Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachabfindungsanspruch nach der HöfeO
Leitsatz (amtlich)
Der im Falle einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung des Hofes oder von Teilen hiervon erzielte Gewinn (hier: Umbau eines Schweinestalls zu Mietwohnungen), kann nicht auf der Grundlage des Verkehrswerts der zweckwidrig genutzten (ausgegliederten) Fläche berechnet werden.
Normenkette
HöfeO § 13 Abs. 4 Buchst. b
Verfahrensgang
AG Lüneburg (Aktenzeichen 21 Lw 80/94) |
OLG Celle (Aktenzeichen 7 W(L) 42/96) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der auf mündliche Verhandlung vom 20. September 1999 ergangene Schlußbeschluß des 7. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Celle im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Antragstellerinnen verlangen von der Antragsgegnerin eine Nachabfindung nach § 13 HöfeO.
Die Beteiligten sind Schwestern und mit einer weiteren, nicht am Verfahren beteiligten Schwester, Töchter des am 10. Januar 1991 verstorbenen Landwirts Otto H. Dieser bestimmte durch notarielles Testament vom 12. Juni 1985 die Antragsgegnerin zur Hoferbin seines Hofes. Sie wurde am 30. Juli 1991 als Eigentümerin des Grundbesitzes in das Grundbuch eingetragen.
Die Antragstellerinnen haben von der Antragsgegnerin Zahlung von jeweils 143.725,56 DM nebst gestaffelter Zinsen verlangt. Das Landwirtschaftsgericht hat ihnen jeweils 102.639,47 DM nebst Zinsen zugesprochen. Dieser Anspruch beruht u.a. auf verschiedenen von der Antragsgegnerin für den Verkauf von Bau- und Straßenland erzielten Erlösen. Insoweit hat das Oberlandesgericht auf Rechtsmittel der Beteiligten durch Teilbeschluß vom 17. November 1997 den Antragstellerinnen jeweils 46.943,04 DM nebst Zinsen zugesprochen und ihren Antrag in Höhe von 38.074,21 DM abgewiesen. Dieser Beschluß ist rechtskräftig.
Im vorliegenden Verfahren geht es noch um Nachabfindungsansprüche, die die Antragstellerinnen daraus herleiten, daß die Antragsgegnerin 1992 einen alten Schweinestall auf dem Hofgelände zu Mietwohnungen umbaute und hieraus Einnahmen erzielt. Insoweit hat das Oberlandesgericht den Antragstellerinnen durch den angefochtenen Beschluß jeweils weitere 23.017,70 DM nebst Zinsen zugesprochen und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, deren Zurückweisung die Antragstellerinnen beantragen.
II.
Das Beschwerdegericht bejaht einen Nachabfindungsanspruch der Antragstellerinnen nach § 13 Abs. 4 Buchst. b in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 HöfeO. Die Antragsgegnerin habe durch den Umbau des Schweinestalls zu Wohnzwecken einen Teil des Hofes auf Dauer einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung zugeführt und aus dieser Nutzungsänderung auch erhebliche Gewinne erzielt, die den Zehntel Hofeswert überstiegen. Insoweit komme es nicht auf ihre bis zum Ablauf der 20-Jahresfrist zufließenden Mieteinnahmen an. Abzustellen sei vielmehr auf den Verkehrswert des aus der landwirtschaftlichen Nutzung ausgegliederten Grundstücks und Gebäudeteils abzüglich des für beides bereits nach § 12 HöfeO ausgeglichenen Anteils am Hofeswert. Auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens hat es den ausgegliederten Grundstücksteil mit 2.000 qm bemessen und dafür einen Baulandwert von 70 DM/qm angesetzt. Davon hat es 2 % des Hofeswertes in Höhe von 9.849 DM als bereits ausgeglichen und weitere Nachlaßverbindlichkeiten in Höhe von 11.779,52 DM abgezogen und kommt so zu einem ausgleichspflichtigen Betrag von 118.371,48 DM. Nicht mit einbezogen hat es den Restwert des ehemaligen Schweinestalls in Höhe von 110.897 DM, weil der Umbau alter Bausubstanz regelmäßig den zumindest gleichen finanziellen Aufwand erfordere als sei von vornherein der Altbau nicht vorhanden gewesen.
