Normenkette
BGB §§ 31, 214 Abs. 1, § 438 Abs. 3, §§ 826, 852 S. 1; ZPO § 543 Abs. 2 S. 1, § 552a
Verfahrensgang
OLG Bamberg (Entscheidung vom 26.10.2021; Aktenzeichen 5 U 387/20) |
LG Bamberg (Entscheidung vom 28.09.2020; Aktenzeichen 43 O 179/20) |
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26. Oktober 2021 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 9.998,93 € festgesetzt.
Gründe
A.
Rz. 1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung in einem Gebrauchtwagen auf Schadensersatz in Anspruch.
Rz. 2
Sie erwarb am 12. März 2015 von einem Dritten einen gebrauchten Pkw des Typs Golf 1,6 TDI zu einem Kaufpreis von 14.790,00 €. Herstellerin des Fahrzeugs ist die Beklagte. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet. Der Motor enthielt eine Software, durch welche auf dem Prüfstand im behördlichen Prüfverfahren geringere Stickoxidwerte erzielt wurden als im realen Fahrbetrieb ("Umschaltlogik"). Ab September 2015 wurde - ausgehend von einer Pressemitteilung der Beklagten vom 22. September 2015 - über den sogenannten Dieselskandal betreffend Motoren des Typs EA 189 sowohl in den regionalen und überregionalen Printmedien als auch im Fernsehen und im Rundfunk sowie im Internet überregional und ausführlich berichtet. Im Jahr 2015 richtete die Beklagte eine Internetplattform ein, auf welcher die Fahrzeughalter die Betroffenheit ihres konkreten Fahrzeugs ermitteln konnten.
Rz. 3
Am 16. Dezember 2015 informierte die Beklagte die Öffentlichkeit, dass beabsichtigte Maßnahmen vom Kraftfahrt-Bundesamt bestätigt seien, die betroffenen Fahrzeuge jedenfalls ein Software-Update erhalten sollten und die Kunden in Deutschland von ihr unverzüglich über die geplanten Rückrufe informiert würden, die in mehreren Wellen ab 2016 erfolgen sollten. Im Anschluss daran erklärte die Beklagte: "Die Volkswagen AG verzichtet ausdrücklich bis zum 31.12.2017 auf die Erhebung der Verjährungseinrede im Hinblick auf etwaige Ansprüche, die im Zusammenhang mit der in Fahrzeugen mit Motortyp EA 189 eingebauten Software bestehen. Der Verjährungsverzicht für derartige Ansprüche gilt auch, soweit diese bereits verjährt sind. Durch bloßes Zuwarten entstehen Volkswagen-Kunden daher keine Nachteile. Dies bedeutet, dass alle betroffenen Kunden die Durchführung der diesbezüglich erforderlichen technischen Maßnahme an ihrem Fahrzeug bis zum oben genannten Zeitpunkt abwarten können."
Rz. 4
Mit ihrer im Jahr 2020 eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Beklagte beruft sich auf die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist zurückgewiesen worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren in Höhe von 9.998,93 € (nebst Rechtshängigkeitszinsen, Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten) weiter.
B.
Rz. 5
Die unbeschränkt zugelassene (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2022 - VIa ZR 275/21, WM 2022, 745 Rn. 5-7) und zulässige Revision wird durch Beschluss zurückzuweisen sein. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen ersichtlich nicht vor und die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a ZPO).
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar sei ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB in Höhe des Kaufpreises abzüglich der von ihr gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs entstanden, weil die Beklagte der Klägerin durch das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt habe. Doch sei dieser Anspruch verjährt, da die dreijährige Verjährungsfrist spätestens mit Ablauf des Jahres 2016 zu laufen begonnen habe und am 31. Dezember 2019 geendet habe. Die am 15. Juni 2020 anhängig gemachte und der Beklagten am 2. Juli 2020 zugestellte Klage habe die Verjährung daher nicht mehr hemmen können.
