Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Zur Methode der „Ruhensberechnung” einer Beamtenversorgung für Zwecke des Versorgungsausgleichs (Abgrenzung zum Senatsbeschluß vom 6. Juli 1983 – IVb ZB 794/81 – FamRZ 1983, 1005 ff.).
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2, 4; BeamtVG § 55
Verfahrensgang
AG Fürstenfeldbruck |
OLG München |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des 26. Zivilsenats – zugleich Familiensenat – des Oberlandesgerichts München vom 20. Dezember 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Die weitere Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 4.000 DM.
Gründe
I.
Die Parteien haben am 24. Februar 1968 die Ehe geschlossen, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind. Auf den der Ehefrau (Antragsgegnerin) am 10. November 1982 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller) wurde mit Verbundurteil vom 18. Mai 1983 die Ehe geschieden, (insoweit rechtskräftig seit 15. Juli 1983) und unter anderem der Versorgungsausgleich geregelt.
Bezogen auf die Ehezeit vom 1. Februar 1968 bis 31. Oktober 1982 (§ 1587 Abs. 2 BGB) hatte das Amtsgericht auf der Grundlage der damaligen Auskünfte auf seiten der Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (weitere Beteiligte zu 3, im folgenden BfA) in Höhe von monatlich 66,70 DM und auf seiten des Ehemannes gesetzliche Rentenanwartschaften bei der Bundesbahn-Versicherungsanstalt in Höhe von 80,50 DM festgestellt und den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB in der Weise geregelt, daß es gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe des hälftigen Wertunterschieds, nämlich monatlich 6,90 DM, auf das Rentenkonto der Ehefrau übertragen hat. Dabei hat es nicht berücksichtigt, daß der Ehemann seit 20. Oktober 1970 in das Beamtenverhältnis bei der Deutschen Bundesbahn übergewechselt ist und dort eine Anwartschaft auf Ruhegehalt erworben hat. Es hat dementsprechend die Deutsche Bundesbahn nicht am Verfahren beteiligt und ihr die Entscheidung auch nicht zugestellt.
Nachdem das Bundeseisenbahnvermögen (weitere Beteiligte zu 1, im folgenden BEV) – als Rechtsnachfolger der Deutschen Bundesbahn u.a. in bezug auf beamtenversorgungsrechtliche Fragen einschließlich des Versorgungsausgleichs – anläßlich einer Anfrage des Ehemannes zur Höhe seiner Versorgungsanwartschaften Kenntnis von der Existenz des Scheidungsurteils erhalten hatte, wurde ihm dieses auf entsprechende Bitte am 29. März 1995 zugestellt. Das BEV hat daraufhin am 12. April 1995 Beschwerde eingelegt und beantragt, über den Versorgungsausgleich auf der Grundlage neuer Auskünfte unter Einbeziehung der Beamtenversorgungsanwartschaft des Ehemannes zu entscheiden.
Das Oberlandesgericht hat für die Ehegatten bei den Versorgungsträgern neue Auskünfte erhoben. Danach hat der Ehemann in der Ehezeit bei der Bahnversicherungsanstalt gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 80,17 DM und bei dem BEV unter Berücksichtigung von Ruhensvorschriften eine Anwartschaft auf Ruhegehalt von monatlich 615,09 DM erworben, die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften bei der BfA (einschließlich Kindererziehungszeiten) von monatlich 120,61 DM.
Das Oberlandesgericht hat in Abweichung von der Berechnung der Beamtenversorgung des BEV, die auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung zur Anwendung der Ruhensvorschriften beruht, für den Ehemann eine monatliche Anwartschaft auf Ruhegehalt in Höhe von 603,53 DM für die Ehezeit zugrunde gelegt und den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB in der Weise geregelt, daß es in Höhe des hälftigen Wertunterschieds der beiderseits erworbenen Versorgungsanrechte [(603,53 DM + 80,17 DM – 120,61 DM): 2 =] 281,55 DM monatliche Rentenanwartschaften für die Ehefrau zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes begründet hat.
