Entscheidungsstichwort (Thema)
Schiedsvereinbarung. Schiedsverfahensrecht. Kompetenz. Schiedseinrede. Zuständigkeit. Zuständigkeitsentscheidung. Schiedsgericht. Schiedsabrede. Verbraucher. Schiedsvertrag. Formerfordernis. Allgemeine Geschäftsbedingungen. Börsenschiedsgericht
Leitsatz (amtlich)
a) Den Parteien der Schiedsvereinbarung ist es nach dem In-Kraft-Treten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes verwehrt, eine Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts zu begründen mit der Folge, dass dessen Zuständigkeitsbeurteilung die staatlichen Gerichte bindet.
b) Auf Grund einer Kompetenz-Kompetenz-Klausel ist das staatliche Gericht nicht gehalten, vor einer Entscheidung über die Schiedseinrede die Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts (§ 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO) abzuwarten.
c) Eine Schiedsabrede, an der ein Verbraucher beteiligt ist, kann durch formularmäßigen Schiedsvertrag getroffen werden, sofern die Formerfordernisse des § 1031 Abs. 5 ZPO erfüllt sind. Es ist nicht erforderlich, dass auf Seiten des Verwenders ein besonderes Bedürfnis an der Einsetzung des Schiedsgerichts besteht.
Normenkette
ZPO § 1031 Abs. 5, § 1040 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; AGBG § 9 Abs. 1; BGB § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 23.07.2003; Aktenzeichen 15 U 219/02) |
LG Düsseldorf |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 23.7.2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Gestützt auf eine Abtretung ihres Ehemannes K.-H. Z. macht die Klägerin gegen die beklagte AG und deren Vorstand M., den früheren Beklagten zu 2), Schadensersatzansprüche wegen Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung geltend.
Z. unterzeichnete am 18.5.1998 einen von der Beklagten vorformulierten "Kontoeröffnungsvertrag (Managed Account)", in dem er diese bevollmächtigte, auf seine Rechnung und Gefahr Termingeschäfte abzuschließen. In dem "Kontoeröffnungsvertrag" war die Vereinbarung eines Schiedsgerichts vorgesehen (Nr. XIV Abs. 2 S. 1 des Kontoeröffnungsvertrages). In Ausführung dieser Bestimmung schlossen Z. und die Beklagte am 18.5.1998 einen gesonderten, ebenfalls formularmäßigen Schiedsvertrag, wo es eingangs heißt:
"1. Zuständigkeit des Schiedsgerichts
Alle Streitigkeiten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Firma D. AG (= Beklagte), ihren Aufsichtsratsmitgliedern, ihren Vorständen, ihren Mitarbeitern und Erfüllungsgehilfen und den Kunden werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden. Das Schiedsgericht ist für alle etwaigen Streitigkeiten, die sich aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag bzw. in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag ergeben, gleich aus welchem Rechtsgrund (z.B. aus Nichterfüllung, Unmöglichkeit, positiver Forderungsverletzung und Verletzung von Pflichten bei Vertragsverhandlungen, aus unerlaubter Handlung, aus schlüssigem Abschluss eines Beratungsvertrages und sonstigen gesetzlichen in Zusammenhang mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag stehenden Schuldverhältnissen, etc.) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges zuständig ... Schließlich werden auch Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Auslegung dieses Schiedsvertrages ... durch das Schiedsgericht entschieden."
Z. zahlte auf sein Kundenkonto bei der Beklagten insgesamt 281.400 DM. Später erhielt er 20.552,50 USD (= 36.849,24 DM) zurück, so dass er einen Verlust i.H.v. 244.550,76 DM (= 125.036,82 EUR) erlitt. Die Klägerin begehrt von der Beklagten - als Gesamtschuldner mit dem inzwischen rechtskräftig verurteilten M. - Schadensersatz in Höhe dieses Betrages nebst Zinsen. Die Beklagte hat die Einrede des Schiedsvertrages erhoben.