III.
Die statthafte (vgl. § 24 Abs. 1 LwVG) und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 25, 26 LwVG) hat Erfolg. Der Senat kann der vom Berufungsgericht vertretenen Auslegung des Gewinnbegriffs zu § 13 Abs. 4 HöfeO, mit der es seine noch im Teilbeschluß vom 17. November 1997 hierzu vertretene Auffassung verläßt, nicht folgen. Der im Falle einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung des Hofes und Teilen hiervon erzielte Gewinn kann nicht auf der Grundlage des Verkehrswerts der zweckwidrig genutzten (ausgegliederten) Fläche berechnet werden.
Die Auslegung des Beschwerdegerichts läßt sich schon mit der reinen Wortbedeutung nicht vereinbaren. Der Begriff des Gewinns wird nach dem mit ihm jeweils verfolgten Zweck unterschiedlich definiert. So ist Gewinn z.B. beim sog. Betriebsvermögensvergleich der Unterschiedsbetrag im Betriebsvermögen zu verschiedenen Zeitpunkten, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Bei der Einnahmenüberschußrechnung ist Gewinn der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (vgl. dazu Creifelds, Rechtswörterbuch 15. Aufl. Stichworte Gewinn und Gewinnermittlungsarten). Nach keiner dieser Definitionen kann als Gewinn der Verkehrswert eines im Vermögen des Eigentümers verbleibenden Grundstücks oder Grundstücksteils angesehen werden. Allenfalls eine Wertsteigerung des Grundstücks kann im Rahmen eines Bestandsvergleichs einen Gewinn bedeuten.
Entscheidend ist, daß das Beschwerdegericht mit seiner Auslegung die Gesetzessystematik verkennt. Es kommt für die vorlegende Auslegungsproblematik nicht darauf an, ob die Begriffe „erzielter Erlös” (§ 13 Abs. 1 Satz 1 HöfeO) und „erzielter Gewinn” (§ 13 Abs. 4 HöfeO) ohne weiteres gleichzusetzen sind. Das Gesetz selbst sieht den Gewinn jedenfalls nicht unabhängig und losgelöst von einem Erlös, d.h. dem Gegenwert, der dem Hofeigentümer durch den die Ausgleichsverpflichtung begründeten Vorgang zugeflossen sein muß. Das folgt schon daraus, daß § 13 Abs. 4 HöfeO auf § 13 Abs. 1 Satz 1 HöfeO verweist. Es ergibt sich vor allem aber daraus, daß auch in Fällen von § 13 Abs. 4 HöfeO die nähere Berechnung des ausgleichspflichtigen Betrages nach den Grundsätzen des § 13 Abs. 5 HöfeO erfolgen muß. Dort werden „Veräußerung oder Verwertung” gleichgesetzt und es wird durchgängig nur von „Erlös” gesprochen. Hätte der Gesetzgeber den Hofeigentümer auch im Falle einer zweckwidrigen Änderung zu nicht landwirtschaftlicher Nutzung allein auf der Grundlage des Verkehrswerts des Hofes oder seiner Teile ausgleichspflichtig machen wollen, so hätte er dies auch zum Ausdruck gebracht. Dies zeigt das Gesetz selbst. Der Grundsatz, den Ausgleichsanspruch auf der Basis eines tatsächlich erzielten Erlöses zu berechnen, wurde nämlich ausdrücklich nur in drei Fällen zugunsten eines fiktiven Erlöses durchbrochen. Einmal im Falle der Einbringung des Hofes in eine Gesellschaft (§ 13 Abs. 1 Satz 4 HöfeO), dann unter gewissen Voraussetzungen bei dinglichen Belastungen (§ 13 Abs. 5 Satz 2 HöfeO) und schließlich wenn der Hoferbe es wider Treu und Glauben unterlassen hat, einen Erlös zu erzielen (§ 13 Abs. 5 Satz 3 HöfeO). Die dargestellte Gesetzessystematik, vor allem aber § 13 Abs. 1 Satz 4 HöfeO, lassen keinen Zweifel daran, daß das Gesetz auch bei den Tatbeständen des § 13 Abs. 4 HöfeO den Abfindungsergänzungsanspruch der weichenden Miterben nach dem vom Hoferben erzielten Erlös berechnet wissen will. Der Senat hat dies auch bereits ausgesprochen (vgl. BGHZ 73, 282, 285 = AgrarR 1979, 220 ff; BGHZ 94, 306, 310 ff = AgrarR 1986, 109, 110) und hält an dieser Rechtsprechung fest. Unzutreffend will das Beschwerdegericht einen wesentlichen Unterschied zwischen einer nicht landwirtschaftlichen Nutzung durch Bestellung eines Erbbaurechts (BGHZ 73, 282 ff) und dem vorliegenden Fall eines eigenen Umbaus mit nachfolgender Vermietung erkennen. In beiden Fällen erzielt der Hoferbe mit der Nutzungsänderung erst durch die ihm zufließenden Erlöse (Erbbauzinsen, Mieten) einen Gewinn.
