Entscheidungsstichwort (Thema)
Werkvertrag mit Pauschalpreisabrede. Erhöhter Vergütungsanspruch für zusätzliche, vom Besteller veranlasste Werkleistungen
Leitsatz (amtlich)
Besteht zwischen den Parteien ein Werkvertrag mit Pauschalpreisabrede, können darin nicht vorgesehene zusätzliche Werkleistungen auch ohne Abschluß eines sie betreffenden zusätzlichen Werkvertrages vom Besteller zu vergüten sein.
Voraussetzung eines solchen erhöhten Vergütungsanspruchs ist, daß zu dem Leistungsinhalt, der einer Pauschalpreisvereinbarung zugrunde liegt, erhebliche, zunächst nicht vorgesehene Leistungen auf Veranlassung des Bestellers hinzukommen, unabhängig davon, ob die Parteien über die neue Preisgestaltung eine Einigung erzielt haben.
Normenkette
BGB § 632
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main |
OLG Frankfurt am Main |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als eine Widerklageforderung in Höhe von 232.560,– DM (Rechnungen Nr. 84 159 vom 25.7.1989 und Nr. 84 193 vom 15.1.1991) nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die A…fabrik S. GmbH in B. benötigte Datenverarbeitungsprogramme für eine von ihr bei der Klägerin bezogene Datenverarbeitungsanlage. Wegen derartiger Datenverarbeitungsprogramme faßten die Klägerin, die unter anderem Hard- und Softwareprodukte herstellt und vertreibt, und die Beklagte, die Dialog-Datenverarbeitungs- und Bürokommunikationssysteme entwickelt und vertreibt, eine Zusammenarbeit ins Auge. Mit Vertrag vom 27. August 1996 vergab die A…. S. GmbH den Auftrag zur Erstellung entsprechender Softwareprogramme an die Klägerin. Die Klägerin übertrug hierfür nötige Arbeiten mit Vertrag vom 27. August/23. September 1986 gegen ein Pauschalhonorar von 400.000,– DM auf die Beklagte. In der Folgezeit beschaffte sich die Beklagte mittels eines Leasing-Vertrages mit der G. Gesellschaft für mbH & CO. KG (im folgenden: G.) eine EDV-Anlage der Klägerin und schloß mit ihr einen Wartungsvertrag über diese Anlage. Ferner erwarb sie bei der Klägerin Rechte zur Nutzung von Softwareprodukten gegen laufendes Entgelt.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von Vergütungsraten aus dem Hardware-Wartungsvertrag und dem Software-Nutzungsvertrag in Höhe von insgesamt 84.950,02 DM in Anspruch genommen. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin ihre zuletzt unter Einschluß der Klageforderungen mit 179.272,68 DM bezifferten Ansprüche gegen von ihr anerkannte Gegenforderungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 178.980,– DM aufgerechnet und die Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung der Klägerin nicht angeschlossen, sondern Klageabweisung unter Aufhebung eines gegen sie ergangenen Vollstreckungsbescheids beantragt. Sie hat geltend gemacht, ihr stehe unter dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung, jedenfalls aber unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo ein Anspruch auf Freistellung von den Klageforderungen zu. Hilfsweise hat sie die Aufrechnung mit Gegenforderungen gemäß ihren Rechnungen Nr. 84142, 84133 und 84191 erklärt.
Darüber hinaus hat die Beklagte Widerklage erhoben, mit der sie die Feststellung der Verpflichtung der Klägerin begehrt, sie – die Beklagte – von allen Ansprüchen aus Verbindlichkeiten freizustellen, die sie aufgrund der Vereinbarung der Parteien eingegangen ist, insbesondere von den Forderungen der G. aus dem Leasing-Vertrag sowie den Forderungen der Klägerin selbst für Hard- und Software-Wartung an der von der Beklagten geleasten EDV-Anlage. Weiter hat die Beklagte mit der Widerklage Zahlungsansprüche in Höhe von 5.737,62 DM nebst Zinsen sowie weiterer 272.060,– DM nebst Zinsen mit der Maßgabe geltend gemacht, daß ein Betrag von 27.701,81 DM an das Finanzamt W. zu zahlen ist. Bei der Forderung von 5.737,62 DM handelt es sich um den die Hilfsaufrechnung überschießenden Restbetrag aus der Rechnung Nr. 84133 vom 9. Dezember 1988 über 90.981,12 DM. Den weitergehenden Zahlungsansprüchen über 272.060,– DM liegen Ansprüche zugrunde, die die Beklagte mit den Rechnungen Nr. 84148 vom 18. Mai 1989 über 5.700,– DM, 84159 vom 25. Juli 1989 über 27.360,– DM, 84178 vom 30. November 1989 über 22.400,– DM, 84193 vom 15. Januar 1991 über 205.200,– DM und mit der korrigierten Rechnung Nr. 84194 vom 15. Januar 1991 über 11.400,– DM abgerechnet hat.