LG und Berufungsgericht haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter. Sie hat gegen die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Beklagte Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Einrede des Schiedsvertrages sei begründet. Der zwischen dem Zedenten Z. und der Beklagten am 18.5.1998 geschlossene Schiedsvertrag sei wirksam und gelte auch ggü. der Klägerin. Wegen der in Nr. 1 S. 4 des Schiedsvertrages formularmäßig vereinbarten Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts sei das staatliche Gericht nur befugt, die Gültigkeit einer solchen Klausel zu überprüfen.
Die Kompetenz-Kompetenz-Klausel verstoße nicht gegen das AGB-Gesetz; sie habe für Z. keine unangemessene Benachteiligung (§ 9 AGBG) dargestellt. Die Schiedsvereinbarung sei auch nicht nach § 28 BörsG (a.F.) unverbindlich; diese Bestimmung sei vorliegend nicht anwendbar, weil das vereinbarte Schiedsgericht kein "Börsenschiedsgericht" im Sinne dieser Bestimmung sei.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung in den entscheidenden Punkten stand.
Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten erhobene Schiedseinrede (§ 1032 Abs. 1 ZPO) zu Recht für durchgreifend erachtet. Zwischen der Beklagten und Z. ist mit dem Schiedsvertrag v. 18.5.1998 eine wirksame - nach neuem Schiedsverfahrensrecht zu beurteilende (vgl. Art. 5 Abs. 1 SchiedsVfG) - Schiedsvereinbarung zu Stande gekommen, die die Klägerin bindet.
1. Der von der Beklagten mit Z. geschlossene Schiedsvertrag ist für die Klägerin verbindlich. Indem Z. "sämtliche Ansprüche" gegen die Beklagten an die Klägerin abtrat, gingen seine Rechte und Pflichten aus dem mit der Beklagten geschlossenen Kontoeröffnungsvertrag v. 18.5.1998 und dem dazu am selben Tag unterzeichneten gesonderten Schiedsvertrag auf die Klägerin über. Eines Beitritts der Klägerin zu dem Schiedsvertrag in der Form des § 1031 ZPO bedurfte es nicht (BGHZ 71, 162 [165 f.]; BGH v. 2.10.1997 - III ZR 2/96, MDR 1998, 59 = MDR 1998, 431 = NJW 1998, 371; Beschl. v. 1.8.2002 - III ZB 66/01, NJW-RR 2002, 1462 [1463], jeweils m.w.N.).
2. Die Überprüfung des Schiedsvertrages beschränkt sich allerdings nicht, wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf Entscheidungen zur Zivilprozessordnung a.F. gemeint hat, auf die Gültigkeit der sog. Kompetenz-Kompetenz-Klausel (Nr. 1 S. 4 des Schiedsvertrages: "Schließlich werden auch Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Auslegung dieses Schiedsvertrages sowie etwaiger Nachträge durch das Schiedsgericht entschieden.").
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 68, 356 [366]; BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 68/90, MDR 1991, 751 = NJW 1991, 2215, m.w.N.) konnte das Schiedsgericht endgültig über seine Kompetenz entscheiden, wenn die Parteien eine sog. Kompetenz-Kompetenz-Klausel, d.h. eine gesonderte Schiedsabrede hinsichtlich der Gültigkeit des Schiedsvertrages, getroffen hatten. Dann war im Aufhebungsverfahren vor dem staatlichen Gericht (§ 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a.F.) allein die Wirksamkeit dieser Klausel überprüfbar. Das galt entsprechend für den Fall, dass der Kläger die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung verneinte und sofort Klage vor dem staatlichen Gericht erhob. Das staatliche Gericht war für die Entscheidung über eine von dem Beklagten vorgebrachte Schiedseinrede nur insoweit zuständig, als es um die Wirksamkeit und die Auslegung der Kompetenz-Kompetenz-Klausel ging; die Entscheidung über die Schiedsabrede selbst hatte, die Wirksamkeit der Kompetenz-Kompetenz-Klausel vorausgesetzt, das Schiedsgericht zu treffen (BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 68/90, MDR 1991, 751 = NJW 1991, 2215).
