Entscheidungsstichwort (Thema)
Bahn-Strom-Kreuzung. Technische Bahn- und Strombetriebseinrichtungen. Aufwendungen für Stromleitungsverlegung als Folgekosten einer Bahnanlageveränderung
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 erfasst die Gesamtheit der im räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit einer Bahn-Strom-Kreuzung stehenden technischen Bahn- und Strombetriebseinrichtungen unter Einschluss des Verkehrswegs und der dazugehörenden Grundflächen.
Aufwendungen für das Verlegen einer Stromleitung, die notwendig werden, weil innerhalb einer mit Bahngleisen bereits bebauten Grundfläche zusätzliche Gleise angelegt werden, sind Folgekosten einer Veränderung der Bahnanlagen (§ 9 Abs. 2 SKR 56) und nicht Kosten für die Herstellung einer neuen Kreuzung (§ 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Buchst. a SKR 56).
Normenkette
StromkreuzungsRL § 9 Abs. 1, 2 i.d.F. v. 1956
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 9.5.2003 - 14 U 4/03 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 170.296,37 EUR.
Gründe
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin des bundesweiten Eisenbahnschienennetzes. Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen.
Die Parteien streiten über die Höhe der Kosten, die die Klägerin der Beklagten für die Verlegung eines Starkstromkabels zu erstatten hat. Die betroffene Stromleitung wurde 1982 in Betrieb genommen. Sie kreuzte das Betriebsgelände der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Bereich des Bahnhofs T. unterirdisch. Über die Kreuzung zwischen dem Stromkabel und dem Gelände schlossen die Rechtsvorgänger der Parteien am 18.10.1982 einen Vertrag, in den die "Richtlinien über Kreuzungen von Starkstromleitungen eines Unternehmens der öffentlichen Elektrizitätsversorgung (EVU) mit DB-Gelände oder DB-Starkstromleitungen (StromkrRichtl)" aus dem Jahr 1956 einbezogen sind (nachfolgend SKR 56).
Diese enthalten u. a. folgende Bestimmungen:
"§ 1 Geltungsbereich
(1) Die Richtlinien gelten für alle Kreuzungen von Starkstromleitungen eines Unternehmens der öffentlichen Elektrizitätsversorgung (EVU-Starkstromleitung) mit DB-Gelände oder DB-Starkstromleitungen.
(2) Als 'Kreuzung mit DB-Gelände' gilt jedes Führen von EVU-Starkstromleitungen über oder in DB-Gelände, auch wenn die EVU-Starkstromleitung darin endet.
(3) Als 'DB-Gelände' gelten alle Grundflächen, an denen der DB das Eigentum oder ein Nutzungsrecht zusteht.
(4) Beim DB-Gelände wird unterschieden
a) 'Bahngelände', das sind die Grundflächen, die Verkehrs- oder Betriebsanlagen der DB einschließlich der Bahnbetriebswerke und Bahnbetriebswagenwerke tragen, nebst den Zubehörflächen,
b) 'sonstiges DB-Gelände', das sind die Grundflächen außerhalb des Bahngeländes und unter Eisenbahnüberführungen.
...
§ 2 Rechtsgrundlage einer Kreuzung
Die Herstellung einer Kreuzung setzt voraus, dass
a) die örtlich zuständige BD und das EVU über die Anwendung dieser Richtlinien und die Lage der Kreuzung sowie im Grundsätzlichen über deren technische Ausführung einig sind
oder
b) eine Entscheidung nach § 36 (Planfeststellung) des Bundesbahngesetzes vorliegt.
...
§ 5 Herstellungskosten
(1) Die bei der Herstellung einer Kreuzung erwachsenden Kosten sind von dem Hinzukommenden zu tragen.
(2) Zu den Herstellungskosten gehören auch die Aufwendungen für
a) eine notwendige Änderung der bestehenden Anlage,
b) Schutzmaßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebes der bestehenden Anlage während der Bauausführung,
...
