Leitsatz (amtlich)
a) Verhindert der Mieter - etwa indem er Erhaltungsmaßnahmen pflichtwidrig nicht duldet oder ihre Duldung von ungerechtfertigten Forderungen abhängig macht - unberechtigt die Mangelbeseitigung durch den Vermieter, folgt aus den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB, dass er sich ab dem Zeitpunkt nicht mehr auf die Minderung berufen kann, ab dem die Mangelbeseitigung ohne sein verhinderndes Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre und der Vermieter wieder die ungeminderte Miete hätte verlangen dürfen.
b) Bei der infolge einer Erhaltungsmaßnahme erlittenen Umsatzeinbuße handelt es sich nicht um eine Aufwendung i.S.v. § 555a Abs. 3 BGB.
c) Der Vermieter haftet für Schäden des Mieters aufgrund einer Erhaltungsmaßnahme (hier: Umsatzausfall) nicht allein deshalb, weil er die Maßnahme veranlasst hat.
d) Ein Mietrückstand von über einer Monatsmiete ist bei gewerblichen Mietverhältnissen erheblich i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB (im Anschluss an BGH, Urt. v. 23.7.2008 - XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210).
e) Bei Mietverhältnissen, die nicht Wohnraum betreffen, kann ein Rückstand von einer Monatsmiete oder weniger auch - und nur dann - erheblich i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB sein, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten. Als solche kommen in der Gewerberaummiete neben der Kreditwürdigkeit des Mieters insb. die finanzielle Situation des Vermieters und die Auswirkungen des konkreten Zahlungsrückstands auf diese in Betracht.
Normenkette
BGB §§ 536, 536a, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 555a
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 28.05.2014; Aktenzeichen 8 U 8/14) |
LG Hamburg (Entscheidung vom 09.01.2014; Aktenzeichen 316 O 193/13) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Hamburg vom 28.5.2014 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das OLG zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin begehrt von den Beklagten Räumung und Herausgabe von gemieteten Gewerberäumen.
Rz. 2
Mit im April 2003 schriftlich geschlossenem Mietvertrag vermietete die Klägerin an die Beklagten zu 1) und zu 2) (im Folgenden: die Mieter) Gewerberäume zum Betrieb eines Restaurants. Es war eine Vertragslaufzeit bis zum 30.9.2013 vereinbart und den Mietern eine Option zur Vertragsverlängerung bis zum 30.9.2018 eingeräumt. Die monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag des jeweiligen Monats zu zahlende Bruttomiete betrug zuletzt 19.453,49 EUR. Die Mieter vermieteten das Objekt an die Beklagte zu 3) unter, deren geschäftsführender Alleingesellschafter der Beklagte zu 1) ist.
Rz. 3
An dem Mietobjekt traten Mängel auf, derentwegen die Mieter ab Juli 2011 die Miete minderten. Mit Schreiben vom 22.1.2013 kündigte die Klägerin gegenüber den Mietern die Mangelbeseitigung an und bat um Bestätigung. Diese verweigerten die Mieter jedoch und erklärten, das Mietobjekt für die Sanierungsmaßnahmen nur zur Verfügung zu stellen, wenn vorab die für eine sechswöchige Schließung des Restaurants zu erwartenden "Umsatzausfälle sprich Fixkosten, Gewinnverluste etc. pp. ... geprüft und finanziert bzw. geregelt" seien. Eine solche Regelung unterblieb ebenso wie eine Mangelbeseitigung.
Rz. 4
Die Mieter bezahlten ab März 2013 jeweils nur eine um 7.799,55 EUR geminderte Miete. Am 4.7.2013 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung, weil sich die Mieter ihrer Meinung nach zu diesem Zeitpunkt mit mehr als zwei Monatsmieten im Verzug befanden. Die Mieter vertraten demgegenüber die Auffassung, zur Minderung berechtigt zu sein, und beriefen sich auf ein Zurückbehaltungsrecht.
