Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung. Verletzung vertraglicher Nebenpflichten im Kaufrecht. Fehlen einer Montageanleitung. kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten. Erhebung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz. Auferlegung der Kosten des Berufungsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
a) Ansprüche aus der Verletzung kaufvertraglicher Nebenpflichten verjähren in entsprechender Anwendung des § 477 BGB a.F. innerhalb von sechs Monaten, wenn die positive Vertragsverletzung einen Schaden an der Kaufsache verursacht hat oder sich das Verschulden auf - erteilte oder unterbliebene - Angaben über Eigenschaften der Kaufsache bezieht, von denen ihre Verwendungsfähigkeit für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck abhängt (im Anschluss an BGH v. 13.7.1983 - VIII ZR 112/82*BGHZ 88, 130 [136 ff.] = MDR 1983, 928).
b) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens können der obsiegenden Partei nach § 97 Abs. 2 ZPO auch dann auferlegt werden, wenn nicht sicher feststeht, dass das Rechtsmittel ohne das neue Vorbringen erfolglos gewesen wäre.
Normenkette
BGB a.F. § 477; ZPO § 97 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Waldshut-Tiengen (Urteil vom 06.05.2004; Aktenzeichen 2 S 132/03) |
AG Waldshut-Tiengen |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Waldshut-Tiengen v. 6.5.2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, der einen Fachbetrieb für Heizungsbau und Sanitäranlagen betreibt, kaufte im Mai 2001 bei der Beklagten Bauteile eines von dieser vertriebenen Rohrsystems für Heizungsanlagen. Diese Teile baute der Kläger in die Heizungsanlage eines Kunden ein. Kurze Zeit nach Fertigstellung zeigten sich erste Undichtigkeiten an dem Leitungssystem. Der Kläger besserte deswegen mehrfach nach und beauftragte in diesem Zusammenhang auch einen Sachverständigen mit der Klärung der Schadensursache. Dadurch entstanden ihm Kosten i.H.v. insgesamt 3.788,87 EUR.
Am 23.8.2002 hat der Kläger gegen die Beklagte den Erlass eines Mahnbescheides über 2.226,02 EUR nebst Zinsen beantragt. Die Beklagte hat gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhoben. In dem sich anschließenden Rechtsstreit hat der Kläger die Klage zweimal, zuletzt auf Zahlung von 3.788,87 EUR nebst Zinsen erhöht. Daneben hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm die Beklagte zum Ersatz sämtlicher weiterer Schäden aus dem Einbau des von der Beklagten gelieferten Rohrsystems in die Heizungsanlage seines Kunden verpflichtet sei. Die Parteien haben insb. über die Ursache der Undichtigkeiten des Rohrsystems gestritten. Der Kläger hat insoweit behauptet, er habe die von der Beklagten gelieferten Bauteile falsch montiert, weil ihm die Beklagte keine Montageanleitung zur Verfügung gestellt habe.
Das AG hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und in der Berufungsbegründung erstmals die Einrede der Verjährung erhoben. Das LG hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe. Jedenfalls sei ein derartiger Anspruch verjährt. Wenn die Undichtigkeiten der Rohrverbindungen gemäß der Behauptung des Klägers darauf beruhten, dass die Beklagte den verkauften Bauteilen pflichtwidrig keine Montageanleitung beigefügt hätte und deshalb die Bauteile in ungeeigneter Weise montiert worden wären, hätte die Beklagte eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Ein daraus hergeleiteter Schadensersatzanspruch unterliege der kurzen Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. Da das Rohrsystem nach der Darstellung des Klägers am 23.5.bzw. am 19.6.2001 geliefert worden sei, sei mit Ablauf des 19.6.(richtig: Dezember) 2001 Verjährung eingetreten.
