Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit eines Bauträgervertrags wegen fehlender Beurkundung der Baubeschreibung
Leitsatz (amtlich)
a) Eine Baubeschreibung, die Vertragsinhalt ist, muss beurkundet werden. Die Beurkundungsverpflichtung besteht unabhängig davon, ob und inwieweit der Bauträger die geschuldete Werkleistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tatsächlich ausgeführt hat.
b) Ist ein Bauträgervertrag nichtig, kann der Erwerber gegen die das Bauvorhaben des Bauträgers finanzierende Bank einen Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung des Betrags haben, den er an die Bank gezahlt hat, um entsprechend deren Freistellungserklärung lastenfreies Eigentum zu erwerben.
Normenkette
BGB § 313 S. 1 a.F., § 812 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Streithelfers des Klägers werden das Urteil des 23. Zivilsenats des OLG Frankfurt v. 4.2.2004 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Limburg an der Lahn v. 12.2.2003 zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die beklagte Bank finanzierte die S. GmbH, einen Bauträger. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung des Betrags, den er an die Beklagte für den Erwerb einer Eigentumswohnung gezahlt hat.
Der Kläger und die S. GmbH schlossen einen Vertrag über den Erwerb einer zu errichtenden Eigentumswohnung zum Preis von 210.000 DM. Das Baugrundstück war mit einer Grundschuld zu Gunsten der Beklagten belastet. Die Fälligkeit des Erwerbspreises sollte u.a. voraussetzen, dass eine Freistellungserklärung der Beklagten vorliegt, die den Bestimmungen der MaBV entspricht. Der Erwerbspreis sollte in Raten nach Baufortschritt auf das Konto zu zahlen sein, das die Beklagte in der Freistellungserklärung benennen würde. Die Baubeschreibung, die zum Vertragsinhalt gehören sollte, wurde nicht beurkundet und wurde der Vertragsurkunde auch nicht beigefügt.
Die S. GmbH trat ihre Ansprüche gegen den Kläger an die Beklagte ab. Zugleich verpflichtete sich die Beklagte in einer "Freistellungserklärung" ggü. der S. GmbH, auf die Grundpfandrechte, die auf dem vom Kläger erworbenen Grundstücksteil lasten, zu verzichten, wenn u.a. der dem erreichten Bautenstand entsprechende Teil der Vertragssumme auf ein bei ihr geführtes Konto gezahlt worden sei. Diese Verpflichtung sollte in dem Fall, dass das Bauvorhaben nicht vollendet werde, entfallen, wenn die Beklagte die erhaltenen Beträge zurückzahlen und der Erwerber hierfür die zu seinen Gunsten eingetragene Auflassungsvormerkung im Grundbuch löschen lassen bzw. das ihm bereits übertragene Eigentum lastenfrei zurückübertragen würde.
Der Kläger zahlte an die Beklagte 202.650 DM (= 103.613,30 EUR). Den Betrag der Differenz zu dem vereinbarten Erwerbspreis behielt er wegen Mängeln ein.
Die S. GmbH führte das Bauvorhaben nicht zu Ende. Sie ist zahlungsunfähig. Die Beklagte betrieb aus der für sie eingetragenen Grundschuld die Zwangsversteigerung und erwarb die Eigentumswohnung.
Der Kläger hat, soweit dies Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, von der Beklagten die Rückzahlung des gezahlten Betrages zzgl. Zinsen ab Rechtshängigkeit verlangt Zug-um-Zug u.a. gegen Abtretung der Ansprüche, die ihm gegen die S. GmbH und den Notar, der den Vertrag zwischen dem Kläger und der S. GmbH beurkundet hat, zustehen. Das LG hat der Klage insoweit stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der beurkundende Notar als Streithelfer des Klägers die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung des Urteils des LG.
Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Bauträgervertrag sei nichtig, weil die Baubeschreibung nicht beurkundet worden sei. Ansprüche des Klägers aus der Freistellungserklärung bestünden nicht, weil diese Ansprüche einen Eigentumsverschaffungsanspruch gegen die Bauträgerin voraussetzten. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung; der Bereicherungsausgleich müsse zwischen Erwerber und Bauträger erfolgen.
II.
Das hält einer rechtlichen Überprüfung teilweise nicht stand.
1. Aus der Freistellungserklärung ergibt sich keine Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung an den Kläger. Da ein Auflassungsanspruch des Klägers wegen Nichtigkeit des Bauträgervertrages nicht bestand (dazu unten 2. a), war die Freistellungsverpflichtung gegenstandslos (BGH, Urt. v. 5.4.2001 - VII ZR 498/99, MDR 2001, 932 = BGHReport 2001, 489 = BauR 2001, 1097 [1098] = ZfBR 2001, 404 = NZBau 2001, 388).
In der Freistellungserklärung hat sich die Beklagte lediglich verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen auf das Grundpfandrecht zu verzichten, das für sie eingetragen war. Diese Verpflichtung sollte entfallen, wenn die Bank die erhaltenen Beträge zurückzahlt. Dies ist keine Verpflichtung der Beklagten, gem. § 262 BGB nach ihrer Wahl entweder auf das Grundpfandrecht zu verzichten oder den erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Die Freistellungserklärung der Beklagten weicht von derjenigen ab, die Gegenstand des Urteils des Senats v. 30.9.2004 (BGH, Urt. v. 30.9.2004 - VII ZR 458/02, BGHReport 2005, 85 = MDR 2005, 267 = BauR 2005, 91 = NZBau 2005, 38) war.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 202.650 DM (= 103.613,30 EUR) aus § 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1 BGB.
a) Der Kläger hat den Erwerbspreis ohne Rechtsgrund gezahlt.
