Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterungsmöglichkeit der Anschlussberufung bis zur fristgerecht eingereichten Begründungsschrift
Leitsatz (amtlich)
Auch nach der seit dem 1.1.2002 geltenden Rechtslage kann die Anschlussberufung nach Ablauf der Einlegungsfrist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO erweitert werden, soweit die Erweiterung durch die fristgerecht eingereichte Anschlussberufungsbegründung gedeckt ist.
Normenkette
ZPO § 524 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Urteil vom 25.11.2002; Aktenzeichen 13 UF 286/02) |
AG Koblenz (Urteil vom 17.04.2002) |
Tenor
Auf die Revision der Antragstellerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats - 1. Senat für Familiensachen - des OLG Koblenz v. 25.11.2002 aufgehoben, soweit das Urteil des AG - FamG - Koblenz v. 17.4.2002 hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts für die Zeit v. 9.7.bis 31.8.2002 dahin abgeändert worden ist, dass der Antragsgegner weniger als monatlich 300 EUR zzgl. Zinsen zu zahlen hat.
Das vorgenannte Urteil des OLG wird zur Klarstellung bezüglich des nachehelichen Unterhalts insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung der Antragstellerin und die Anschlussberufung des Antragsgegners wird das Urteil des AG - FamG - Koblenz v. 17.4.2002 in Ziff. 2 (nachehelicher Ehegattenunterhalt) teilweise abgeändert.
Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin monatlich im Voraus bis zum 5. eines jeden Monats folgenden Ehegattenunterhalt zu zahlen:
Vom 9.7.bis 31.8.2002 monatlich 300 EUR, v. 1.9.bis 31.12.2002 monatlich 358 EUR ab 1.1.2003 monatlich 571,29 EUR, jeweils zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB auf die bis zum 4.11.2002 aufgelaufenen Rückstände.
Der weiter gehende Antrag auf Zahlung von Ehegattenunterhalt wird abgewiesen.
Im Übrigen werden Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen.
Hinsichtlich der Kosten I. und II. Instanz verbleibt es bei dem Ausspruch des Berufungsurteils. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über den der Antragstellerin zustehenden nachehelichen Unterhalt.
Die Ehegatten haben am 30.5.1984 die Ehe geschlossen, aus der zwei Kinder, Jasmin, geboren am 13.11.1989, und Bastian, geboren am 18.8.1997, hervorgegangen sind. Die Antragstellerin ist Hausfrau und betreut nach der Trennung der Parteien die gemeinsamen Kinder allein. Der Antragsgegner ist Berufssoldat; seine Dienststelle ist der Stützpunkt Bonn-St. Augustin. Auf ein bei seinem Vater aufgenommenes Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungskosten für seinen Pkw zahlt er monatlich 300 DM (153,39 EUR); einen Kredit zur Finanzierung der Anschaffungskosten für den Pkw der Antragstellerin führte er bis einschließlich August 2002 mit monatlich 280 DM (143,16 EUR) zurück. Die Parteien haben im Wesentlichen darüber gestritten, in welcher Höhe dem Antragsgegner Fahrtkosten als berufsbedingte Aufwendungen entstehen.
Durch Scheidungsverbundurteil hat das AG die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 9.7.2002), dem Antrag der Antragstellerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts teilweise, nämlich i.H.v. monatlich 322 EUR, stattgegeben und den Versorgungsausgleich geregelt.
Gegen dieses Urteil haben die Antragstellerin in Bezug auf die Folgesachen Ehegattenunterhalt Berufung und die Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die Folgesache Versorgungsausgleich Beschwerde eingelegt. Der Antragsgegner hat sich der Berufung der Antragstellerin - unter dem Vorbehalt der Erweiterung - angeschlossen. Während die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag in vollem Umfang (1.117,34 DM = 571,29 EUR) weiterverfolgte, begehrte der Antragsgegner zunächst eine Herabsetzung seiner Zahlungspflicht auf monatlich 300 EUR. In der mündlichen Verhandlung v. 4.11.2002 hat er von seinem Erweiterungsvorbehalt Gebrauch gemacht und für die Zeit bis zum 31.8.2002 eine Reduzierung auf 250 EUR monatlich verlangt.
Das Berufungsgericht hat - bezüglich des lediglich noch im Streit befindlichen nachehelichen Unterhalts - das Urteil auf Berufung und Anschlussberufung teilweise abgeändert. Für den Zeitraum v. 9.7.bis 31.8.2002, der allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, hat es den Unterhalt auf monatlich 284 EUR zzgl. Zinsen herabgesetzt. Dagegen richtet sich die insoweit zugelassene Revision der Antragstellerin, mit der sie die Zurückweisung der Anschlussberufung begehrt, soweit diese zu einer Herabsetzung des Unterhalts auf weniger als 300 EUR monatlich zzgl. Zinsen geführt hat.