b) Der Gesetzgeber hat aber - in bewusster Abkehr von der Rechtsprechung des BGH - mit dem Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz v. 22.12.1997 (BGBl. I, 3224) die Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts letztlich dem staatlichen Gericht vorbehalten (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes - im Folgenden: Amtliche Begründung - BT-Drucks. 13/5274, 26, 44). Nach neuem Recht steht dem Schiedsgericht die Kompetenz-Kompetenz nicht mehr zu (Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1040 Rz. 1 f., § 1032 Rz. 11; Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1040 Rz. 1 ff., 24, 26; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 1040 Rz. 1; Musielak/Voit, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 1040 Rz. 1 f., Fn. 3 a.E.; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 1040 Rz. 8; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 6 Rz. 9, Kap. 16 Rz. 10).
Im Schiedsverfahren befindet zwar zunächst das Schiedsgericht selbst über seine Zuständigkeit, und zwar entweder durch einen seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid (§ 1040 Abs. 3 S. 1 ZPO) sowie - ausnahmsweise - im verfahrensabschließenden Schiedsspruch oder - negativ - durch einen die Schiedsklage als unzulässig abweisenden Prozessschiedsspruch (Amtliche Begründung BT-Drucks. 13/5274, 44; BGH v. 6.6.2002 - III ZB 44/01, BGHZ 151, 79 [80 f.] = BGHReport 2002, 900 = MDR 2002, 1265). Das letzte Wort hat jedoch - bezüglich des Zwischenentscheids im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO, bezüglich des Schiedsspruchs und des Prozessschiedsspruchs im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO - das staatliche Gericht (Amtliche Begründung BT-Drucks. 13/5274, 44; BGH v. 6.6.2002 - III ZB 44/01, BGHZ 151, 79 [81] = BGHReport 2002, 900 = MDR 2002, 1265).
c) Die vorbeschriebene gesetzliche Neuregelung ist zwingend. Den Parteien der Schiedsvereinbarung ist es verwehrt, eine Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts zu begründen mit der Folge, dass dessen Zuständigkeitsbeurteilung die staatlichen Gerichte bände (Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1032 Rz. 11, § 1040 Rz. 2; Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 1040 Rz. 26; Zöller/Geimer, 25. Aufl. 2005, § 1040 Rz. 1 a.E.; Musielak/Voit, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 1040 Rz. 2; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 1040 Rz. 8; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 6 Rz. 9, a.E.; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 2. Aufl. 2002, Rz. 467; Huber, SchiedsVZ 2003, 73 [75]; Raeschke-Kessler, WM 1998, 1205 [1209]; s. auch Amtliche Begründung BT-Drucks. 13/5274, 26, 44). Die hier in dem formularmäßigen Schiedsvertrag - wohl noch mit Blick auf das alte Recht - enthaltene Kompetenz-Kompetenz-Klausel konnte mithin die Befugnis des staatlichen Gerichts, über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu entscheiden, nicht einschränken.
d) Die von dem Gesetzgeber nunmehr angeordnete (Letzt-)Kompetenz-Kompetenz des staatlichen Gerichts greift auch im - hier gegebenen - Fall der Schiedseinrede (§ 1032 Abs. 1 ZPO) Platz. Auf Grund einer Kompetenz-Kompetenz-Klausel ist das staatliche Gericht nicht gehalten, vor einer Entscheidung über die Schiedseinrede die - ohnehin nur vorläufige - Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts (§ 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO) abzuwarten (Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1032 Rz. 11; s. auch Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 1032 Rz. 2, a.E.).
e) Die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung über die Hauptsache wird nicht dadurch berührt, dass die von der Beklagten und Z. verabredete (Letzt-)Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts nicht (mehr) zulässig ist. Denn bei der Kompetenz-Kompetenz-Klausel und der Schiedsvereinbarung über die Hauptsache handelt es sich um zwei gesonderte Schiedsvereinbarungen (BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 68/90, MDR 1991, 751 = NJW 1991, 2215; BT-Drucks. 13/5274, 26, 44).
