Entscheidungsstichwort (Thema)
Dieselskandal
Leitsatz (amtlich)
Zum Feststellungsinteresse bei einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in einem sogenannten Dieselfall (im Anschluss an BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23; Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20, juris).
Leitsatz (redaktionell)
Steuernachforderungen könnten (im sog. Dieselskandal) jedenfalls nicht als Schaden ersetzt verlangt werden, wenn der so genannte kleine Schadensersatz geltend gemacht werden soll. Ob und inwieweit solche Aufwendungen im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 249
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin - Tenor Ziff. 1 (1) - zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 29. Juli 2020 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen wird.
Die Sache wird hinsichtlich der weiteren Hilfsanträge zu 1 (Zahlungsantrag), zu 2 (Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden) und zu 3 (Feststellung des Annahmeverzugs) zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem sogenannten VW-Dieselskandal geltend.
Rz. 2
Der Kläger erwarb von der Beklagten am 2. September 2010 einen neuen VW Golf Comfortline BlueMotion Technology 1.6 TDI zu einem Preis von 21.267,01 €. Das Fahrzeug war mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, der eine Software zur Abgasrückführungssteuerung enthält, die über zwei Modi verfügt. Im Modus 1, der in standardisierten Testsituationen wie dem Prüfstand aktiv ist, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate. Unter Fahrbedingungen im normalen Straßenverkehr (Modus 0) reduziert die Software den Umfang der Abgasrückführung dauerhaft auf ein geringeres Maß. Das Kraftfahrt-Bundesamt wertete diese Software als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und gab der Beklagten mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 auf, die vorhandene Software zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände zu ergreifen. Das von der Beklagten daraufhin zur Verfügung gestellte Softwareupdate ließ der Kläger auf sein Fahrzeug aufspielen. Dass sein Fahrzeug von dem Dieselskandal betroffen war, hat er nach seinen Angaben in den persönlichen Anhörungen vor dem Land- und dem Berufungsgericht 2015/2016 erfahren.
Rz. 3
Der Kläger ist der Auffassung, er sei von der Beklagten durch den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasrückführung sittenwidrig geschädigt worden. Am 23. April 2019 schloss sich der Kläger der am 1. November 2018 vor dem Oberlandesgericht Braunschweig bezüglich Schadensersatzansprüchen aus der Manipulation des Motors EA 189 erhobenen Musterfeststellungsklage (4 MK1/18) an und meldete die nunmehr streitgegenständlichen Ansprüche zum Klageregister an. Diese Anmeldung nahm er am 19. September 2019 zurück.
Rz. 4
Mit der vorliegenden Klage, die der Beklagten am 19. November 2019 zugestellt worden ist, hat er erstinstanzlich beantragt, die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ihm Ersatz für Schäden zu leisten, die aus der Manipulation seines Fahrzeugs durch eine unzulässige Abschalteinrichtung resultieren, sowie die Freistellung von vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Den Feststellungsantrag hat der Kläger mit dem Hilfsantrag verbunden, die Beklagte zur Zahlung von 21.267,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen die Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs zu verurteilen und festzustellen, dass die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz für weitere Schäden aus der Manipulation des Fahrzeugs verpflichtet sei und sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde. Das Landgericht, das deliktische Schadensersatzansprüche des Klägers als verjährt angesehen hat, hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht, das die Verjährung durch den Anschluss an die Musterfeststellungsklage als gehemmt gewertet hat, die Entscheidung dahingehend abgeändert, dass es die Verpflichtung der Beklagten festgestellt hat, dem Kläger Ersatz für Schäden zu leisten, die aus der Manipulation seines Fahrzeugs resultieren. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie die vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers begehrt, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 5
Die Revision ist statthaft, weil das Berufungsgericht sie in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat (§ 543 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung die auch im Übrigen zulässige Revision nicht wirksam auf die Frage der Verjährung der Ansprüche des Klägers beschränkt.
Rz. 6
Zwar kann die Zulassung der Revision nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Eine solche Beschränkung der Zulassung muss nicht in der Entscheidungsformel angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die allein für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Verfahrensstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil beschränkt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 2020 - XII ZB 250/20, NJW 2021, 166 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 24. November 2021 - VII ZR 176/20, NJW-RR 2022, 306 Rn. 3 mwN). Unzulässig ist es dagegen, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken. Eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf die Frage der Verjährung, die von der materiell-rechtlichen Natur des Anspruchs abhängt, zielt auf eine Rechtsfrage und ist daher unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Rn. 19 mwN).
Rz. 7
Gemessen daran hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision hier nicht wirksam beschränkt. Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor uneingeschränkt zugelassen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Revision sei für die Beklagte wegen der zu ihren Lasten entschiedenen Verjährungsfragen zuzulassen, da sowohl streitig sei, ob die Anmeldung an sich bereits verjährter Ansprüche zur Musterfeststellungsklage die Verjährung noch hemmen könne, als auch, ob die Anmeldung zur Musterfeststellungsklage allein zum Zwecke der Verjährungshemmung rechtsmissbräuchlich sei. Diese Beschränkung der Revision auf zwei Rechtsfragen ist unzulässig.
