Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungspflicht. Vereinbarung. Versicherungsfall. Zulässigkeit. Berufsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Leistungspflicht nach (behauptetem) Eintritt des Versicherungsfalls.
Leitsatz (redaktionell)
1. Individualvertragliche Vereinbarungen über Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung können daraufhin überprüft werden, ob darin enthaltene Beschränkungen der bedingungsgemäßen Rechte des Versicherungsnehmers auf seiner freien Entscheidung oder einer treuwidrigen Ausnutzung der überlegenen Verhandlungsposition des Versicherers beruhen.
2. Es ist den Parteien einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, die Leistungspflicht im Rahmen der Schranken des allgemeinen Zivilrechts einvernehmlich zu regeln. Darüber hinaus ist der Versicherer jedoch wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen.
Normenkette
BUZ 84 §§ 5-7; BUZ 90 § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des OLG Hamm v. 10.4.2002 aufgehoben, soweit ihre Berufung gegen die im Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund v. 9.11.2000 getroffene Feststellung der Leistungspflicht aus den drei Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen (Rente und Beitragsfreiheit) für den Zeitraum v. 1.2.bis 31.7.1998 zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des Urteils des LG die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistungen aus zu drei Lebensversicherungen zusätzlich abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherungen. Den Verträgen liegen Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BB-BUZ) zu Grunde. Die §§ 5-7 entsprechen bei zwei Verträgen den in VerBAV 1990, 347 veröffentlichten Bedingungen und sehen in § 5 Abs. 2 ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis unter einstweiliger Zurückstellung der Frage der Verweisbarkeit auf einen Vergleichsberuf vor. Die §§ 5-7 des dritten Vertrages sind inhaltsgleich mit den in VerBAV 1984, 2 veröffentlichten Bedingungen und sehen eine zeitliche Begrenzung des Anerkenntnisses nicht vor.
Der Kläger ist Geschäftsführer der A. T. GmbH, die als Subunternehmerin im Paketzustelldienst tätig ist. Bei einem Skiunfall v. 21.1.1998 erlitt er einen Knorpelschaden im linken Kniegelenk. Der ihn behandelnde Arzt bescheinigte ihm, wegen dieses Schadens in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als selbstfahrender Unternehmer im Paketzustelldienst dauerhaft berufsunfähig zu sein. Unter dem 23.4.1998 meldete der Kläger bei der Beklagten Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit an. Mit Schreiben v. 7.8.1998 bot die Beklagte dem Kläger den Abschluss einer Vereinbarung über die Leistungen aus den drei Berufsunfähigkeitsversicherungen an. Das Schreiben lautet auszugsweise:
"Sie haben Ansprüche aus Ihren Berufsunfähigkeits-Versicherungen geltend gemacht. Auf der Grundlage der ärztlichen Angaben sind Sie in Ihrem bisherigen Beruf zu 100 % berufsunfähig.
Nach § 2 Ziff. 1 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Versicherung leisten wir, wenn Sie auf Grund Ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten auch keine andere Ihrer bisherigen Lebensstellung entsprechende Tätigkeit zu mehr als 50 % ausüben können. ...
Bei Ihnen sind jedoch Tätigkeiten denkbar, die Sie an Stelle Ihres bisherigen Berufes noch verrichten könnten. Trotz der Gesundheitsbeeinträchtigung wären Sie in der Lage, eine andere Tätigkeit wahrzunehmen oder eine neue Ausbildung zu absolvieren. Deshalb liegt nach den Bedingungen keine Berufsunfähigkeit vor. Die nach den Bedingungen vorgesehene Verweisung auf einen - wenn auch nur theoretisch - ausübbaren Beruf ist sicherlich mit einer gewissen Härte für Sie verbunden. Wir haben deshalb geprüft, ob wir Ihnen entgegenkommen können.
Wir verweisen unsere Versicherten möglichst nur dann auf einen vergleichbaren Beruf, wenn ein solcher Beruf auch tatsächlich ausgeübt wird. Dies ist bei Ihnen nicht der Fall. Wir bieten Ihnen an, die vertraglich vereinbarten Leistungen für einen gewissen Zeitraum zu zahlen und erst anschließend zu prüfen, auf welche Ersatztätigkeit Sie verwiesen werden können.