Entscheidungsgründe
Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Antragsgegner ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis; es berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79 [81 ff.]).
Das Rechtsmittel ist begründet. Es führt in dem beantragten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückweisung der Anschlussberufung.
I.
Zutreffend ist das OLG allerdings davon ausgegangen, dass die Anschlussberufung des Antragsgegners auch im Umfang der erfolgten Erweiterung zulässig ist.
1. Der Antragsgegner hat sich innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO in der - bis zum 31.8.2004 geltenden - Neufassung durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses v. 27.7.2001 (BGBl. I, 1887 ff.), d.h. innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift, dem Rechtsmittel der Antragstellerin angeschlossen. Er hat zunächst begehrt, den Unterhaltsantrag der Antragstellerin abzuweisen, soweit ihr mehr als 300 EUR monatlich zuerkannt worden sind. In der Begründung hat er im Einzelnen ausgeführt, dass der Antragstellerin kein Unterhaltsanspruch zustehe, und hat sich deshalb die Erweiterung der Anschlussberufung mit dem Ziel vorbehalten, auf vollständige Abweisung des Unterhaltsbegehrens anzutragen. Von dem Erweiterungsvorbehalt hat der Antragsgegner in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe (Herabsetzung des Unterhalts für die Zeit v. 9.7.bis 31.8.2002 auf monatlich 250 EUR) Gebrauch gemacht.
2. Diese Vorgehensweise war nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Prozessrecht nicht zu beanstanden. Ihre Zulässigkeit begegnet auch weiterhin keinen rechtlichen Bedenken. Zwar konnte der Berufungsbeklagte nach dem früheren Prozessrecht zeitlich unbeschränkt - bis zur Beendigung des Verfahrens über die Hauptberufung (Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 522a Rz. 6) - unselbständige Anschlussberufung einlegen, während er sich nach § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO i.d.F. des ZPO-Reformgesetzes nur bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsschrift der Berufung anschließen kann. Daraus folgt aber nicht, dass der Berufungsbeklagte das mit der Anschlussberufung verfolgte Begehren im Rahmen der gegebenen Begründung nach Ablauf der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht mehr erweitern kann.
a) Nach § 524 Abs. 3 S. 2 i.V.m.. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO muss die Begründung der Anschlussberufung - ebenso wie diejenige der Berufung - die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge). Gleichwohl ist - nach dem insoweit gleich lautenden - früheren Recht die Erweiterung von Rechtsmittelanträgen für zulässig erachtet worden. Denn das Erfordernis bestimmter Anträge ist nur formal; die in der Begründungsschrift enthaltenen Anträge haben nur vorläufigen Charakter und können in der mündlichen Verhandlung noch geändert, insb. noch erweitert werden, soweit die Erweiterung durch die Rechtsmittelbegründung gedeckt wird (BGHZ 12, 52 [67 f.]; BGH, Urt. v. 6.11.1986 - IX ZR 8/86, MDR 1987, 318 = NJW-RR 1987, 249).
b) Auch nach der seit dem 1.1.2002 geltenden Rechtslage können Berufungsanträge nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erweitert werden, soweit sie durch die fristgerecht eingereichten Berufungsgründe (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO) gedeckt sind (Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 520 Rz. 43; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 520 Rz. 25; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 520 Rz. 31; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 520 Rz. 19; Piekenbrock, MDR 2002, 675 [676]; Gerken, NJW 2002, 1095 [1096]; Born, FamRZ 2003, 1245 [1246]). Die Bestimmung des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO hat, wie bereits ausgeführt, gegenüber derjenigen des § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. keine inhaltliche Änderung erfahren. Das Ziel der ZPO-Reform, insb. die Einführung einer beschleunigten Erledigungsmöglichkeit für substanzlose Berufungen (BT-Drucks. 14/4722, 1), steht der Annahme einer Erweiterungsmöglichkeit nicht entgegen. Die in der Rechtsmittelbegründung vorgetragenen Berufungsgründe lassen - unabhängig von dem zunächst angekündigten Antrag - eine vollumfängliche rechtliche Beurteilung des Begehrens zu. Auch die Möglichkeit, eine aussichtslose Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, erfährt grundsätzlich keine Verzögerung, wenn der Berufungskläger im Rahmen seiner Stellungnahme zu dem Hinweis auf die beabsichtigte Verfahrensweise seinen Berufungsantrag erweitert. Es steht dem Berufungskläger ohnehin frei, ein vom Berufungsgericht für unzureichend erachtetes Vorbringen in den Grenzen des § 530 ZPO zu ändern und durch weiteren Sachvortrag zu ergänzen oder auch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Rahmen des § 531 ZPO geltend zu machen. Im Anschluss daran muss sich das Berufungsgericht erneut mit der Sache befassen und davon überzeugen, ob die Zurückweisungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind. Wenn es dies einstimmig bejaht, darf es die Berufung durch Beschluss zurückweisen. Einer erneuten Anhörung bedarf es nicht grundsätzlich, sondern nur dann, wenn in der Stellungnahme in zulässiger Weise wesentlich neu vorgetragen wird oder wenn sich die Prozesssituation ändert (Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 522 Rz. 27; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 522 Rz. 34).