Soweit das Beschwerdegericht dem Sinn und Zweck der Nachabfindungspflicht entnehmen will, die weichenden Erben müßten bei nachträglichem Wegfall des höferechtlichen Zwecks (Interesse am ungeteilten Erhalt bäuerlicher Betriebe) grundsätzlich am wahren Wert des Hofes beteiligt werden, setzt es sich unzulässigerweise an die Stelle des Gesetzgebers. Dieser hat sich – wie dargelegt – dafür entschieden, eine Nachabfindungspflicht grundsätzlich nur einzuführen, wenn der Hoferbe unter Wegfall oder Änderung des höferechtlichen Ziels aus dem Hofvermögen Erlöse erwirtschaftet. Die Auffassung des Beschwerdegerichts müßte folgerichtig dazu führen, einen Nachabfindungsanspruch schon dann anzunehmen, wenn Hofgrundstücke nach dem Erbfall zu Bauland geworden sind. Gehören Grundstücke mit Baulandqualität beim Erbfall zum Hof, dann rechtfertigt dies einen Zuschlag zum Hofeswert (§ 12 Abs. 2 Satz 3 HöfeO; BGHZ 132, 362). Dem Hofeserben bleibt es aber unbenommen die Nachabfindungsfrist abzuwarten bis er eine später eintretende Wertsteigerung realisiert (vgl. BGHZ aaO S. 367).
Auch in der Literatur hat die Senatsrechtsprechung überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 6. Aufl. § 13 HöfeO Rdn. 64 und Rdn. 89; Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO 3. Aufl. § 13 Rdn. 18; Steffen, HöfeO § 13 Rdn. 28; Nordalm, AgrarR 1977, 161, 162). Soweit Lüdtke-Handjery früher eine andere Auffassung vertreten hat (die der Senat bereits im Beschluß vom 9. Mai 1985 aaO abgelehnt hat), wird diese nunmehr ausdrücklich aufgegeben und der Senatsrechtsprechung uneingeschränkt zugestimmt (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO 9. Aufl. § 13 Rdn. 66).
Das Beschwerdegericht wird deshalb vom dargestellten Ansatzpunkt aus darüber entscheiden müssen, ob die Antragsgegnerin durch die Umnutzung des Schweinestalls erhebliche Gewinne erzielt. Dabei können nur die Mieterträge zur Grundlage eines Ausgleichsanspruchs gemacht werden, die die Hoferbin innerhalb der 20-Jahresfrist ab Erbfall erzielt (BGHZ 94, 306, 311).
Unterschriften
Wenzel, Vogt, Krüger
Fundstellen
Haufe-Index 539738 |
BGHR |
NJW-RR 2000, 1601 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 2556 |
AgrarR 2000, 298 |
MDR 2000, 1183 |
RdL 2000, 242 |
ZErb 2000, 204 |
ZErb 2000, 244 |