Leitsatz (amtlich)
Die in einer Rechtsschutzversicherung enthaltene Ausschlussklausel für "Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung" erfasst auch die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch gem. § 5a VVG a.F.
Normenkette
ARB § 3 Abs. 2 lit. g
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 31.01.2018; Aktenzeichen 2 S 1925/17) |
AG Hersbruck (Urteil vom 27.02.2017; Aktenzeichen 5 C 1009/16) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des LG Nürnberg-Fürth - 2. Zivilkammer - vom 31.1.2018 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Hersbruck vom 27.2.2017 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger nimmt seinen beklagten Rechtsschutzversicherer auf Gewährung von Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit seinem Lebensversicherer um die Rückzahlung von Versicherungsprämien in Anspruch.
Rz. 2
Er unterhält bei der Beklagten seit dem 15.1.2016 eine Rechtsschutzversicherung, der Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung - gültig ab 1.10.2015 - (im Folgenden nur: ARB) zugrunde liegen. Darin heißt es u.a.:
"§ 2 - Für welche Rechtsangelegenheiten gibt es Rechtsschutz? Je nach Vereinbarung ... umfasst der Versicherungsschutz folgende Leistungsarten: ... d) Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht um Ihre rechtlichen Interessen wahrzunehmen, aus privatrechtlichen Schuldverhältnissen und dinglichen Rechten. ... § 3 - Welche Rechtsangelegenheiten umfasst der Rechtsschutz nicht? In folgenden Fällen haben Sie keinen Versicherungsschutz: ... (2) ... g) Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung; ... § 4 - Wann entsteht der Anspruch auf eine Rechtsschutzleistung? (1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls, der nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Ende eingetreten ist. Der Rechtsschutzfall tritt ein: a) im Schadenersatz-Rechtsschutz gemäß § 2a) ... b) im Beratungs-Rechtsschutz für Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht gemäß § 2k) ... c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem Sie oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll; ... ... (4) Es besteht kein Rechtsschutz, wenn a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Absatz 1c) ausgelöst hat; ... ..."
Rz. 3
Der Kläger hatte mit Versicherungsbeginn 1.12.2004 eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen, für die er nachfolgend Prämienzahlungen i.H.v. 9.550,50 EUR leistete, ehe er mit anwaltlichem Schreiben vom 16.2.2016 den Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. erklärte und von seinem Lebensversicherer die Erstattung der eingezahlten Prämien nebst Nutzungen begehrte. Mit Schreiben vom 3.3.2016 wies der Lebensversicherer den Widerspruch und das Zahlungsbegehren zurück.
Rz. 4
Der Kläger bat daraufhin die Beklagte um Deckungsschutz für die erstinstanzliche Geltendmachung des Anspruchs und die vorgerichtliche Auseinandersetzung.
Rz. 5
Die Beklagte lehnte die erbetene Kostenzusage ab. Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Kapitalanlagegeschäften aller Art sei vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Zudem sei der in der Verweigerung der Rückabwicklung der fondsgebundenen Lebensversicherung liegende Verstoß bereits durch die im Jahr 2004 und damit vor Beginn der Rechtsschutzversicherung erteilte Widerspruchsbelehrung "ausgelöst" worden.
Rz. 6
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet sei und ihn ferner von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen freizustellen habe.
Rz. 7
Das AG hat die Klage abgewiesen, das LG hat ihr mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Nebenforderungen stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rz. 8 m.w.N.).
Rz. 9
Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Rz. 10
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in r+s 2018, 248 veröffentlicht ist, hat der Kläger im versicherten Vertragsrechtsschutz Anspruch auf Versicherungsschutz. Der Rechtsschutzfall liege in versicherter Zeit. Er sei in der Weigerung des Lebensversicherers zu sehen, das Widerspruchsrecht des Klägers anzuerkennen und ihm den geforderten Betrag zurückzuzahlen.
Rz. 11
Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Lebensversicherungsvertrag unterliege hierbei nicht dem Ausschluss des § 3 Abs. 2 lit. g) ARB. Nach der gebotenen engen Auslegung dieses Ausschlusses sei der Versicherungsvertrag - möge er auch bedeutende Züge einer Kapitalanlage tragen - kein Kapitalanlagegeschäft im Sinne der Klausel. Eine fondsgebundene Lebensversicherung erfülle zwar bei wirtschaftlicher Betrachtung die Kriterien einer Kapitalanlage. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nehme einen Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung aber nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - als Kapitalanlage, sondern wesentlich - jedenfalls auch - als Versicherungsvertrag wahr. Dass ein "Mitwirken" eines Kapitalanlagegeschäfts - also eine Mischform - ausreichen solle, werde für den Versicherungsnehmer nicht deutlich.
