Leitsatz (amtlich)
An der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass bereits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den geltend gemachten Teil übersteigt, die Verjährung aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt werden kann, wird festgehalten.
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Urteil vom 23.05.2013; Aktenzeichen 6 U 666/08) |
LG Koblenz (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen 4 HKO 132/02) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird unter Verwerfung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 23.5.2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage mit dem Hilfsfeststellungsantrag abgewiesen ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger war vom 1.8.1994 bis 31.12.1995 und wieder ab 15.2.1998 einer der Geschäftsführer der beklagten GmbH. Mit mehreren Schreiben seit dem 14.12.2001 erklärten die Rechtsanwälte R. und F. namens des Aufsichtsrats der Beklagten die Abberufung des Klägers und die fristlose Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrags aus wichtigem Grund.
Rz. 2
Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung beantragt, dass das Dienstverhältnis durch die Kündigungen nicht aufgelöst sei, sondern fortbestehe. Die Beklagte hat mit der Widerklage beantragt,
a) festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr einen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 1.000.000 EUR zu ersetzen, 1. der der Beklagten aus den Kreditverträgen mit Anlegern zum Kaufvertrag mit der N. GmbH über das Grundstück nebst Bauverpflichtung L. straße in H. oder mit der P. mbH über das Grundstück nebst Bauverpflichtung L. straße in H. unter Einschluss des Treuhänders M . mbH, sämtliche Gesellschaften mit Sitz in H., entstanden ist oder entsteht, soweit der Schaden auf einem Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG beruht, insb. weil der Treuhandvertrag formunwirksam ist oder weil die N. GmbH und die Firma P. GmbH ihrer Bauverpflichtung aus abgeschlossenen Werkverträgen nicht nachgekommen sind, oder auf der Verletzung von Aufklärungspflichten, soweit der betroffene Kredit nach dem 1.3.1998 vergeben wurde; 2. der der Beklagten aus Kreditverträgen mit Anlegern der drei Immobilienfonds F. GmbH & Co. KG, G. mbH & Co. Beteiligungs KG und der P.R. GmbH & Co. KG entstanden ist oder entsteht, soweit der Schaden auf einem Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG beruht und der betroffene Kredit nach dem 1.3.1998 vergeben wurde; 3. der der Beklagten aus dem mit der Prisma Pr. AG zur Vermittlung von Betreuung von Vermögensanlagen, I. straße, E., abgeschlossenen Kreditvertrag vom 19./23.10.1996 zum Konto Nr., ab dem 21.10.1998 fortgeführt auf dem Konto Nr., zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen dadurch entstanden ist oder noch entsteht, dass Provisionsansprüche vorfinanziert wurden, ohne dass sichergestellt war, dass die vorfinanzierten Ansprüche gegen den Erwerber und/oder Treuhänder, Bauträger oder Initiatoren an die Beklagte abgetreten waren, oder dadurch, dass die Abtretung gegenüber dem Schuldner nicht angezeigt oder nicht sichergestellt war, dass der Schuldner nur an die Beklagte schuldbefreiend leisten konnte; 4. der der Beklagten durch Auszahlung von Kreditmitteln an den Kreditnehmer J. W., Konto Nr., aufgrund des Kreditvertrages vom 17.3.1999 zum genannten Konto entstanden ist oder entsteht; b) den Kläger zu verurteilen, an sie 4.508,40 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.7.2004 zu zahlen.
Rz. 3
Das LG hat die Klage abgewiesen, den Kläger zur Zahlung von 4.508,40 EUR verurteilt und unter Abweisung der weitergehenden Widerklage festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten einen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 1.000.000 EUR zu ersetzen, der ihr nach den Widerklageanträgen a) 1., 3. und 4. entstanden ist.
