Leitsatz (amtlich)
a) Die Mietsache wird dem Vermieter dann i.S.d. § 546a Abs. 1 BGB nach Beendigung des Mietverhältnisses vorenthalten, wenn der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspricht (Anschluss an BGH, Urt. v. 5.10.2005 - VIII ZR 57/05, NZM 2006, 52 Rz. 6; v. 16.11.2005 - VIII ZR 218/04, NZM 2006, 12 Rz. 12; v. 29.1.2015 - IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rz. 81; jeweils m.w.N.; st.Rspr.).
b) An einem Rückerlangungswillen des Vermieters fehlt es etwa, wenn er - trotz Kündigung des Mieters - von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht (Anschluss an BGH, Urt. v. 2.11.2005 - XII ZR 233/03, NJW 2006, 140 Rz. 25; v. 16.11.2005 - VIII ZR 218/04, a.a.O.; v. 13.3.2013 - XII ZR 34/12, NJW 2013, 3232 Rz. 23; jeweils m.w.N.).
c) Fehlt es an einem Rückerlangungswillen des Vermieters, steht diesem ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB grundsätzlich auch dann nicht zu, wenn der Mieter zur Rückgabe der Mietsache außerstande ist und die subjektive Unmöglichkeit durch ihn selbst verursacht wurde (Bestätigung und Fortführung der Senat, Urt. v. 22.3.1960 - VIII ZR 177/59, NJW 1960, 909 unter II b; v. 15.2.1984 - VIII ZR 213/82, BGHZ 90, 145, 148 f.; [jeweils zu § 557 BGB a.F.]).
d) Zum Anspruch des Vermieters gegen den Mieter, der die Mietsache über die vereinbarte Laufzeit hinaus nutzt, auf Herausgabe des tatsächlich gezogenen Nutzungswerts wegen ungerechtfertigter Bereicherung (Anschluss an BGH, Urt. v. 21.12.1988 - VIII ZR 277/87, NJW 1989, 2133 unter III 3; v. 15.12.1999 - XII ZR 154/97, NZM 2000, 183 unter 4; v. 29.1.2015 - IX ZR 279/13, a.a.O., Rz. 84).
e) Ein bereicherungsrechtlicher Nutzungsersatzanspruch des Vermieters wird weder durch § 546a BGB ausgeschlossen noch durch die §§ 987 ff. BGB verdrängt (Bestätigung und Fortführung der Senat, Urt. v. 10.11.1965 - VIII ZR 12/64, BGHZ 44, 241, 242 ff. [zu § 557 BGB a.F.]; v. 28.6.1967 - VIII ZR 59/65, NJW 1968, 197 unter 3 [zu § 597 BGB a.F.]; v. 21.2.1973 - VIII ZR 44/71, juris Rz. 58 f. [zu § 557 BGB a.F.]; v. 21.12.1988 - VIII ZR 277/87, a.a.O., unter III 3a [zu § 597 BGB a.F.]).
Normenkette
BGB § 546a Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, S. 2 Alt. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 08.12.2015; Aktenzeichen 6 S 101/15) |
AG Offenbach (Entscheidung vom 20.05.2015; Aktenzeichen 37 C 322/14) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird der Beschluss des LG Darmstadt - 6. Zivilkammer - vom 8.12.2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Beklagte mietete im Jahr 2000 von dem Rechtsvorgänger der Klägerin eine Dreizimmerwohnung in D. -St. . Im Jahr 2010 zog der Beklagte aus der Wohnung aus und überließ diese nebst sämtlichen Schlüsseln seiner damaligen Ehefrau, mit der er die Wohnung bis dahin gemeinsam bewohnt hatte und von der er sich in der Folgezeit scheiden ließ. Bis Juni 2014 zahlte der Beklagte jedoch weiterhin die monatliche Miete von 999,03 EUR an die Klägerin. Mit Schreiben vom 25.5.2014 kündigte er den Mietvertrag ordentlich zum 31.8.2014. Die Klägerin teilte ihm daraufhin schriftlich mit, seine "alleinige Kündigung" sei unwirksam. In der Folgezeit forderten die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter den Beklagten mehrfach schriftlich auf, die Miete für die Monate Juli, August und September 2014 zu zahlen. Der Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 15.9.2014, er sehe nicht ein, warum er alleine die Gesamtmiete tragen solle, habe aber "Fairness halber" die anteilige Miete für Juli bis September 2014 einschließlich Mahnkosten überwiesen. Über diesen Betrag von 1.508,09 EUR hinaus zahlte der Beklagte in den Monaten Oktober, November und Dezember 2014 jeweils 500 EUR an die Klägerin. Danach stellte er jegliche Zahlung ein.