Der Bauträgervertrag, zu dessen Erfüllung der Kläger die Zahlung geleistet hat, ist gem. § 125 S. 1 BGB nichtig. Der Vertrag sah die Übertragung eines Grundstücksrechts vor. Er bedurfte daher gem. § 313 S. 1 BGB der notariellen Beurkundung. Dies schließt alle Abreden ein, die Gegenstand der vertraglichen Pflichten der Parteien werden sollen. Eine Baubeschreibung, die Vertragsinhalt ist, muss beurkundet werden (st.Rspr. vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1977 - V ZR 90/75, BGHZ 69, 266; Urt. v. 6.4.1979 - V ZR 72/74, BGHZ 74, 346). Die Beurkundungsverpflichtung besteht unabhängig davon, ob und inwieweit der Bauträger die geschuldete Werkleistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tatsächlich ausgeführt hat (BGH, Urt. v. 16.12.2004 - VII ZR 257/03).
b) Der Kondiktionsanspruch des Klägers richtet sich gegen die Beklagte.
aa) Leistung i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens (BGH, Urt. v. 2.11.1988 - IVb ZR 102/87, BGHZ 105, 365 = MDR 1989, 239). Leistungsempfänger ist derjenige, dessen Vermögen der Leistende durch die Zahlung vermehren will. Der Zweck der Leistung ist nach objektiven Kriterien aus der Sicht des Zahlungsempfängers zu beurteilen (BGH, Urt. v. 2.11.1988 - IVb ZR 102/87, BGHZ 105, 365 = MDR 1989, 239). Der Zuwendende leistet an den Zahlungsempfänger, wenn er aus der Sicht des Zahlungsempfängers diesem gegenüber einen eigenen Leistungszweck verfolgt und nicht die Schuld eines Dritten erfüllt (BGH, Urt. v. 21.10.2004 - III ZR 38/04, BGHReport 2005, 180 = NJW 2005, 60). Es ist nicht entscheidend, wer Gläubiger der Forderung ist, auf die eine Zuwendung erfolgt.
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Zahlung des Klägers eine Leistung auch an die Beklagte. Durch die Freistellungserklärung der Beklagten sollte der Anspruch des Klägers begründet werden, unter den in der Erklärung genannten Voraussetzungen die Lastenfreistellung zu verlangen. Zweck der Zahlung des Klägers war es demgemäß, lastenfreies Eigentum an der von der S. GmbH zu errichtenden Eigentumswohnung zu erwerben. Dieser Zweck war der Beklagten bekannt und der Kläger konnte ihn nach der von der Beklagten erteilten Freistellungserklärung nur erreichen, indem er den Erwerbspreis an die Beklagte zahlte. Der Kläger verfolgte daher mit der Zahlung ggü. der Beklagten einen eigenen Leistungszweck. Die Beklagte konnte die Zahlung des Klägers nicht nur als Leistung der S. GmbH, sondern musste sie auch als Leistung des Klägers an sie verstehen.
c) Dieses Ergebnis entspricht der in dem Bauträgervertrag und der Freistellungsverpflichtung der Bank vorgenommenen Risikoverteilung. Durch die Freistellungserklärung der Bank soll der Erwerber vor dem Risiko geschützt werden, das ihm dadurch entsteht, dass er den Erwerbspreis bereits zu einem Zeitpunkt zahlen muss, in dem er noch nicht Eigentümer der Eigentumswohnung ist und darüber hinaus sein Vertragspartner nicht eigenständig in der Lage ist, ihm lastenfreies Eigentum zu verschaffen. Durch die Freistellungserklärung soll dem Erwerber die Möglichkeit eröffnet werden, auch dann entweder lastenfreies Eigentum zu erwerben oder die von ihm geleisteten Zahlungen zurückzuerhalten, wenn der Bauträger insolvent und das Bauvorhaben daher nicht oder nicht vollständig durchgeführt wird.
Für den Fall der Insolvenz des Bauträgers ist die globalfinanzierende Bank durch die Grundschuld gesichert. Der Wert dieser Sicherheit steigt mit dem Baufortschritt.
Fundstellen
Haufe-Index 1331374 |
BGHZ 2005, 157 |
NJW 2005, 1356 |
BGHR 2005, 769 |
BauR 2005, 866 |
DWW 2005, 109 |
DWW 2005, 244 |
EBE/BGH 2005, 98 |
DNotI-Report 2005, 62 |
IBR 2005, 207 |
IBR 2005, 208 |
WM 2005, 592 |
WuB 2005, 463 |
ZAP 2005, 597 |
ZfIR 2005, 313 |
DNotZ 2005, 467 |
JuS 2005, 648 |
MDR 2005, 802 |
VuR 2005, 237 |
ZfBR 2005, 370 |
BTR 2005, 126 |
BauSV 2005, 59 |
BrBp 2005, 335 |
NJW-Spezial 2005, 262 |
NZBau 2005, 278 |
NotBZ 2005, 144 |
ZBB 2005, 193 |
ZNotP 2005, 224 |
BauRB 2005, 160 |
IWR 2005, 76 |
JbBauR 2006, 360 |