Leitsatz (amtlich)
Bestand zwischen Treuhandunternehmen eine Zuordnungslage, so kann später das eine Treuhandunternehmen nicht von dem anderen nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz die Bestellung einer Dienstbarkeit zur Sicherung einer Zufahrtsstraße verlangen.
Normenkette
SachenRBerG § 1 Abs. 1-2, § 116
Verfahrensgang
OLG Dresden (Urteil vom 16.05.2002) |
LG Dresden |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. Mai 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger beansprucht als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Fa. S. GmbH (im folgenden Schuldnerin) von der Beklagten die Bestellung einer Grunddienstbarkeit. Mit der Grunddienstbarkeit soll der Zugang zum Betriebsgrundstück der Schuldnerin über eine Werkstraße von etwa 160 m Länge gesichert werden, die auf dem Grundstück der Beklagten verläuft. Einen anderen Zugang hat das Grundstück der Schuldnerin nicht.
Der Kläger trägt vor, das Grundstück der Schuldnerin sei nur über die Werkstraße zu erreichen. Der Nutzung zur Erschließung des Grundstücks habe der Rechtsvorgänger der Beklagten zugestimmt. Deshalb stehe der Beklagten ein Entgelt für die Bestellung der Dienstbarkeit nicht zu. Hilfsweise beansprucht der Kläger die Bestellung der Dienstbarkeit gegen ein angemessenes Entgelt.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hängt der Anspruch der Schuldnerin nicht davon ab, daß die Werkstraße als bauliche Anlage von jemand anderem als dem Rechtsvorgänger der Beklagten errichtet worden ist. Es komme allein darauf an, ob die Straße zur Erschließung des Grundstücks der Schuldnerin erforderlich sei. Der Anspruch scheitere aber daran, daß die Schuldnerin nicht dargelegt habe, daß die Werkstraße mit Billigung staatlicher Stellen angelegt worden sei. Die Billigung staatlicher Stellen stelle ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dar, das nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Januar 1999 (1 BvR 645/96, VIZ 1999, 333) in verfassungskonformer Auslegung des § 116 SachenRBerG zu fordern sei.
II.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung im Ergebnis stand. Der Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit gegen die Beklagte scheitert allerdings schon daran, daß § 116 SachenRBerG im Verhältnis von Treuhandunternehmen zueinander nicht anwendbar ist.
1. Die Klägerin ist im Wege der Aufspaltung aus dem früheren VEB V. Dresden hervorgegangen und auf Grund dessen Eigentümerin des begünstigten Grundstücks geworden. Die Beklagte hat das Grundstück, an welchem der Kläger die Bestellung einer Dienstbarkeit verlangt, von einem aus einem früheren VEB hervorgegangen Treuhandunternehmen oder von der Treuhandanstalt selbst erworben. Dies ist im Berufungsurteil nicht eigens angesprochen, trotzdem aber in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen. Die Parteien haben nämlich ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 2. Mai 2002 übereinstimmend entsprechenden Vortrag erbracht (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
2. Die Regelung von Bereinigungsbedürfnissen im Verhältnis von Treuhandunternehmen untereinander ist nicht Gegenstand des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes.
a) Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz hat nicht das Ziel, die dinglichen Rechtsverhältnisse an Grund und Boden im Beitrittsgebiet in jedem Fall der Bebauung fremder Grundstücke unter den in § 1 Abs. 1 bestimmten Voraussetzungen zu bereinigen. Es sieht eine Bereinigung vielmehr zum einen vor, wenn entweder in Privateigentum stehende Grundstücke durch natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts, durch ehemals volkseigene Betriebe und Kombinate oder auch, sofern nicht das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2716) vorgeht, durch staatliche Stellen mit Bauwerken oder Erschließungsanlagen bebaut worden sind. Eine Bereinigung sieht das Gesetz zum anderen auch vor, wenn an ehemals volkseigenen Grundstücken dingliche Nutzungsrechte verliehen oder auf solchen Grundstücken durch natürliche Personen oder durch juristische Personen des Privatrechts Bauwerke oder Erschließungsanlagen auf vertraglicher Grundlage oder auf Grund tatsächlicher Nutzung errichtet worden sind. Demgegenüber ist eine Bereinigung nicht vorgesehen, wenn ehemals volkseigene Grundstücke durch staatliche Stellen, Wohnungsgenossenschaften und vor allem durch ehemals volkseigene Betriebe und Kombinate genutzt und bebaut worden sind. Hierbei kann offen bleiben, ob in solchen Fällen die in § 1 Abs. 1 SachenRBerG bestimmten Bereinigungsfälle bereits tatbestandlich ausscheiden, weil die Bebauung ehemals volkseigener Grundstücke durch volkseigene Betriebe und Kombinate keine „Fremd”-Bebauung ist, oder ob sich die Unanwendbarkeit des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes aus dem ausdrücklichen Vorbehalt für das Zuordnungsrecht in § 1 Abs. 2 SachenRBerG ergibt. Bei dem einen wie dem anderen Begründungsansatz richtet sich die Bereinigung der Rechtsverhältnisse nach Art. 21 und 22, 25 bis 27 des Einigungsvertrags und den ergänzenden Bestimmungen des Zuordnungsrechts, in Ansehung der Treuhandunternehmen insbesondere nach § 11 TreuhG und §§ 2 und 3 5. DVO z. TreuhG und §§ 2 und 4 VZOG.