Rz. 2
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Zahlung der restlichen Miete für das Jahr 2014 nebst Zinsen und die künftige Mietzahlung ab dem 1.1.2015 sowie den Ersatz vorgerichtlicher Kosten begehrt. Das AG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es hat den Mietvertrag als durch die Kündigung des Beklagten beendet angesehen und der Klägerin einen Anspruch auf Restmietzahlung und Entschädigung nach § 546a BGB zuerkannt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das LG zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 3
Die Revision hat Erfolg.
I.
Rz. 4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 5
Das AG habe zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung aus § 546a BGB bejaht. Dieser Anspruch scheitere nicht an einem fehlenden Rücknahmewillen der Klägerin. Zwar habe diese der Kündigung des Beklagten widersprochen. Ihrer Äußerung habe jedoch die offensichtlich fehlerhafte Rechtsauffassung der Klägerin zugrunde gelegen, auch die frühere Ehefrau des Beklagten sei Mietvertragspartei geworden, weswegen die allein durch den Beklagten ausgesprochene Kündigung formell unwirksam sei. Aus dieser Äußerung lasse sich jedoch nicht ableiten, dass die Klägerin unter keinen Umständen bereit gewesen wäre, die Wohnung zurückzunehmen. Vielmehr hätte nach Behebung des nach Ansicht der Klägerin bestehenden Formfehlers die Rücknahme der Wohnung problemlos erfolgen können. Damit unterscheide sich der Sachverhalt von Fallgestaltungen, in denen eine Kündigung zurückgewiesen werde, weil entweder generell kein zur Kündigung berechtigender Sachverhalt vorliege oder aber eine Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht als wirksam angesehen werde. Der Vermieter sehe den Mieter in diesen Fällen weiterhin - zumindest über einen gewissen Zeitraum - als vertraglich gebunden, was einen Rücknahmewillen ausschließe. Im vorliegenden Fall habe es jedoch bei der Mieterseite gelegen, die nach Ansicht der Klägerin erforderlichen Voraussetzungen für eine wirksame Beendigung des Mietverhältnisses zu schaffen. Darüber hinaus habe die Klägerin auch während des Rechtsstreits die Wirksamkeit der Kündigung nicht kategorisch in Abrede gestellt, sondern sich zumindest hilfsweise auf einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung berufen und somit auch insoweit ihren Rücknahmewillen bekundet.
Rz. 6
Aber selbst bei Verneinung eines Rücknahmewillens der Klägerin bestünde ein Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung, weil der Beklagte nicht zur Rückgabe der Wohnung in der Lage gewesen sei. Denn die Wohnung werde von seiner früheren Ehefrau bewohnt und der Beklagte habe keinerlei Schritte unternommen, diese zum Auszug zu bewegen. Bei einer solchen Fallkonstellation sei nach der Rechtsprechung des BGH ohne Weiteres von einer Vorenthaltung der Mietsache auszugehen.