Das Landgericht hat festgestellt, daß der Rechtsstreit hinsichtlich der Klage in Höhe von 84.950,02 DM erledigt ist. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Klägerin unter Abweisung der weitergehenden Widerklage verurteilt, an das Finanzamt W. 5.700,– DM nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klägerin unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung verurteilt, weitere 11.400,– DM nebst Zinsen an das Finanzamt W. zu zahlen. Der Senat hat die Revision der Beklagten, mit der sie ihr in der Berufungsinstanz abgewiesenes Begehren weiterverfolgt, wegen einer Widerklageforderung in Höhe von 232.560,– DM nebst Zinsen (Rechnung Nr. 84159 vom 25.7.1989 und Rechnung Nr. 84193 vom 15. Januar 1991) angenommen; im übrigen hat er die Revision nicht angenommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat die Widerklage für unbegründet gehalten, soweit mit ihr die Vergütung zusätzlicher und über den Vertrag der Parteien vom 23. September 1986 hinausgehender Leistungen der Beklagten in Höhe von 205.200,– DM und 27.360,– DM geltend gemacht worden ist. Es hat dazu ausgeführt:
1. Einen Vergütungsanspruch für zusätzliche Werkleistungen in Höhe der Rechnung über 205.200,– DM habe die Beklagte nicht dargelegt. Von der Lieferung und Installation eines PPS-Systems, auf die der Anspruch nach dem Vortrag der Beklagten gestützt werde, sei in der Rechnung Nr. 84193 nicht die Rede. Nach deren Inhalt werde die Vergütung von 180.000,– DM netto für „Materialwirtschaft, Fertigungsplanung (grob und fein)” verlangt. Hierauf sei die Beklagte hingewiesen worden. Eine Erklärung für ihren abweichenden Sachvortrag habe sie nicht gegeben. Außerdem habe die Klägerin zu der in Rechnung gestellten „Materialwirtschaft” vorgetragen, diese sei im Vertrag vom 23. September 1986 unter der vierten Ausbaustufe enthalten. Ein erheblicher Teil der in Rechnung gestellten Leistung sei demnach durch das im Vertrag vom 23. September 1986 vereinbarte Pauschalhonorar abgegolten. Da die Beklagte die Rechnung nicht aufgeschlüsselt habe, sei eine Abgrenzung zwischen pauschal abgegoltener und angeblich zusätzlich erbrachter Leistung nicht möglich. Zu Recht beanstande die Klägerin auch, daß sie die Angemessenheit der verlangten Vergütung nicht nachvollziehen könne, weil die Beklagte den Zeitaufwand für die erbrachte Leistung nicht dargelegt habe.
2. Zur Abweisung des Anspruchs auf Zahlung von 27.360,– DM hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Beklagte habe nicht dargelegt, daß es sich um zusätzliche Leistungen gehandelt habe, die im Vertrag mit der Klägerin vom 23. September 1986 nicht vorgesehen, wohl aber im Vertrag der Klägerin und der Firma S. enthalten gewesen seien. Letzteres hätte die Beklagte durch konkrete Bezugnahme auf bestimmte Passagen des Vertrages nachvollziehbar darlegen müssen, denn nur dann hätte sich feststellen lassen, ob sie einen Anspruch nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag habe (§§ 677, 683, 670 BGB). Auf die Vorschriften über den Werkvertrag könne die Beklagte den Anspruch nicht stützen, weil sie nicht dargelegt habe, welche vertretungsberechtigte Person der Klägerin ihr welchen genauen Auftrag zu den in Rechnung gestellten Leistungen erteilt habe. Für die Behauptung, sie – die Beklagte – habe die Arbeiten mit Wissen und Wollen der Klägerin ausgeführt, deren Mitarbeiter hätten darauf gedrängt, um die Firma S. zufrieden zu stellen, fehle die notwendige Tatsachensubstanz. Es lasse sich nicht erkennen, ob die Mitarbeiter der Klägerin davon ausgegangen seien, daß es sich um vergütungspflichtige Zusatzarbeiten handle, oder ob die Aufforderung zur Durchführung der Arbeiten nur bedeutet habe, daß die Beklagte ihre Vertragspflichten aufgrund der Vereinbarung vom 23. September 1986 erfüllen solle. Für letzteres spreche der Umstand, daß die Beklagte für zwei Leistungsbereiche schriftliche Aufträge der Klägerin vorgelegt habe.