Rz. 12
An diesem Ergebnis ändere auch der Zusatz "aller Art" nichts. Diesen werde ein verständiger Versicherungsnehmer so interpretieren, dass zunächst überhaupt ein Kapitalanlagegeschäft im Sinne der Ausschlussklausel anzunehmen sein müsse und erst dann in einem zweiten Schritt klargestellt werde, dass es für den Ausschluss nicht darauf ankomme, welcher "Art" das Kapitalanlagegeschäft sei. Mit der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel sei ein Verständnis dahingehend, dass schon der Begriff des Kapitalanlagegeschäfts Geschäfte "aller Art" umfassen solle, also solche, die "irgendwie" Kapital zum Gegenstand hätten, nicht zu vereinbaren. Auch einen in der Rechtssprache umfassenden, in seinen Konturen eindeutigen Begriff des "Kapitalanlagegeschäfts", gebe es nicht.
Rz. 13
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 14
1. Allerdings ist der Rechtsschutzfall - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - erst in versicherter Zeit durch die Weigerung des Lebensversicherers eingetreten, das Widerspruchsrecht des Klägers anzuerkennen und ihm die verlangten Prämien nebst gezogener Nutzungen zu erstatten (vgl. BGH, Urt. v. 24.4.2013 - IV ZR 23/12, r+s 2013, 283 Rz. 12 ff.). Der Deckungsanspruch des Klägers scheitert entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daran, dass bereits die in vorvertraglicher Zeit im Jahr 2004 erteilte Widerspruchsbelehrung des Lebensversicherers den ihm angelasteten Verstoß "ausgelöst" habe und deshalb nach § 4 Abs. 4 lit. a) ARB kein Versicherungsschutz bestehe. Denn die Beklagte kann sich auf die sog. Vorerstreckungsklausel in § 4 Abs. 4 lit. a) ARB nicht berufen, weil diese Klausel intransparent und mithin nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, wie der Senat mit seinem nach Erlass der Berufungsentscheidung ergangenen Urteil vom 4.7.2018 (IV ZR 200/16, r+s 2018, 425 Rz. 23 ff.), dem eine wortgleiche Klausel zugrunde lag, entschieden und im Einzelnen begründet hat.
Rz. 15
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das angefochtene Urteil sei in dem letztgenannten Punkt nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO). Zwar hat sich das Berufungsgericht mit dem Einwand der Beklagten nicht auseinandergesetzt. Dennoch greift die Rüge nicht durch. Nach der Rechtsprechung des BGH ist § 547 Nr. 6 ZPO aus prozesswirtschaftlichen Gründen nicht heranzuziehen, wenn - wie hier - das nicht erörterte Verteidigungsmittel zur Abwehr der Klage ungeeignet ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.9.2011 - XII ZR 173/09, NJW 2012, 1356 Rz. 27; zu § 551 Nr. 7 ZPO a.F.; v. 18.1.1990 - III ZR 269/88, NJW 1990, 2199 unter VII 1 [juris Rz. 39], insoweit in BGHZ 110, 104 nicht abgedruckt; v. 24.4.1989 - II ZR 208/88, VersR 1989, 761 unter 2 [juris Rz. 9]; v. 26.1.1983 - IVb ZR 351/81, NJW 1983, 2318 unter A I 7 [juris Rz. 18]; BGH, Beschl. v. 21.12.1962 - I ZB 27/62, BGHZ 39, 333, 338 f.). Mangels Entscheidungserheblichkeit greift auch die Rüge der Revision aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht durch.
Rz. 16
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers auf Deckungsschutz aber nach § 3 Abs. 2 lit. g) ARB ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.
Rz. 17
a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2018 - IV ZR 23/17, r+s 2018, 373 Rz. 16; v. 12.7.2017 - IV ZR 151/15, r+s 2017, 478 Rz. 26; v. 20.7.2016 - IV ZR 245/15, r+s 2016, 462 Rz. 22; v. 6.7.2016 - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rz. 17; v. 23.6.1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 [juris Rz. 14]; st.Rspr.).