Rz. 7
Schließlich sei jedenfalls ein Zahlungsanspruch der Klägerin auf Erstattung des objektiven Mietwertes nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen unter dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion gegeben. Gehe man davon aus, dass der Mietvertrag aufgrund der Kündigung des Beklagten beendet worden sei, bestehe für die Nutzung der Wohnung durch dessen frühere Ehefrau keine vertragliche Grundlage. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, seiner früheren Ehefrau die Wohnung nicht überlassen zu haben, denn er habe ihr sämtliche Schlüssel ausgehändigt. Dass er hierdurch keinen Zugang mehr zur Wohnung habe, sei unerheblich. Die Höhe des Zahlungsanspruches richte sich mangels entgegenstehender Anhaltspunkte nach der zwischen den Parteien vereinbarten Miete. Ob der Beklagte Aufwendungen erspart oder von einer Schuld befreit worden sei, sei daher nicht von Bedeutung.
II.
Rz. 8
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in mehreren wesentlichen Punkten nicht stand.
Rz. 9
Das Berufungsgericht hat - wie die Revision mit Recht rügt - rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin auf Nutzungsentschädigung gem. § 546a BGB für die Zeit ab dem 1.9.2014 bejaht, indem es unter Verkennung der Rechtsprechung des BGH angenommen hat, der Beklagte enthalte der Klägerin die streitgegenständliche Wohnung i.S.d. § 546a Abs. 1 BGB vor. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Klägerin der von ihr für den vorbezeichneten Zeitraum geltend gemachte Zahlungsanspruch auch nicht, wie vom Berufungsgericht hilfsweise angenommen, nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB) zuerkannt werden.
Rz. 10
1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision insoweit nicht angegriffen ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Mietvertrag der Parteien durch die vom Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 31.8.2014 beendet (§§ 542 Abs. 1, 549 Abs. 1, 573c Abs. 1 Satz 1 BGB) und auch nicht gem. § 545 BGB verlängert worden ist.
Rz. 11
a) Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung folgt aus der in Ziff. II. 1. des Formularmietvertrags der Parteien enthaltenen Regelung hinsichtlich der "Mietdauer" nicht, dass die Kündigung des Beklagten das Mietverhältnis erst zum 15.3.2015 beendet hätte. Gemäß Ziff. II. 1. des Mietvertrags sollte die Mietdauer 24 Monate - beginnend ab dem 16.3.2000 - betragen und sich um jeweils ein Jahr verlängern, wenn nicht vom Vermieter spätestens zwei Monate vor Ablauf der Mietzeit erklärt wird, dass das Mietverhältnis nicht fortgesetzt werde.
Rz. 12
Zu Kündigungsmöglichkeiten des Mieters enthält der Mietvertrag hingegen keine Regelung, insb. ist für ihn eine Kündigung (nur) zum Ende des vorgenannten Jahreszeitraums, von der offenbar die Revisionserwiderung ausgeht, nicht vorgesehen. Dass die ordentliche Kündigungsmöglichkeit des Mieters gänzlich ausgeschlossen sein soll, liegt fern und wird selbst von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Eine mögliche Auslegung der vorgenannten Klausel könnte dahin gehen, dass damit dem Vermieter die Möglichkeit verschafft werden sollte, sich kurz vor Ablauf des Jahreszeitraums ohne Kündigungsgründe vom Mietvertrag zu lösen, dem Mieter aber die Möglichkeit belassen werden sollte, den Mietvertrag unabhängig von der genannten Jahresfrist mit den für Mietverhältnisse von unbestimmter Dauer geltenden Kündigungsfristen ordentlich zu kündigen. Zumindest nach der Unklarheitenregelung (§ 305c Abs. 2 BGB) ist diese Auslegung zugunsten des Beklagten, soweit es um seine Kündigungsmöglichkeit geht, zugrunde zu legen. Für die am 25.5.2014 ausgesprochene ordentliche Kündigung des Beklagten gilt deshalb - mangels entgegenstehender Übergangsvorschrift in Art. 229 § 3 EGBGB - die dreimonatige Kündigungsfrist nach § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB.