Rz. 4
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts hat die Beklagte hilfsweise beantragt festzustellen,
1. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten einen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 5.368,56 EUR pro Kreditvertrag zu ersetzen, der ihr aus den Kreditverträgen zum Kaufvertrag mit der N. GmbH über das Grundstück nebst Bauverpflichtung L. straße in H. unter Einschluss des Treuhänders M. mbH mit den Kreditnehmern (1) G. K., zu Konto Nr. vom 1.9.1998, (2) ... (47) ... entstanden ist oder entsteht; 2. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der der Beklagten aus dem mit der Pr. AG zur Vermittlung von Betreuung von Vermögensanlagen, I. straße, E., abgeschlossenen Kreditvertrag vom 19./23.9.1996 zum Konto Nr., ab dem 21.10.1998 fortgeführt auf dem Konto Nr., zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen dadurch entstanden ist oder noch entsteht, dass a) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr. AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche gegen den Erwerber und/oder Treuhänder, Bauträger oder Initiator bestanden haben, beschränkt auf einen Schadenshöchstbetrag von 50.000 EUR; b) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr. AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche wirksam an die Beklagte abgetreten worden sind und nicht unbestimmt waren, beschränkt auf einen Schadenshöchstbetrag von 125.000 EUR; c) Kredit zur Vorfinanzierung von Provisionsansprüchen an die Pr. AG zur Vermittlung und Betreuung von Vermögensanlagen ausbezahlt worden ist, ohne dass sichergestellt war, dass die von der Kreditnehmerin zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche gegenüber dem jeweiligen Forderungsschuldner offengelegt waren, beschränkt auf einen Schadenshöchstbetrag von 125.000 EUR; 3. dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden bis zu einem Höchstbetrag von 197.677,68 EUR zu ersetzen, der der Beklagten durch Auszahlung von Kreditmitteln an den Kreditnehmer J. W. zum Konto Nr. aufgrund des am 17.3.1999 geschlossenen Kreditvertrages nach dem 9.5.1999 einschließlich entstanden ist oder entsteht.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat das Urteil des LG teilweise abgeändert und die Widerklage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihre Widerklageanträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision hat nur hinsichtlich des mit der Widerklage verfolgten Hilfsfeststellungsantrags Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
Rz. 7
I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt, der Feststellungsantrag der Widerklage sei im Hauptantrag mangels Bestimmtheit unzulässig. Der Hilfsantrag der Widerklage sei unbegründet. Zwar genüge er den Bestimmtheitsanforderungen, doch seien die Ansprüche verjährt. Die Erhebung der unzulässigen Feststellungswiderklage habe die Verjährung nicht gehemmt. Der Zahlungsantrag der Widerklage sei unzulässig, weil die Beklagte in der Berufung den Klagegrund geändert habe und die Klageänderung nicht sachdienlich sei. Die Zulassung der Revision hat das Berufungsgericht damit begründet, dass bisher nicht entschieden sei, ob die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH (BGH, Urt. v. 21.10.2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rz. 20 f.) zur Frage der Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids, mit dem nur ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen geltend gemacht wird, ohne den Teilbetrag zu verteilen, auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung einer Teilleistungs- oder Teilfeststellungsklage übertragbar ist.
Rz. 8
II. Die Revision ist unzulässig, soweit die Widerklage mit dem Zahlungsantrag und dem Hauptfeststellungsantrag weiter verfolgt wird. Die Revision ist nur beschränkt auf den Hilfsfeststellungsantrag zugelassen.
Rz. 9
Der Urteilstenor enthält zwar keine Beschränkung der Zulassung. Eine Beschränkung kann sich aber auch aus den Gründen ergeben. Das kann insb. der Fall sein, wenn die Rechtsfrage, wegen der die Revision zugelassen wurde, sich auf einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes bezieht, auf den auch die Parteien die Revision beschränken könnten (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2011 - II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rz. 18; Urt. v. 13.11.2012 - XI ZR 334/11, ZIP 2013, 62 Rz. 9). Dafür reicht es aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und - auch nach einer Zurückverweisung - kein Widerspruch zwischen dem noch zur Entscheidung stehenden und dem unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann.
Rz. 10
Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Rechtsfrage zugelassen, ob die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH zur Frage der Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids, wenn mit dem Mahnbescheid nur ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen ohne Verteilung auf diese geltend gemacht wird (BGH, Urteil vom 21.10.2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rz. 20 f.), auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung einer Teilleistungsklage und einer Teilfeststellungsklage übertragbar ist. Diese Rechtsfrage betrifft die Widerklage nur, soweit der Hilfsfeststellungsantrag wegen Verjährung abgewiesen wurde, dagegen nicht, soweit der Zahlungsanspruch und der Hauptfeststellungsantrag als unzulässig abgewiesen sind. Den mit der Leistungswiderklage geltend gemachten Zahlungsanspruch der Beklagten hat das Berufungsgericht nicht wegen Verjährung abgewiesen, sondern wegen einer nicht sachdienlichen Änderung des Klagegrundes. Den Hauptfeststellungsantrag hat es wegen fehlender Bestimmtheit als unzulässig abgewiesen. Dass die Zulassung sich nur auf den Hilfsfeststellungsantrag beziehen soll, ergibt auch der Begründungszusammenhang des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht befasst sich zur Begründung der Zulassung der Revision ausdrücklich mit der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, wegen derer die Revision zugelassen wurde, und erörtert in diesem Zusammenhang nur die Verjährung der mit der Feststellungsklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche.