Rz. 7
Die Klägerin habe nach eigenen Angaben bereits im Jahr 2016 von dem sogenannten Dieselskandal im Allgemeinen Kenntnis erlangt. Zwar habe die Beklagte nicht bewiesen, dass die Klägerin positive Kenntnis von der Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom Dieselskandal bereits im Jahr 2016 erlangt habe, die Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners sei jedoch im Jahr 2016 grob fahrlässig gewesen. Jeder Halter und Eigentümer eines potentiell betroffenen Fahrzeugs hätte sich bereits aus Gründen des Eigeninteresses spätestens im Jahr 2016 aufgrund der fortwährenden Berichterstattung und öffentlicher Diskussionen auch über die möglichen Konsequenzen für die Fahrzeughalter - wie etwa eine drohende Stilllegung, die Notwendigkeit eines Updates und ähnliches - dazu veranlasst sehen müssen, Nachforschungen über die Betroffenheit des eigenen Fahrzeugs anzustellen. Dies gelte auch, soweit die Beklagte anfänglich mitgeteilt habe, auf die betroffenen Fahrzeugeigentümer zugehen zu wollen. Die gebotenen Nachforschungen, welche die Klägerin beispielsweise durch eine FIN-Abfrage bereits im Jahr 2015, eine Anfrage beim VW-Kundenservice oder eine Anfrage bei einem VW-Händler hätte vornehmen können, hätten dazu geführt, dass sie die konkrete Betroffenheit des von ihr erworbenen Fahrzeugs festgestellt hätte. Durch die Erklärung in der Pressemitteilung vom 16. Dezember 2015 habe die Beklagte nicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede nach Ablauf des Jahres 2017 verzichtet.
Rz. 8
Der Klägerin stehe auch kein Restschadensersatzanspruch nach §§ 826, 31, 852 Satz 1 BGB zu, weil die Beklagte im Rahmen des vorliegenden Erwerbs eines Gebrauchtfahrzeugs von einem Vertragshändler nichts erlangt habe.
II.
Rz. 9
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Rechtsfragen, die das Berufungsgericht veranlasst haben, die Revision zuzulassen (die Frage der Anwendung des § 852 BGB in der Fallgestaltung des Gebrauchtwagenkaufs), sind durch die nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteile des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2022 (VII ZR 365/21, NJW 2022, 1311 Rn. 30; VII ZR 692/21, juris Rn. 45; VII ZR 717/21, juris Rn. 39; vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. März 2022 - VIa ZR 232/21, juris Rn. 12) geklärt.
Rz. 10
2. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB zu Recht versagt. Ebenso hat das Berufungsgericht den Restschadensersatzanspruch aus §§ 826, 852 BGB zutreffend abgelehnt. Die geltend gemachten Nebenforderungen sind schließlich ebenfalls nicht begründet.
Rz. 11
a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Durchsetzung des deliktischen Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte aus § 826 BGB (vgl. zum Schadensersatzanspruch und seinem Umfang BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 12 ff.; Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 24 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB entgegensteht, weil die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres 2016 begann und mit dem Schluss des Jahres 2019 endete und die erst im Jahr 2020 erhobene Klage die Verjährung nicht mehr zu hemmen vermochte (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Rz. 12
aa) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis hat ein Erwerber eines mit einer sittenwidrigen Abschalteinrichtung versehenen Dieselfahrzeugs, wenn er Kenntnis vom sogenannten Diesel- oder Abgasskandal im Allgemeinen, von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs und von der Relevanz dieser Betroffenheit für seine Kaufentscheidung hat, wobei letztere Kenntnis nicht gesondert festgestellt werden muss, sondern naturgemäß beim Geschädigten vorhanden ist (BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 679/21, juris Rn. 22; Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 692/21, juris Rn. 23; Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 36).
Rz. 13
bb) Unter diese Rechtssätze hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei subsumiert.
Rz. 14
Mit dem Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs im März 2015 ist der auf Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs gerichtete Schadensersatzanspruch der Klägerin, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gegen die Beklagte aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB entstanden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 35).