Rz. 13
b) Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht - ohne allerdings nähere Ausführungen zu Grund und Höhe dieses Anspruchs zu machen - auf der Grundlage der von ihm gebilligten Feststellungen des AG davon ausgegangen, dass der Beklagte seiner aus dem Mietvertrag folgenden Verpflichtung zur Zahlung der Miete (§ 535 Abs. 2 BGB) für die beiden letzten Monate der Vertragslaufzeit (Juli und August 2014) zunächst nicht nachgekommen ist, dann aber - unter Hinweis darauf, dass er der "Fairness halber" die anteilige (gemeint offenbar: die hälftige) Miete für Juli bis September 2014 einschließlich der Mahnkosten überweise - am 6.9.2014 einen Betrag von 1.508,09 EUR an die Klägerin gezahlt hat.
Rz. 14
Hiervon ausgehend steht der Klägerin dem Grunde nach aus § 535 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung restlicher Miete für die Monate Juli und August 2014 zu. Ob und ggf. in welchem Umfang - über die von dem Beklagten für die Monate Juli und August 2014 wirksam getroffene Tilgungsbestimmung (§ 362 Abs. 1 BGB) hinaus - die von dem Beklagten geleisteten weiteren Zahlungen den Betrag der für diese Monate noch offenen Restmiete vermindert haben, wird das Berufungsgericht in der erneuten mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung des Ergebnisses seiner neu vorzunehmenden Prüfung, ob der Klägerin (auch) für den Zeitraum ab dem 1.9.2014 ein Zahlungsanspruch - nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (s. dazu nachfolgend unter II 3) - zusteht, zu beurteilen haben.
Rz. 15
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht für den Zeitraum ab dem 1.9.2014 einen Anspruch der Klägerin gem. § 546a Abs. 1 BGB auf Nutzungsentschädigung bejaht.
Rz. 16
a) Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist (§ 546a Abs. 1 BGB). Wie die Revision mit Recht rügt, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Entschädigungsanspruchs - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - im vorliegenden Fall nicht sämtlich erfüllt.
Rz. 17
b) Im Ergebnis noch rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings von einer Beendigung des Mietvertrages durch die am 25.5.2014 ausgesprochene Kündigung des Beklagten zum 31.8.2014 ausgegangen. Der Beklagte, der alleiniger Mieter der streitgegenständlichen Wohnung war, konnte das Mietverhältnis gem. §§ 542 Abs. 1, 549 Abs. 1, 573c Abs. 1 Satz 1 BGB ordentlich zum 31.8.2014 kündigen.
Rz. 18
c) Mit Rechtsfehlern behaftet ist jedoch die - die Rechtsprechung des BGH in grundlegender Weise verkennende - Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin werde die Wohnung von dem Beklagten i.S.d. § 546a Abs. 1 BGB vorenthalten. Zwar hat der Beklagte die Wohnung nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgegeben. Das Unterlassen der Rückgabe widersprach jedoch, was die Revision zu Recht geltend macht, nicht dem Willen der Klägerin. Vielmehr hatte diese nicht den für einen Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 546a BGB erforderlichen Rücknahmewillen.
Rz. 19
aa) Die Mietsache wird dann i.S.d. § 546a Abs. 1 BGB vorenthalten, wenn der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspricht (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 29.1.2015 - IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rz. 81; v. 16.11.2005 - VIII ZR 218/04, NZM 2006, 12 Rz. 12; v. 5.10.2005 - VIII ZR 57/05, NZM 2006, 52 Rz. 6; v. 7.1.2004 - VIII ZR 103/03, NJW-RR 2004, 558 unter II 2a [zu § 557 BGB a.F.]; v. 28.2.1996 - XII ZR 123/93, NJW 1996, 1886 unter B 2a [zu § 557 BGB a.F.]; v. 15.2.1984 - VIII ZR 213/82, BGHZ 90, 145, 148 f. [zu § 557 BGB a.F.]; Beschl. v. 13.7.2010 - VIII ZR 326/09, NJW-RR 2010, 1521 Rz. 2; jeweils m.w.N.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 546a Rz. 8). Zur Erfüllung des Tatbestandes der Vorenthaltung reicht dabei der grundsätzliche Rückerlangungswille des Vermieters aus (Senat, Urt. v. 13.10.1982 - VIII ZR 197/81, NJW 1983, 112 unter 2d aa; v. 29.4.1987 - VIII ZR 258/86, NJW-RR 1987, 907 unter II 2a; BGH, Beschl. v. 23.8.2006 - XII ZR 214/04, GuT 2007, 140 Rz. 7).