Dagegen richten sich die zugelassenen Beschwerden des BEV und des Ehemannes. Während das BEV eine Entscheidung nach den bisherigen Berechnungsgrundsätzen des Senats zu § 55 BeamtVG anstrebt, will der Ehemann die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen, weil er die Beschwerde des BEV für unzulässig hält.
II.
Die weitere Beschwerde des BEV ist zulässig und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Die weitere Beschwerde des Ehemannes ist unbegründet.
1. Zutreffend hat das Oberlandesgericht die Beschwerde des BEV gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 18. Mai 1983 als zulässig angesehen. Zwar beginnt die Berufungs- bzw. Beschwerdefrist gemäß § 516 Halbs. 2 i.V.m. § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung zu laufen. Davon ist jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn die beschwerte Partei oder ein am Verfahren Beteiligter zum Verhandlungstermin nicht geladen und in ihm nicht vertreten war und auch sonst keinen Anlaß hatte, sich über den Fortgang des Verfahrens zu unterrichten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. Februar 1995 – XII ZB 22/95 – FamRZ 1995, 800; vom 2. März 1988 – IV ZB 10/88 – FamRZ 1988, 827; vom 1. März 1994 – XI ZB 23/93 – BGHR ZPO § 516, Fristbeginn 8).
Das war hier der Fall. Denn die Rechtsvorgängerin des BEV, die Deutsche Bundesbahn, war seinerzeit nicht am amtsgerichtlichen Verfahren beteiligt worden.
Entgegen der Auffassung des Ehemannes ist das BEV als Träger der Beamtenversorgung durch die Entscheidung des Amtsgerichts, die die beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaft nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen hat, auch beschwert. Die Beschwerdeberechtigung eines Versorgungsträgers ergibt sich immer dann, wenn der Versorgungsausgleich mit einem im Gesetz nicht vorgesehenen Eingriff in seine Rechtsstellung verbunden ist, der nicht nur vorliegt, wenn Versorgungsanrechte bei ihm abgezogen oder gutgeschrieben, sondern auch, wenn bei ihm bestehende Anrechte zu Unrecht nicht in den Ausgleich einbezogen werden. Denn wegen der Ungewißheit des zukünftigen Versicherungsverlaufs läßt sich regelmäßig nicht feststellen, ob sich der Versorgungsausgleich im konkreten Fall zum Nachteil eines Versorgungsträgers auswirkt (st.Rspr. vgl. Senatsbeschluß vom 20. Dezember 1995 – XII ZB 128/95 – FamRZ 1996, 482; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber Eherecht 3. Aufl. § 621 e Rdn. 9 m.N.).
2. Zu Recht hat das Oberlandesgericht die vom Amtsgericht seinerzeit nicht berücksichtigte Beamtenversorgung in den Ausgleich einbezogen. Zwar ist dem Ehemann nicht vorzuwerfen, daß er diese Versorgung, die den Hauptteil seiner in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte ausmacht, verschwiegen habe; er hat sie vielmehr ordnungsgemäß im Auskunftsformular angegeben. Daß das Amtsgericht die Höhe dieser Versorgung nicht ermittelt und sie nicht in den Ausgleich einbezogen hat, rechtfertigt es aber nicht, die Entscheidung aufrechtzuerhalten. Denn es gibt keinen allgemeinen Vertrauensschutz für die Beibehaltung fehlerhafter, nicht rechtskräftiger Entscheidungen. Dessen ungeachtet müßte der Ehemann die Einbeziehung seiner Beamtenversorgung auch dann hinnehmen, wenn die fehlerhafte Entscheidung rechtskräftig geworden wäre und später im Rahmen des § 10 a VAHRG abgeändert würde.