§ 8 Änderung einer Kreuzung
(1) Bei geringfügigen Änderungen einer Kreuzung genügt die Berichtigung der Kreuzungsunterlagen.
(2) Bei wesentlichen Änderungen einer Kreuzung nach Lage, Art oder Ausführung gilt § 2 entsprechend. Eine solche Änderung liegt stets dann vor, wenn die Bahnstrecke elektrifiziert wird.
(3) Änderungen nach Abs. 2 sind durch Nachträge zum Kreuzungsvertrag festzuhalten.
§ 9 Kosten der Änderung bei einer Kreuzung mit Bahngelände
(1) Ändert ein Partner seine Anlagen, so trägt er die Kosten hierfür, auch soweit sie infolge des Bestehens der Anlagen des anderen Partners, durch etwaige Schutzmaßnahmen zu dessen Gunsten und für einen Sicherheitsbeauftragten entstehen.
(2) Macht die Änderung auch eine Änderung der Anlagen des anderen Partners notwendig, so sind die Kosten hierfür von den Partnern je zur Hälfte zu tragen.
...
§ 10 Kosten der Änderung bei einer sonstigen Kreuzung
(1) Ändert bei einer sonstigen Kreuzung ein Partner den bestehenden Zustand, so hat er neben seinen eigenen (entsprechend § 9 Abs. 1) auch die gesamten dem anderen Partner dadurch notwendigerweise entstehenden Kosten zu tragen.
..."
Mitte der Neunzigerjahre baute die Klägerin eine neue ICE-Trasse zwischen Köln und dem Rhein-Main-Gebiet. Im Bereich des Bahnhofs T. wurde die Neubaustrecke aus Platzgründen in einen Tunnel verlegt, wo sie mit dem unterirdisch geführten Kabel der Beklagten zusammentraf. Diese setzte die Leitung auf Bitten der Klägerin um. Das Stromkabel quert das Bahngelände nunmehr etwa 550m von dem ursprünglichen Kreuzungspunkt entfernt.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Tunnelbau und die dadurch verursachte Verlegung der Starkstromleitung sei als Änderung der bestehenden Kreuzung anzusehen. Deshalb sei sie gem. § 9 Abs. 2 SKR 56 nur verpflichtet, die Hälfte der der Beklagten für die Verlagerung entstandenen Kosten zu ersetzen. Demgegenüber ist die Beklagte der Auffassung, durch die Anlage des Tunnels und sein Zusammentreffen mit dem unterirdisch verlaufenden Kabel sei eine neue Kreuzung hergestellt worden, weshalb die Klägerin die Verlegungskosten gem. § 5 SKR 56 zur Gänze tragen müsse.
Die Klägerin überwies irrtümlich den vollen Betrag, den die Beklagte ihr für die Umbaumaßnahme in Rechnung gestellt hatte, und verlangt nunmehr den die Hälfte der Aufwendungen übersteigenden Betrag zurück. Ihre insoweit erhobene Teilklage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.
II.
Die Beschwerde ist nach § 544 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg; insbesondere hat die Rechtssache entgegen der Ansicht der Beschwerde keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (z. B. BGH v. 4.7.2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221 [223] = BGHReport 2002, 948 = MDR 2002, 1207; Beschl. v. 27.3.2003 - V ZR 291/02, BGHReport 2003, 686 = MDR 2003, 822 = NJW 2003, 1943 [1944]; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 543 Rz. 11, jeweils m. w. N.). Die Klärungsbedürftigkeit setzt voraus, dass die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft oder umstritten ist (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rz. 5; Wenzel in
MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsbd., § 543 Rz. 7).
Die Frage, ob die Aufwendungen für das Verlegen einer Stromleitung, die notwendig werden, weil innerhalb einer mit Bahngleisen bereits bebauten Grundfläche im Rahmen eines Streckenneubaus zusätzliche Gleise angelegt werden, Kosten für die Herstellung einer neuen Kreuzung darstellen (§ 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Buchst. a SKR 56) oder Folgekosten einer Veränderung der Bahnanlagen (§ 9 Abs. 2 SKR 56) sind, ist zwar entscheidungserheblich, jedoch nicht klärungsbedürftig.