Rz. 8
Da das Berufungsgericht die Zulassung der Revision nicht wirksam auf die Fragen der Verjährung begrenzen konnte, kann es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht zur Zurückweisung der Revision führen, dass der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich bereits entschieden hat, dass eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB nicht voraussetzt, dass die Anspruchsanmeldung zum Klageregister innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt, und dass eine Berufung auf diesen Hemmungstatbestand nicht allein deshalb gegen Treu und Glauben verstößt, weil der Anspruch ausschließlich zum Zweck der Verjährungshemmung zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet worden ist (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - VI ZR 1118/20, BGHZ 231, 1 Rn. 24 ff., 38 ff. mwN).
II.
Rz. 9
Die Revision ist auch begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 10
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt: Der Feststellungsantrag sei zulässig, weil ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zu bejahen sei. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden sei von Anfang an und noch immer in der Entwicklung begriffen, so dass er nicht gehalten sei, eine Leistungsklage zu erheben. Ohnehin reiche es für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage aus, dass der Schaden zur Zeit der Klageerhebung nicht abschließend bezifferbar gewesen sei. Zwar sei bei dem hier geforderten deliktischen Schadensersatz grundsätzlich nur das negative Interesse zu ersetzen, so dass es denkbar sei, dass auch bei der Frage, welche der später noch beziffert vom Kläger geltend zu machenden Schadenspositionen von der Beklagten ersetzt werden müssten, Streit entstehen könne. Dies sei jedoch hinzunehmen, nachdem der Kläger den Weg einer bloßen Feststellungsklage gewählt habe, der ihm wegen des hier fehlenden Vorrangs der Leistungsklage nicht versagt werden könne. Auch ansonsten sei es bei zulässigen Feststellungsklagen nicht ungewöhnlich, dass in der Folge bei der Regulierung des bezifferten Anspruchs Streit entstehe.
Rz. 11
Dagegen könne der Kläger die außergerichtlichen Anwaltskosten, die bereits Gegenstand eines Parallelverfahrens seien, mit dem der Kläger kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche geltend mache (vgl. VIII ZR 45/20), vorliegend schon deswegen nicht erneut geltend machen, da er nicht konkret vortragen könne, durch welche vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit Kosten hinsichtlich der streitgegenständlichen deliktischen Ansprüche angefallen sein sollten.
Rz. 12
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Feststellungsantrag des Klägers unzulässig.
Rz. 13
a) Der Feststellungsantrag ist zwar trotz seiner weiten Formulierung hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil er sich unter Heranziehung der Klageschrift dahingehend auslegen lässt, dass es um die Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden geht, die daraus resultieren, dass die Beklagte den in das Fahrzeug des Klägers eingebauten Motor mit der vom Kraftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 als unzulässig beanstandeten Abschalteinrichtung herstellte und in den Verkehr brachte (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 12 f.; Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20, juris Rn. 10).
Rz. 14
b) Der Feststellungsantrag ist indessen unzulässig, weil es am erforderlichen Feststellungsinteresse des Klägers fehlt. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Feststellungsinteresse nicht angenommen werden. Auch aus den von der Revisionserwiderung - unter Bezugnahme auf vorinstanzliches Vorbringen - aufgezeigten Gesichtspunkten lässt sich ein Feststellungsinteresse nicht herleiten.
Rz. 15
aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt werde. Ein solches Interesse ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn dem konkreten vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungsausspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Es fehlt, wenn dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist und sie das Rechtsschutzziel erschöpft. Trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, ist eine Feststellungsklage aber zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, ein Teil des Schadens bei Klageerhebung also schon entstanden, die Entstehung weiterer Schäden aber noch zu erwarten ist, kann der Kläger in vollem Umfange Feststellung der Ersatzpflicht begehren. Der Kläger kann in einem solchen Fall nicht hinsichtlich des bereits entstandenen Schadens auf eine Leistungsklage verwiesen werden. Er ist also nicht gehalten, sein Klagebegehren in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag aufzuspalten. Der Kläger muss dann auch nicht nachträglich seinen Feststellungsantrag in einen Leistungsantrag abändern, wenn dies aufgrund der Schadensentwicklung im Laufe des Rechtsstreits möglich würde, weil sich der Anspruch beziffern ließe. Welche weiteren Schäden zu befürchten sind, hat der Kläger darzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 15 ff.; Urteil vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 455/20, NJW 2022, 1093 Rn. 11 ff.). Gemessen daran ist der Feststellungsantrag des Klägers unzulässig.
Rz. 16
bb) Die pauschale, auf § 256 Abs. 1 ZPO bezogene Aussage des Berufungsgerichts, der vom Kläger geltend gemachte Schaden sei von Anfang an und noch immer in der Entwicklung begriffen, genügt für die Annahme des Feststellungsinteresses nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 29). Denn das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und gegebenenfalls welche Schadenspositionen der Kläger geltend macht, deren Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist oder bei Klageerhebung noch nicht abgeschlossen war.