Rz. 20
Daran fehlt es jedoch, wenn der Wille des Vermieters nicht auf die Rückgabe der Mietsache gerichtet ist, etwa weil er vom Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht (BGH, Urt. v. 22.3.1960 - VIII ZR 177/59, NJW 1960, 909 unter II b; v. 21.2.1973 - VIII ZR 44/71, juris Rz. 58; v. 7.1.2004 - VIII ZR 103/03, a.a.O.; v. 2.11.2005 - XII ZR 233/03, NJW 2006, 140 Rz. 25; v. 16.11.2005 - VIII ZR 218/04, a.a.O.; v. 13.3.2013 - XII ZR 34/12, NJW 2013, 3232 Rz. 23; jeweils m.w.N.; Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Denn solange der Vermieter den Mietvertrag nicht als beendet ansieht, will er keine Räumung verlangen (BGH, Urt. v. 13.3.2013 - XII ZR 34/12, a.a.O., m.w.N.; v. 21.2.1973 - VIII ZR 44/71, a.a.O.) und damit die Mietsache nicht zurücknehmen.
Rz. 21
Aus welchem Grund der Vermieter den Mietvertrag nicht als beendet ansieht, namentlich eine vom Mieter ausgesprochene Kündigung für unwirksam erachtet, ist - wie die Revision zutreffend ausführt - für den Rückschluss auf einen fehlenden Rücknahmewillen ohne Bedeutung. Denn hierbei handelt es sich lediglich um das Motiv für den darauf fußenden Willensentschluss des Vermieters, den Mietvertrag als fortbestehend zu betrachten. Entscheidend ist allein, dass und nicht warum der Vermieter vom Fortbestand des Mietverhältnisses ausgeht. Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch - ohne auf den nach Ansicht des Vermieters vorliegenden Unwirksamkeitsgrund einzugehen - entschieden, dass ein Anspruch nach § 546a BGB ausscheidet, wenn der Vermieter - wie hier - die Auffassung vertritt, die Kündigung des Mieters sei unwirksam und er die Rückgabe der Wohnung nicht geltend macht (Senat, Urt. v. 16.11.2005 - VIII ZR 218/04, a.a.O.; v. 21.2.1973 - VIII ZR 44/71, a.a.O.; ebenso BGH, Urt. v. 2.11.2005 - XII ZR 233/03, a.a.O.; v. 13.3.2013 - XII ZR 34/12, a.a.O.).
Rz. 22
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist für die Verneinung des Rücknahmewillens des Vermieters auch nicht etwa Voraussetzung, dass dieser die Wirksamkeit der Kündigung "kategorisch" ablehnt und unter keinen Umständen bereit ist, die Wohnung zu dem in der Kündigung genannten Zeitpunkt zurückzunehmen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass der Vermieter die Kündigung des Mieters für unwirksam erachtet und damit vom Fortbestand des Mietverhältnisses ausgeht.
Rz. 23
bb) Vor diesem Hintergrund fehlte der Klägerin der für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB erforderliche Rücknahmewille, was wiederum zur Folge hat, dass der Beklagte ihr die Wohnung nicht vorenthalten hat. Die Klägerin ging nach den insoweit rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts trotz der ordentlichen Kündigung des Beklagten von einem Fortbestand des Mietverhältnisses aus. Denn sie erachtete die Kündigung sowohl vorprozessual als auch nach Erhebung der vorliegenden Klage für unwirksam und beantragte demgemäß in beiden Tatsacheninstanzen, den Beklagten in erster Linie zur Zahlung rückständiger und zukünftiger Miete zu verurteilen. Lediglich hilfsweise hat sie die Klageforderung auch mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB begründet. Letzteres reicht - entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung - nicht aus, um auf einen im Laufe des Rechtsstreits geänderten und nunmehr auf eine Rückerlangung der Wohnung gerichteten Willen der Klägerin schließen zu können.