3. Im übrigen kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht bestehenbleiben. Trifft eine Beamtenversorgung mit einer gesetzlichen Rente zusammen, unterliegt sie gemäß § 55 Abs. 1 BeamtVG einer Kürzung, soweit sie zusammen mit der gesetzlichen Rente den in § 55 Abs. 2 BeamtVG bestimmten Höchstbetrag überschreitet. Die weiterhin ungekürzt gezahlte gesetzliche Rente übernimmt insoweit die Alimentationsaufgabe des ruhenden Teils der Beamtenversorgung. Diese Ruhensregelung ist gemäß § 1587 a Abs. 6 2. Halbs. BGB auch für den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Nach den Grundsätzen, die der Senat bisher hierzu entwickelt hat, muß sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte das Ruhen eines Teils der Beamtenversorgung für die Berechnung des in den Versorgungsausgleich einzustellenden Ausgleichswertes jedoch nur insoweit entgegenhalten lassen, als es auf dem Teil der gesetzlichen Rente beruht, die der Beamte in der Ehezeit erworben hat und an der der ausgleichsberechtigte Ehegatte teilhat. Der nach Maßgabe des § 55 BeamtVG zunächst zu ermittelnde volle Kürzungsbetrag ist daher im Verhältnis der ehezeitlichen zu den insgesamt erworbenen Rentenanwartschaften bzw. Entgeltpunkten aufzuteilen. Der so erzielte ehezeitanteilige Kürzungsbetrag ist von der Beamtenversorgung abzusetzen. Deren Ehezeitanteil ist anschließend durch Quotierung im Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Dienstzeit zur Gesamtdienstzeit zu ermitteln (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. Dezember 1982 – IVb ZR 532/81 – FamRZ 1983, 358 ff.; vom 6. Juli 1983 – IVb ZR 794/81 – FamRZ 1983, 1005 ff.; vom 12. März 1986 – IVb ZR 59/83 – FamRZ 1986, 563, 564 und ständig).
Der BEV hat in seiner Auskunft, die diesen Grundsätzen folgt, die in den Ausgleich einzustellende gekürzte ehezeitliche Beamtenversorgung mit 615,09 DM mitgeteilt. Sie errechnet sich aus den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen des Ehemannes zum Ehezeitende in Höhe von 2.443,41 DM, die bei einer erreichbaren Gesamtzeit von 47,35 Jahren bis zur Altersgrenze und einem dementsprechenden Ruhegehaltssatz von 75 % ein Ruhegehalt von 1.832,56 DM monatlich ergeben. Hinzugerechnet wurde die Sonderzuwendung mit 1/12 dieses Ruhegehalts (152,71 DM), so daß das BEV von einem Ruhegehalt von 1.985,27 DM ausgegangen ist. Die Höchstgrenze aus der Dienstaltersendstufe der zum Ehezeitende gegebenen Besoldungsgruppe beläuft sich für die Monate Januar bis November auf 2.077,53 DM; für den Monat Dezember wurde sie verdoppelt auf 4.155,06 DM. Aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bahnversicherungsanstalt hat der Ehemann monatliche Rentenanwartschaften von insgesamt 286,86 DM erworben. Die Summe aus dem Ruhegehalt (ohne Sonderzuwendung) und der gesetzlichen Rente übersteigt in den Monaten Januar bis November die maßgebliche Höchstgrenze von 2.077,53 DM um 41,89 DM. Bei einer Verdoppelung der Höchstgrenze und des Ruhegehalts im Monat Dezember ergab sich kein weiterer Ruhensbetrag. Der durch die gesetzliche Rente verursachte, auf das Gesamtjahr bezogene durchschnittliche Ruhensbetrag wurde mit (41,89 DM × 11/12 =) 38,40 DM ermittelt. Hieraus hat das BEV den ehezeitlich verursachten Kürzungsanteil nach dem Verhältnis der in der Ehezeit erworbenen zu den insgesamt erworbenen Entgeltpunkten errechnet (hier: 38,40 DM × 2,6618/9,5239 = 10,73 DM). Es ist danach zu einem gekürzten Ruhegehalt von (1.985,27 DM – 10,73 DM =) 1.974,54 DM gelangt. Quotiert auf die Ehezeit nach dem Verhältnis der Dienstzeit in der Ehe zur Gesamtdienstzeit (14,75 / 47,35) hat es die ehezeitlich gekürzte Beamtenversorgung mit 615,09 DM angegeben.
4. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 1996, 740 abgedruckt ist, sieht darin eine einseitige Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes zu Lasten des Beamten, weil die vor der Ehe erworbene Rente unberücksichtigt bleibe. Das könne insbesondere bei aufeinanderfolgenden Ehen, bei denen in der ersten nur die gesetzliche Rente, in der zweiten nur die Beamtenversorgung erworben worden sei, zu einer über die Halbteilung hinausgehenden Belastung des Beamten führen. Statt dessen sei sicherzustellen, daß der Zeit vor der Ehe ein angemessener Teil der Versorgungen zugeordnet werde. Das könne in ähnlicher Weise wie bei betrieblichen Gesamtversorgungen und limitierten Betriebsrenten erreicht werden, bei denen von der hochgerechneten Gesamtversorgung zuerst der nicht in die Versorgungszeit fallende Teil der Grundversorgung abgezogen, danach das Ergebnis im Zeit/Zeitverhältnis aufgeteilt und von dem Rest der in die Betriebszeit fallende Ehezeitanteil der Grundversorgung abgezogen werde. Dabei sei im Rahmen des § 55 BeamtVG die unsichere Hochrechnung der gesetzlichen Rente nicht erforderlich.
Das Oberlandesgericht berechnet danach zunächst wie bisher die fiktive ungekürzte Altersversorgung und den sich aus § 55 BeamtVG ergebenden vollen Kürzungsbetrag. In einer zweiten Stufe erfolgt der Abzug des nicht auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit entfallenden Kürzungsbetrags von der fiktiven Altersversorgung. Dazu wird zunächst aus den entsprechenden Entgeltpunkten mit Hilfe des aktuellen Rentenwertes die nicht in die Dienstzeit fallende gesetzliche Rente ermittelt (hier aus den Zeiten bis 31. August 1963 und vom 16. Februar bis 9. Oktober 1964 insgesamt 3,3199 Entgeltpunkte × 30,12 aktueller Rentenwert = 100 DM gesetzliche Rente). Sodann wird der nicht auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit entfallende Kürzungsbetrag durch Aufteilung des vollen Kürzungsbetrags im Verhältnis dieses Rentenanteils zur Gesamtrente festgestellt (38,40 DM × 100 DM/286,86 DM = 13,39 DM). Dieser Kürzungsbetrag wird von der fiktiven Altersversorgung abgezogen (1.985,27 DM – 13,39 DM = 1.971,88 DM). Das Ergebnis wird in einer dritten Stufe zeitratierlich nach dem Verhältnis der Dienstzeit in der Ehe zu der Gesamtdienstzeit aufgeteilt (1.971,88 DM × 14,75/47,35 = 614,26 DM). In der vierten Stufe wird der auf die Ehezeit entfallende Kürzungsbetrag ermittelt (38,40 DM × 80,17 DM/286,86 DM = 10,73 DM) und von der gekürzten ehezeitlichen Beamtenversorgung abgezogen (614,26 DM – 10,73 DM = 603,53 DM). Dementsprechend hat das Oberlandesgericht beim Ehemann eine gesetzliche Rentenanwartschaft von 80,17 DM und eine Anwartschaft auf Beamtenversorgung von 603,53 DM (jeweils monatlich und ehezeitbezogen) in den Ausgleich eingestellt und zu Lasten der Beamtenversorgung für die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften von 281,55 DM begründet.