Rz. 5
Das LG hat der von der Klägerin erhobenen Räumungs- und Herausgabeklage stattgegeben. Das OLG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
A.
Rz. 7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung (veröffentlicht in BeckRS 2014, 14093) wie folgt begründet:
Rz. 8
Die Klägerin habe mit dem Schreiben vom 4.7.2013 wirksam außerordentlich gekündigt, weil die Mieter sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Betrag von mehr als zwei Monatsmieten in einem Zeitraum von mehr als zwei Terminen in Verzug befunden hätten. Ein den Verzug ausschließendes Zurückbehaltungsrecht habe nicht bestanden. Im Kern komme es insoweit darauf an, ob die Mieter die Mangelbeseitigung zu Recht verweigert hätten. Dies hänge wiederum davon ab, ob ihnen für die Zeit der Schließung der Gaststätte ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin zugestanden hätte. Ein Mieter könne sich nicht auf eine mangelbedingte Minderung berufen, wenn er die Mangelbeseitigung verhindere oder mutwillig erschwere. Das gelte auch für ein auf Mängel gestütztes Zurückbehaltungsrecht.
Rz. 9
Die Mieter könnten mangels Schadensersatzanspruchs für etwaige Schäden infolge der Mangelbeseitigungsarbeiten kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Für die Anwendung des § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB fehle es an einem anfänglichen Mangel, für die des § 536a Abs. 1 Alt. 2 BGB am vom Vermieter zu vertretenden, nach Vertragsschluss entstehenden Umstand. Letzterer liege nicht allein darin, dass der Vermieter die Erhaltungsmaßnahme veranlasst habe. Zwar sei nicht von der Hand zu weisen, dass er sich vertraglich zur Gewährung des Gebrauchs an der Mietsache verpflichtet habe. Wegen der auf Erhaltungsmaßnahmen bezogenen Duldungspflicht des Mieters aus § 555a Abs. 1 BGB handele der Vermieter bei Durchführung der Erhaltungsmaßnahme aber nicht rechtswidrig. Für dieses Verständnis spreche auch § 555a Abs. 3 BGB.
Rz. 10
Ob ein solcher Schadensersatzanspruch dem Duldungsanspruch aus § 555a BGB im Wege eines Zurückbehaltungsrechts entgegengehalten werden könne, müsse ebenso wenig entschieden werden wie die Frage, ob der Gegenanspruch vollwirksam und fällig i.S.d. § 273 BGB sei.
Rz. 11
Die Klägerin habe die Arbeiten ordnungsgemäß rechtzeitig angekündigt, die Beklagten könnten sich nicht auf eine Treuwidrigkeit des klägerischen Verhaltens berufen. Zwar bestehe über die Mangelhaftigkeit seit Jahren Streit und hätten die Beklagten möglicherweise ein rechtlich geschütztes Interesse, dass die Arbeiten auch im betriebswirtschaftlichen Sinne nicht zur Unzeit erfolgten. Ihre Verweigerung hätten sie jedoch nicht auf konkrete Hindernisse gegründet, sondern das Anerkenntnis eines Schadensersatzanspruchs für entgangenen Gewinn gefordert. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum der Beklagten komme angesichts der schon vor der Mitwirkungsverweigerung umstrittenen Rechtslage ebenfalls nicht in Betracht.
Rz. 12
Schließlich könnten die Mieter dem Mietanspruch in dem in Rede stehenden Zeitraum einen Anspruch auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustands gem. § 320 BGB solange nicht entgegenhalten, wie sie die Beseitigung der Mängel selbst verhindert hätten. Ihre Weigerung, die Arbeiten durchführen zu lassen, stelle sich als widersprüchliches Verhalten dar.
Rz. 13
Die Kündigung habe mithin das Mietverhältnis mit den Mietern wirksam beendet. Ein Räumungsanspruch ergebe sich aus § 546 Abs. 2 BGB auch gegenüber der Beklagten zu 3) als der Untermieterin.
B.
Rz. 14
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
I.