Die Beklagte sei nicht gehindert, die Einrede der Verjährung erst in der Berufung zu erheben. Die Neuregelung des § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO schließe nicht aus, neues, unstreitig gebliebenes Vorbringen im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, wenn damit keine Verfahrensverzögerung verbunden sei. Nichts Anderes könne auch für Einreden gelten, die dem Berufungsführer nach ihren tatsächlichen Voraussetzungen unstreitig zuständen. Die Berücksichtigung der Einrede der Verjährung entspreche dem mit der Neuregelung des Berufungsverfahrens verfolgten Gesetzeszweck, die zweite Instanz von weiteren Tatsachenfeststellungen zu entlasten. Hier hätte die Kammer ein Sachverständigengutachten zur Ursache der Undichtigkeiten einholen müssen. Dem Kosteninteresse des Berufungsgegners, der sich in der Berufung erstmals mit der Einrede der Verjährung konfrontiert sehe, werde durch die Regelung des § 97 Abs. 2 ZPO Rechnung getragen.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nach § 477 Abs. 1 BGB (gem. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB in der bis zum 1.1.2002 geltenden Fassung; im Folgenden: a.F.) verjährt ist.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht die vom Kläger erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede zu Recht berücksichtigt hat (BGH, Urt. v. 18.11.2004 - IX ZR 229/03, BGHReport 2005, 318 = WM 2005, 99 = NJW 2005, 291, unter II 2, m.w.N.). Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, könnte es nach der Rechtsprechung des BGH von der Revision nicht mit Erfolg gerügt werden (BGH, Beschl. v. 22.1.2004 - V ZR 187/03, BGHReport 2004, 614 = MDR 2004, 700 = WM 2004, 1499 = NJW 2004, 1458, unter II 4; Urt. v. 2.4.2004 - V ZR 107/03, MDR 2004, 866 = BGHReport 2004, 997 = WM 2005, 141 = NJW 2004, 2382, unter II 1a bb).
2. Vergeblich wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers sei nach § 477 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. verjährt.
Der Kläger macht einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung geltend. Er beruft sich darauf, die Beklagte habe eine vertragliche Nebenpflicht verletzt, weil sie ihm keine Anleitung für die Montage des verkauften Rohrsystems zur Verfügung gestellt habe. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung verjähren Ansprüche aus der Verletzung kaufvertraglicher Nebenpflichten in entsprechender Anwendung des § 477 BGB a.F. innerhalb von sechs Monaten, wenn die positive Vertragsverletzung einen Schaden an der Kaufsache verursacht hat oder sich das Verschulden auf - erteilte oder unterbliebene - Angaben über Eigenschaften der Kaufsache bezieht, von denen ihre Verwendungsfähigkeit für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck abhängt (BGH v. 13.7.1983 - VIII ZR 112/82, BGHZ 88, 130 [136 ff.] = MDR 1983, 928; Urt. v. 12.2.1992 - VIII ZR 276/90, MDR 1992, 559 = WM 1992, 819, unter II 1d; insoweit in BGH v. 12.2.1992 - VIII ZR 276/90, BGHZ 117, 183 [187] = MDR 1992, 559, nicht abgedr., jeweils m.w.N.). So ist es hier. Das Fehlen einer Montageanleitung hatte nach der Behauptung des Klägers zur Folge, dass er die Bauteile des Rohrsystems falsch verbunden hat und dieses deshalb undicht und damit für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck unbrauchbar geworden ist. Die kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB a.F. gilt für alle von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen, sowohl für die Kosten der Schadensbeseitigung als auch für die des zur Klärung der Schadensursache eingeholten Privatgutachtens (BGH v. 7.3.1983 - VIII ZR 331/81, BGHZ 87, 88 [94] = MDR 1983, 661).
Unterliegt der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch mithin der sechsmonatigen Verjährung des § 477 Abs. 1 BGB a.F., war der Anspruch bereits verjährt, als ihn der Kläger erstmalig mit der Einreichung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids am 23.8.2002 gerichtlich geltend gemacht hat. Das trifft selbst dann zu, wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass die Verjährungsfrist erst mit der Restlieferung am 19.6.2001 zu laufen begonnen hat.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revisionserwiderung dagegen, dass das Berufungsgericht der Beklagten gem. § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt hat. Die von ihr angeführte Auffassung, eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO komme nur in Betracht, wenn sicher feststehe, dass das Rechtsmittel ohne das neue Vorbringen erfolglos gewesen wäre (Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 97 Rz. 21; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 26. Aufl., § 97 Rz. 10), ist mit dem Zweck der Vorschrift, im Interesse der Prozessbeschleunigung demjenigen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen, der den Prozess nachlässig führt (Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 97 Rz. 1; Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 97 Rz. 1), nicht zu vereinbaren. Vielmehr scheidet danach eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO allenfalls dann aus,
wenn sicher feststeht, dass das Rechtsmittel auch ohne das neue Vorbringen erfolgreich gewesen wäre. Das ist hier nicht der Fall.
Fundstellen
Haufe-Index 1335944 |
BB 2005, 852 |
DB 2005, 1162 |
BGHR 2005, 869 |
NJW-RR 2005, 866 |
WM 2005, 948 |
ZAP 2005, 645 |
AnwBl 2005, 53 |
MDR 2005, 916 |
ProzRB 2005, 266 |