Leitsatz (amtlich)
Die vom Hersteller einer Ware im Rahmen einer Verkaufsförderaktion durch einen preisbezogenen Packungsaufdruck und entsprechende begleitende Werbemaßnahmen bewirkte faktische Festlegung der Wiederverkaufspreise des Handels verstößt dann nicht gegen das Preisbindungsverbot, wenn die Preisgestaltungsfreiheit der Händler nur für eine kurze Zeitspanne und praktisch nicht spürbar eingeschränkt wird (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 21.2.1978 – KZR 7/76, GRUR 1978, 445 – „4 zum Preis von 3”).
Normenkette
GWB § 14
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 21.12.2001) |
Tenor
Auf die Sprungrevision der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 21. Dezember 2001 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Schokoladenriegeln. Zum Sortiment der Beklagten gehört der Schokoladenriegel „Duplo”, der üblicherweise einzeln oder in einer 10-Stück-Packung (Normalpackung) vertrieben wird. Während einer begrenzten Zeit brachte die Beklagte in Deutschland Packungen mit 11 „Duplo”-Riegeln und dem Aufdruck „Aktionsbox … nur für kurze Zeit: 1 Riegel extra” auf den Markt. Parallel dazu ließ sie für ca. drei Wochen im Fernsehen Werbespots mit der Aussage „1 Riegel mehr drin … aber kostet nicht mehr” ausstrahlen.
Die Klägerin sieht darin eine unzulässige faktische Bindung des Preises zweiter Hand (§ 14 GWB), weil der Handel durch den Packungsaufdruck und die parallele Fernsehwerbung gezwungen werde, die Aktionspackung zum selben Preis abzugeben, zu dem jeweils die Normalpackung angeboten werde. Gäbe der Händler sie zu einem anderen – höheren – Preis ab, würde der Verbraucher durch den Packungsaufdruck, erst recht aber durch die Fernsehwerbung irregeführt.
Die Beklagte hält die beanstandete Aktion dagegen für rechtmäßig. Nach ihrer Auffassung fehlt es schon an einem Preisbezug des Packungsaufdrucks. Im übrigen stehe es den Händlern frei, sich an der zeitlich begrenzten Sonderaktion zu beteiligen oder diese Zeitspanne durch Bevorratung mit der Normalpackung zu überbrücken. Auch für die an der Sonderaktion teilnehmenden Händler gebe es weder einen vertraglichen Zwang im Hinblick auf die Preisgestaltung noch einen sonstigen Druck, der einem solchen Zwang gleichkomme.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, den Schokoladenriegel „Duplo” mit dem beanstandeten Packungsaufdruck anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder mit „1 Riegel mehr drin … aber kostet nicht mehr” zu vertreiben. Hiergegen richtet sich die mit Einwilligung der Klägerin eingelegte Sprungrevision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.
I.
Das Landgericht hält die mit der Klage angegriffenen Maßnahmen der Beklagten zur Absatzförderung sowohl in ihrer Kombination als auch jeweils für sich genommen wegen Verstoßes gegen § 1 UWG, § 14 GWB für unzulässig. Es hat dazu ausgeführt:
Sowohl der Packungsaufdruck der „Aktionsbox” als auch die begleitende Fernsehwerbung könnten vom Verbraucher nur als Hinweis auf einen Preisvorteil verstanden werden. Der Fernsehwerbespot stelle ausdrücklich einen Preisbezug her. Dasselbe gelte aber auch für die durch den Packungsaufdruck herausgestellte Vergrößerung des Inhalts der Werbepackung gegenüber der Normalpackung für die Dauer einer befristeten Werbeaktion. Die dadurch geweckte Verbrauchererwartung, die sich nur auf einen Preisvorteil der beworbenen Aktionspackung beziehen könne, werde durch den weiteren Hinweis bestätigt, daß für die Dauer der Werbeaktion ein Riegel „extra” – also ohne Mehrpreis gegenüber der normalen Packungsgröße – dazugegeben werde.