Rz. 24
cc) Eine Vorenthaltung der Mietsache ist im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht deswegen zu bejahen, weil der Beklagte nach den getroffenen Feststellungen nicht in der Lage war, die Wohnung an die Klägerin zurückzugeben, da er seiner früheren Ehefrau die Wohnungsschlüssel überlassen hatte. Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht zu dem, aus der - von ihm missverstandenen - Rechtsprechung des Senats ergebe sich, dass bei einer solchen Fallkonstellation ohne Weiteres von einer Vorenthaltung der Mietsache auszugehen sei.
Rz. 25
Es trifft zwar zu, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 546a Abs. 1 BGB - Rücknahmewille des Vermieters und Nichtrückgabe der Wohnung durch den Mieter - eine Vorenthaltung der Mietsache auch dann angenommen werden kann, wenn der Mieter zur Rückgabe außerstande ist und die subjektive Unmöglichkeit durch ihn selbst verursacht wurde (Senat, Urt. v. 15.2.1984 - VIII ZR 213/82, a.a.O.; v. 22.3.1960 - VIII ZR 177/59, a.a.O.; jeweils zu § 557 BGB a.F.). Jedoch entfällt in einer solchen Fallkonstellation, was das Berufungsgericht verkennt, nicht die Notwendigkeit zur Prüfung der vorbezeichneten Tatbestandsmerkmale, die kumulativ und nicht alternativ vorliegen müssen. Die Mietsache wird dem Vermieter nämlich, wie ausgeführt, nur vorenthalten, wenn das Unterlassen der Herausgabe (auch) gegen dessen Willen erfolgt. Ist für den Tatbestand der Vorenthaltung die Willensrichtung des Vermieters ein entscheidender Gesichtspunkt, so kann es nicht allein darauf ankommen, ob der Mieter zur Rückgabe in der Lage ist oder nicht. Denn solange der Vermieter die Rückgabe nicht wünscht, sondern den Mieter - wie hier - am Vertrag festhält, indem er die Wirksamkeit der Kündigung in Abrede stellt, fehlt es jedenfalls an einem wesentlichen Merkmal des Begriffs der Vorenthaltung (Senat, Urt. v. 22.3.1960 - VIII ZR 177/59, a.a.O.; v. 21.2.1973 - VIII ZR 44/71, a.a.O.). Aus der vom Berufungsgericht angeführten Entscheidung des Senats vom 15.2.1984 (VIII ZR 213/82, a.a.O.) lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Soweit dort ausgeführt wird, der Mieter habe für die rechtzeitige Rückgabe der Mietsache bei Mietende Sorge zu tragen, so dass das Fortbestehen eines Untermietvertrags einem Anspruch nach § 557 BGB a.F. (heute: § 546a BGB) nicht entgegenstehe, betreffen diese Erwägungen allein den Gesichtspunkt einer unterlassenen Rückgabe, nicht jedoch den daneben erforderlichen Rücknahmewillen des Vermieters.
Rz. 26
In Anbetracht des nicht auf Rücknahme der Mietsache gerichteten Willens der Klägerin war der vom Berufungsgericht angeführte Umstand, dass der Beklagte keine Schritte unternommen habe, seine frühere Ehefrau zu einem Auszug aus der Wohnung zu bewegen, nach alledem nicht geeignet, Ansprüche nach § 546a Abs. 1 BGB zu begründen (vgl. Senat, Urt. v. 22.3.1960 - VIII ZR 177/59, a.a.O.).