Rz. 11
Die Beschränkung ist auch zulässig. Die mit der Widerklage im Wege der Feststellungsklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche sind von dem Zahlungsanspruch, mit dem der Ausgleich des Kontokorrentkontos bzw. eine Gehaltsüberzahlung geltend gemacht werden, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig. Zu der Abweisung des Hauptfeststellungsantrags als unzulässig kann durch die weitere Entscheidung über den Hilfsfeststellungsantrag ebenfalls kein Widerspruch entstehen.
Rz. 12
III. Soweit die Revision hinsichtlich des mit der Widerklage verfolgten Hilfsfeststellungsantrags zulässig ist, ist sie begründet. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den Hilfsfeststellungsantrag wegen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche abgewiesen. Die Erhebung der unzulässigen Teilwiderklage mit dem Hauptfeststellungsantrag hat die Verjährung gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Rz. 13
1. Bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, muss angegeben werden, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge sie zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (BGH, Urt. v. 15.12.1952 - III ZR 102/52, LM Nr. 7 zu § 253 ZPO; Urt. v. 30.4.1955 - VI ZR 87/54, LM Nr. 11 zu § 253 ZPO; Urt. v. 22.4.1958 - VI ZR 74/57, NJW 1958, 1590; Urt. v. 16.6.1959 - V ZR 156/58, LM Nr. 24 zu § 253 ZPO; Urt. v. 22.5.1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347). Andernfalls ergeben sich unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit zusammenhängend auch bei der Bestimmung der materiellen Rechtskraft und der Verjährungsunterbrechung.
Rz. 14
Vor dem Schuldrechtsrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I, 3138) war es ständige Rechtsprechung des BGH zu § 209 Abs. 1 BGB a.F., dass die Bestimmung des eingeklagten Teils von mehreren mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen bei einer offenen Teilleistungsklage sogar noch im Revisionsrechtszug nachgeholt werden konnte und dies auf die Unterbrechung der Verjährung durch die Erhebung der (unbestimmten) Teilklage "zurückwirkte". Die wahlweise geltend gemachten Ansprüche sollten jeweils in Höhe des eingeklagten Teilbetrages zunächst auflösend bedingt rechtshängig gemacht worden und mit der Zuordnung dann die Bedingung eingetreten sein (BGH, Urt. v. 3.12.1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 195; Urt. v. 13.7.1959 - III ZR 27/58, NJW 1959, 1819 f.; Urt. v. 22.5.1967 - II ZR 87/65, NJW 1967, 2210 f.; Urt. v. 22.5.1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347 f.; Urt. v. 19.11.1987 - VII ZR 189/86, NJW-RR 1988, 692, 693; Urt. v. 3.4.1996 - VIII ZR 315/94, NJW-RR 1996, 885, 886; Urt. v. 18.7.2000 - X ZR 62/98, NJW 2000, 3492, 3494). Entsprechend wurde für einen Mahnbescheid entschieden, dem mehrere Teilansprüche zugrunde lagen, deren Summe über der geltend gemachten Gesamtforderung lag (BGH, Urt. v. 3.4.1996 - VIII ZR 315/94, NJW-RR 1996, 885, 886; Urteil vom 17.10.2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305, 306 f.).
Rz. 15
2. Für die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) durch Zustellung eines Mahnbescheids hat der XI. Zivilsenat des BGH dagegen entschieden, dass jedenfalls bei der Geltendmachung eines Teils von mehreren Einzelforderungen eine nachträgliche Individualisierung des Klageanspruchs nach Widerspruch zwar die Zulässigkeit der Klage herbeiführen könne, für die Verjährung aber keine Rückwirkung habe (BGH, Urt. v. 21.10.2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rz. 20 f.). Für eine Unterscheidung zwischen der Nachholung der fehlenden Aufteilung der Einzelforderungen und der Heilung sonstiger Individualisierungsmängel bestehe kein sachlicher Grund. Ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages könne weder auf der Grundlage des Mahnbescheides ein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen noch werde dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen wolle. Demgegenüber sei der Gläubiger, der sich die Vorteile des Mahnverfahrens zunutze machen wolle, ohne Weiteres zu einer ausreichenden Individualisierung in der Lage. Dem ist der IX. Zivilsenat für den ähnlichen Fall einer nicht hinreichend individualisierten Forderung, die zur Insolvenztabelle angemeldet wird, gefolgt (BGH, Urt. v. 21.2.2013 - IX ZR 92/12, ZIP 2013, 680 Rz. 30 f.). Diese Rechtsprechung soll sich aber nur auf die Aufschlüsselung mehrerer Einzelforderungen, nicht auf die nachträgliche Individualisierung von mehreren Rechnungsposten einer einheitlichen Forderung beziehen (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rz. 14; Urt. v. 13.5.2011 - V ZR 49/10, juris Rz. 15 ff.; Urt. v. 10.10.2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509 Rz. 15).
