Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebskostenabrechnung bei Eigentümerwechsel. Abrechnungspflicht des Veräußerers zum Zeitpunkt des Eigentumswechsels
Leitsatz (amtlich)
Nach einem Eigentumswechsel ist nicht der Erwerber, sondern der Veräußerer gegenüber dem Mieter bezüglich der zum Zeitpunkt des Wechsels im Grundstückseigentum abgelaufenen Abrechnungsperiode zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Erhebung etwaiger Nachzahlungen berechtigt; es kommt nicht darauf an, wann der Zahlungsanspruch fällig geworden ist.
Normenkette
BGB § 571 a.F.
Verfahrensgang
LG Berlin |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der Zivilkammer 62 des LG Berlin v. 28.4.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger waren im Jahr 1998 Mieter einer Wohnung in B. , A. . Mit Wirkung v. 1.1.2000 erwarb der Beklagte das Eigentum an dieser Wohnung. Im Oktober 2000 teilte die damalige Wohnungsverwaltung den Klägern mit, für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 1998 bestünde zu Gunsten der Kläger ein Guthaben von insgesamt 1.445,02 DM (114,68 DM Betriebskosten- und 1.330,34 DM Heizkostenguthaben). Eine Überweisung des Geldbetrages erfolgte nicht.
Mit ihrer Klage fordern die Kläger vom Beklagten die Auszahlung des Guthabens; dieser meint, Zahlung müsse der damalige Eigentümer leisten.
Beide Vorinstanzen haben eine Verpflichtung des Beklagten zur Auszahlung verneint. Mit der vom LG zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Antrag auf Verurteilung des Beklagten weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte sei nicht zur Auszahlung des Guthabens verpflichtet, weil er im Hinblick auf den Mietvertrag nicht Rechtsnachfolger des Veräußerers sei. Der Beklagte sei Gläubiger und Schuldner der Ansprüche, die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig geworden seien oder sich gegen ihn richteten. Hinsichtlich der beim Eigentumswechsel bereits beendeten Abrechnungsperiode bestehe wegen des "Fälligkeitsprinzips" allerdings eine Ausnahme für die Ansprüche auf Abrechnung, Nachzahlungen und Erstattungen von Guthaben. Nebenkosten für - wie vorliegend - abgeschlossene Abrechnungsperioden seien ungeachtet eines späteren Eigentumsübergangs allein zwischen den bisherigen Mietvertragsparteien abzurechnen, etwaige Nachzahlungen oder Erstattungen überzahlter Beträge seien nur zwischen diesen Parteien abzuwickeln.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision - trotz Säumnis des Beklagten in der mündlichen Revisionsverhandlung - durch Endurteil zurückzuweisen ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1990 - III ZR 268/89, BGHR ZPO § 331 Säumnis 1).
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich der Anspruch der Mieter auf Rückerstattung überzahlter Nebenkostenvorauszahlungen gegen den Veräußerer und nicht gegen den Erwerber richtet, sofern die Abrechnungsperiode vor dem Eigentumswechsel abgeschlossen war, ohne dass es darauf ankommt, wann der Rückzahlungsanspruch fällig geworden ist.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich die Frage, welche mietvertraglichen Rechte und Pflichten infolge eines Eigentumsübergangs nach § 571 BGB a.F. dem Veräußerer und welche dem Erwerber zuzuordnen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Entstehens bzw. der Fälligkeit des Anspruchs beantwortet. Vor dem Eigentumswechsel entstandene und fällig gewordene Ansprüche verbleiben dem bisherigen Vermieter, danach fällig gewordene Forderungen stehen dem (nunmehrigen) Grundstückseigentümer zu. Ebenso richten sich vertragliche Ansprüche des Mieters dann gegen den Erwerber, wenn sie erst nach dem Eigentumswechsel entstehen oder fällig werden (BGH, Urt. v. 14.10.1987 - VIII ZR 246/86, MDR 1988, 226 = NJW 1988, 705, unter 2b, cc; Urt. v. 19.10.1988 - VIII ZR 22/88, MDR 1989, 247 = NJW 1989, 451, unter II 2b; Urt. v. 14.9.2000 - III ZR 211/99, WM 2000, 2509, unter 3).