Rz. 15
Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, die subjektiven Voraussetzungen für das Anlaufen der Verjährungsfrist hätten jedenfalls im Jahr 2016 vorgelegen. Das Berufungsgericht hat von der Revision nicht angegriffen festgestellt, dass die Klägerin im Jahr 2016 von dem sogenannten Diesel-skandal im Allgemeinen Kenntnis erlangt hat. Positive Kenntnis der Klägerin von der Betroffenheit ihres Fahrzeugs bereits im Jahr 2016 konnte das Berufungsgericht zwar nicht feststellen, doch hat es sich aufgrund der von ihm festgestellten Umstände von einer grob fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB jedenfalls bis Ende 2016 überzeugt (vgl. zu diesem Tatbestandsmerkmal: BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 679/21, juris Rn. 26 ff., Rn. 32; Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 692/21, juris Rn. 26 ff., Rn. 32; Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 39 ff. jeweils mwN).
Rz. 16
Das Unterlassen der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang für geboten angesehenen Nachforschungen wird entgegen der Revision nicht dadurch verständlich, dass die Beklagte in der Pressemitteilung vom 16. Dezember 2015 auf die Erhebung der Verjährungseinrede "bis zum 31.12.2017" verzichtet und erklärt hat, sie würde ihre Kunden informieren, diese könnten mit der Durchführung der diesbezüglich erforderlichen technischen Maßnahmen an ihrem Fahrzeug bis Ende des Jahres 2017 abwarten. Gerade die Hinweise auf eine bereits eingetretene oder aber drohende Verjährung hätten der Klägerin verstärkt Anlass geben müssen, die Betroffenheit ihres Fahrzeugs zu ermitteln, zumal nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mögliche Konsequenzen für die Fahrzeughalter - wie etwa eine drohende Stilllegung, die Notwendigkeit eines Updates und ähnliches - öffentlich diskutiert wurden.
Rz. 17
cc) Entgegen den Einwänden der Revision hat die Beklagte durch ihre Presseerklärung aus dem Jahr 2015 auch nicht über den Ablauf des Jahres 2017 hinaus auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet. Dabei kann der Senat den sich aus der Pressemitteilung ergebenden Erklärungsinhalt nach objektiven Kriterien selbst feststellen, weil sich die Beklagte bewusst an die Allgemeinheit gerichtet hat und ihre Erklärung für einen zahlenmäßig nicht eingegrenzten Personenkreis bestimmt war (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1958 - II ZR 4/57, BGHZ 28, 259, 263; Urteil vom 16. Mai 1994 - II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185, 1186; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, NJW 2001, 1270, 1271; Urteil vom 9. Juli 2007 - II ZR 232/05, NJW 2007, 2912 Rn. 8).
Rz. 18
(1) Ein Schuldner kann wirksam auf die Einrede der Verjährung durch einseitige Erklärung schon vor deren Eintritt verzichten (BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 15). Durch einen vom Schuldner erklärten befristeten Verjährungsverzicht wird der Ablauf der Verjährung regelmäßig nicht beeinflusst (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, NJW 2016, 1171 Rn. 43 mwN), die Verjährungsvollendung wird nicht hinausgeschoben (BGH, Urteil vom 10. November 2020 - VI ZR 285/19, NJW 2021, 461 Rn. 15). Folge des Verzichts ist jedoch, dass die Befugnis des Schuldners, die Einrede der Verjährung zu erheben, für den Zeitraum, für den der Verjährungsverzicht erklärt ist, ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015, aaO; Urteil vom 10. November 2020, aaO). Die Verzichtserklärung hat regelmäßig zum Inhalt, dass der Schuldner bis zum Ablauf der von ihm eingeräumten Frist die Einrede der Verjährung nicht erheben wird (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 141/13, NJW 2014, 2267 Rn. 19; Beschluss vom 15. April 2015 - XII ZB 141/13, NJW-RR 2015, 772 Rn. 11). Der Verzicht soll den Gläubiger regelmäßig von der Notwendigkeit der alsbaldigen gerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs entheben. Erhebt der Gläubiger nicht innerhalb der Frist Klage (wobei Einreichung der Klage mit Zustellung "demnächst" genügt, § 167 ZPO analog), kann sich der Schuldner direkt nach Ablauf der Frist wieder auf Verjährung berufen und damit die Leistung verweigern (BGH, Urteil vom 10. November 2020, aaO). Für die Annahme, es beginne wie beim Anerkenntnis (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) eine neue Verjährungsfrist zu laufen, besteht mangels Regelungslücke kein Anlass (BGH, Urteil vom 18. September 2007, aaO, Rn. 16). Dies hat zur Folge, dass in den Fällen, in denen die Verjährung nach den gesetzlichen Bestimmungen erst nach dem Zeitpunkt eintritt, bis zu dem auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet wurde, der Verzicht regelmäßig keine Wirkung entfaltet (vgl. BeckOGK-BGB/Piekenbrock, Stand: 1. Mai 2022, § 202 Rn. 13, 13.2).