Rz. 16
3. An der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass bereits die Erhebung einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den geltend gemachten Teil übersteigt, die Verjährung aller Teilansprüche hemmt und die Bestimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt werden kann, also "zurückwirkt", ist festzuhalten (ebenso Henrich in Bamberger/Roth, BGB, § 204 Rz. 18; Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 13. Aufl., § 204 Rz. 9; Kesseler in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 8. Aufl., § 204 Rz. 6; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2009, § 204 Rz. 16; Becker-Eberhard in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 253 Rz. 114; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 253 Rz. 15; Musielak/Foerste, ZPO, 11. Aufl., § 253 Rz. 28; a.A. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 204 Rz. 16; Grothe in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 204 Rz. 23; Lakkis in jurisPK/BGB, 6. Aufl., § 204 Rz. 22) und sie ist auch auf die hier vorliegende Teilfeststellungsklage anzuwenden. Die abweichende Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH zum Mahnbescheidsantrag bzw. diejenige des IX. Zivilsenats des BGH zur Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren beruht auf den Besonderheiten der jeweiligen Verfahren.
Rz. 17
Dass ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages auf der Grundlage des Mahnbescheides kein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen können soll, betrifft nur das Mahnverfahren, aber nicht das Klageverfahren. Der Vollstreckungsbescheid, für den der Mahnbescheid die Grundlage ist, enthält keine weitere Individualisierung. Bei der Klage muss spätestens das Urteil als Vollstreckungstitel eine Individualisierung durch die Urteilsgründe enthalten. Das gilt auch für die Zuordnung von Teilansprüchen. Lediglich wenn der Kläger eine Aufschlüsselung bis zum Urteil nicht nachholt, erwächst ein Sachurteil nicht in materielle Rechtskraft (vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347 f.). Diese Nachholung der Aufschlüsselung ist im Mahnverfahren nicht möglich. Entsprechendes gilt für die wie ein Urteil wirkende Feststellung der Forderung durch Eintragung in die Tabelle (§ 178 Abs. 3 InsO).
Rz. 18
Auch dass eine Individualisierung des Mahnbescheids durch Aufschlüsselung erforderlich sein soll, um dem Schuldner eine Beurteilung zu ermöglichen, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen will, betrifft nur das Mahnverfahren. Trotz des Fehlens einer Aufteilung ist es dem Schuldner bei einer Klage möglich zu entscheiden, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen will. Die geltend gemachten Ansprüche müssen in der Klageschrift jedenfalls im Sachverhalt dargestellt sein. Der Kläger kann selbst beurteilen, gegen welche Ansprüche er sich verteidigen will, und die fehlende Aufschlüsselung rügen.
Rz. 19
Die Veränderungen durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geben keinen Grund für eine Änderung der Rechtsprechung. Die Rechtslage hat sich nach der Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht geändert. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Eintritt der Verjährungshemmung durch Maßnahmen der Rechtsverfolgung, hier durch die Erhebung einer Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), sind gegenüber den bisherigen Voraussetzungen für den Eintritt der Verjährungsunterbrechung durch dieselbe Maßnahme (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.) gleich geblieben (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.2011 - V ZR 49/10, juris Rz. 13).
Fundstellen
Haufe-Index 7026023 |
BB 2014, 1729 |
NJW 2014, 3298 |
BauR 2014, 1832 |
BauR 2014, 1971 |
EBE/BGH 2014 |
EWiR 2014, 777 |
IBR 2014, 582 |
WM 2014, 1544 |
ZIP 2014, 1788 |
JZ 2014, 556 |
JZ 2014, 561 |
MDR 2014, 1104 |
InsbürO 2014, 451 |
PAK 2014, 148 |