Durch diese preisbezogenen Angaben werde der Handel entgegen dem Verbot des § 14 GWB in der Freiheit der Preisbestimmung beeinträchtigt. Die Aktionspackungen, die der Händler im Rahmen des Erstvertrages von der Beklagten beziehe, könne er wegen des Packungsaufdrucks und der begleitenden Fernsehwerbung zur Vermeidung einer Irreführung nur zu einem Preis anbieten, der nicht über dem der Normalpackung liege. Der hier zu beurteilende Fall entspreche somit im wesentlichen demjenigen, den der Bundesgerichtshof unter dem Schlagwort „4 zum Preis von 3” (BGH, Urt. v. 21.2.1978 – KZR 7/76, WuW/E 1519 = GRUR 1978, 445) entschieden und als Verstoß gegen das Preisbindungsverbot gewertet habe. Eine vertragliche Bindung der Endverbraucherpreise durch den Hersteller sei dort ebensowenig gegeben gewesen wie im hier zu entscheidenden Fall. Da die Einflußnahme auf die Preisgestaltung des Handels von der Beklagten ausgehe, sei es ferner ohne Belang, ob der Handel auf dem Markt für Süßwaren eine stärkere Marktmacht besitze als der Hersteller. Es könne auch nicht darauf abgestellt werden, daß die Höchstpreisbindung den Verbrauchern zugute käme, da § 14 GWB schlechthin Maßnahmen verbiete, durch die das freie Spiel der Marktkräfte eingeengt werde.
II.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg. Das angefochtene Urteil entspricht zwar, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGH WuW/E 1519 = GRUR 1978, 445 – „4 zum Preis von 3”, m. abl. Anm. Canenbley). An dieser Rechtsprechung hält der Senat jedoch nach erneuter Überprüfung insoweit nicht fest, als Einschränkungen der Preisgestaltungsfreiheit, die von Verkaufsförderaktionen der Herstellerseite ausgehen, ohne Rücksicht auf ihre Dauer und die Spürbarkeit für den Handel als Verstöße gegen das Preisbindungsverbot angesehen worden sind.
1. Die mit der Klage beanstandete Verkaufsförderaktion der Beklagten tangiert allerdings entgegen der Auffassung der Revision den Verbotstatbestand des § 14 GWB.
a) Zu Recht sieht das Landgericht sowohl in dem Packungsaufdruck der „Aktionsbox” als auch in der begleitenden Werbeaussage jeweils für sich genommen – und erst recht in ihrer Kombination – Hinweise auf einen Preisvorteil, der darin besteht, daß die „Aktionsbox” trotz ihres um einen Schokoladenriegel (10 %) vergrößerten Inhalts zum Preis der Normalpackung erworben werden kann. Der Fernsehwerbespot „1 Riegel mehr drin … aber kostet nicht mehr” bringt diesen Preisvorteil unmittelbar zum Ausdruck. Preisbezogen ist aber auch der auf der „Aktionsbox” angebrachte Hinweis „1 Riegel extra”, denn der Begriff „extra” weckt, wie das Landgericht ohne Rechtsfehler annimmt, bei dem Verbraucher die Erwartung, der „extra”-Schokoladenriegel werde für die Dauer der befristeten Werbeaktion unentgeltlich dazugegeben, um den Kaufanreiz zu verstärken. Allein von diesem Preisvorteil – und nicht von der Vergrößerung des Packungsinhalts bei gleichzeitigem proportionalem Preisanstieg – kann ein verstärkter Kaufanreiz für den Verbraucher ausgehen, auf den die zur Absatzförderung durchgeführte Werbeaktion der Beklagten abzielte.
Der Annahme eines Preisbezugs beider Aussagen steht nicht entgegen, daß es nach den Feststellungen des Landgerichts einen bestimmten einheitlichen Abgabepreis des Handels für Duplo-Schokoladenriegel vor und während der Werbeaktion nicht gab, so daß mit den Aussagen über die Preisgleichheit der „Aktionsbox” und der Normalpackung keine unmittelbar bezifferte Preiserwartung der Verbraucher geweckt werden konnte. Denn § 14 GWB verbietet auch solche Vereinbarungen, durch die der Handel gehindert wird, beim Wiederverkauf einer Ware einen für eine bestimmte Packungsgröße individuell festgesetzten Verkaufspreis zu überschreiten (BGH WuW/E 1519, 1520 – „4 zum Preis von 3”).
b) Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Bindung eines Wiederverkäufers, eine Werbepackung mit einem gegenüber der Normalpackung vergrößerten Inhalt zum Preis der Normalpackung zu verkaufen, eine unter das Preisbindungsverbot des § 14 GWB (§ 15 GWB a.F.) fallende Beschränkung des Wiederverkäufers in seiner Preisgestaltung für den Wiederverkauf dar (BGH WuW/E 1519 – „4 zum Preis von 3”). Die Revision zieht dies nicht in Zweifel, hält die Rechtsprechung des erkennenden Senats jedoch deshalb nicht für einschlägig, weil § 14 GWB nur vertraglich vereinbarte Beschränkungen der Freiheit eines der Beteiligten bei der Gestaltung von Preisen oder Geschäftsbedingungen erfasse und eine solche vertragliche Beschränkung hier nicht gegeben sei. Dieser Einwand verhilft der Revision nicht zum Erfolg.