3. Der am 18.5.1998 geschlossene Schiedsvertrag erfüllt die Formanforderungen des bei Beteiligung eines Verbrauchers, hier des Ehemanns der Klägerin, anwendbaren § 1031 Abs. 5 ZPO. Die Schiedsvereinbarung in der Form der Schiedsabrede (§ 1029 Abs. 2 Alt. 1 ZPO) ist in einer gesonderten Urkunde ("Schiedsvertrag") enthalten, die von Z. und einem Vertreter der Beklagten eigenhändig unterzeichnet worden ist (§ 1031 Abs. 5 S. 1 ZPO). Die Urkunde enthält nur solche Vereinbarungen, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehen (§ 1031 Abs. 5 S. 3 Halbs. 1 ZPO). Dass es sich um einen von der Beklagten vorformulierten "Schiedsvertrag" handelte, ist unschädlich. § 1031 Abs. 5 ZPO fordert keine Individualvereinbarung.
4. Die Frage, ob und inwieweit eine formularmäßige Schiedsklausel über die - im Streitfall erfüllten - strengen Anforderungen des § 1031 Abs. 5 ZPO hinaus überhaupt der Kontrolle nach dem hier noch anwendbaren (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB) AGB-Gesetz zu unterwerfen ist (Haas/Hauptmann, SchiedsVZ, 2004, 175 [178 ff.], m.w.N.), muss nicht entschieden werden; denn der hier zu beurteilende Schiedsvertrag genügt auch den Maßstäben des AGB-Gesetzes.
a) Der vorformulierte (§ 1 Abs. 1 S. 1 AGBG = § 305 Abs. 1 S. 1 BGB n.F.) Schiedsvertrag v. 18.5.1998 ist nicht deshalb gem. § 3 AGBG (jetzt § 305c Abs. 1 BGB) nicht Vertragsbestandteil geworden, weil es sich um eine überraschende Klausel gehandelt hätte.
Der Gesetzgeber hat dem Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung durch eine, etwa "im klein Gedruckten" versteckte, Begründung der Schiedsgerichtszuständigkeit durch die besonderen Formerfordernisse des § 1031 Abs. 5 ZPO Rechnung getragen. Sind sie erfüllt, ist also wie im Streitfall die Schiedsabrede (§ 1029 Abs. 2 Alt. 1 ZPO) in einer besonderen - wenn auch vorformulierten - und eigenhändig unterzeichneten Urkunde getroffen und enthält diese nur sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehende Vereinbarungen (§ 1031 Abs. 5 S. 1 und 3 Halbs. 1 ZPO), kann eine überraschende Klausel in aller Regel nicht angenommen werden (Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 1031 Rz. 27; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1029 Rz. 26; Sethe in Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, 3. Aufl. 2003, § 37h Rz. 49; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl. 2001, Anh. §§ 9-11 Rz. 622; Lachmann/Lachmann, BB 2000, 1633 [1637]; a.A. WM 1998, 1205 [1209 f.] - Vermittlung von Börsentermingeschäften).
b) Der von der Beklagten verwendete AGB-Schiedsvertrag wäre gem. § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 S. 1 BGB) unwirksam, wenn er den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte. Davon kann indessen nicht ausgegangen werden.
aa) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegte Schiedsvereinbarung stellt als solche keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar (BGH v. 10.10.1991 - III ZR 141/90, BGHZ 115, 324 f. = MDR 1992, 229; Beschl. v. 26.6.1986 - III ZR 200/85, BGHR AGB-Gesetz § 9 Schiedsklausel 1 - zum kaufmännischen Geschäftsverkehr; Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 1029 Rz. 12; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1029 Rz. 26; Basedow in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2003, § 307 Rz. 329; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 5 Rz. 14; Sethe in Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, 3. Aufl. 2003, § 37h Rz. 52; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 2. Aufl. 2002, Rz. 313). Insbesondere muss kein besonderes Bedürfnis für die Einsetzung eines Schiedsgerichts seitens des Verwenders vorliegen (so aber Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl. 2001, Anh. §§ 9-11 Rz. 622; Graba in Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, AGB-Gesetz, 1977 § 9 Rz. 110; F. Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand Juni 2003, Vertragsrecht - Schiedsgerichtsklauseln, Rz. 11; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl. 1999, § 9 Rz. S 4).