Dies hat für Sie folgende Vorteile:
Sie erhalten sofort Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Versicherung. ...
Etwaige Meinungsverschiedenheiten zwischen Ihnen und uns darüber, ob Sie tatsächlich auf einen Ersatzberuf verwiesen werden können, müssen heute noch nicht endgültig geklärt werden.
Vor Ablauf der Vereinbarung werden wir uns mit Ihnen in Verbindung setzen. Wir prüfen dann, wie sich die gesundheitlichen und beruflichen Verhältnisse entwickelt haben. Ziel ist eine unstreitige und abschließende Regelung des Schadensfalls. Dabei möchten wir eine Anerkennung unserer Leistungspflicht auf Dauer nicht grundsätzlich ausschließen.
Auf der anderen Seite wollen wir mit Ihnen Einigkeit erzielen, dass nach Ablauf der Vereinbarung bei der Prüfung der Verweisbarkeit auch neu hinzugekommene Fähigkeiten berücksichtigt werden. ..."
Den beigefügten, von der Beklagten bereits unterzeichneten Entwurf einer Vereinbarung unterschrieb der Kläger am 14.8.1998 und sandte ihn der Beklagten zurück. Die Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
"1. Die A. ist bereit, den besonderen Verhältnissen des vorliegenden Schadensfalles Rechnung zu tragen und aus Rücksicht auf die Interessen des Versicherungsnehmers von der Möglichkeit einer abstrakten Verweisung für die Dauer dieser Vereinbarung keinen Gebrauch zu machen.
2. Die A. wird an Herrn A. A. aus den oben genannten Berufsunfähigkeits-Versicherungen für die Zeit v. 1.8.1998 bis 31.7.1999 die vertraglich vorgesehenen Leistungen (Beitragsbefreiung und Rente) erbringen. Die Versicherung wird so gestellt, als sei Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen bereits nachgewiesen.
3. Bei Ablauf der Vereinbarung wird die A. die Berufsunfähigkeit anhand der dann vorliegenden gesundheitlichen Verhältnisse und beruflichen Fähigkeiten unter Berücksichtigung zwischenzeitlich eingetretener Änderungen abschließend prüfen. Neu erworbene berufliche Fähigkeiten werden dabei berücksichtigt.
4. Diese Vereinbarung beinhaltet keine Anerkennung der Berufsunfähigkeit.
5. Die bis zum Ablauf der Vereinbarung gezahlten Leistungen müssen auch dann nicht an die A. zurückerstattet werden, wenn bei der abschließenden Prüfung das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit weiter verneint werden müsste."
Die Beklagte erbrachte zunächst die versprochenen Leistungen. Mit Schreiben v. 3.12.1998 focht sie die Vereinbarung wegen arglistiger Täuschung an und kündigte die Lebensversicherungsverträge fristlos. Sie warf dem Kläger vor, bewusst falsche Angaben zu seinem zuletzt ausgeübten Beruf gemacht zu haben. Er habe schon seit Jahren nicht mehr selbst Pakete ausgefahren.
Der Kläger hat behauptet, bis zu dem Unfall die Pakete selbst ausgeliefert zu haben und seit dem 21.1.1998 dazu wegen der Knieverletzung nicht mehr in der Lage zu sein. Davon abgesehen habe die Beklagte in der Vereinbarung ihre vertragliche Leistungspflicht anerkannt und sich lediglich die Verweisung auf einen Vergleichsberuf vorbehalten, von der sie aber - unstreitig - keinen Gebrauch gemacht habe.
Die auf Feststellung der Leistungspflicht aus den Berufsunfähigkeitsversicherungen ab 1.2.1998 und auf Fortbestehen der Lebensversicherungsverträge gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg (Berufungsurteil, NVersZ 2002, 398). Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat nur wegen der Leistungspflicht aus den Berufsunfähigkeitsversicherungen für den Zeitraum v. 1.2.bis 31.7.1998 Erfolg. Für die Zeit ab 1.8.1998 hat der Kläger auf Grund der Vereinbarung vom August 1998 Anspruch auf die vertraglichen Leistungen aus diesen Versicherungen. Soweit sich die Revision gegen die Feststellung des Fortbestehens der Lebensversicherungsverträge wendet, ist sie mangels Begründung unzulässig.