Rz. 19
(2) So liegt es im Streitfall, weil die Beklagte einen Verzicht nur "bis zum 31.12.2017" erklärt hat.
Rz. 20
Die Reichweite des Verjährungsverzichts ist durch Auslegung der Verzichtserklärung zu ermitteln, die vom Wortlaut der Erklärung auszugehen hat. Während ein ohne Bestimmung eines Endzeitpunktes erklärter Verzicht regelmäßig dahin zu verstehen ist, dass er die Grenzen des § 202 Abs. 2 BGB einhält (BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 16), hat die Beklagte hier mit der Zeitangabe "bis zum 31.12.2017" einen verbindlichen Endtermin gesetzt, der wegen des von ihr artikulierten Verzichtswillens keine Zweifel offenlässt.
Rz. 21
Dass die Beklagte in den Pressemitteilungen versicherte, durch bloßes Zuwarten entstünden ihren Kunden keine Nachteile und sie könnten mit der Durchführung der erforderlichen technischen Maßnahme an ihrem Fahrzeug bis Ende des Jahres 2017 abwarten, lässt keinen weitergehenden Verzichtswillen erkennen. Denn auch wenn der Erklärung der Inhalt zukam, die Beklagte werde bis zum Ablauf des Jahres 2017 die Einrede der Verjährung nicht erheben, hatte die Erklärung aus der Sicht des Jahres 2015 für Käufer, die betroffene Fahrzeuge direkt bei der Beklagten erworben hatten und über die Anwendung des § 438 Abs. 3 BGB zu ihren Gunsten im Unklaren sein konnten, einen Mehrwert.
Rz. 22
dd) Die Beklagte muss sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nicht so behandeln lassen, als wäre der Anspruch der Klägerin aus § 826 BGB nicht verjährt.
Rz. 23
Zwar kann es einem Schuldner nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein, sich auf die eingetretene Verjährung zu berufen. Eine unzulässige Rechtsausübung setzt voraus, dass der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten objektiv - sei es auch unabsichtlich - von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hat und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2022 - VIa ZR 8/21, WM 2022, 731 Rn. 49). Insoweit ist allerdings ein strenger Maßstab anzulegen, dessen Voraussetzungen hier nicht erfüllt sind. Im Gegenteil hat die Beklagte durch ihren Gang an die Öffentlichkeit und die klare zeitliche Begrenzung ihres Verzichts "bis zum 31.12.2017" mittelbar auf die Problematik der Verjährung aufmerksam gemacht.
Rz. 24
b) Einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht verneint. Wegen der Begründung im Einzelnen verweist der Senat auf die Urteile des VII. Zivilsenats vom 10. Februar 2022 zur Unanwendbarkeit des § 852 Satz 1 BGB in Fällen des Gebrauchtwagenkaufs (BGH, Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 365/21, NJW 2022, 1311 Rn. 30; Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 692/21, juris Rn. 45; Urteil vom 10. Februar 2022 - VII ZR 717/21, juris Rn. 39), denen sich der Senat anschließt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. März 2022 - VIa ZR 232/21, juris Rn. 12).
Menges |
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Möhring |
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Krüger |
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Liepin |
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Vogt-Beheim |
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Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Fundstellen