b) Die Schuldnerin hat hier allerdings im Zuordnungsweg weder Eigentum an der Straßenfläche noch ein beschränktes dingliches Recht erhalten. Das ist aber unerheblich. Denn der Vorrang des Zuordnungsrechts gilt im Verhältnis von Zuordnungsbeteiligten, insbesondere von Treuhandunternehmen, unabhängig davon, ob der Zuordnungsbeteiligte, der das Bauwerk errichtet oder genutzt hat, bei der Anwendung des Zuordnungsrechts im konkreten Fall Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht an einem ehemals volkseigenen Grundstück zugeordnet erhält oder nach diesen Vorschriften beanspruchen kann. Auch wenn die Zuordnungsvorschriften im Einzelfall ein Treuhandunternehmen nicht mit Eigentum oder einem beschränkten Recht an einem ehemals volkseigenen Grundstück ausstatten, so ist das Grundstück gleichwohl im Sinne von § 1 Abs. 2 SachenRBerG Gegenstand der Zuordnung, nämlich der Zuordnung an ein anderes Treuhandunternehmen (eine Wohnungsgenossenschaft oder auch eine staatliche Stelle). Dies entspricht dem Sinn und Zweck dieser Regelungen. Das Zuordnungsrecht gestaltet die dinglichen Rechtsverhältnisse an ehemals volkseigenen Grundstücken nach anderen Kriterien um als das Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Dies geht auf die besondere Zielsetzung des Zuordnungsrechts zurück. Das Zuordnungsrecht hat die Aufgabe, die staatlichen Zwecken dienenden Grundstücke von den unternehmerischen Zwecken dienenden Grundstücken zu trennen. Die unternehmerischen Zwecken dienenden Grundstücke wurden den Kapitalgesellschaften, die aus den ehemals volkseigenen Betrieben und Kombinaten im Wege einer Umwandlung kraft Gesetzes hervorgegangen sind, zugeordnet, um diese mit Betriebsvermögen auszustatten. Dazu wurde auf den Bestand der ehemals volkseigenen Unternehmen an sog. Grundmitteln, also auf die Rechtsträgerschaft und die Fondsinhaberschaft, abgestellt (§ 11 Abs. 2 TreuhG). Hiervon macht § 2 5. DVO z. TreuhG eine Ausnahme. Betriebe, die, wie die Schuldnerin, nicht Rechtsträger oder Fondsinhaber waren, sollten Eigentum an Flächen erhalten, die sie ganz oder zum Teil überwiegend nutzten. Voraussetzung war aber, daß die Nutzung eines betriebsnotwendigen Grundstücks auf Grund Nutzungsvertrags erfolgt war und daß der hieraus folgende Eigentumserwerb bis zum Ablauf des 31. Dezember 1990 dem betroffenen Treuhandunternehmen anzeigt wurde. Diese besonderen Voraussetzungen könnten unterlaufen werden, wenn neben dem Zuordnungsrecht das Sachenrechtsbereinigungsgesetz Anwendung fände.
Damit kommt es auf alles Weitere nicht an.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Tropf, Klein, Lemke, Gaier, Schmidt-Räntsch
Fundstellen
Haufe-Index 906629 |
BGHR 2003, 477 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 2003, 343 |
WM 2003, 1671 |
ZfIR 2003, 287 |
MDR 2003, 563 |
NJ 2003, 476 |