(1) Schiedsgerichtsbarkeit ist Rechtsprechung i.w.S., bedeutet also Streitentscheidung durch einen neutralen Dritten (BGH, Beschl. v. 27.5.2004 - III ZB 53/03, MDR 2004, 1315 = BGHReport 2004, 1182 = NJW 2004, 2226 [2227], m.w.N.). Sie ist als Form der nichtstaatlichen Streiterledigung durch die §§ 1025 ff. ZPO gesetzlich anerkannt und grundsätzlich auch bei Beteiligung eines Verbrauchers zulässig. Denn § 1031 Abs. 5 ZPO schreibt für den Fall der Verbraucherbeteiligung nur besondere Formerfordernisse zur Warnung des Verbrauchers und zu dessen Schutz vor wirtschaftlicher oder sozialer Überlegenheit vor.
Wäre für die formularmäßige Schiedsvereinbarung - ohne Anhalt im Gesetz - ein besonderes Verwendungsinteresse zu fordern, brächte dies im Übrigen eine erhebliche Rechtsunsicherheit für die Parteien. Statt im Streitfall sogleich in das Schiedsverfahren einzutreten, müsste erst in einem gerichtlichen Verfahren geklärt werden, ob ein die Schiedsklausel rechtfertigendes Interesse des AGB-Verwenders gegeben ist.
(2) Davon, dass auch ggü. Verbrauchern AGB-mäßige Schiedsklauseln im Grundsatz zulässig sind, geht im Übrigen die Richtlinie 99/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl EG Nr. L 95v. 21.4.1993, S. 29, NJW 1993, 1838) aus. Sie enthält im Anh. zu Art. 3 Abs. 3 eine Liste von Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können; der Liste kommt Hinweis- und Beispielcharakter zu (EuGH, Urt. v. 7.5.2002 - Rs.C-478/99, EuZW 2002, 465 Rz. 22, m. Anm. Pfeiffer - Kommission der EG/Königreich Schweden). Dort sind aber nur solche Schiedsklauseln genannt, durch die der Verbraucher ausschließlich auf ein n i c h t u n t e r d i e r e c h t l i c h e n B e s t i m m u n g e n f a l l e n d e s Schiedsgerichtsverfahren verwiesen wird (Nr. 1 lit. q des Anhangs zu Art. 3 Abs. 3 der vorgenannten Richtlinie). Dazu zählt nicht eine AGB-Regelung, die auf ein gesetzlich zugelassenes Schiedsverfahren zielt (Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl. 1999, § 9 S. 4, RL Anh Nr. 1q Rz. 214; Münch in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 1029 Rz. 12; Basedow in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2003, § 307 Rz. 329 a.E.; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl. 2005, § 310 Rz. 46; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1029 Rz. 26 a.E.; Sethe in Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, 3. Aufl. 2003, § 37h Rz. 53; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 2. Aufl. 2002, Rz. 314; Lachmann/Lachmann, BB 2000, 1633 [1638]; Berger, ZBB 2003, 77 [88]; abweichend Haas/Hauptmann, SchiedsVZ, 2004, 175 [178 ff.]). So liegt aber der Streitfall. Nr. 4 Abs. 3 des von Z. und der Beklagten geschlossenen Schiedsvertrages nimmt die Vorschriften des Zehnten Buches der Zivilprozessordnung ausdrücklich in Bezug.