c) Ist aber die Erweiterung der Berufungsanträge entsprechend den genannten Maßgaben als zulässig zu erachten, kann für die Erweiterung der Anschlussberufung nichts Anderes gelten. Das folgt bereits aus dem Prinzip der prozessualen Waffengleichheit als verfahrensrechtlich gebotenem Erfordernis des Gleichheitssatzes (BVerfG v. 25.7.1979 - 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131 [144]; v. 3.12.1986 - 1 BvR 872/82, MDR 1987, 555 = NJW 1987, 2569 [2570]), das bedingt, dass der Berufungsbeklagte im Stande ist, auch auf die erweiterte Berufung des Gegners reagieren zu können und die Grenzen der Verhandlung mitzubestimmen (BGH, Urt. v. 28.3.1984 - IVb ZR 58/82, MDR 1984, 1014 = NJW 1984, 2951 [2952]).
Darüber hinaus müsste es auch als Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit angesehen werden, wenn der nicht bemittelte Berufungskläger die Möglichkeit hätte, den unbedingten Berufungsantrag zunächst nur in eingeschränktem Umfang zu stellen, gleichzeitig Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Erweiterung zu begehren und diese dann - nach entsprechender Prozesskostenhilfebewilligung - auch vorzunehmen, wenn diese Möglichkeit für den Anschlussberufungskläger nicht gleichermaßen bestünde (Born, FamRZ 2003, 1245 [1246]). Diese ist aber nur dann gegeben, wenn auch der Anschlussberufungskläger seinen Antrag in zulässiger Weise erweitern kann. Denn die Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO kann nicht verlängert werden. Da es sich nicht um eine Notfrist handelt, kommt auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht (Gerken, NJW 2002, 1095 [1096]).
Schließlich sprechen auch Gründe der Prozessökonomie für die vorgenannte Auffassung. Die Anschlussberufung soll dem an sich "friedfertigen" und zur Hinnahme der erstinstanzlichen Entscheidung bereiten Berufungsbeklagten auch dann noch die Möglichkeit geben, selbst in den Prozess einzugreifen, wenn das Rechtsmittel des Gegners erst kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eingelegt wird und er deshalb eine eigene Berufung nicht mehr führen kann. Dadurch kann vermieden werden, dass eine Partei, die sich eigentlich mit dem erlassenen Urteil zufrieden geben will, nur wegen eines erwarteten Rechtsmittels des Gegners vorsorglich selbst Rechtsmittel einlegt (BGH, Urt. v. 28.3.1984 - IVb ZR 58/82, MDR 1984, 1014 = NJW 1984, 2951 [2952]). Dieses Ziel kann aber nicht in vollem Umfang erreicht werden, wenn der Berufungsbeklagte auf eine Berufungserweiterung nach Ablauf der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht mehr reagieren kann.
Die danach zulässige Erweiterung der Anschlussberufung konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zu Protokoll erklärt werden (BGH, Urt. v. 29.9.1992 - VI ZR 234/91, MDR 1993, 174 = NJW 1993, 269 [270]).
II.
