Leitsatz (amtlich)
Die Energieeffizienzklasse eines in einem Internetshop beworbenen Modells eines Luftkonditionierers muss nicht auf derselben Internetseite wie die preisbezogene Werbung angeben werden, sondern kann auch auf einer Internetseite angeführt sein, die sich nach Anklicken eines Links öffnet, der in der Nähe der preisbezogenen Werbung angebracht und klar und deutlich als elektronischer Verweis auf die Angabe der Effizienzklasse zu erkennen ist. Dem entspricht ein nur allgemein mit "Mehr zum Artikel" bezeichneter Link nicht (Ergänzung zu BGH, Urt. v. 4.2.2016 - I ZR 181/14, GRUR 2016, 954 Rz. 22 ff. = WRP 2016, 1100 - Energieeffizienzklasse I).
Normenkette
UWG § 3a; VO (EU) Nr. 626/2011 Art. 4 Buchst. c
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 21.6.2016 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 23.6.2015 abgeändert.
Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an den Mitgliedern ihres Vorstands, verurteilt, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern auf www. .de für das mobile Klimagerät "DeLonghi Wasser-Luft PAC WE 112 Öko", Preis 909,07 EUR mit Preisen ohne Angabe der Energieeffizienzklasse zu werben oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 abgebildet.
Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger 214 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagte betreibt Baumärkte. Sie wirbt für ihre Produkte im Internet und unterhält auch einen Online-Shop. Am 1.9.2014 bewarb sie dort auf einer Übersichtsseite wie aus dem nachstehend wiedergegebenen Ausschnitt der Anlage K 1 ersichtlich ein mobiles Klimagerät "DeLonghi Wasser-Luft PAC" (im Weiteren: Luftkonditionierer) zum Preis von 909,07 EUR. Unter den Preisangaben für die einzelnen auf dieser Internetseite beworbenen Produkte befand sich jeweils ein Link "Mehr zum Artikel". Nach dessen Anklicken öffnete sich eine weitere Seite. Sie enthielt weitere Informationen zu dem betreffenden Artikel. Bei dem Luftkonditionierer befand sich auch ein Hinweis darauf, dass das Gerät die Energieeffizienzklasse "A +" erfüllt.
Rz. 2
Nach Ansicht des Klägers, des in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragenen Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, hätte die Information über die Energieeffizienzklasse schon auf der Übersichtsseite erscheinen müssen.
Rz. 3
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern auf www. .de für das mobile Klimagerät "DeLonghi Wasser-Luft PAC WE 112 Öko", Preis 909,07 EUR mit Preisen ohne Angabe der Energieeffizienzklasse zu werben bzw. werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 abgebildet.
Rz. 4
Darüber hinaus hat der Kläger von der Beklagten den Ersatz pauschaler Abmahnkosten i.H.v. 214 EUR nebst Zinsen beansprucht.
Rz. 5
Die im Unterlassungsantrag in Bezug genommene Anlage K 1 war ausschnittsweise wie folgt gestaltet:
Rz. 6
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (OLG Zweibrücken WRP 2016, 1174).
Rz. 7
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Rz. 9
Die vom Kläger beanstandete Werbung der Beklagten sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe den gebotenen Hinweis auf die Energieeffizienz in ausreichender Weise erteilt. Es genüge, wenn im Internet auf eine Pflichtangabe durch einen ausreichend aussagekräftigen Link hingewiesen werde, der direkt zu der Stelle führe, an der sich die Pflichtangabe befinde. Der Link "Mehr zum Artikel" verdeutliche dem Interessenten, dass sich dort nähere Angaben zu dem Produkt befänden. Er verdeutliche nicht anders als Hinweise wie "Details", "Produktinformationen" oder auch nur "mehr" unmissverständlich, dass der interessierte Kunde unter dem Link nähere Angaben auch zu den technischen Daten eines Produkts finden könne, zu denen die Energieeffizienzklasse zähle.
Rz. 10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers ist begründet und führt zur Stattgabe der Klage.
Rz. 11
1. Der vom Kläger verfolgte Unterlassungsantrag ist zulässig und aus §§ 8, 3, 3a UWG (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG a.F.) i.V.m. Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 626/2011 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU im Hinblick auf die Kennzeichnung von Luftkonditionierern in Bezug auf den Energieverbrauch (im Weiteren: Delegierte Verordnung) begründet.
Rz. 12
a) Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.