I. Das Berufungsgericht hat es nicht für erwiesen gehalten, dass der Kläger bei der Anspruchsanmeldung falsche Angaben über seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit gemacht hat. Dagegen wendet sich die Revision nicht.
Den Anspruch des Klägers auf Leistungen aus den Berufsunfähigkeitsversicherungen hat das Berufungsgericht auf das Schreiben der Beklagten v. 7.8.1998 und die Vereinbarung zwischen den Parteien vom August 1998 gestützt. Die Schriftstücke enthielten zwar keine ausdrückliche oder konkludente Anerkenntniserklärung. Die Beklagte müsse sich aber so behandeln lassen, als habe sie mit Wirkung ab dem 1.8.1998 ein bindendes Anerkenntnis ihrer Leistungspflicht aus allen drei Verträgen abgegeben. Sie habe dem Kläger treuwidrig verschleiert, dass sie zur Abgabe eines Anerkenntnisses verpflichtet gewesen sei und nur bei zwei Verträgen nach § 5 Abs. 2 BB-BUZ das Anerkenntnis im Hinblick auf die Verweisbarkeit auf einen Vergleichsberuf habe zeitlich befristen dürfen. Durch die an Stelle eines bedingungsgemäßen Anerkenntnisses dem Kläger angediente individualvertragliche Vereinbarung habe die Beklagte die Rechtsposition des Klägers ohne sachlichen Grund deutlich verschlechtert, indem sie sich von jeglicher Bindungswirkung freigezeichnet und die zum Ende des befristeten Leistungszeitraums angekündigte Leistungsprüfung umfassend nach den Regeln einer Erstprüfung ausgestaltet habe.
Versicherungsleistungen für den Zeitraum v. 1.2.bis 31.7.1998 könne der Kläger beanspruchen, weil Berufsunfähigkeit in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Transportfahrer bewiesen sei. Diese Tätigkeit mache das Tragen von Lasten in einer Größenordnung erforderlich, zu der er nach den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen wegen des Knorpelschadens im Kniegelenk nicht mehr in der Lage sei.
II. Über die Leistungspflicht der Beklagten für die Zeit ab dem 1.8.1998 hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden. Anders als das Berufungsgericht meint, ergibt sich der Anspruch unmittelbar aus der Vereinbarung vom August 1998.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass individualvertragliche Vereinbarungen über Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung daraufhin überprüft werden können, ob darin enthaltene Beschränkungen der bedingungsgemäßen Rechte des Versicherungsnehmers auf seiner freien Entscheidung oder einer treuwidrigen Ausnutzung der überlegenen Verhandlungsposition des Versicherers beruhen (OLG Koblenz v. 30.7.1999 - 10 U 260/98, OLGReport Koblenz 2000, 34 f.).
a) Zu einseitigen Erklärungen des Versicherers über seine Leistungspflicht hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass eine vertragswidrige Befristung oder sonstige Beschränkung des Leistungsanerkenntnisses unwirksam ist (BGH, Urt. v. 12.6.1996 - IV ZR 106/95, VersR 1996, 958 unter 2a und Urt. v. 17.2.1993 - IV ZR 206/91, BGHZ 121, 284 [290] = MDR 1993, 625, jew. m. w. N.). Der Bestandsschutz, der dem Versicherungsnehmer durch das in § 7 BB-BUZ geregelte Nachprüfungsverfahren eingeräumt wird, darf nicht unterlaufen werden. Eine befristete Leistungszusage, die sich für den Versicherungsnehmer eindeutig erkennbar lediglich als Kulanzentscheidung darstellt, ist allerdings kein Anerkenntnis, das den Versicherer über den zugesagten Zeitraum hinaus bindet mit der Folge, dass er eine Leistungseinstellung nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BB-BUZ erreichen kann (BGH, Urt. v. 28.9.1994 - IV ZR 226/93, NJW-RR 1995, 20 unter 3).