Rz. 18
Dieser Grundsatz erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (BGH, Urt. v. 14.6.2017 - IV ZR 161/16, r+s 2017, 421 Rz. 16; v. 20.7.2016 - IV ZR 245/15, a.a.O.; jeweils m.w.N.).
Rz. 19
b) Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ist der Begriff "Kapitalanlagegeschäft" kein fest umrissener Begriff der Rechtssprache in diesem Sinn. Er verweist zwar auf rechtliche Kategorien; die Rechtssprache verbindet mit ihm aber keinen fest umrissenen, begrifflich festgelegten Inhalt (so auch Buschbell in ders./Hering, Handbuch Rechtsschutzversicherung 6. Aufl., § 7 Rz. 103; Lensing in Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 4. Aufl., § 27 Rz. 415; jeweils zum Begriff "Kapitalanlage").
Rz. 20
Eine abschließende, gewissermaßen allgemeingültige Bestimmung dessen, was ein "Kapitalanlagegeschäft" ausmacht, gibt es nicht. Schon der ihm innewohnende Begriff der "Kapitalanlage" ist in seinen rechtlichen Konturen nicht eindeutig festgelegt. Zwar verwenden ihn verschiedene gesetzliche Vorschriften allein oder als Bestandteil eines anderen Begriffs ("Kapitalanlagegesellschaft", "Kapitalanlagebetrug"), wie etwa § 341d HGB, § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG, § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 KStG, das Kapitalanlagegesetzbuch in seinem Titel, § 54b Abs. 1 Nr. 1 VAG in der bis zum 21.7.2013 geltenden Fassung und § 264a StGB in der amtlichen Überschrift. Er wird aber je nach dem besonderen Regelungsgegenstand des Gesetzes unterschiedlich verstanden. Weder existiert eine einheitliche gesetzliche Definition des Begriffs noch hat sich ein für alle Rechtsgebiete gleichermaßen geltendes Begriffsverständnis herausgebildet. Der Begriff ist damit im Bereich der Rechtssprache nicht genügend fest umrissen (a.A. OLG Düsseldorf r+s 2015, 18, 20 [juris Rz. 35]).
Rz. 21
c) Demgemäß kommt es für die Auslegung der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel auf die Verständnismöglichkeiten und auch auf die Interessen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Versicherteninteresse bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin geht, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. nur BGH, Urt. v. 8.5.2013 - IV ZR 233/11, r+s 2013, 382 Rz. 41; v. 11.12.2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 f. [juris Rz. 24]; v. 17.3.1999 - IV ZR 89/98, VersR 1999, 748 unter 2a [juris Rz. 10]; jeweils m.w.N.). Auch nach diesem engen Maßstab greift die Klausel im Streitfall jedoch ein.
Rz. 22
aa) Ein verständiger Versicherungsnehmer, der den Wortlaut der Klausel zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen nimmt, wird dem Begriff "Kapitalanlagegeschäft" zunächst schon aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs entnehmen, dass es dabei um Verträge geht, die eine Kapitalanlage zum Gegenstand haben (ebenso OLG Düsseldorf r+s 2015, 18, 20 [juris Rz. 34]). Er wird weiter erkennen, dass als Anlage von Kapital allgemein jeglicher Einsatz von zur Verfügung stehendem Geldvermögen angesehen wird, der nicht zum Verbrauch, sondern zum Zwecke des Erhalts oder der Vermehrung dieses Vermögens erfolgt (ähnlich OLG Düsseldorf, a.a.O., [juris Rz. 35]; Maier in Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl., § 3 ARB 2010 Rz. 236).
Rz. 23
Jedenfalls die Verknüpfung des Begriffs "Kapitalanlagegeschäft" mit dem Zusatz "aller Art" verdeutlicht ihm sodann, dass der Risikoausschluss nicht auf Rechtsgeschäfte, die sich auf bestimmte Gegenstände beziehen, oder auf bestimmte Vertragstypen - z.B. auf den Erwerb typischer Finanzanlagen oder spezieller Anlageprodukte, deren Zweck sich in einer Vermögensanlage erschöpft - beschränkt sein soll. Danach kann sich auch der Abschluss eines Versicherungsvertrages als Anlagegeschäft darstellen, soweit er über eine bloße Risikoabsicherung hinaus auch der Vermögensbildung dient.