1. Wer von den Teilnehmern einer Kreuzung zwischen einem Verkehrsweg und einer Versorgungsleitung die Folgekosten bei Baumaßnahmen im Kreuzungsbereich trägt, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Vertrag, der die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verkehrswegeträger und dem Versorgungsunternehmen regelt (zur Kreuzung zwischen Bahn und Versorgungsleitungen vgl. BGH, Beschl. v. 31.1.2002 - III ZR 136/01, BGHReport 2002, 413 = VIZ 2002, 303; für Kreuzungen zwischen Straßen und Versorgungsleitungen siehe v. 16.9.1993 - III ZR 136/91, BGHZ 123, 256 [257] = MDR 1994, 1055; v. 7.3.1991 - III ZR 3/90, BGHZ 114, 30 = MDR 1991, 970; vgl. auch § 5 Abs. 1 EKrG für Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen).
Die Parteien haben über die betroffene Kreuzung am 18.10.1982 einen Vertrag geschlossen, dem nach der Vertragspräambel die SKR 56 zu Grunde liegen.
Ob darüber hinaus im Zusammenhang mit der Durchführung der konkreten Baumaßnahme eine besondere (vorrangige) Vereinbarung im Sinne der Klägerin über die Kostenteilung geschlossen wurde, hat das Berufungsgericht erörtert, aber letztlich offen gelassen. Für die Nachprüfung durch das Revisionsgericht entscheidend ist daher allein die Auslegung von § 9 Abs. 1 und 2 SKR 56.
2. Die eingangs dargestellte Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie bislang nicht umstritten ist und, zumindest bei näherer Betrachtung, eindeutig zu beantworten ist.
Die Nichtzulassungsbeschwerde meint, die Voraussetzungen von § 9 Abs. 2 SKR 56 seien nicht erfüllt, weil die Verlegung des Kabels nicht durch eine Veränderung der Anlagen der Klägerin notwendig geworden sei, wie es diese Bestimmung voraussetze. Vielmehr hätten sich im Erdreich, in dem die frühere Leitung verlegt gewesen sei, bisher keine Anlagen befunden. Durch den Bau des Tunneltrogs für die ICE-Strecke sei erst eine neue Anlage hinzugekommen, die mit dem Kabelverlauf zusammengetroffen sei und so zu einer neuen Kreuzung geführt habe.
Die Beschwerde geht damit von einem zu eng gefassten Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 aus. Sie setzt Anlagen unzutreffend mit einer einzelnen technischen Einrichtung, wie z. B. einem Gleis, einem Signal oder einem Fahrdraht, gleich, ohne die Grundfläche des Verkehrswegs als Bestandteil der Anlage zu berücksichtigen. Richtigerweise erfasst der Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 die Gesamtheit der im räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit der Kreuzung stehenden Bahn- und Strombetriebseinrichtungen unter Einschluss des Verkehrswegs und der dazugehörenden Grundflächen.
Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortsinn des in § 9 Abs. 1 SKR 56 verwendeten Begriffs "Anlagen", ergibt sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen der Stromkreuzungsrichtlinien 1956.
Bei der an Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte ausgerichteten Auslegung von Verträgen, insbesondere auch von solchen, die die Rechtsbeziehungen zwischen Verkehrsträgern und Versorgungsunternehmen regeln, sind der gesamte Inhalt und der Zusammenhang der einzelnen Regelungen vor dem Hintergrund der Interessenlage zu berücksichtigen (BGH v. 7.3.1991 - III ZR 3/90, BGHZ 114, 30 = MDR 1991, 970).