II. Die dagegen erhobenen Rügen der Revision sind begründet.
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß es sich bei dem am 27. August/23. September 1986 zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag um einen Werkvertrag mit der Vereinbarung eines Pauschalpreises handelt (§§ 631, 632 BGB). Bei einem solchen Vertrag sind zum Pauschalpreis nur diejenigen Leistungen zu erbringen, die zur Herstellung eines mangelfreien Werkes in dem geschuldeten Umfang erforderlich sind. Die Ausführung von Leistungen, die in einem zum Vertragsinhalt gewordenen Leistungsverzeichnis bewußt nicht vorgesehen sind, kann vom Besteller nur gegen zusätzliche Vergütung verlangt werden (BGHZ 90, 344, 345; st. Rspr.). Macht der Unternehmer derartige weitere Vergütungsansprüche geltend, trägt er allerdings die Darlegungs- und Beweislast für die geltend gemachten Forderungen aus einer zusätzlichen Beauftragung. Er hat daher im Streitfall auch darzulegen und zu beweisen, inwieweit die zusätzlich abgerechneten Leistungen nicht bereits Gegenstand des Pauschalvertrages sind (BGH Urt. v. 15.4.1999 – VII ZR 211/98, NJW 1999, 2270, 2271). Dieser Ausgangspunkt des Berufungsurteils läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
2. Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht die noch zur Entscheidung stehenden Widerklageforderungen für unbegründet gehalten, weil der Vortrag der Beklagten ihrer Darlegungs- und Beweislast für die geltend gemachten und über den Pauschalpreis hinausgehenden Vergütungsansprüche nicht genügt habe. Diese Auffassung des Berufungsurteils hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe wesentlichen und unter Beweis gestellten Sachvortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen (§ 286 ZPO).
a) Das Berufungsgericht hat den Vergütungsanspruch in Höhe von 205.200,– DM zunächst deshalb nicht für hinreichend dargelegt gehalten, weil die Beklagte ihr Zahlungsbegehren aus der Rechnung Nr. 84193 mit der Lieferung und Installation eines PPS-Systems begründet habe, von dem in der Rechnung vom 15. Januar 1991 nicht die Rede sei.
Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß die Beklagte bereits im Schriftsatz vom 30. Dezember 1993 vorgetragen hatte, mit dieser Rechnung seien Leistungen fakturiert worden, die im ursprünglichen Auftrag der Klägerin nicht enthalten gewesen seien und in der Lieferung des Programm-Moduls „Materialwirtschaft/Fertigplanung (grob und fein)” bestanden hätten, das im wesentlichen die Punkte „Absatzproduktionsplanung, Nettobedarfsermittlung, Durchlaufterminierung, Dispositionsvorschläge, automatisches Honorieren/Manuelles Erstellen von Fertigungsaufträgen, Rückmeldungen” umfasse. Ein Widerspruch dieses Sachvortrags zu dem Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz ist, wie die Revision zu Recht rügt, auf der Grundlage der Ausführungen des Berufungsgerichts nicht zu erkennen. Zwar hat die Beklagte in der Berufungsbegründung vorgetragen, daß zu den zusätzlichen Leistungen das PPS-System gehört habe, sie hat aber zur näheren Umschreibung der damit erbrachten Leistungen auf ihren Schriftsatz vom 30. Dezember 1993 verwiesen, in dem das Programm-Modul in der dargestellten Weise in der Sache beschrieben worden ist.
b) Die Revision rügt weiter zu Recht, das Berufungsgericht sei fehlerhaft zu der Auffassung gelangt, daß die unter dem Punkt „Materialwirtschaft” erfaßten Leistungen im Vertrag der Parteien unter der vierten Ausbaustufe enthalten seien. Das Berufungsgericht hat dazu zwar keine Feststellungen getroffen, sondern nur den Sachvortrag der Klägerin wiedergegeben. Die daraus abgeleitete Würdigung des Berufungsgerichts, es fehle an einer hinreichenden Darlegung des Anspruchs auf Vergütung zusätzlich erbrachter Werkleistungen, läßt aber wesentlichen Sachvortrag der Beklagten außer acht.