Rz. 24
bb) Eine Begrenzung der Reichweite der Klausel ist allerdings aufgrund ihres dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Sinns und Zwecks geboten. Dieser besteht darin, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen Risiken und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten im Bereich der Kapitalanlagegeschäfte von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann (vgl. MünchKomm/VVG/Obarowski, 2. Aufl. Rechtsschutzversicherung Rz. 203; ders. in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl., § 37 Rz. 334; Hillmer-Möbius in van Bühren/Plote, ARB 3. Aufl. ARB 2012 Rz. 51; vgl. auch BGH, Urt. v. 28.5.2008 - IV ZR 282/07, r+s 2008, 376 Rz. 10; v. 29.9.2004 - IV ZR 170/03, VersR 2004, 1596 unter II 2b [juris Rz. 30]; jeweils zur sog. Baurisikoklausel; BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - IV ZR 17/10, r+s 2012, 23 Rz. 17 zum Ausschluss von Bergbauschäden; Maier in Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl., § 3 ARB 2010 Rz. 1). Im Wortlaut des § 3 Abs. 2 lit. g) ARB findet dies seinen Niederschlag darin, dass die vom Rechtsschutz ausgeschlossene Streitigkeit gerade "aus" einem Kapitalanlagegeschäft herrühren muss.
Rz. 25
Dem wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass in Bezug auf Verträge, die neben dem Kapitalanlagezweck auch anderen Zwecken dienen, nur solche Streitigkeiten unter den Ausschluss fallen, die ihren Ursprung jedenfalls auch in dem Anlagecharakter des Geschäftes haben. Diese Einschränkung beugt zugleich einer uferlosen Ausdehnung der Klausel vor und trägt dem Grundsatz enger Auslegung von Risikoausschlussklauseln Rechnung.
Rz. 26
cc) In dieser engen Auslegung ist die Klausel nicht gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Nr. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Intransparenz oder der Aushöhlung des Leistungsversprechens des Versicherers unwirksam (vgl. zu entsprechenden Bedenken: BeckOK/BGB/H. Schmidt, § 307 Rz. 168 [Stand: 1.2.2019]; Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 37 Rz. 333; Looschelders in ders./Paffenholz, ARB [2014] § 3 Rz. 130; die Wirksamkeit der Klausel ebenfalls bejahend dagegen OLG Düsseldorf r+s 2015, 18).
Rz. 27
dd) Gemäß diesen Grundsätzen wird der im Streitfall vom Kläger verfolgte Anspruch gegen seinen Lebensversicherer vom Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2 lit. g) ARB erfasst.
Rz. 28
In der Rechtsprechung des Senats ist auch in anderem Zusammenhang anerkannt, dass Lebensversicherungsverträge bei wirtschaftlicher Betrachtung im Einzelfall als Anlagegeschäfte angesehen werden können (grundlegend BGH, Urt. v. 11.7.2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rz. 53; zur fondsgebundenen Versicherung: BGH, Urt. v. 5.4.2017 - IV ZR 437/15, VersR 2017, 677 Rz. 15 ff.). Ebenso hat der Senat bereits ausgeführt, dass die mit Gewinnchancen, aber auch mit Verlustrisiken verbundene Kapitalanlage neben der Risikoabsicherung ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Versicherungsnehmer ist, wenn er sich für eine fondsgebundene Lebensversicherung entscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.2018 - IV ZR 353/16, r+s 2018, 233 Rz. 16; v. 11.11.2015 - IV ZR 513/14, r+s 2016, 20 Rz. 37). Nicht anders als bei der unmittelbaren Beteiligung an Fondsgesellschaften, die im allgemeinen Sprachgebrauch wie in der Rechtsprechung als Kapitalanlagegeschäft bezeichnet wird (vgl. etwa BGH, Urt. v. 14.5.2013 - XI ZR 431/10, BKR 2013, 386 Rz. 29), wohnt einer solchen Beteiligung deshalb das spezifische Risiko inne, das der Erwerber insb. bei einem mangelnden wirtschaftlichen Erfolg des Fonds nach rechtlichen Lösungsmöglichkeiten vom Vertrage Ausschau hält. Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückabwicklung eines derartigen Vertrages nach Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. stellt sich daher als Streitigkeit aus einem Kapitalanlagegeschäft im Sinne der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel dar.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem BGH zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem BGH, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Fundstellen