(3) Entgegen der Auffassung der Revision (unter Bezugnahme auf Raeschke-Kessler, WM 1998, 1205 [1207 f.]) ist nicht zu beanstanden, dass die formularmäßige Schiedsklausel Ansprüche, die den Parteien des Schiedsvertrages (oder ihren Rechtsnachfolgern) aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) zustehen, erfasst. § 1029 Abs. 1 S. 1 ZPO nennt als Gegenstand eines Schiedsverfahrens ausdrücklich Streitigkeiten in Bezug auf ein Rechtsverhältnis "vertraglicher oder nicht vertraglicher Art" (Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1029 Rz. 19). Insoweit findet sich auch in § 1031 Abs. 5 ZPO, der die Schiedsvereinbarung mit Beteiligung eines Verbrauchers regelt, keine Einschränkung. Ob das auch zu gelten hätte, wenn über die Einbeziehung an der Schiedsvereinbarung nicht beteiligter Dritter (Aufsichtsratsmitglieder, Vorstand, Mitarbeiter usw.) zu befinden wäre (Raeschke-Kessler, WM 1998, 1205 [1208]), ist hier nicht zu entscheiden.
bb) Umstände, die für den Vertragspartner des Verwenders eine unangemessene Benachteiligung durch die - grundsätzlich für zulässig zu erachtende - formularmäßige Schiedsvereinbarung begründen könnten (Basedow in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2003, § 307 Rz. 329; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, Kap. 5 Rz. 14), sind nicht gegeben.
(1) Der Zugang zum Schiedsgericht, das Ernennungsrecht sowie das schiedsgerichtliche Verfahren selbst sind fair geregelt.
Nach Nr. 1 S. 1 und Nr. 2 Abs. 3 des Schiedsvertrages ist die Anrufung des Schiedsgerichts beiden Vertragsparteien eröffnet. Diese können - was die Unparteilichkeit des Schiedsgerichts gewährleistet (BGH, Beschl. v. 27.5.2004 - III ZB 53/03, MDR 2004, 1315 = BGHReport 2004, 1182 = NJW 2004, 2226 [2227 f.]) - in gleichem Umfang bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts mitwirken (vgl. Nr. 2 Abs. 2 bis 4 des Schiedsvertrages). Nicht zu beanstanden ist auch das Verfahren für den Fall, dass eine Partei den Schiedsrichter nicht fristgerecht benennt oder dass sich die Schiedsrichter nicht auf die Person des Obmanns einigen können. Dann steht das Bestellungsrecht einer neutralen Stelle, dem Präsidenten des OLG Düsseldorf, zu (Nr. 2 Abs. 4 des Schiedsvertrages). Die Bestimmungen des Schiedsvertrages zum schiedsgerichtlichen Verfahren selbst sind unbedenklich; danach finden, wie bereits erwähnt, im Wesentlichen die Vorschriften des Zehnten Buches der Zivilprozessordnung Anwendung (vgl. Nr. 4 Abs. 1 bis 3 des Schiedsvertrages).
(2) Von einer unangemessenen Benachteiligung i.S.d. § 9 Abs. 1 AGBG ist auch nicht deshalb auszugehen, weil zu besorgen wäre, das Schiedsgericht werde zu Lasten des Vertragspartners des Verwenders zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts - in Betracht käme hier der Termin- und der Differenzeinwand (§§ 52, 53 des bis zum 30.6.2002 geltenden BörsG a.F., §§ 764, 762 Abs. 1 BGB a.F.; BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 68/90, MDR 1991, 751 = NJW 1991, 2215; Urt. v. 21.9.1987 - II ZR 41/87, WM 1987, 1353 [1354]; v. 15.6.1987 - II ZR 124/86, MDR 1988, 121 = WM 1987, 1153 [1154 f.]; v. 12.3.1984 - II ZR 10/83, MDR 1984, 1006 = NJW 1984, 2037 - Gerichtsstandsklausel; Beschl. v. 21.9.1993 - XI ZR 52/92, WM 1993, 2121 f.) sowie die Haftung nach den §§ 31, 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266 StGB - nicht beachten.
