BGH: Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters

Der BGH hat Ansprüche des Vermieters wegen einer fehlerhaften Verlegung von Badezimmerfliesen auch nach mehr als 30 Jahren als nicht verjährt angesehen. Entscheidend sei allein die Verjährungsfrist von 6 Monaten nach Auszug der Mieter.

In seiner Entscheidung hat sich der BGH mit dem Verhältnis zwischen der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 199 BGB und der speziellen Frist für die Verjährung von Vermieteransprüchen 6 Monate nach Auszug der Mieter gemäß § 548 BGB befasst. Der BGH hat zugunsten des Vermieters entschieden.

Fehlerhafter Austausch von Badezimmerfliesen

In dem vom BGH entschiedenen Verfahren ging es um Schadensersatzansprüche des Vermieters über knapp 38.000 Euro nach Beendigung eines langjährigen Mietverhältnisses. Das Mietverhältnis begann im Jahre 1981. Kurz nach Einzug nahmen die Mieter den Austausch von im Badezimmer befindlichen Holzdielen gegen Fliesen vor, die im Gegensatz zu dem vorherigen Belag auch über einen Abfluss verfügten. Bei dem Einbau der neuen Fliesen wurde jedoch versäumt, eine nach den anerkannten bautechnischen Regeln erforderliche Dichtung einzubauen.

Erheblicher Wasserschaden als Folge fehlerhaft eingebauter Fliesen

In der Folgezeit drang unbemerkt Wasser in die Decke der darunterliegenden Mietwohnung, das im Juli 2016 schwallartig aus der Decke austrat. Im Zuge der Schadensaufnahme wurde festgestellt, dass die in der Decke befindlichen Stützbalken durch die eingedrungene Feuchtigkeit so beschädigt waren, dass Einsturzgefahr bestand. Nach einer nicht bewiesenen Behauptung der Vermieter soll die an einen Rollstuhl gebundene Mieterin regelmäßig neben der Badewanne über dem am Boden befindlichen Abfluss geduscht haben. Hierdurch sei in erheblicher Menge Wasser in die Decke der darunterliegenden Wohnung eingedrungen.

Klageabweisung durch LG wegen Verjährung

Das zweitinstanzlich zuständige LG Berlin wies die Klage der Vermieter auf Schadenersatz ab. Da die Verlegung der Fliesen mehr als 30 Jahre zurückliege, sei ein möglicher Schadensersatzanspruch der Kläger gemäß § 280 BGB wegen schuldhaften, vertragswidrigen Verhaltens der Mieterin nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB verjährt.

BGH: Verjährung von Schadensersatzansprüchen beginnt mit Mieterauszug

Dies sah der BGH anders. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kommt nach Ansicht des Senats die 30-jährige Verjährungsfrist des § 199 Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 BGB im konkreten Fall nicht zu Tragen. Nach dieser Vorschrift verjähren „sonstige“, d.h. andere als die in § 199 Abs. 2 BGB genannten Schadensersatzansprüche „ohne Rücksicht auf ihre Entstehung bzw. Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der … Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis“ an. Das Berufungsgericht hat nach Auffassung des Senats verkannt, dass die Anwendung dieser Vorschrift im Fall des Bestehens abschließender Sonderregelungen für bestimmte besondere Schuldverhältnisse ausgeschlossen ist.

Mietrechtliche Verjährungsregelung geht allgemeiner Verjährung vor

§ 548 BGB enthält nach der Entscheidung des BGH für Schadensersatzansprüche des Vermieters nach Auszug des Mieters eine solche Sonderregelung, die der Vorschrift des § 199 Abs. 3 BGB vorgeht. Dies zeige sich unter anderem in der Gesetzessystematik, die die Verjährung nach § 199 BGB im Allgemeinen Teil des BGB ansiedle, während sich die Regelung der Verjährung der Schadensersatzansprüche des Vermieters nach § 548 BGB in den speziell für das Mietrecht bestimmten Sondervorschriften befinde.

Vermieteransprüche verjähren erst nach Mieterauszug

Gemäß § 548 BGB beginnt die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Vermieters mit dem Auszug des Mieters und beträgt 6 Monate. Die Vorschrift trägt nach der Entscheidung des BGH dem Umstand Rechnung, dass ein Vermieter sich erst nach Auszug des Mieters und nach Wiedererlangung der Sachherrschaft über die Mietsache ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache machen könne (BGH, Urteil v. 23.10.2013, VIII ZR 402/12). Aus diesem Grunde habe der Gesetzgeber die Verjährung der Schadensersatzansprüche des Vermieters an den Zeitpunkt des Auszugs der Mieter aus der Wohnung geknüpft, und zwar unabhängig davon, wie lange eine den Schaden verursachende Pflichtverletzung des Mieters zurückliege (BGH, Urteil v. 19.1.2005, VIII ZR 114/04 u. Urteil v.15.3.2006, VIII ZR 123/05).

Mietrechtliche Verjährungsregelung bietet angemessenen Interessenausgleich

Auch unter dem vom LG angeführten Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens könne ein Vorrang der 30-jährigen Verjährungsvorschrift des § 199 Abs. 3 BGB gegenüber der Regelung des § 548 BGB nicht begründet werden. Gerade die Regelung des § 548 BGB dient nach der Bewertung des Senats der Gewährleistung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit. Die Vorschrift ermögliche einerseits dem Vermieter eine ungestörte Feststellung möglicher Schäden, halte gleichzeitig aber den Vermieter durch eine eher kurze Verjährungsfrist von 6 Monaten zu einer möglichst raschen Klärung seiner Ersatzansprüche an. Damit bewirke die Vorschrift einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Mieter- und Vermieterseite.

Vorinstanz muss erneut entscheiden

Nach den Feststellungen des BGH war die Vorinstanz wegen der nach ihrer Auffassung wirksamen Verjährungseinrede nicht der grundsätzlichen Frage nachgegangen, ob die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche des Vermieters im konkreten Fall überhaupt gegeben sind. Daher hat der BGH den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Klärung der Schadenersatzfrage an die Vorinstanz zurückverwiesen.

(BGH, Urteil v. 29.9.2022, VIII ZR 132/20)

Hintergrund:

Mit der Entscheidung des BGH ist der Weg der Vermieterseite zu einem obsiegenden Urteil noch nicht geebnet. Im Rahmen der Zurückverweisung an die Vorinstanz hat der BGH dem LG aufgegeben, unter anderem der Frage nachzugehen, ob nach der sogenannten versicherungsrechtlichen Lösung der Vermieter verpflichtet sein könnte, den Gebäudeversicherer und nicht den Mieter auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann in diesen Fällen eine Inanspruchnahme des Versicherers und nicht des Mieters durch den Vermieter rechtlich geboten sein, wenn

  • ein Versicherungsfall vorliegt,
  • die gezahlten Versicherungsprämien im Rahmen der Mietnebenkosten anteilig auf den Mieter umgelegt wurden,
  • ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen ist und
  • der Vermieter kein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter persönlich hat (BGH, Urteile v. 3.11.2004, VIII ZR 28/04 u. v. 19.11.2014, VIII ZR 191/13).



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