b) Entgegen den Bedenken des Berufungsgerichts ist es den Parteien einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt, die Leistungspflicht im Rahmen der Schranken des allgemeinen Zivilrechts einvernehmlich zu regeln. Darüber hinaus ist der Versicherer wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Berufsunfähigkeitsrente hat für diesen häufig existenzielle Bedeutung. Die dem Versicherer geläufige Regelung der §§ 5-7 BB-BUZ über die Erklärung eines Leistungsanerkenntnisses, dessen Reichweite und das Nachprüfungsverfahren ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur schwer durchschaubar. Deshalb setzt eine beiderseits interessengerechte Vereinbarung über die Leistungspflicht ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner voraus, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen (vgl. insoweit zum Nachprüfungsverfahren Urt. v. 17.2.1993 - IV ZR 206/91, BGHZ 121, 284 [294] = MDR 1993, 625). Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, ob er sich auf eine Beschränkung der von ihm nach den Versicherungsbedingungen für berechtigt gehaltenen Ansprüche einlassen will.
Wann einem Versicherer eine treuwidrige Ausnutzung seiner überlegenen Verhandlungsposition vorgeworfen werden kann, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab und braucht hier nicht vertieft zu werden.
2. Die Beklagte hat sich im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vereinbarung vom August 1998 nicht in der vom Berufungsgericht angenommenen Weise treuwidrig verhalten. Deshalb kann auch offen bleiben, ob sie sich, falls die Würdigung des Berufungsgerichts zuträfe, so behandeln lassen müsste, als habe sie ein Anerkenntnis abgegeben, oder ob ihre Leistungszusage als bindendes Anerkenntnis ohne bedingungswidrige Beschränkungen anzusehen wäre.
Der möglicherweise von der unbegründeten Arglistanfechtung und dem Prozessverhalten der Beklagten beeinflussten Auslegung des Berufungsgerichts, durch die Vereinbarung sei die sich aus den Versicherungsbedingungen ergebende Rechtsposition des Klägers deutlich verschlechtert worden, folgt der Senat nicht. Das Berufungsgericht hat den Inhalt der Vereinbarung und des Begleitschreibens der Beklagten v. 7.8.1998 einseitig und damit nicht hinreichend gewürdigt, die beiderseitige Interessenlage zum damaligen Zeitpunkt vernachlässigt und dem Verhalten der Parteien zwischen dem Abschluss der Vereinbarung und dem Anfechtungsschreiben der Beklagten v. 3.12.1998 zu wenig Bedeutung beigemessen.
a) Die Vereinbarung ist unter Einbeziehung des Angebotsschreibens der Beklagten v. 7.8.1998 vielmehr dahingehend auszulegen, dass die Beklagte zu allen drei Verträgen ihre vertragliche Leistungspflicht anerkannt hat mit dem Vorbehalt, nach Ablauf eines Jahres auf der Grundlage der Entwicklung der gesundheitlichen und beruflichen Verhältnisse allein die Frage der Verweisbarkeit auf eine Ersatztätigkeit zu prüfen, nicht aber unter Umgehung der Regeln des Nachprüfungsverfahrens auch die Frage der Berufsunfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf einer Erstprüfung zu unterziehen.
Schon aus dem zweiten Satz des Schreibens der Beklagten v. 7.8.1998 geht ohne jede Einschränkung hervor, dass sie den Kläger auf der Grundlage der ärztlichen Angaben im bisherigen Beruf für vollständig berufsunfähig hält. Im Folgenden wird mit umfangreichen, wenn auch nicht in jedem Punkt zutreffenden Erwägungen die Verweisungsmöglichkeit erörtert. Daraus wird deutlich, dass allein diese offen gehalten werden sollte und der abschließenden Anerkennung der Leistungspflicht auf Dauer entgegenstand. Anders konnte das Angebot, die vertraglich vereinbarten Leistungen für einen gewissen Zeitraum zu zahlen und erst anschließend die Verweisung auf eine Ersatztätigkeit zu prüfen, von der Beklagten nicht gemeint und vom Kläger nicht zu verstehen gewesen sein. Denn beide Parteien sind auf der Grundlage der ärztlichen Feststellungen damals davon ausgegangen, dass der Kläger im bisherigen Beruf vollständig berufsunfähig ist. Dass die Beklagte sich insoweit dennoch eine erstmalige Prüfung nach Ablauf der Jahresfrist vorbehalten wollte, lässt sich ihrem Schreiben nicht entnehmen. Im Lichte dieses Angebotsschreibens konnte der Kläger auch die Vereinbarung selbst nur so verstehen, dass die Einschränkung der Zusage der vertraglich vorgesehenen Leistungen und die Formulierung in Nr. 4, die Vereinbarung beinhalte keine Anerkennung der Berufsunfähigkeit, sich ausschließlich auf die nach Fristablauf noch zu prüfende Frage der Verweisbarkeit bezogen. Dieser Zweck der Vereinbarung wird in deren Ziff. 1 nochmals verdeutlicht. Nur dieses Verständnis entspricht aus damaliger Sicht einer beiderseits interessengerechten Auslegung, weil lediglich die Frage der Verweisbarkeit streitig war.