Das Schiedsgericht unterliegt den Bestimmungen für inländische Schiedsverfahren und hat deutsches Recht anzuwenden. Denn die Parteien haben Düsseldorf zum Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens bestimmt (Nr. 4 Abs. 1 des Schiedsvertrages; § 1025 Abs. 1, § 1043 Abs. 1 ZPO) und ausdrücklich das "Recht der Bundesrepublik Deutschland" berufen (Nr. 5 S. 2 des Schiedsvertrages, Nr. XIV Abs. 1 des Kontoeröffnungsvertrages). Dem Schiedsgericht muss als Vorsitzender ein Obmann angehören, der die Befähigung zum Richteramt nach den Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland hat (Nr. 2 Abs. 2 S. 2 des Schiedsvertrages). Bei einem solchen Schiedsgericht kann nicht von vornherein angenommen werden, es werde zwingende Vorschriften des deutschen Rechts missachten (BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 68/90, MDR 1991, 751 = NJW 1991, 2215).
5. Das Berufungsgericht hat den Schiedsvertrag schließlich zu Recht nicht gem. § 28 BörsG a.F. für unverbindlich erachtet. Nach dieser Bestimmung ist eine Vereinbarung, durch welche die Beteiligten sich der Entscheidung eines Börsenschiedsgerichts unterwerfen, nur verbindlich, wenn beide Teile zu den Personen gehören, die nach § 53 Abs. 1 BörsG a.F. Börsentermingeschäfte abschließen können (§ 28 Alt. 1 BörsG a.F.).
§ 28 BörsG a.F. ist indes im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn in dem Schiedsvertrag v. 18.5.1998 ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Börsenschiedsgericht, d.h. ein Schiedsgericht, das den besonderen Bedürfnissen des Börsenverkehrs dient und mit diesem in einem organischen Zusammenhang steht (BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 68/90, MDR 1991, 751 = NJW 1991, 2215 [2216], m.w.N.), nicht berufen worden.
§ 28 BörsG a.F. kann nicht - über den Wortlaut hinaus - angewendet werden auf Schiedsvereinbarungen, die andere als Börsenschiedsgerichte vorsehen. Das vertrüge sich nicht mit dem Gesetzeszweck: Die in § 28 BörsG a.F. geregelte Börsenschiedsgerichtsbarkeit ist in besonderer Weise Ausdruck der kaufmännisch-kooperativen Autonomie des Börsenwesens und folglich auf diesen Wirkungskreis beschränkt (BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 68/90, MDR 1991, 751 = NJW 1991, 2215 [2216]; Berger, ZBB 2003, 77 [80]).
6. § 37h WpHG, der an die Stelle von § 28 BörsG a.F. getreten ist und allgemein Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften nur dann für verbindlich erklärt, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, ist hier noch nicht anwendbar. Denn diese Bestimmung ist erst durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz v. 21.6.2002 (BGBl. I, 2010) mit Wirkung v. 1.7.2002 eingefügt worden (Art. 23 S. 1 dieses Gesetzes). Da dem Gesetz keine Rückwirkung zukommt, behalten alle zuvor - im Streitfall am 18.5.1998 - wirksam geschlossenen Schiedsvereinbarungen ihre Gültigkeit (Sethe in Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, 3. Aufl. 2003, § 37h Rz. 61).
Fundstellen
Haufe-Index 1317216 |
BGHZ 2005, 9 |
DB 2005, 495 |
DStZ 2005, 319 |
NJW 2005, 1125 |
BauR 2005, 1369 |
EBE/BGH 2005, 2 |
EWiR 2005, 367 |
IBR 2005, 454 |
IBR 2005, 578 |
JurBüro 2005, 388 |
WM 2005, 1143 |
ZAP 2005, 545 |
DNotZ 2005, 666 |
JZ 2005, 958 |
MDR 2005, 706 |
VuR 2005, 236 |
IDR 2005, 89 |
LMK 2005, 68 |
Mitt. 2005, 181 |
SchiedsVZ 2005, 95 |