§ 14 GWB verbietet Vereinbarungen zwischen Unternehmen über Waren oder gewerbliche Leistungen, soweit sie einen Beteiligten in der Freiheit der Gestaltung von Preisen oder Geschäftsbedingungen bei solchen Vereinbarungen beschränken, die er mit Dritten über die gelieferten Waren, über andere Waren oder über gewerbliche Leistungen schließt. Der so umschriebene Verbotstatbestand ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats auch dann erfüllt, wenn der Partner des Erstvertrages bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Zweitverträgen zwar rechtlich frei ist, aber im übrigen vertraglichen Absprachen und Bindungen unterliegt, die den Gebrauch dieser Freiheit in einer Weise mit wirtschaftlichen Nachteilen verbinden, daß dies einer rechtlichen Bindung gleich erachtet werden muß (BGHZ 80, 43, 49 – Garant; BGH, Urt. v. 8.5.1990 – KZR 23/88, WuW/E 2647, 2649 – Nora-Kunden-Rückvergütung; Urt. v. 30.6.1987 – KZR 12/86, WuW/E 2411, 2413 – Personenbeförderung ab Stadtkreisgrenze; Urt. v. 6.10.1992 – KZR 21/91, WuW/E 2819, 2822 – Zinssubvention; BGHZ 140, 342, 347 – Preisbindung durch Franchisegeber). Hierher zählen zum einen wirtschaftlich nachteilige Auswirkungen auf den Erstvertrag (z. B. BGH WuW/E 2647, 2649 – Nora-Kunden-Rückvergütung: Verlust von Rabatten auf die Bezugspreise bei Nichteinhaltung der vom Hersteller empfohlenen Höchstpreise durch den Wiederverkäufer). Einen vom Partner des Erstvertrages erzeugten, im Ergebnis einer rechtlichen Preisbindung gleichkommenden Druck, fremdbestimmte Preise zu übernehmen, hat der erkennende Senat auch in dem Fall für gegeben erachtet, daß ein Franchisegeber, der seine Leistungen teils über eigene Niederlassungen, teils über ein Franchisesystem anbietet, durch eine undifferenzierte Preiswerbung bei Interessenten Preiserwartungen weckt, denen sich der Franchisenehmer nur unter Inkaufnahme erheblicher wirtschaftlicher Nachteile entziehen könnte (BGHZ 140, 342, 347 f. – Preisbindung durch Franchisegeber).
Eine wirtschaftliche Bindung in diesem Sinne kann auch dann gegeben sein, wenn Gegenstand des Erstvertrages die Belieferung eines Wiederverkäufers mit einer Ware ist, deren Wiederverkaufspreis vom Hersteller in einer Weise vorbestimmt ist, die den Wiederverkäufer faktisch dazu zwingt, auf den Gebrauch seiner – rechtlich unbeschränkten – Preisgestaltungsfreiheit zu verzichten und den vom Hersteller im voraus festgelegten Wiederverkaufspreis zu übernehmen (BGH WuW/E 1519, 1520 – „4 zum Preis von 3”).
Ein solcher Fall ist hier gegeben: Das befristete Angebot einer „Aktionsbox” mit einem gegenüber der Normalpackung größeren Inhalt zum Preis der Normalpackung sollte der Absatzsteigerung dienen. Zur Erreichung dieses Ziels war es erforderlich, die Verbraucher auf den Preisvorteil hinzuweisen, der sich daraus ergab, daß für das Mehr an Inhalt der Werbepackung nicht mehr als der Preis der Normalpackung zu zahlen war, und sicherzustellen, daß der Handel diesen Preisvorteil an die Verbraucher weitergab. Dazu bediente sich die Beklagte des Packungsaufdrucks „1 Riegel extra” und zusätzlich der begleitenden Fernsehwerbung mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß die „Aktionsbox” trotz vergrößerten Inhalts nicht mehr als die Normalpackung koste. Der hierdurch hervorgerufenen konkreten Verbrauchererwartung in bezug auf den Preis der Werbepackung konnte der Handel sich nicht entziehen. Soweit Einzelhändler den Vertrieb der Aktionsware übernehmen wollten, waren sie gezwungen, sich die auf den Packungen angebrachte Werbung und Preisgestaltung zu eigen zu machen. Sie mußten dementsprechend in der eigenen Preisgestaltung verfahren, also die vergrößerten Werbepackungen zum gleichen Preis wie die Normalpackungen an die Endverbraucher verkaufen, wenn sie sich nicht dem berechtigten Vorwurf der irreführenden Werbung (§ 3 UWG) aussetzen wollten. Die Teilnahme an der Werbeaktion und der Austauschvertrag über den Bezug der Werbepackungen hatte damit für die Wiederverkäufer dieselbe Wirkung wie eine ihnen vom Hersteller vertraglich auferlegte Verpflichtung, beim Verkauf der Werbepackungen den jeweiligen Preis der Normalpackung nicht zu überschreiten.