5. Dem vermag der Senat nur teilweise zuzustimmen. Er hält nach erneuter Prüfung im Grundansatz an der bisherigen Methode zur Berechnung der auszugleichenden gekürzten Beamtenversorgung fest. In Abweichung von dem im Senatsbeschluß vom 6. Juli 1983 (aaO S. 1006 ff.) vertretenen Standpunkt erachtet er es jedoch für geboten, den letzten Schritt der bisher angewandten Berechnungsweise zu modifizieren: Nach der bisherigen Methode wurde der eheanteilige Kürzungsbetrag von der vollen ungekürzten Altersversorgung abgezogen und erst der Restbetrag gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB im Verhältnis der in die Ehe fallenden Dienstzeit zur Gesamtdienstzeit aufgeteilt. Das führt im Ergebnis zu einer doppelten Quotierung des eheanteiligen Kürzungsbetrages und damit, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, zu einer einseitigen, dem Halbteilungsgrundsatz widersprechenden Erhöhung des auszugleichenden Ehezeitanteils der Beamtenversorgung (vgl. auch Hoppenz FamRZ 1983, 466). Dieses Ergebnis wird vermieden, wenn zunächst der Ehezeitanteil der ungekürzten Beamtenversorgung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB ermittelt und dann hiervon der eheanteilige Kürzungsbetrag abgesetzt wird (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 a Rdn. 81 „Berechnungsalternative”). Die systematische Stellung des § 1587 a Abs. 6 BGB als erster Rechenschritt vor der Ermittlung des Ehezeitanteils nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB („…, so ist für die Wertberechnung von den sichnach Anwendung von Ruhensvorschriften ergebenden gesamten Versorgungsbezügen auszugehen.”) wiegt angesichts des § 1587 a Abs. 6 2. Halbs. BGB, der nur eine sinngemäße Anwendung für den Fall des Zusammentreffens von gesetzlicher Rente und Beamtenversorgung vorschreibt, nicht so schwer, als daß diese übermäßige Verminderung in Kauf genommen werden müßte. Der Senat hält daher insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht fest.
Im übrigen vermag er jedoch dem Oberlandesgericht nicht zu folgen. Insbesondere bleibt der Grundansatz maßgebend, daß § 1587 a Abs. 6 2. Halbs. BGB die Berücksichtigung der Ruhensregelung des § 55 BeamtVG nicht vorschreibt, soweit die konkurrierende gesetzliche Rente vor der Ehezeit erworben wurde. Das Ruhen eines Teils der Beamtenversorgung, für den die gesetzliche Rente insoweit die Alimentationsaufgabe übernimmt, ist nur beachtlich, soweit es auf Rentenanwartschaften beruht, die der Beamte in der Ehezeit erworben hat und an denen sein Ehegatte infolgedessen im Wege des Splittings zu beteiligen ist (Senatsbeschluß vom 1. Dezember 1982 aaO S. 361). Diese Berechnungsweise führt zu einem ausgewogenen Ausgleich zwischen den Ehegatten und gewährleistet, daß der Berechtigte nur die ehezeitlich bedingte Kürzung mittragen muß, der Verpflichtete aber andererseits die Auswirkungen seiner vorehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaft auf seine Beamtenversorgung allein zu tragen hat (Johannsen/Henrich/Hahne aaO; Staudinger/Rehme BGB 1998 § 1587 a Rdn. 505).
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 1. Dezember 1982 (aaO) auch den Gesichtspunkt einer eventuellen Mehrbelastung in den Sonderfällen zweier aufeinanderfolgender Ehen, in denen in erster Ehe nur eine gesetzliche Rente, in zweiter Ehe nur eine Beamtenversorgung erworben wurde, geprüft, und bei erheblichen Auswirkungen auf die Möglichkeit einer Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB verwiesen.
Eine Heranziehung der für betriebliche Gesamtversorgungen und limitierte Betriebsrenten entwickelten Grundsätze (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 25. September 1991 – XII ZB 165/88 – FamRZ 1991, 1416 ff. und – XII ZB 161/88 – FamRZ 1991, 1421 ff., und vom 5. Oktober 1994 – XII ZB 129/92 – FamRZ 1995, 88 ff.), mit denen das Oberlandesgericht in seiner zweiten Berechnungsstufe den Vorwegabzug der nicht auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit entfallenden Kürzung begründen will, ist im Rahmen des § 55 BeamtVG nicht veranlaßt. Während bei betrieblichen Gesamtversorgungen darauf zu achten ist, ob die Zeit, während der die Anwartschaften der in die Gesamtversorgung einbezogenen gesetzlichen Rente erworben worden sind, mit der für die Gesamtversorgung maßgebenden Zeit übereinstimmt, wovon bei betrieblichen Gesamtversorgungen nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann (vgl. Senatsbeschluß vom 25. September 1991 aaO 1416, 1419), hebt § 55 BeamtVG nicht auf Doppelversorgungszeiten ab, sondern begrenzt ohne weitere Unterscheidung die Höchstversorgung nach der eines „Nur-Beamten”. Daher besteht auch keine Notwendigkeit, den Kürzungsbetrag bestimmten Zeiten des Versorgungserwerbs zuzuordnen (vgl. Senatsbeschluß vom 1. Dezember 1982 aaO 361) bzw. die nicht auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit entfallende Kürzung mit Hilfe der nicht in die Dienstzeit fallenden Rente zu eliminieren.
