Tenor
Die weitere Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Juni 2000 – 8 W 1790/00 – wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Die in Polen geborene und heute dort lebende Klägerin wurde im Jahre 1942 aus ihrer Heimat nach Deutschland verbracht. Dort war sie bis zum Kriegsende als Zwangsarbeiterin tätig gewesen.
Die Klägerin behauptet, in einem Werk der Beklagten beschäftigt gewesen zu sein, und verlangt von dieser Entschädigung für die von ihr insgesamt 31 Monate lang geleistete Zwangsarbeit und eine weitere Entschädigung für die unmenschliche Behandlung, die sie in dieser Zeit erfahren hat.
Nach Verweisung des beim Arbeitsgericht anhängig gemachten Rechtsstreits an das Landgericht hat dieses der Klägerin mit Beschluß vom 9. Mai 2000 die beantragte Prozeßkostenhilfe versagt. Mit Beschluß vom 13. Juni 2000 hat das Oberlandesgericht die gegen die Ablehnung der Prozeßkostenhilfe eingelegte Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Im Hinblick auf § 16 des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft”, dessen Verabschiedung durch den Bundestag in naher Zukunft zu erwarten sei, biete die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Klägerin, der das Oberlandesgericht unter Hinweis darauf, daß das Stiftungsgesetz am 12. August 2000 in Kraft getreten sei, mit Beschluß vom 30. August 2000 nicht abgeholfen hat.
II.
Die (weitere) außerordentliche Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte über die Beschwerde im Prozeßkostenhilfeverfahren gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist eine weitere Beschwerdemöglichkeit an den Bundesgerichtshof von Gesetzes wegen nicht eröffnet (§ 567 Abs. 4 Satz 1, § 568 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung ausnahmsweise eine im Gesetz nicht vorgesehene „außerordentliche Beschwerde” zuläßt, vorliegend nicht erfüllt.
1. Auf der Grundlage ihres Vorbringens gehört die Klägerin, die 1942 aus ihrem Heimatstaat in das Gebiet des Deutschen Reiches deportiert und dort zu einem Arbeitseinsatz in einem gewerblichen Unternehmen gezwungen wurde, zu den leistungsberechtigten Personen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” (im folgenden: Stiftungsgesetz) vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1263). Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 dieses Gesetzes können Leistungsberechtigte Leistungen aus Mitteln der Stiftung (§ 9) nur nach diesem Gesetz erlangen; etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind nach Satz 2 dieser Vorschrift ausdrücklich ausgeschlossen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, das auch und gerade dem Anliegen deutscher Unternehmen, umfassenden und dauerhaften Rechtsfrieden in und außerhalb Deutschlands zu erhalten, Rechnung tragen will (vgl. die amtliche Begründung BT-Drucks. 14/3206 S. 18), stehen der Klägerin Forderungen gegen das Unternehmen, das sie in den Kriegsjahren als Zwangsarbeiterin beschäftigt hat, nicht zu.
Angesichts dieser klaren Gesetzeslage – zu der sich die weitere Beschwerde nicht weiter äußert – fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, daß eine gerichtliche Entscheidung, in der die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe unter Hinweis auf diesen gesetzlichen Ausschluß weitergehender Ansprüche abgelehnt worden ist, „greifbar gesetzwidrig”, d.h. mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar sein könnte, weil sie jeder Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (vgl. BGHZ 109, 41, 43 f; 119, 372, 374; 131, 185, 188 sowie die weiteren in BGHR ZPO vor § 1/Rechtsmittel unter dem Schlagwort Gesetzwidrigkeit, greifbare abgedruckten Entscheidungen).
2. Die weitere Beschwerde sieht die greifbare Gesetzwidrigkeit darin, daß Landgericht und Oberlandesgericht das PKH-Gesuch mit einem „rechtlich nicht wirkenden” Gesetz zurückgewiesen haben. Damit kann sie nicht durchdringen.
Ob der den angefochtenen Entscheidungen zugrundeliegende Gedanke, eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei hätte im Hinblick auf die bevorstehende gesetzliche Regelung von einer Klageerhebung abgesehen, die Ablehnung der Prozeßkostenhilfe hätte rechtfertigen können, erscheint deshalb fraglich, weil im Zeitpunkt der Beschlußfassung (9. Mai bzw. 13. Juni 2000) der Bundestag über dieses Gesetz noch nicht beschlossen hatte. Zwar war der Gesetzentwurf im April 2000 parallel sowohl durch die Bundesregierung als auch aus der Mitte des Bundestags – und zwar von allen im Bundestag vertretenen Fraktionen – eingebracht worden (vgl. BT-Drucks. 14/3206 und BR-Drucks. 193/00), so daß ein Zustandekommen des Gesetzes in absehbarer Zeit zu erwarten stand. Andererseits war nicht auszuschließen, daß der Entwurf im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens Änderungen erfahren würde.
Diese Frage braucht indes vorliegend nicht vertieft zu werden. Das Oberlandesgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluß vom 30. August 2000 richtig ausgeführt, daß das Stiftungsgesetz am 12. August 2000 in Kraft getreten sei (§ 20 des Gesetzes). Durch diesen Beschluß wurde die die Beschwerde der Klägerin zurückweisende Entscheidung auf eine neue, für das vorliegende Verfahren tragfähige Grundlage gestellt. Dem steht nicht entgegen, daß es dann, wenn – wie hier – eine (weitere) Beschwerdemöglichkeit nach dem Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist, einer Nichtabhilfeentscheidung nicht bedarf. Das ändert nichts daran, daß eine solche Entscheidung gleichwohl ergehen kann und im weiteren Verfahren zu berücksichtigen ist (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 571 Rn. 2 und 13).
Unterschriften
Rinne, Wurm, Streck, Schlick, Dörr
Fundstellen