Die Revision macht insoweit zu Recht geltend, daß die Beklagte mit der Berufungsbegründung den Vertrag der Klägerin mit der S. GmbH vorgelegt hat, dessen Anlage 2 auf S. 2 verschiedene Positionen aufweist, darunter unter e) „Disposition der Fertigwarenläger (PPS-System) …”. Gerade mit dem Umstand, daß die Position „Materialverwaltung” im Vertrag der Klägerin mit der Beklagten nicht als Leistungsposition aufgeführt war – anders als im Vertrag der Klägerin mit der S. GmbH – hatte die Beklagte ihre Auffassung begründet, daß es sich bei den mit der Rechnung vom 15. Januar 1991 abgerechneten Positionen um Zusatzleistungen gehandelt habe, und dafür weiteren Beweis angetreten.
Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten angetretenen Beweise nicht erhoben und auch sonst keine Feststellungen getroffen, daß die mit Rechnung vom 15. Januar 1991 abgerechneten Leistungen vom Leistungsumfang des Pauschalpreisvertrages umfaßt gewesen seien. Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen ist daher für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß das PPS-System mit den genannten Leistungen des Programm-Moduls „Materialwirtschaft/Fertigungsplanung (grob und fein)” als Zusatzleistung über den ursprünglich erteilten Auftrag hinaus von der Beklagten geliefert worden ist. Da zur Üblichkeit und Angemessenheit der geforderten Vergütung für die Lieferung und Installation des zusätzlichen Programm-Moduls Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten ist, kann die Abweisung der Widerklage in Höhe von 205.200,– DM auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, die Angemessenheit der geforderten Vergütung könne nicht beurteilt werden, weil die Beklagte den Zeitaufwand für die erbrachte Leistung nicht dargelegt habe.
3. Die Rügen der Revision greifen auch durch, soweit das Berufungsgericht die Widerklageforderung in Höhe von 27.360,– DM für nicht hinreichend dargelegt erachtet hat.
Die Revision rügt zu Recht, daß die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1993 vorgetragen hat, mit den dort genannten Rechnungen, darunter die Rechnung Nr. 84159 vom 25. Juli 1989 über 27.360,– DM, seien Leistungen fakturiert worden, bei denen es sich um Arbeiten gehandelt habe, die auf Verlangen von ihr, der Beklagten, im Rahmen des Projekts „S.” zusätzlich und über den Rahmen des insoweit zunächst abgeschlossenen Vertrages hinaus erbracht worden seien, nämlich die Programmteile Fremdwährung, Programm-Schnittstellen Export mit Fremdwährung und Änderung von VAS-Papieren. In der Berufungsschrift hat die Beklagte ihr Vorbringen, bei den im Schriftsatz vom 30. Dezember 1993 genannten Leistungen habe es sich um Zusatzleistungen gehandelt, die mit Wissen und Wollen und auf das Drängen der für das Projekt zuständigen Mitarbeiter der Klägerin erbracht worden seien, unter Beweisantritt wiederholt.
Feststellungen, daß die mit der Rechnung Nr. 84159 abgerechneten Leistungen von der Pauschalpreisvereinbarung erfaßt worden seien, hat das Berufungsgericht nicht getroffen, so daß auch insoweit mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen für das Revisionsverfahren davon auszugehen ist, daß die mit der Rechnung abgerechneten Leistungen Zusatzarbeiten betreffen. Das angefochtene Urteil kann insbesondere nicht mit der Erwägung aufrechterhalten werden, die Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, daß die umstrittenen Leistungen der Rechnung vom 25. Juli 1989 im Vertrag der Parteien nicht vorgesehen, vom Vertrag der Klägerin mit deren Auftraggeber aber erfaßt worden seien. Die Darstellung der Beklagten über die von ihr erbrachten Zusatzleistungen gibt nicht nur im einzelnen die Leistungen an, für welche die Beklagte eine zusätzliche Vergütung verlangt, sondern enthält zugleich die Behauptung der Beklagten, daß diese Leistungen nicht bereits aufgrund des Vertrages vom 23. September 1986 zu erbringen gewesen seien. Die Behauptung der Beklagten, die mit der Rechnung vom 25. Juli 1989 abgerechneten Leistungen seien nicht vom Pauschalhonorar erfaßt worden, sondern über den Auftrag hinaus erbrachte Zusatzleistungen, ist daher der Überprüfung auf ihre Richtigkeit durch Beweiserhebung zugänglich.