Ein solcher auf dem Erstvertrag gründender, durch eine vom Hersteller gezielt hervorgerufene Preiserwartung der Verbraucher bewirkter Eingriff in die durch § 14 GWB geschützte Preisgestaltungsfreiheit für Zweitverträge kann als wirtschaftliche Bindung ebenso wie eine direkte vertragliche Preisbindung durch den Erstvertrag den Verbotstatbestand des § 14 GWB erfüllen (ähnlich bereits BGHZ 28, 208, 216 ff., 219 für die Angabe von Händlerverkaufspreisen durch den Hersteller gegenüber dem Publikum; s. auch Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 14 Rdn. 15 ff., 17; Klosterfelde/Metzlaff in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 14 GWB Rdn. 42 ff., 51 f.). Eine derartige wirtschaftliche Bindung des Vertragspartners in bezug auf Zweitverträge unterscheidet sich grundlegend von dem Preisanpassungsdruck, dem sich die Teilnehmer am Wettbewerb durch die Preiswerbung konkurrierender Anbieter ausgesetzt sehen. Zwar kann auch und gerade die Preiswerbung eines Wettbewerbers den einzelnen Anbieter veranlassen, zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile in Gestalt von Absatzeinbußen die von dem Konkurrenten in der Werbung herausgestellten Preise zu übernehmen. Der von einer derartigen Werbung ausgehende Preisanpassungsdruck gehört indessen zum Wesen des Wettbewerbs und ist daher von den am Wettbewerb Beteiligten hinzunehmen (BGHZ 140, 342, 346 – Preisbindung durch Franchisegeber, m.w.N.). Um einen solchen, vom Preiskampf konkurrierender Anbieter ausgehenden Anpassungsdruck, der den Spielraum der Preisgestaltung wettbewerbskonform einschränkt, geht es hier indessen nicht. Die Beklagte tritt den Einzelhändlern nicht auf deren Absatzstufe als konkurrierende Anbieterin mit einem für die Endabnehmer günstigeren eigenen Abgabepreis gegenüber, sondern legt mit ihren Werbemaßnahmen durch gezielte Erweckung bestimmter Preiserwartungen bei den Verbrauchern faktisch die Wiederverkaufspreise ihrer Abnehmer für die Aktionsware fest. Eine derartige Fremdbestimmung von Wiederverkaufspreisen durch den Partner des Erstvertrages widerspricht grundsätzlich dem Wesen des Wettbewerbs, weil sie die unternehmerische Preisgestaltungsfreiheit einschränkt, die eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb bildet (BGHZ 140, 342, 351 – Preisbindung durch Franchisegeber).
2. Die von der Klägerin beanstandete Verkaufsförderaktion der Beklagten erfüllt aber deswegen nicht den Verbotstatbestand des § 14 GWB, weil sie sich auf die Preisgestaltungsfreiheit der Einzelhändler nur für eine kurze Zeitspanne und praktisch nicht spürbar auswirkte. Damit fehlt es an einer wirtschaftlichen Bindung im Sinne eines faktischen Zwangs, zur Vermeidung wirtschaftlich nachteiliger Folgen auf den Gebrauch der Preisgestaltungsfreiheit zu verzichten.