Rz. 15
Die rechtliche Einschätzung des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b BGB für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses hätten vorgelegen, ist revisionsrechtlich zu beanstanden. Zwar war die Weigerung der Mieter, die Erhaltungsmaßnahmen zu dulden, unberechtigt, so dass sie sich grundsätzlich nicht mehr auf die mängelbedingte Minderung berufen konnten. Dies gilt jedoch erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Mangelbeseitigung ohne das verhindernde Verhalten des Mieters nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre. Mangels entsprechender tatrichterlicher Feststellungen zu diesem Zeitpunkt kann ein bei Vornahme der Kündigungserklärung vom 4.7.2013 bestehender Mietrückstand i.H.v. mindestens zwei Monatsmieten nicht bejaht werden.
Rz. 16
1. Eine unberechtigte Duldungsverweigerung kann gem. § 242 BGB dazu führen, dass der Mieter sich auf die Minderung der Miete nicht mehr berufen darf.
Rz. 17
a) Nach § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB hat der Mieter für die Zeit, während der die Tauglichkeit der Mietsache durch Mängel gemindert ist, nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Verhindert er jedoch unberechtigt die Mangelbeseitigung durch den Vermieter, folgt aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB (und hierbei aus dem Verbot des venire contra factum proprium), dass der Mieter grundsätzlich wieder die ungeminderte Miete zu entrichten hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rz. 46; BeckOK/BGB/Ehlert [Stand: 1.5.2014] § 536 Rz. 107 m.w.N.; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 4. Aufl., § 536 BGB Rz. 184; Häublein in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 536 Rz. 32; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 11. Aufl., § 536 BGB Rz. 628).
Rz. 18
Eine treuwidrige Verhinderung der Mangelbeseitigung durch den Mieter ist etwa dann anzunehmen, wenn er entgegen seiner aus § 555a Abs. 1 BGB bzw. früher § 554 Abs. 1 BGB folgenden Pflicht, Maßnahmen zur Instandhaltung oder Instandsetzung (Erhaltungsmaßnahmen) zu dulden, Einwirkungen auf die Mietsache nicht zulässt oder ihre Duldung von ungerechtfertigten Forderungen abhängig macht (BeckOK/BGB/Ehlert [Stand: 1.5.2014] § 536 Rz. 107 m.w.N.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 536 Rz. 37).
Rz. 19
b) Der in die Darlegungs- und Beweislast des Vermieters fallende, eine Mietminderung hindernde Einwand, der Mieter habe die Mangelbeseitigung treuwidrig verhindert, beruht auf der Erwägung, dass es der Mieter nicht in der Hand haben darf, durch eigenes Handeln bzw. Unterlassen die Mangelsituation und damit die Minderung der Miete zu perpetuieren. Hinsichtlich der geschuldeten Miete soll der Vermieter so gestellt werden, als ob er die Mangelbeseitigung durchgeführt hätte. Dann können die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB aber nur dazu führen, dass sich der Mieter ab dem Zeitpunkt nicht mehr auf die Minderung berufen kann, ab dem die Mangelbeseitigung ohne sein verhinderndes Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre und der Vermieter wieder die ungeminderte Miete hätte verlangen dürfen. Denn den für die - fiktive - Mangelbeseitigung erforderlichen Zeitraum unberücksichtigt und den Mieter auch hierfür auf die volle Miete haften zu lassen, würde im Ergebnis einerseits den Vermieter ungerechtfertigt begünstigen und andererseits den Mieter über das hinaus belasten, was er bei vertragsgemäßem Verhalten schuldete. Dafür bietet § 242 BGB keine Grundlage.
Rz. 20
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht unter Anlegung dieses Maßstabes angenommen, dass die Mieter treuwidrig die Mangelbeseitigung verhindert haben.