Rz. 17
cc) Der Kläger kann sein Feststellungsinteresse auch nicht darauf stützen, dass er sich - wie noch mit der Revisionserwiderung ausdrücklich vorgetragen - die Wahl offenhalten möchte, ob er von der Beklagten den sogenannten großen oder kleinen Schadensersatz verlangt. Denn diese Entscheidung war ihm bei Klageerhebung zumutbar (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 16 ff.; Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20, juris Rn. 12).
Rz. 18
dd) Das Feststellungsinteresse kann der Kläger entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht darauf stützen, dass im Rahmen einer Leistungsklage die Bezifferung des großen oder kleinen Schadensersatzes unmöglich oder unzumutbar wäre.
Rz. 19
Den großen Schadensersatz könnte der Kläger, soweit er auf die Erstattung des Kaufpreises gerichtet ist, ohne Weiteres beziffern, auch wenn er sich insoweit im Rahmen des Vorteilsausgleichs die gezogenen Nutzungsvorteile von dem zu erstattenden Kaufpreis abziehen lassen muss. Denn für die Bestimmtheit eines auf den großen Schadensersatz gerichteten Klageantrags würde es genügen, wenn der Kläger die Bewertung der vom Kaufpreis abzuziehenden Nutzungsvorteile in das Ermessen des Gerichts stellte und lediglich die tatsächlichen Grundlagen der Ermessensausübung angäbe (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 22; Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20, juris Rn. 13).
Rz. 20
Entsprechendes gilt hinsichtlich des kleinen Schadensersatzes. Denn insoweit genügt es den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Kläger die Höhe des geforderten Minderwerts in das Ermessen des Gerichts stellt und zugleich einen Mindestbetrag sowie die tatsächlichen Grundlagen für die Schätzung des Schadens vorträgt, wobei der Kläger den Mindestbetrag selbst schätzen kann, etwa auf einen Prozentsatz des Kaufpreises (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, BGHZ 230, 224 Rn. 10; Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 21).
Rz. 21
ee) Auch die unbestimmte Erwartung des Klägers in der Revisionserwiderung, die Beklagte würde aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, vermag ein Feststellungsinteresse des Klägers nicht zu begründen. Denn durch ein Feststellungsurteil wäre lediglich die Haftung dem Grunde nach festgestellt, während die Schadenshöhe nicht auf der Hand liegt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 23). Zudem hält das Berufungsgericht selbst weiteren Streit über die Höhe und die als Schadensersatz geltend gemachten Positionen ausdrücklich für wahrscheinlich.
Rz. 22
ff) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann ein Feststellungsinteresse auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen sei, weil der Kläger mehrfach darauf hingewiesen habe, dass bei Klageerhebung der Eintritt weiterer noch nicht bezifferbarer Schäden möglich gewesen sei. Denn die Revisionserwiderung vermag nicht aufzuzeigen, welche weiteren Schäden der Kläger konkret vorgetragen hätte.
Rz. 23
Dabei ergibt sich Vortrag zu einer noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung insbesondere auch nicht aus den von der Revisionserwiderung in Bezug genommenen Seiten 1-4 des Schriftsatzes des Klägers vom 9. Juli 2021, weil diese sich auf eine Aufzählung von Gerichtsentscheidungen beschränken, die einen Feststellungsantrag für zulässig erachtet haben. Soweit diese Gerichtsentscheidungen darauf abstellen, dass die Entwicklung steuerlicher Aufwendungen und gewöhnlicher Unterhaltskosten noch nicht abgeschlossen sei, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Denn Aufwendungen für gewöhnliche Unterhaltskosten (Verbrauchsmaterialien, Kraftstoff, Inspektions- und Wartungskosten, Reparaturen) sind nicht ersatzfähig (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 32 mwN; Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20, juris Rn. 14). Die weiter angeführten Steuernachforderungen könnte der Kläger jedenfalls nicht als Schaden ersetzt verlangen, wenn er den sogenannten kleinen Schadensersatz geltend machen sollte (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 17, 33; Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20, juris Rn. 14). Ob und inwieweit solche Aufwendungen im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn auf eine diesbezügliche Schadensentwicklung könnte der Kläger sein Feststellungsinteresse schon deshalb nicht stützen, weil er sich nicht für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entschieden hat, obwohl ihm diese Entscheidung möglich und zumutbar war (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23 Rn. 33; Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20, juris Rn. 14).
Rz. 24
3. Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht dem Feststellungsantrag des Klägers stattgegeben hat (Tenor Ziff. 1 (1)). Der Senat entscheidet insoweit in der Sache selbst, da sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da der Kläger aber mit seinen Hilfsanträgen in zulässiger Weise mit einem Leistungsantrag den großen Schadensersatz geltend macht und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz weiterer Schäden sowie des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Rückgabe des Fahrzeugs begehrt, ist die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dagegen kann der Kläger den Antrag auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten, den das Berufungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung rechtskräftig abgewiesen hat, nicht erneut geltend machen.
Menges |
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Möhring |
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Krüger |
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Wille |
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Liepin |
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Fundstellen
WM 2022, 1077 |
JZ 2022, 395 |
VRS 2022, 252 |
VersR 2023, 127 |