Nach den Feststellungen des Landgerichts beschränkte sich die Verkaufsförderaktion der Beklagten auf einen Zeitraum von sechs Wochen. Der auf diese kurze Zeitspanne begrenzte Eingriff in die Preisgestaltungsfreiheit wirkte sich für den einzelnen Händler nur dahin aus, daß es ihm für die Dauer der Aktion faktisch verwehrt war, die „Aktionsbox” zu einem höheren Preis als dem der Normalpackung anzubieten und dadurch den auf den vergrößerten Packungsinhalt zurückgehenden Preiserhöhungsspielraum für die Packung mit elf Riegeln Inhalt zu nutzen. Wirtschaftliche Nachteile waren damit für den Handel nicht verbunden. Denn während des Aktionszeitraums konnten die inhaltlich vergrößerten Werbepackungen zum Preis der Normalpackung von der Beklagten bezogen werden. Durch den Verkauf der Aktionsware zum Preis der Normalpackung erwirtschaftete der jeweilige Einzelhändler mithin die gleiche Gewinnspanne pro Packung, die er zuvor in seine individuelle Preiskalkulation für die Normalpackung eingerechnet hatte. Da Preisanreize für den Verbraucher, die durch Werbung im Rahmen einer zeitlich begrenzten Verkaufsförderaktion herausgestellt werden, erfahrungsgemäß zu einer zumindest vorübergehenden Absatzsteigerung führen, ist zudem davon auszugehen, daß der Handel jedenfalls während des Aktionszeitraums beim Verkauf von „Duplo”-Schokoladenriegeln von einer Umsatz- und Ertragssteigerung profitierte. Der Verzicht auf einen Preisaufschlag für die „Aktionsbox” im Verhältnis zur Normalpackung fällt dem gegenüber wirtschaftlich auch deswegen nicht ins Gewicht, weil eine solche Preisdifferenz den besonderen Kaufanreiz für die Verbraucher geschmälert oder gar beseitigt hätte und damit der angestrebte Effekt einer Absatzsteigerung – auch zum Nachteil des Händlers – verfehlt worden wäre.
In Anbetracht dessen verstößt die mit der Klage beanstandete Verkaufsförderaktion mangels spürbarer Beeinträchtigung der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit der Vertragspartner der Beklagten, deren Schutz das Preisbindungsverbot in erster Linie bezweckt (BGHZ 80, 43, 45 – Garant; 140, 342, 350 – Preisbindung durch Franchisegeber; 147, 81, 86 – Kabel-Hausverteilanlagen), nicht gegen § 14 GWB. Die dem Preisbindungsverbot zugrundeliegende Erwägung, daß zu einer erfolgreichen Teilnahme am Wettbewerb der Träger des geschäftlichen Risikos die Freiheit besitzen muß, die Konditionen für die Abgabe von Waren und Leistungen eigenverantwortlich und an dem Bedarf des eigenen Unternehmens orientiert festzulegen (BGHZ 140, 342, 351 – Preisbindung durch Franchisegeber; 147, 81, 88 – Kabel-Hausverteilanlagen), erfordert die Anwendung des Preisbindungsverbots auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht. Ein gesteigertes wirtschaftliches Risiko war für die Einzelhändler, wie dargelegt, mit der Teilnahme an der Verkaufsförderaktion nicht verbunden. Zur Abdeckung des allgemeinen unternehmerischen Risikos der Einzelhändler trugen die Erträge aus dem Verkauf der Aktionspackungen im gleichen Umfang bei wie vor und nach der Werbeaktion der Absatz der Normalpackungen. Soweit die faktische Festlegung des Endverkaufspreises der Aktionsware durch die Beklagte einzelne Händler daran gehindert haben sollte, einen wegen schlechter Ertragslage allgemein vorhandenen Preiserhöhungsbedarf zu befriedigen, steht dem der Vorteil einer Absatz- und Ertragssteigerung gegenüber, die ohne den Verzicht auf einen Preisaufschlag für die Aktionsware nicht zu erreichen gewesen wäre.
Da unter den hier gegebenen Umständen mithin ein über dem Preis der Normalpackung liegender Abgabepreis für die „Aktionsbox” aus der Sicht eines vernünftigen Kaufmanns ohnehin nicht in Betracht kam, fehlt es an einer spürbaren Einschränkung der Preisgestaltungsfreiheit und damit an einer gegen § 14 GWB verstoßenden wirtschaftlichen Bindung der von der Beklagten belieferten Einzelhändler (ähnlich bereits Canenbley aaO). Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung faktische Einschränkungen der Preisgestaltungsfreiheit für Zweitverträge ohne Rücksicht auf deren Spürbarkeit dem Preisbindungsverbot unterworfen hat (BGH WuW/E 1519 – „4 zum Preis von 3”), hält er daran aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht fest.
Unterschriften
Hirsch, Goette, Ball, Bornkamm, Meier-Beck
Fundstellen
Haufe-Index 1115556 |
DB 2003, 2776 |
NJW 2003, 2682 |
BGHR 2003, 817 |
BGHR |
EBE/BGH 2003, 188 |
EWiR 2003, 1089 |
GRUR 2003, 637 |
JR 2004, 195 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2004, 169 |
WRP 2003, 899 |
ZLR 2003, 464 |
GuT 2003, 112 |
RdW 2003, 335 |
LMK 2003, 131 |
WuW 2003, 771 |