsprechenden Hinweis des Senats angegeben, sein bisheriger am Bundesgerichtshof zugelassener Prozessbevollmächtigter habe ihn mehrfach beschieden, dass er die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen könne wegen der "BGH-Bestimmungen", nach denen nur nach strengen Regeln verfahren werden dürfe, was in der ersten Instanz versäumt worden sei, könne beim Bundesgerichtshof nicht mehr geltend gemacht werden. Daraufhin habe er, der Kläger, Rücksprache mit seinem vorinstanzlichen Rechtsanwalt gehalten, der auf seine Berufungsbegründung verwiesen habe. Der am Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt habe weiter darauf beharrt, dass er die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen könne. Indes kann die Bestellung eines Notanwalts nicht allein deshalb verlangt werden, weil ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Beschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2020 - II ZB 7/20, juris Rn. 7; vom 6. Fe-bruar 2018 - XI ZR 173/17, juris Rn. 10; vom 5. Juli 2017 - XII ZR 11/17, FamRZ 2017, 1705 Rn. 8; jeweils m.w.N.).

Rz. 10

Da der Kläger schon den formellen Anforderungen nicht genügt hat, kann offenbleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat.

Mayen     

Harsdorf-Gebhardt     

Dr. Brockmöller

Dr. Bußmann      

Dr. Bommel      

 

Fundstellen

Haufe-Index 15209667

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