Eine solche, von der bisherigen Handhabung erheblich abweichende Berechnungsweise würde die ohnehin nicht einfache Ermittlung der gekürzten ehezeitlichen Beamtenversorgung im übrigen unnötig erschweren. Die bisherige Methode des Senats ist von der Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend akzeptiert worden und hat sich auch in der Praxis der Versorgungsträger durchgesetzt (vgl. Staudinger/Rehme aaO Rdn. 488 f., 505). Wie der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs im Beschluß vom 4. Oktober 1982 (BGHZ – GSZ – 85, 64, 66; ebenso BGHZ 87, 150, 155 und BGHZ 125, 218, 222) ausgeführt hat, treten im Falle einer durch gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung gefundenen Gesetzesauslegung die Rechtswerte der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in den Vordergrund und verlangen im allgemeinen ein Festhalten an der eingeschlagenen Rechtsentwicklung. Ein Abgehen von dieser Kontinuität kann nur ausnahmsweise bei zwingenden oder deutlich überwiegenden Gründen hingenommen werden. Solche sind hier – mit Ausnahme des oben erwähnten Punktes – schon deshalb nicht ersichtlich, weil es sich, wie auch das Oberlandesgericht nicht verkennt, lediglich um geringfügige Abweichungen der Versorgungshöhe handelt. Darüber hinaus ist auch der Gesichtspunkt der Praktikabilität bei den auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs zur Entscheidung anstehenden Massenfällen von entscheidender Bedeutung.
6. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts kann daher nicht bestehenbleiben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst abschließend auf der Grundlage der bisherigen Auskünfte über die Versorgungsanrechte der Parteien zu entscheiden. Die am 9. August 1995 erteilte Auskunft des BEV über die Beamtenversorgung des Ehemannes berücksichtigt nicht die Regelungen des Art. 4 des Beamtenbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes vom 24. August 1994 (BGBl. I 2229) und des Art. 4 des Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 1996/1997 vom 24. März 1997 (BGBl. I 590). Danach wird – nunmehr zeitlich unbefristet – seit 1994 die Sonderzuwendung nicht mehr wie bisher in Höhe der jeweiligen laufenden Bezüge für Dezember gewährt, sondern ist hinsichtlich ihrer Bemessungsgrundlage auf den Stand von Dezember 1993 eingefroren und wird jährlich mit Hilfe eines Bemessungsfaktors ermittelt (Übergangsregelung § 13 Sonderzuwendungsgesetz, vgl. dazu Senatsbeschluß vom 3. Februar 1999 – XII ZB 124/98 – FamRZ 1999, 713). Diese verringerte Sonderzuwendung wirkt sich auch auf die Berechnung der gekürzten Beamtenversorgung aus und kann zu einer weiteren Verringerung der ehezeitlichen Beamtenversorgung führen. Die für die Ehefrau am 1. September 1995 erteilte Auskunft der BfA berücksichtigt noch nicht die durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. 1997 I 2998 f.) geänderte Bewertung der Kindererziehungszeiten, mit der der Bemessungswert angehoben wurde. Geändert hat sich ferner die Bewertung von Ausbildungszeiten.
Die Sache muß daher an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden, damit es die notwendigen Feststellungen treffen kann.
Unterschriften
Blumenröhr, Hahne, Sprick, Weber-Monecke, Wagenitz
Fundstellen
Haufe-Index 556481 |
FamRZ 2000, 746 |
FuR 2001, 121 |
NJW-RR 2000, 953 |
Nachschlagewerk BGH |
ZBR 2000, 353 |
MDR 2000, 645 |