Rz. 13
b) Der Unterlassungsantrag orientiert sich durch seine Bezugnahme auf die Anlage K 1 an der konkreten Verletzungshandlung und ist daher bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Rz. 14
c) Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist seine Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 4.2.2016 - I ZR 181/14, GRUR 2016, 954 Rz. 10 = WRP 2016, 1100 - Energieeffizienzklasse I; Urt. v. 10.11.2016 - I ZR 29/15, GRUR 2017, 286 Rz. 8 = WRP 2017, 296 - Hörgeräteausstellung, jeweils m.w.N.).
Rz. 15
aa) In der Zeit zwischen der Veröffentlichung der beanstandeten Werbung am 1.9.2014 und der Verkündung des vorliegenden Revisionsurteils am 6.4.2017 ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 2.12.2015 (BGBl. I, 2158) mit Wirkung vom 10.12.2015 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage im Hinblick auf den nunmehr in § 3a UWG geregelten Rechtsbruchtatbestand folgt daraus aber nicht (st.Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2016, 954 Rz. 11 - Energieeffizienzklasse I; BGH, Urt. v. 23.6.2016 - I ZR 71/15, GRUR 2017, 95 Rz. 14 = WRP 2017, 69 - Arbeitnehmerüberlassung, jeweils m.w.N.).
Rz. 16
bb) Die gem. Art. 10 Abs. 2 der Delegierten Verordnung seit dem 1.1.2013 geltende Bestimmung des Art. 4 Buchst. c dieser Verordnung ist nicht geändert worden. Nach dieser Vorschrift hat der Händler sicherzustellen, dass bei jeglicher Werbung für ein bestimmtes Luftkonditionierermodell mit energie- oder preisbezogenen Informationen auch dessen Energieeffizienzklasse angegeben wird (Satz 1), und, wenn mehrere Effizienzklassen möglich sind, mindestens die der Klimazone "mittel" entsprechende Energieeffizienzklasse genannt wird (Satz 2).
Rz. 17
d) Die Bestimmung des Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung stellt eine dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG und § 4 Nr. 11 UWG a.F. dar (zu Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2010 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU im Hinblick auf die Kennzeichnung von Fernsehgeräten in Bezug auf den Energieverbrauch vgl. BGH GRUR 2016, 954 Rz. 13 - Energieeffizienzklasse I, m.w.N.).
Rz. 18
e) Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu Unrecht mit der Begründung verneint, die beanstandete Werbung der Beklagten habe den Erfordernissen entsprochen, die die Beklagte als Händlerin nach Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung zu beachten gehabt habe. Die Beklagte musste die Energieeffizienzklasse des beworbenen Luftkonditionierermodells zwar nicht auf derselben Internetseite wie die preisbezogene Werbung angeben (dazu unter II 1e aa). Der von der Beklagten unterhalb der beanstandeten Werbung angebrachte Link mit der Bezeichnung "Mehr zum Artikel" entsprach aber nicht den Anforderungen, die an einen solchen elektronischen Verweis nach Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung zu stellen sind (dazu unter II 1e bb).
Rz. 19
aa) Die Beklagte hat nicht schon deshalb gegen Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung verstoßen, weil sie die Angaben zur Energieeffizienzklasse des von ihr beworbenen Luftkonditionierermodells nicht auf derselben, sondern auf einer über einen elektronischen Verweis erreichbaren anderen Internetseite gemacht hat.
Rz. 20
(1) Der Senat hat zu Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2010 - nach dieser Vorschrift haben die Händler sicherzustellen, dass bei jeglicher Werbung für ein bestimmtes Fernsehgerätemodell mit energie- oder preisbezogenen Informationen auch dessen Energieeffizienzklasse angegeben wird - entschieden, dass die Energieeffizienzklasse eines im Internet beworbenen Fernsehgerätemodells nicht auf derselben Internetseite wie die preisbezogene Werbung angegeben werden muss (BGH GRUR 2016, 954 Rz. 15 bis 23 - Energieeffizienzklasse I). Die dort angestellten Erwägungen lassen sich ohne Einschränkungen auf die damit übereinstimmende Rechts- und Interessenlage bei der im Streitfall anzuwendenden Vorschrift des Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung übertragen.
Rz. 21
(2) Dieses Ergebnis steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 7 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sowie der Rechtsprechung des Senats, nach der bei einer Internetwerbung wegen vom Gesetz geforderter und für den Verbraucher wesentlicher Angaben grundsätzlich auf eine andere Internetseite verwiesen werden kann (EuGH, Urt. v. 12.5.2011 - Rs. C-122/10, Slg. 2011, I-3903 = GRUR 2011, 930 Rz. 59 - Ving Sverige; BGH GRUR 2016, 954 Rz. 24 - Energieeffizienzklasse I).