Rz. 27
3. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigung für den Zeitraum ab dem 1.9.2014 auch nicht wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Beklagten gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB bejaht werden. Nach den genannten Vorschriften ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund oder mit einem später weggefallenen rechtlichen Grund erlangt hat, zur Herausgabe des Erlangten oder bei Unmöglichkeit der Herausgabe zum Wertersatz verpflichtet. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, bieten die von ihm getroffenen Feststellungen, wie die Revision zu Recht rügt, bereits keine ausreichende Grundlage für die Annahme, dass der Beklagte i.S.d. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 Alt. 1 BGB etwas erlangt hat. Insbesondere hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft angenommen, es komme nicht darauf an, ob der Beklagte dadurch, dass seine Ehefrau die streitgegenständliche Wohnung nutzt, eigene Aufwendungen erspart hat.
Rz. 28
a) Noch zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass durch die wirksame Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.8.2014 (s. oben unter II 1a) der rechtliche Grund für die Nutzung der Mietsache weggefallen ist.
Rz. 29
b) Im Ergebnis ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein möglicher Bereicherungsanspruch der Klägerin weder durch § 546a BGB ausgeschlossen ist (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 10.11.1965 - VIII ZR 12/64, BGHZ 44, 241, 242 ff. [zu § 557 BGB a.F.]; v. 28.6.1967 - VIII ZR 59/65, NJW 1968, 197 unter 3 [zu § 597 BGB a.F.]; v. 21.2.1973 - VIII ZR 44/71, a.a.O., Rz. 59 [zu § 557 BGB a.F.]; v. 21.12.1988 - VIII ZR 277/87, NJW 1989, 2133 unter III 3a [zu § 597 BGB a.F.]; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., Rz. 19; Palandt/Sprau, a.a.O., § 812 Rz. 97; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 12. Aufl., § 546a BGB Rz. 103) noch durch die §§ 987 ff. BGB verdrängt wird (vgl. hierzu Senatsurteile vom 28.6.1967 - VIII ZR 59/65, a.a.O.; v. 21.12.1988 - VIII ZR 277/87, a.a.O.; Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O.).
Rz. 30
c) Nutzt ein Mieter oder ein aufgrund eines sonstigen Vertragsverhältnisses Nutzungsberechtigter die Sache über die vereinbarte Laufzeit hinaus, so ist er ohne rechtlichen Grund auf Kosten des Vermieters oder sonstigen Rechtsinhabers um den tatsächlich gezogenen Nutzungswert bereichert und nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB zu dessen Herausgabe verpflichtet (BGH, Urt. v. 29.1.2015 - IX ZR 279/13, a.a.O., Rz. 84; v. 15.12.1999 - XII ZR 154/97, NZM 2000, 183 unter 4; vom 21.12.1988 - VIII ZR 277/87, a.a.O., unter III 3; vgl. auch Senatsurteil vom 21.2.1973 - VIII ZR 44/71, a.a.O., m.w.N. [zu § 557 BGB a.F.]). Eine solche Verpflichtung kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn der Mieter die Sache nicht selbst nutzt, sondern sie einem Dritten, insb. etwa aufgrund eines Untermietvertrages, überlassen hat und hierdurch eine ungerechtfertigte Bereicherung des Mieters eingetreten ist (vgl. Senat, Urt. v. 21.12.1988 - VIII ZR 277/87, a.a.O.).
Rz. 31
Der (ehemalige) Mieter hat danach dem Vermieter - jedenfalls wenn die Mietsache diesem, wie im vorliegenden Fall, mangels eines Rücknahmewillens nicht vorenthalten wird - grundsätzlich nur dann eine Nutzungsentschädigung nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung zu leisten, wenn er die Wohnung in dem vorbezeichneten Sinne auch genutzt hat und auf diese Weise um den gezogenen Nutzungswert bereichert ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1999 - XII ZR 154/97, a.a.O.; a.A. wohl Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., Rz. 104 m.w.N.). Der bloße (unmittelbare oder mittelbare) Besitz an der Wohnung reicht für einen solchen Bereicherungsanspruch nicht aus (BGH, Urt. v. 15.12.1999 - XII ZR 154/97, a.a.O.).