1. Das OLG hat den vom AG ausgeurteilten Unterhalt für die Zeit v. 9.7.bis 31.8.2002 auf monatlich 284 EUR herabgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das um Fahrtkosten zur Arbeit, Kosten der Krankenversicherung und die Kreditrate für den Pkw der Antragstellerin bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners sei mit monatlich 1.459 EUR anzusetzen. Bei diesem Einkommen schulde er Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 2 der herangezogenen Düsseldorfer Tabelle, und zwar i.H.v. monatlich 288 EUR für Jasmin (Altersstufe 3) und i.H.v. monatlich 202 EUR für Bastian (Altersstufe 1, jeweils Tabellenbeträge). Nach Abzug der Tabellenbeträge stünden für den gem. § 1570 BGB geschuldeten Ehegattenunterhalt noch 969 EUR zur Verfügung. Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei mit 3/7 hiervon, also mit 415 EUR, anzusetzen. Da der Antragsgegner unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden Selbstbehalts von 840 EUR nicht in der Lage sei, alle Unterhaltsansprüche zu erfüllen, sei eine Mangelverteilung durchzuführen. Diese ergebe einen geschuldeten Ehegattenunterhalt von 284 EUR.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. In welcher Höhe der Unterhaltsbedarf zu bemessen ist, obliegt zwar der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Das dabei gewonnene Ergebnis ist revisionsrechtlich jedoch darauf zu überprüfen, ob es den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt und angemessen ist (BGH, Urt. v. 23.10.2002 - XII ZR 266/99, MDR 2003, 86 = BGHReport 2003, 11 m. Anm. Borth = FamRZ 2002, 1698 [1700], m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.
Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hat, ist in einem absoluten Mangelfall, von dessen Vorliegen das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, für den unterhaltsberechtigten Ehegatten der seiner jeweiligen Lebenssituation entsprechende notwendige Eigenbedarf als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung einzustellen. Für gleichrangige Kinder ist insoweit ein Betrag von 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu Grunde zu legen (BGH, Urt. v. 22.1.2002 - XII ZR 2/00, MDR 2003, 573 = BGHReport 2003, 379 m. Anm. Borth = FamRZ 2003, 363 [365 f.]). Nur so werden für die Ehefrau und die Kinder Einsatzbeträge in die Mangelverteilung eingestellt, die in angemessener Relation zueinander stehen, so dass ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden kann. Da für die Antragstellerin nur die mit 415 EUR ermittelte Unterhaltsquote in die Mangelverteilung einbezogen worden ist, die realistischerweise nicht für sich beanspruchen kann, den eheangemessenen Unterhalt darzustellen, und für die Kinder lediglich Unterhalt gemäß Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt worden ist, der unter deren Existenzminimum liegt, kann das angefochtene Urteil hinsichtlich der Unterhaltsbemessung für die Zeit v. 9.7.bis 31.8.2002 keinen Bestand haben.
III.
Die Sache ist indessen nach dem festgestellten Sachverhalt zur Endentscheidung reif, so dass der Senat in der Sache selbst befinden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Für die Antragstellerin ist nach der vom Berufungsgericht herangezogenen Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1.1.2002, B V Nr. 2) ein Eigenbedarf von 730 EUR als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung einzustellen; für die Kinder sind Beträge von 254 EUR und 364 EUR (jeweils 135 % des Regelbetrages) zu Grunde zu legen. Ob und ggf. in welcher Höhe der Unterhalt der Kinder tituliert ist, ist im Rahmen eines andere Unterhaltsansprüche betreffenden Rechtsstreits grundsätzlich ohne Bedeutung, weil davon ausgegangen werden kann, dass bei Abweichungen von der materiellen Rechtslage die Abänderung des Titels möglich gewesen wäre (BGH, Urt. v. 22.1.2003 - XII ZR 2/00, MDR 2003, 573 = BGHReport 2003, 379 m. Anm. Borth = FamRZ 2003, 363 [365 f.], m.w.N.). Damit errechnen sich Einsatzbeträge von insgesamt 1.348 EUR, denen ein verteilungsfähiges Einkommen von 619 EUR (1.459 EUR ./. 840 EUR) gegenübersteht. Aus dem Verhältnis dieser Verteilungsmasse zu den Einsatzbeträgen errechnet sich die Quote, nach der der für die Antragstellerin in die Mangelverteilung eingestellte Betrag zu kürzen ist.
Danach ergibt sich für sie folgender Unterhalt: Kürzungsfaktor (619: 1.348): 45,92 %; Unterhalt rund 335 EUR (730x 45,92 %).
Da die Antragstellerin nur insoweit Revision eingelegt hat, als ihr weniger als 300 EUR monatlich zuerkannt worden sind, kann allein dieser Betrag ausgeurteilt werden. Die notwendige Überprüfung des gewonnenen Ergebnisses auf seine Angemessenheit gibt zu Korrekturen keinen Anlass.
Fundstellen
Haufe-Index 1408564 |
BGHZ 2006, 324 |
BB 2005, 1930 |
NJW 2005, 3067 |
BGHR 2005, 1410 |
FamRZ 2005, 1538 |
FuR 2006, 38 |
ZAP 2005, 1176 |
MDR 2006, 45 |
MDR 2006, 554 |
FamRB 2005, 327 |
PA 2005, 206 |
JbBauR 2006, 403 |
ProzRB 2005, 264 |