Das wird bestätigt durch das Verhalten der Parteien nach Abschluss der Vereinbarung bis zum Anfechtungsschreiben der Beklagten v. 3.12.1998. Der Kläger hat die Leistungen entgegengenommen, ohne weiterhin Ansprüche für den Zeitraum vor dem 1.8.1998 geltend zu machen. Die Beklagte hat der A. T. GmbH, die den Vertrag, der keine Befristung des Anerkenntnisses vorsieht, als Versicherungsnehmerin zu Gunsten des Klägers abgeschlossen hatte, mit Schreiben v. 18.9.1998 mitgeteilt, sie habe ihre Leistungspflicht aus der Berufsunfähigkeitsversicherung anerkannt. Selbst im Anfechtungsschreiben v. 3.12.1998 hat die Beklagte noch ausgeführt, durch das Angebot der Vereinbarung habe zunächst die Prüfung einer Verweisungstätigkeit zurückgestellt werden sollen. Es ist auch fraglich, ob die Beklagte im Rechtsstreit zur Auslegung der Vereinbarung einen anderen Standpunkt vertreten und die Berufsunfähigkeit insgesamt nicht nur wegen der auf die Vereinbarung bezogenen Arglistanfechtung bestritten hat. Der Kläger hatte in der Berufungserwiderung erstmals ausführlich dargelegt, die Beklagte habe mit der Vereinbarung ein bindendes Leistungsanerkenntnis lediglich unter dem Vorbehalt der Verweisungsmöglichkeit abgegeben. Dem ist die Beklagte - nach Auffassung des Senats zu Recht - nicht entgegengetreten, obwohl dazu ausreichend Gelegenheit gewesen wäre.
b) Da die Beklagte von der Verweisung keinen Gebrauch gemacht hat, kann der Kläger die vertraglichen Leistungen vereinbarungsgemäß ab dem 1.8.1998 beanspruchen. Deshalb kann offen bleiben, ob die Beklagte sich die befristete Verweisungsmöglichkeit auch für den Vertrag wirksam vorbehalten konnte, dessen Bedingungen dies nicht vorsahen. Andererseits folgt aus der Wirksamkeit der Vereinbarung auch, dass der Kläger auf Leistungen für die Zeit vor dem 1.8.1998 konkludent verzichtet hat. Darin kann keine durch die Beklagte veranlasste treuwidrige Benachteiligung des Klägers von erheblichem Gewicht gesehen werden. Der Kläger hat behauptet, seit dem Unfall v. 21.1.1998 dauerhaft vollständig berufsunfähig zu sein. Nach § 1 Abs. 3 bzw. § 1 Abs. 2 BB-BUZ entsteht der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente, wenn die Berufsunfähigkeit der Beklagten später als drei Monate nach ihrem Eintritt mitgeteilt wird, erst mit Beginn des Monats der Mitteilung, hier also erst mit dem 1.4.1998. Da es sich bei der Dreimonatsfrist um eine Ausschlussfrist handelt (BGH, Urt. v. 2.11.1994 - IV ZR 324/93, MDR 1995, 912 = NJW 1995, 598 unter 2), bestand ein Anspruch für die Zeit vor dem 1.4.1998 ohnehin nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1087032 |
BGHR 2004, 297 |
NJW-RR 2004, 174 |
MDR 2004, 394 |
VersR 2004, 96 |
ZfS 2004, 82 |
IVH 2003, 283 |