2. Zwar ist der Anspruch des Mieters auf Auszahlung des Betriebskostenguthabens für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 1998 erst mit Erteilung der Betriebskostenabrechnung v. 16.10.2000 fällig geworden (vgl. BGH v. 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188 [194] = MDR 1991, 524; Urt. v. 27.11.2002 - VIII ZR 108/02, MDR 2003, 382 = BGHReport 2003, 267 = NJW-RR 2003, 442, unter III 1). Wie der BGH für den vergleichbaren Fall eines Eigentumswechsels nach dem Vermögensgesetz jedoch entschieden hat, ist der frühere Eigentümer gegenüber dem Mieter bezüglich der zum Zeitpunkt des Wechsels im Grundstückseigentum (Bestandskraft des Rückgabebescheids) abgelaufenen Abrechnungsperiode zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Erhebung etwaiger Nachzahlungen berechtigt. Diese Lösung sorgt für Rechtsklarheit und vermeidet insbesondere das ungereimte Ergebnis, dass eine vor dem Eigentumswechsel fällig gewordene Abrechnungspflicht beim bisherigen Vermieter verbleibt, während Nachzahlungen und Erstattungen, deren Vorbereitung und Berechnung die Abrechnung dient, dem Erwerber zustehen, bzw. von diesem zu erbringen sind (BGH, Urt. v. 14.9.2000 - III ZR 211/99, WM 2000, 2509, unter 3).
Der erk. Senat hält diese Betrachtungsweise auch im vorliegenden Fall für sachgerecht. Das strikte Festhalten am sog. Fälligkeitsprinzip würde einmal die Abrechnung der Nebenkosten im Regelfall erschweren, da sich der Erwerber die nötigen Unterlagen vom Veräußerer unter Umständen erst beschaffen muss; im Übrigen können sich für den Erwerber erhebliche Hindernisse ergeben, wenn er mit dem Mieter über die Nebenkosten für bereits vor seinem Eigentumserwerb abgeschlossene Rechnungsperioden abrechnen soll. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Erwerber in der nun abzurechnenden Periode die Vorauszahlungen nicht erhalten hat. Er müsste sich dann an den Veräußerer wenden und eventuelle Ansprüche möglicherweise gerichtlich durchsetzen. Auch stünde im Fall geschuldeter Nachzahlungen ein hierauf gerichteter Anspruch dem Erwerber selbst nicht zu, nachdem der Veräußerer die Aufwendungen für die abgelaufene Abrechnungsperiode getragen und er deshalb Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen hat (im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf v. 14.4.1994 - 10 U 155/93, OLGReport Düsseldorf 1994, 254 = NJW-RR 1994, 1101; Staudinger/Emmerich, BGB, [2003], § 566 Rz. 55; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 566 Rz. 59; Blank/Börstinghaus, Miete, § 571 BGB Rz. 26; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rz. 1411; a. A. OLG Naumburg v. 1.4.1998 - 5 U 1695/97, NJW-RR 1999, 160; Schenkel, NZM 1999, 5 ff.). Soweit den Mietern danach Nachteile entstehen können, weil es ihnen verwehrt ist, mit ihnen zustehenden Rückzahlungsforderungen gegenüber Mietzinsforderungen des Erwerbers aufzurechnen, ist dies die Folge des Erwerbs ihres Vertragsgegners und von ihnen hinzunehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 1099301 |
DB 2004, 705 |
NJW 2004, 851 |
NWB 2004, 974 |
BGHR 2004, 431 |
DWW 2004, 54 |
MittBayNot 2004, 257 |
NZM 2004, 188 |
ZAP 2004, 397 |
ZMR 2004, 250 |
ZfIR 2004, 1035 |
DNotZ 2004, 914 |
MDR 2004, 388 |
NJ 2004, 270 |
Rpfleger 2004, 303 |
WuM 2004, 94 |
GuT 2004, 102 |
Info M 2004, 12 |
MietRB 2004, 135 |
RÜ 2004, 136 |
RdW 2004, 255 |
ZNotP 2004, 144 |
BBB 2004, 51 |
JWO-MietR 2004, 41 |
MK 2004, 37 |