a) § 9 Abs. 1 und 2 SKR 56 knüpft an die Definitionen des § 1 SKR 56 an. Abs. 4 dieser Bestimmung spricht dafür, den Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 weit auszulegen. Anlagen selbst werden dort zwar nicht definiert. Jedoch ist Buchst. a) für die Interpretation heranzuziehen. Dort wird "Bahngelände" näher bestimmt. Dies sind die Grundflächen, die Verkehrs- oder Betriebsanlagen "einschließlich der Bahnbetriebswerke und Bahnbetriebswagenwerke" tragen. Zwar können im Wortsinn als Verkehrs- oder Betriebsanlagen auch einzelne technische Einrichtungen verstanden werden. Jedoch zeigt die Einbeziehung von Bahnbetriebs- und Bahnbetriebswagenwerken in den Anlagenbegriff, dass die SKR 56 hierunter auch die Zusammenfassung einer Mehrzahl von Einzeleinrichtungen zu einer betrieblichen Einheit verstehen. Die Betriebs- und Betriebswagenwerke bilden Funktionseinheiten, die sich aus einer Vielzahl einzelner technischer Einrichtungen, wie Gleisen, Fahrdrähten, Weichen, ortsfesten Reparatureinrichtungen, Gebäuden, etc. zusammensetzen.
b) In die gleiche Richtung führt eine Gesamtschau der §§ 8-10 i. V. m. § 1 SKR 56. Diese Vorschriften regeln die Rechtsfolgen einer Kreuzungsänderung. Die Überschriften der Bestimmungen enthalten jeweils die Worte "Änderung ... einer Kreuzung". Sie knüpfen damit an die Definition der Kreuzung in § 1 Abs. 2 SKR 56 an. Danach ist eine Kreuzung mit DB-Gelände i. S. d. § 1 Abs. 1 SKR 56 jedes Führen von Starkstromleitungen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen in oder über Gelände der Deutschen Bundesbahn. Unter Gelände werden, wie sich weiter aus § 1 Abs. 4 SKR 56 ergibt, Grundflächen verstanden. Der Kreuzungsbegriff wird in den SKR 56 damit grundstücksbezogen verstanden. Dies legt es nahe, eine Kreuzungsänderung i. S. d. §§ 8-10 SKR 56 auch anzunehmen, wenn an dem Grund, auf dem sich die Kreuzung befindet, Veränderungen vorgenommen werden.
c) Gestützt wird diese Erwägung durch § 10 Abs. 1 SKR 56. Diese Bestimmung regelt die Kostenfolgen bei der Änderung einer Kreuzung mit sonstigem DB-Gelände. Auf der Tatbestandsseite wird im Gegensatz zu § 9 Abs. 1 SKR 56 nicht auf die Änderung von Anlagen abgestellt, sondern auf die des "bestehenden Zustandes". Dieser Begriff ist sprachlich klarer als der der "Anlage". Sein Wortsinn reicht weiter und erfasst ohne weiteres Veränderungen des Kreuzungsgrunds. Änderungen von Anlagen (§ 9 Abs. 1 SKR 56) und Änderung des bestehenden Zustandes (§ 10 Abs. 1 SKR 56) müssen trotz der verschiedenen Begriffe dieselbe inhaltliche Bedeutung haben. Würde die Änderung von Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 nämlich nicht in der weiten Bedeutung von Änderung des bestehenden Zustandes i. S. v. § 10 Abs. 1 SKR 56 zu verstehen sein, enthielte § 9 SKR 56 im Vergleich zu § 10 SKR 56 eine Regelungslücke. Für die Fälle, in denen auf Bahngelände Veränderungen des bestehenden Zustandes vorgenommen würden, die nicht eine - im engen Sinn verstandene - Anlagenänderung darstellten, gäbe es keine Regelung über die Kostentragungspflicht. Es ist nicht zu unterstellen, dass die Vertragsparteien eine solche lückenhafte Regelung treffen wollten. Die Auslegung hat sich nach dem Grundsatz zu richten, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (z. B. BGH, Urt. v. 10.3.1994 - IX ZR 152/93, MDR 1994, 1240 = NJW 1994, 1537 [1538], m. w. N.). §§ 9 und 10 SKR 56 sollten bei vernünftiger Betrachtungsweise die Kostenfolgen von Kreuzungsänderungen vollständig regeln. Zwischen beiden Bestimmungen sollte auf der Tatbestandsseite nur danach differenziert werden, ob Bahngelände oder sonstiges DB-Gelände betroffen ist.