Rz. 32
Dem entsprechend hat der BGH bereits mehrfach entschieden, dass es für einen bereicherungsrechtlichen Nutzungsersatzanspruch maßgeblich auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen ankommt (BGH, Urt. v. 7.3.2013 - III ZR 231/12, BGHZ 196, 285 Rz. 26; s. ferner BGH, Urt. v. 15.12.1998 - XI ZR 323/97, ZIP 1999, 528 unter II 1a m.w.N.; v. 26.11.1999 - V ZR 302/98, NJW 2000, 1031 unter II 5; v. 17.5.2017 - IV ZR 403/15, juris Rz. 11 m.w.N.). Der Zweck des Bereicherungsrechts ist - von den Ausnahmefällen der §§ 818 Abs. 4, 819 BGB abgesehen - (lediglich) darauf gerichtet, eine tatsächlich erlangte rechtsgrundlose Bereicherung abzuschöpfen und sie demjenigen zuzuführen, dem sie nach der Rechtsordnung gebührt. Danach kann von einer Bereicherung i.S.d. §§ 812 ff. BGB in der Regel nur gesprochen werden, wenn und soweit der Bereicherte eine echte Vermögensvermehrung erfahren hat. Deshalb gilt als allgemein anerkannter Grundsatz, dass die Herausgabepflicht des Bereicherten keinesfalls zu einer Verminderung seines Vermögens über den wirklichen Betrag der Bereicherung hinaus führen darf (BGH, Urt. v. 7.3.2013 - III ZR 231/12, a.a.O., Rz. 27).
Rz. 33
d) Nach diesen Grundsätzen hätte das Berufungsgericht aufgrund der von ihm bisher getroffenen Feststellungen nicht eine seitens des Beklagten gezogene und nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 Alt. 1 BGB - in Gestalt eines Wertersatzes nach § 812 Abs. 2 BGB (s. hierzu BGH, Urt. v. 7.3.2013 - III ZR 231/12, a.a.O., Rz. 28) - herauszugebende Nutzung bejahen dürfen. Denn wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, nutzt der Beklagte selbst die Wohnung bereits seit seinem Auszug im Jahr 2010 nicht mehr. Nutzerin ist seit diesem Zeitpunkt vielmehr - mit Wissen der Klägerin - die geschiedene Ehefrau des Beklagten. Wie das Berufungsgericht darüber hinaus - ebenfalls von den Parteien im Revisionsverfahren nicht angegriffen - festgestellt hat, hat der Beklagte aufgrund der Überlassung der Wohnungsschlüssel an seine geschiedene Ehefrau auch keinen Zugang zur Wohnung.
Rz. 34
Wie die Revision mit Recht rügt, hätte das Berufungsgericht bei dieser Sachlage Feststellungen dazu treffen müssen, ob der Beklagte - was nach dessen Vortrag nicht der Fall war - durch die Überlassung der Wohnung an seine geschiedene Ehefrau möglicherweise Einkünfte erzielt oder eigene Aufwendungen - etwa in Gestalt von sonst zu zahlenden Unterhaltsleistungen - erspart hat. Den Blick auf eine solche - unter den hier gegebenen Umständen allein in Betracht kommende - mögliche Bereicherung des Beklagten hat sich das Berufungsgericht durch seine rechtsfehlerhafte Annahme verschlossen, es komme nicht darauf an, ob der Beklagte Aufwendungen erspart habe oder von einer Schuld befreit worden sei. Diese Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.
III.
Rz. 35
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Fundstellen
Haufe-Index 11119824 |
NJW 2017, 2997 |
DWW 2017, 330 |
NZM 2017, 630 |
ZAP 2017, 1225 |
ZMR 2017, 2 |
ZMR 2018, 24 |
JZ 2017, 667 |
JuS 2018, 170 |
MDR 2017, 1177 |
WuM 2017, 521 |
MietRB 2017, 278 |
RÜ 2018, 10 |
RdW 2017, 699 |
GuG-aktuell 2017, 46 |
IWR 2017, 52 |
JM 2018, 63 |
LL 2018, 1 |
MK 2017, 167 |