Leitsatz (amtlich)
Die Anfechtung eines die Urteilsberichtigung wegen Verneinung der Unrichtigkeit ablehnenden Beschlusses ist nicht statthaft, wenn auf das Beschwerdeverfahren die Zivilprozessordnung in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung anzuwenden ist.
Normenkette
ZPO § 319 Abs. 3 (2002)
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 04.09.2003) |
AG Rüdesheim |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Wiesbaden v. 4.9.2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.500 EUR
Gründe
I.
Mit gegen das Weingut G. B. gerichtetem Mahnbescheid aus dem Jahr 1997 hat der Kläger restlichen Werklohn geltend gemacht. Mit Urteil v. 7.12.2001 hat das AG Rüdesheim sein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil v. 25.2.1998 aufrechterhalten. Das Versäumnisurteil weist als Beklagten "G. B. , Weingut" aus, das Urteil v. 7.12.2001 nennt als Beklagten "Herrn G. B. ". Mit der Begründung, das Weingut werde bereits seit 1967 in der Form einer OHG betrieben, G. B. sei nur bis 1979 an der Gesellschaft beteiligt gewesen, diese werde seither durch seine Söhne geführt, hat der Kläger beantragt, das Rubrum des Urteils v. 7.12.2001 dahin zu berichtigen, dass Beklagter die "G. B. OHG, vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter H. B. und B. B. , G. Straße , R. " sei.
Das AG R. hat den Berichtigungsantrag des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, bereits in der Klagebegründungsschrift habe die Bezeichnung des Beklagten "B. , G. ", gelautet. Erst nach der Urteilsverkündung sei vorgetragen worden, dass Beklagter eine OHG sein solle. Die Unrichtigkeit der Parteibezeichnung des Beklagten sei bei dieser Sachlage für Außenstehende nicht aus dem Zusammenhang des Urteils oder den Vorgängen bei seiner Verkündung ersichtlich. Der dagegen eingelegten Beschwerde des Klägers hat das AG nicht abgeholfen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde mit Beschluss v. 4.9.2003 als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
Die kraft Zulassung statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. § 319 Abs. 3 ZPO bestimmt, dass gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, kein Rechtsmittel stattfindet. Hiervon ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte dann eine Ausnahme gemacht worden, wenn der Ablehnungsbeschluss keine sachliche Entscheidung über den Antrag enthält, sondern die Berichtigung aus prozessualen Gründen oder infolge der Verkennung des Begriffs der "ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit" i. S. d. § 319 Abs. 1 ZPO ablehnt (so OLG Hamm NJW-RR 1987, 188 m. w. N.; OLG Frankfurt v. 25.5.1998 - 16 W 11/98, OLGReport Frankfurt 1999, 282; für den Fall greifbarer Gesetzwidrigkeit ebenso OLG Koblenz v. 6.9.1990 - 11 WF 864/90, FamRZ 1991, 101). Demgegenüber ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung auch die Auffassung vertreten worden, eine Beschwerde gegen einen die Berichtigung nach § 319 ZPO ablehnenden Beschluss sei unstatthaft, weil sie durch § 319 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen sei (OLG Brandenburg v. 21.2.1997 - 10 WF 155/96, MDR 1997, 497 = NJW-RR 1997, 1563; OLG Stuttgart v. 20.2.2001 - 20 W 31/2000, MDR 2001, 892). Dieser Auffassung hat sich das Beschwerdegericht angeschlossen.
2. Bei der Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem die Berichtigung einer Entscheidung nach § 319 ZPO wegen Verneinung einer Unrichtigkeit abgelehnt wird, handelt es sich um ein in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehenes Rechtsmittel, da ein solcher Beschluss nach § 319 Abs. 3 ZPO unanfechtbar ist. Deshalb kommt die Anfechtung eines derartigen Beschlusses nur dann und nur insoweit in Betracht, als außerordentliche Rechtsmittel zuzulassen sind.
Nach der Rechtsprechung vor dem In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes v. 27.7.2001 (BGBI. I 2001, 1887) war ein nach den gesetzlichen Vorschriften unanfechtbare Entscheidung dann ausnahmsweise anfechtbar, wenn sie greifbar gesetzwidrig war oder wesentliche Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt hat (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., vor § 567 ZPO Rz. 6 f. m. w. N.). Seit dem In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass der Gesichtspunkt der greifbaren Gesetzwidrigkeit die Zulassung eines außerordentlichen Rechtsbehelfs nicht mehr rechtfertigen kann (BGH v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133 = BGHReport 2002, 431 = MDR 2002, 901; Beschl. v. 23.7.2003 - XII ZB 91/03, BGHReport 2003, 1367 = MDR 2003, 1432 = NJW 2003, 3137; Beschl. v. 16.9.2003 - X ZB 12/03, MDR 2004, 168 = BGHReport 2004, 58 = NJW 2004, 90; vgl. auch BVerwG NJW 2002, 2657 Anm. der Redaktion: offensichtliches Fehlzitat; BFH v. 5.12.2002 - IV B 190/02, NJW 2003, 919 [1344]). Tragender Gesichtspunkt dieser Rechtsprechung ist das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsmittelklarheit, gegen das die Zulassung in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehener Rechtsmittel verstößt (BVerfG, Beschl. v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, NJW 2003, 1924 [1928], unter C, IV; vgl. auch Beschl. v. 16.9.2003 - X ZB 12/03, MDR 2004, 168 = BGHReport 2004, 58 = NJW 2004, 90).
Im Streitfall kann dahinstehen, ob Beschlüsse nach § 319 ZPO, die vor dem Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes ergangen sind und durch die eine Berichtigung des Urteils abgelehnt worden ist, nach altem Prozessrecht mit außerordentlichen Rechtsmitteln anfechtbar waren, obwohl § 319 Abs. 3 ZPO vorsieht, dass derartige Beschlüsse unanfechtbar sind. Denn der Beschluss, mit dem das AG R. den Antrag auf Berichtigung des Rubrums seines Urteils v. 7.12.2001 abgelehnt hat, datiert v. 18.8.2003 (GA II, 398) und ist dem Kläger am 21.8.2003 zugestellt worden (GA II, 403). Daraus folgt, dass auf das Beschwerdeverfahren das Beschwerderecht der Zivilprozessordnung in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung Anwendung findet (EGZPO § 26 Nr. 10). Da unter der Geltung der Zivilprozessordnung in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung in ihr nicht vorgesehene Rechtsmittel nicht statthaft sind und es der Gesetzgeber bei der Regelung des § 319 Abs. 3 ZPO belassen hat, wonach gegen eine offenbare Unrichtigkeit verneinende Beschlüsse ein Rechtsmittel ausgeschlossen ist, kommt eine Anfechtung eines die Urteilsberichtigung ablehnenden Beschlusses jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn auf das Beschwerdeverfahren die Zivilprozessordnung in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung anzuwenden ist (insoweit zweifelnd Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 319 ZPO Rz. 27).
3. Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1157783 |
BB 2004, 1247 |
NJW 2005, 157 |
BGHR 2004, 1104 |
FamRZ 2004, 1188 |
NJW-RR 2004, 1654 |
FA 2004, 211 |
ZAP 2004, 918 |
MDR 2004, 1316 |
PA 2004, 119 |
ProzRB 2004, 267 |