d) Allein diese Auslegung der Stromkreuzungsrichtlinien 1956 steht im Einklang mit dem Anlagenbegriff, der den bei Abschluss des Kreuzungsvertrags geltenden eisenbahnrechtlichen Vorschriften zu Grunde lag.
Zu den Betriebsanlagen der Eisenbahn i. S. d. § 18 Abs. 1 AEG i. d. F. v. 27.12.1993 (BGBl. I, 2378, 2396) gehörten alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen der Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs erforderlich sind. Kriterium für die objektive Zugehörigkeit zur Bahnanlage ist unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse die Eisenbahnbetriebsbezogenheit, d. h. die Verkehrsfunktion und der räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb (BVerwG BVerwGE 102, 269 [273 f.], m. w. N.; OVG Münster NVwZ-RR 1999, 12 [13]). Dieses weite Begriffsverständnis lag bereits dem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreuzungsvertrags geltenden § 36 Abs. 1 BBahnG zu Grunde (BVerwG BVerwGE 102, 269 [273]). Unter Anwendung dieser Kriterien fällt der Grund, auf dem sich der Schienenverkehrsweg befindet, unter den Anlagenbegriff, da er in unmittelbarem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit dem Eisenbahnverkehr steht.
Dementsprechend wird in § 4 der Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung (EBO) der Begriff Bahnanlage erklärt. Zwar enthält § 4 Abs. 1 S. 1 EBO erst seit der Neufassung v. 8.5.1991 (BGBl. I, 1098) die ausdrückliche Klarstellung, dass auch die Grundstücke, auf denen sich dem Bahnbetrieb dienende Bauwerke und Einrichtungen befinden, Teil der Bahnanlagen sind. Jedoch war bereits zu § 4 Abs. 1 EBO in der zum Zeitpunkt des Kreuzungsvertrags geltenden Fassung v. 8.5.1967 (BGBl. II, 1563) anerkannt, dass der Begriff der Bahnanlage als Gesamtheit von einzelnen ortsfesten technischen Einrichtungen des Bahnbetriebs unter Einschluss der dafür genutzten Grundstücke zu verstehen war (vgl. Thoma, Kommentar zur EBO, 1969, S. 25, Erläuterungen zu § 4 Abs. 1 EBO 1967).
e) Eine neue Kreuzung ist auch nicht allein auf Grund der Tatsache entstanden, dass der Kreuzungsort um 550m verlegt wurde.
Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 2 SKR 56. Diese Bestimmung setzt voraus, dass die örtliche Verlagerung des Kreuzungspunktes eine Änderung der Kreuzung und nicht die Herstellung einer neuen darstellt. Dies folgt zum einen unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift und zum anderen aus ihrer Rechtsfolgeanordnung. Die Veränderung der Lage des Kreuzungspunktes wird ausdrücklich als ein Fall der Änderung der Kreuzung bezeichnet. Die Norm bestimmt ferner als Rechtsfolge der Lageveränderung die entsprechende Geltung von § 2 SKR 56, der die rechtlichen Voraussetzungen für das Herstellen einer neuen Kreuzung regelt. Wäre die Verlagerung stets das Herstellen einer neuen Kreuzung, würde diese Bestimmung unmittelbar gelten und bedürfte nicht der entsprechenden Anwendung.
Fundstellen
BGHR 2004, 859 |
BauR 2004, 1762 |
EBE/BGH 2004, 5 |
NVwZ 2005, 487 |
WM 2004, 2318 |
UPR 2004, 278 |