Rz. 22
bb) Der in der beanstandeten Werbung angebrachte Link mit der Bezeichnung "Mehr zum Artikel" entsprach jedoch nicht den Anforderungen, die an einen solchen elektronischen Verweis zu stellen sind.
Rz. 23
(1) Nach Art. 4 Buchst. c Satz 1 der Delegierten Verordnung muss der Händler bei jeglicher Werbung für ein bestimmtes Luftkonditionierermodell mit energie- oder preisbezogenen Informationen die Angabe der Energieeffizienzklasse sicherstellen. Diese Verpflichtung soll, wie sich aus dem Erwägungsgrund 9 der Delegierten Verordnung ergibt, gewährleisten, dass die Verbraucher genauere Vergleichsangaben über die Leistung von Luftkonditionierern erhalten. Im Hinblick darauf muss ein Link, mit dem auf die Angabe der Energieeffizienzklasse auf einer anderen Internetseite verwiesen wird, nicht nur räumlich in der Nähe der preisbezogenen Werbung angebracht, sondern auch inhaltlich als elektronischer Verweis auf die Angabe der Effizienzklasse zu erkennen sein (vgl. BGH GRUR 2016, 954 Rz. 22 - Energieeffizienzklasse I).
Rz. 24
(2) Dem zuletzt genannten Erfordernis entspricht der von der Beklagten gesetzte Link nicht. Seine nur allgemeine Bezeichnung "Mehr zum Artikel" führt dem Verbraucher nicht vor Augen, dass er an der betreffenden Stelle Informationen zur Energieeffizienzklasse findet, die für die Bewertung des Geräts in wirtschaftlicher und umweltmäßiger Hinsicht von erheblicher Bedeutung sind.
Rz. 25
(3) Die Revisionserwiderung hat darauf hingewiesen, dass der Kunde in dem beanstandeten Internetauftritt der Beklagten nach den in den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen einen Artikel erst in seinen virtuellen Warenkorb legen konnte, nachdem er die Seite mit den Produktdetails einschließlich der Angaben zur Energieeffizienzklasse aufgerufen hatte. Damit war aber lediglich gewährleistet, dass der Verbraucher vor dem Kauf des auf der Übersichtsseite beworbenen mobilen Klimageräts von dessen Energieeffizienzklasse Kenntnis erlangte. Nach Art. 4 Buchst. c Satz 1 der Delegierten Verordnung hat der Händler jedoch sicherzustellen, dass schon bei jeglicher Werbung für ein bestimmtes Luftkonditionierermodell mit energie- oder preisbezogenen Informationen dessen Energieeffizienzklasse angegeben wird. Insoweit sind allein die auf der Übersichtsseite enthaltenen Angaben zu berücksichtigen, nicht dagegen auch die Angaben auf der Seite mit den Produktdetails, zu der der Link mit der Bezeichnung "Mehr zum Artikel" führte (vgl. oben unter II 1e bb (2)).
Rz. 26
(4) Angesichts des Gewichts der durch die beanstandete Verhaltensweise der Beklagten beeinträchtigten Interessen der Verbraucher ist der Verstoß auch geeignet, die Interessen der Verbraucher gem. § 3a UWG (§ 3 Abs. 1 UWG a.F.) spürbar zu beeinträchtigen.
Rz. 27
2. Nach den Ausführungen zu vorstehend II 1 war die vom Kläger gegenüber der Beklagten ausgesprochene Abmahnung berechtigt. Danach kann der Kläger von der Beklagten die ihm entstandenen Abmahnkosten ersetzt verlangen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG).
Rz. 28
3. Da keine vernünftigen Zweifel an der vorstehend vorgenommenen Auslegung des Unionsrechts bestehen, ist kein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gem. Art. 267 AEUV veranlasst (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rz. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urt. v. 18.10.2011 - Rs. C-128/09 bis C-131/09, C-134/09 und C-135/09, Slg. 2011, I-9711 = NVwZ 2011, 1506 Rz. 31 - Boxus).
Rz. 29
III. Nach allem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und, da die Sache zur Endentscheidung reif ist, der Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils stattzugeben (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 3 ZPO).
Rz. 30
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
BB 2017, 1729 |
NJW-RR 2017, 1252 |
CR 2017, 589 |
GRUR 2017, 928 |
ZAP 2017, 954 |
JZ 2017, 670 |
MDR 2017, 1068 |
WRP 2017, 1098 |
GRUR-Prax 2017, 409 |
ITRB 2017, 230 |
MMR 2017, 750 |
RdW 2017, 623 |
Mitt. 2017, 517 |