4. Die Abweisung der Widerklage in Höhe der Beträge von 205.200,– DM und von 27.360,– DM erweist sich auch nicht aus einem anderen Grunde als richtig.
Das Berufungsgericht ist zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß sich der Anspruch auf Vergütung der mit der Rechnung vom 25. Juli 1989 abgerechneten Leistungen nicht auf einen über den Vertrag vom 23. September 1986 hinaus geschlossenen – weiteren – Werkvertrag zwischen den Parteien stützen läßt. Die dagegen erhobene Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten nicht nachgegangen, wonach die zuständigen Mitarbeiter der Klägerin die von der Beklagten erbrachten zusätzlichen Leistungen gewollt hätten, ist unbegründet. Denn das bloße Wollen einer Leistung und deren Entgegennahme führen nicht ohne weiteres zu einem Vertragsschluß (BGH, Urt. v. 10.4.1997 – VII ZR 211/95, NJW 1997, 1982). Ein solcher kann erst angenommen werden, wenn konkrete Umstände dargetan sind, die darauf hindeuten, daß der Abschluß eines weiteren Werkvertrages mit der aus ihm folgenden Vergütungspflicht für die erbrachten Werkleistungen wirklich gewollt war. Derartige Umstände zeigt auch die Revision nicht auf.
Besteht allerdings zwischen den Parteien wie im Streitfall bereits ein Werkvertrag mit einer Pauschalpreisabrede, dann können darin nicht vorgesehene zusätzliche Werkleistungen auch ohne Abschluß eines sie betreffenden zusätzlichen Werkvertrages vom Besteller zu vergüten sein. Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung rechtfertigt nach Treu und Glauben eine nicht unerhebliche Veränderung des in einem Pauschalpreisvertrag vorgesehenen Leistungsinhalts, die an die Grundlagen der getroffenen Preisvereinbarung rührt, eine Anpassung der Pauschale an die veränderten Verhältnisse. Das gilt in gleicher Weise für den Fall der Erbringung erheblicher zusätzlicher Leistungen (BGH, Urt. v. 6.3.1975 – VII ZR 243/72, Urteilsumdr. S. 12 m.w.N.) wie für den Fall erheblicher Minderleistungen (BGH, Urt. v. 24.6.1974 – VII ZR 41/73, NJW 1974, 1864, 1865; Urt. v. 29.4.1999 – VII ZR 248/98, NJW 1999, 2661, 2662). Voraussetzung eines solchen erhöhten Vergütungsanspruchs durch Vertragsanpassung ist, daß zu dem Leistungsinhalt, der einer Pauschalpreisvereinbarung zugrunde liegt, erhebliche, zunächst nicht vorgesehene Leistungen auf Veranlassung des Bestellers hinzukommen (BGH, Urt. v. 24.6.1974 – VII ZR 41/73, NJW 1974, 1864, 1865 m.w.N.). Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien über die neue Preisgestaltung eine Einigung erzielt haben.
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit die Widerklage in Höhe von 232.560,– DM (Rechnungen Nr. 84159 vom 25.7.1989 und Nr. 84193 vom 15.1.1991) abgewiesen worden ist. In diesem Umfang ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Melullis, Keukenschrijver, Mühlens, Meier-Beck, Asendorf
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.01.2002 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 2002, 648 |
DB 2002, 1710 |
NWB 2002, 2430 |
BGHR 2002, 309 |
BGHR |
BauR 2002, 787 |
NJW-RR 2002, 740 |
IBR 2002, 178 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 876 |
ZAP 2002, 489 |
MDR 2002, 687 |
ZfBR 2002, 465 |
NZBau 2002, 325 |