Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit des Erfolgshonorars. Ausforschung
Leitsatz (redaktionell)
Ein unzulässig vereinbartes Erfolgshonorar wird nicht dadurch wirksam, dass die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Erfolgshonorar hinter einer sonst geltenden Honorarabrede zurückbleibt.
Normenkette
BRAO § 49b; GG Art. 103
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 02.02.2005; Aktenzeichen 3 U 41/04) |
LG Hildesheim (Entscheidung vom 23.01.2004; Aktenzeichen 4 O 342/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Februar 2005 zugelassen, soweit die Klage auf Zahlung einer Gebührenforderung in Höhe von 20.507,93 EUR abgewiesen wurde.
Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.
Im Umfang ihrer Zulassung wird auf die Revision des Klägers das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Februar 2005 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Beschwerdegegenstand für das Verfahren vor dem Senat wird auf 161.230,51 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 544 ZPO).
I.
Die Beschwerde hat Erfolg, soweit der Kläger wegen der „Beratungsangelegenheit B. …” Zahlung von 20.507,93 EUR begehrt. Die Abweisung dieser Klageforderung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG.
Der Kläger hat geltend gemacht, von dem Beklagten zu 2 in Gegenwart des als Zeugen benannten Steuerberaters H. … ausdrücklich beauftragt worden zu sein, in dieser Sache tätig zu werden. Diesen erheblichen Beweisantrag hat das Berufungsgericht, das sich angesichts des konkreten Beweisthemas zu Unrecht auf den Gesichtspunkt der Ausforschung beruft, verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt. Die Zurückverweisung gibt ihm Gelegenheit, die versäumte Beweisaufnahme nachzuholen.
Entscheidungsgründe
II.
Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
1. Vergeblich wendet sich der Kläger dagegen, dass ihm das Oberlandesgericht unter dem Gesichtpunkt eines unzulässigen Erfolgshonorars einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 2 über 9.633,97 EUR versagt und der Widerklage des Beklagten zu 2 in Höhe von 59.958,73 EUR stattgegeben hat.
a) Aufgrund der hier in der Fassung vom 2. September 1994 (BGBl. I, 2278) anzuwendenden Vorschrift des § 49b Abs. 2 BRAO sind Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird (Erfolgshonorar) oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrags als Honorar erhält (quota litis), unzulässig (BGH, Urt. v. 29. April 2003 – IX ZR 138/02, NJW-RR 2003, 1067, 1069; BGHZ 51, 290, 293 f; 39, 142, 145; 34, 64, 71 f). Im Streitfall wurde – was die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Abrede stellt – ein Erfolgshonorar vereinbart, weil die Höhe der dem Kläger zu zahlenden Vergütung vom Ergebnis des Unternehmensverkaufs abhängen sollte (vgl. BGH, Urt. v. 23. Oktober 2003 – IX ZR 270/02, WM 2004, 478, 479 f).
b) Die Vereinbarung kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus der Erwägung als wirksam erachtet werden, dass bei Abschluss der Vergütungsabrede gar nicht festgestanden habe, ob das Erfolgshonorar die ansonsten vorgesehene zeitliche Vergütung tatsächlich übersteigen werde.
Gegenstand der Klage bildet nicht etwa ein Erfolgshonorar, das die gesetzlichen Gebühren oder die auf der Grundlage einer erfolgsunabhängigen Vergütungsabrede geschuldeten Gebühren unterschreitet. Vielmehr liegt der Fall gerade umgekehrt. Die im Einzelfall nicht ausschließbare Möglichkeit, dass das Erfolgshonorar hinter einer sonst geltenden Honorarabrede zurückbleibt, vermag die Vereinbarung eines Erfolgshonorars nicht zu rechtfertigen. Andernfalls hätte es der Anwalt in der Hand, durch eine entsprechende Vertragsgestaltung das – wie das Bundesverfassungsgericht unlängst nochmals betont hat (BVerfG NJW 2007, 979) – grundsätzlich verfassungsgemäße Verbot von Erfolgshonoraren zu umgehen. Davon abgesehen würde durch eine solche Praxis der mit dem Verbot auch verfolgte Zweck der Gebührentransparenz (Kleine-Cosack, BRAO 4. Aufl. § 49b Rn. 13) in sein Gegenteil verkehrt. Das Erfolgshonorar ist auch nicht ausnahmsweise als wirksam zu erachten. Durch seine Vereinbarung wurde nicht etwa besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung getragen, die diesen sonst – etwa aus Geldmangel – davon abgehalten hätten, seine Rechte zu verfolgen (BVerfG NJW 2007, 979, 983 Tz. 97 ff, 102).
2. Da die Nichtigkeit einer auf ein unzulässiges Erfolgshonorar gerichteten Vereinbarung nicht zu Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt, ist der Anwalt berechtigt, nach Maßgabe der gesetzlichen Gebühren bzw. einer sonst maßgeblichen Honorarvereinbarung abzurechnen (BGH, Urt. v. 23. Oktober 2003 aaO WM 2004, 478, 481). Im Streitfall hat das Oberlandesgericht – von der Nichtzulassungsbeschwerde unangegriffen – festgestellt, dass dem Kläger die – hilfsweise verlangten – gesetzlichen Gebühren bezahlt wurden.
a) Das Oberlandesgericht hat den Gegenstandswert auf der Grundlage des – abgesehen von der Abrede über das Erfolgshonorar – wirksamen Anwaltsvertrages nach Maßgabe der Höhe des tatsächlich erzielten Verkaufspreises mit 25 Mio. DM bemessen. Soweit der Kläger meint, mit der Vereinbarung eines unzulässigen Erfolgshonorars entfalle auch die darauf bezogene Festsetzung des Gegenstandswertes, wird, weil sich das Vorbringen in Rügen gegen die – ordnungsgemäß begründete (§ 547 Nr. 6 ZPO) – tatrichterliche Vertragsauslegung erschöpft, ein erheblicher Zulassungsgrund nicht dargetan.
b) Eine Zulassung der Revision scheidet auch aus, soweit das Oberlandesgericht bei der Bemessung des Gebührenanspruchs des Klägers von einer Angelegenheit ausgegangen ist.
Wann eine und wann mehrere Angelegenheiten im Sinne des hier einschlägigen § 13 Abs. 2 S. 1 BRAGO vorliegen, bestimmt das Gesetz nicht. Die Abgrenzung ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse im Einzelfall vorzunehmen. Dabei ist insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrages maßgebend. Sowohl die Feststellung des Auftrages als auch die Abgrenzung im Einzelfall ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BGH, Urt. v. 9. Februar 1995 – IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431). Unter Anwendung dieser Grundsätze hält sich die den Anwaltsvertrag einschließlich der vereinbarten Anlage umfassend auswertende Entscheidung des Oberlandesgerichts innerhalb des ihm eröffneten Ermessensspielraums, lässt aber jedenfalls entgegen der Auffassung des Klägers keine willkürlichen Erwägungen (Art. 3 Abs. 1 GG) erkennen.
Unterschriften
Dr. Fischer, Dr: Ganter, Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Vill
Fundstellen