Rz. 21
a) Die Voraussetzungen des - erst mit Ablauf des 30.4.2013 außer Kraft getretenen und gem. § 578 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. auch für gewerbliche Mietverhältnisse anwendbaren - § 554 Abs. 1 BGB (jetzt §§ 578 Abs. 2 Satz 1, 555a Abs. 1 BGB), nach dem der Mieter Maßnahmen zu dulden hatte, die zur Erhaltung (Instandsetzung und Instandhaltung) der Mietsache erforderlich sind, lagen im Februar 2013 vor. Insbesondere hatte die Klägerin gemäß den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen ihrer sich seinerzeit aus § 242 BGB ergebenden (vgl. Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 555a Rz. 12; BT-Drucks. 17/10485, 18), jetzt in § 555a Abs. 2 BGB geregelten Pflicht genügt, die geplante Maßnahme rechtzeitig anzukündigen.
Rz. 22
b) Nach der von der Revision ebenfalls nicht gerügten und revisionsrechtlich beanstandungsfreien tatrichterlichen Auslegung der von den Mietern abgegebenen Äußerungen haben diese der Sache nach erklärt, die Mangelbeseitigung nur bei einem vorhergehenden Anerkenntnis der Klägerin, den durch die mit der Mangelbeseitigung verbundenen zeitweiligen Schließung der Mieträume entstehenden Umsatzausfall zu ersetzen, zu dulden, und damit die Duldung im Ergebnis unberechtigt verweigert. Denn ein solcher Ersatzanspruch stand ihnen nicht zu.
Rz. 23
aa) Er folgte nicht aus §§ 578 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., 554 Abs. 4 BGB (jetzt §§ 578 Abs. 2 Satz 1, 555a Abs. 3 BGB), wonach der Vermieter Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Erhaltungsmaßnahme machen muss, in angemessenem Umfang zu ersetzen und auf Verlangen Vorschuss zu leisten hat.
Rz. 24
(1) Bei der infolge einer Erhaltungsmaßnahme erlittenen Umsatzeinbuße handelt es sich nach zutreffender einhelliger Meinung nicht um eine Aufwendung i.S.v. § 554 Abs. 4 BGB bzw. jetzt § 555a Abs. 3 BGB (vgl. etwa OLG Saarbrücken Urt. v. 20.12.2010 - 8 U 507/09 - juris Rz. 46; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 4. Aufl., § 555a BGB Rz. 24; Bub/Treier/Schüller Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. III.A Rz. 2713; MünchKomm/BGB/Bieber 6. Aufl., § 554 Rz. 40; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 11. Aufl., § 555a BGB Rz. 58). Der Begriff der Aufwendung, der sich im Bürgerlichen Gesetzbuch an vielen Stellen findet, ist gesetzlich nicht definiert. Auch wenn sein Inhalt bezogen auf die jeweilige Norm zu bestimmen ist, besteht Einigkeit darüber, dass unter einer "Aufwendung" die freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten für die Interessen eines anderen zu verstehen ist (vgl. etwa BGH, Urt. v. 26.4.1989 - IVb ZR 42/88, FamRZ 1989, 850, 853 m.w.N.), wobei von einer Freiwilligkeit nur dann ausgegangen werden kann, wenn die Aufwendung auf einer Leistung beruht (Staudinger/Bittner BGB [2014] § 256 Rz. 5; vgl. auch Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 555d Rz. 19). Daran fehlt es aber bei einer Umsatzeinbuße.
Rz. 25
Dass der Gesetzgeber entgegen diesem allgemeinen Verständnis des Aufwendungsbegriffs mit der in § 554 Abs. 4 BGB enthaltenen Regelung, der der durch das Mietrechtsänderungsgesetz vom 11.3.2013 (BGBl. I, 434) eingeführte und mit Wirkung zum 1.5.2013 in Kraft getretene § 555a Abs. 3 BGB entspricht (BT-Drucks. 17/10485, 18), auch einen nicht auf einer Leistung beruhenden Vermögensschaden erfassen wollte, ist nicht ersichtlich. Nach der Gesetzesbegründung war der Gesetzgeber der Auffassung, der Aufwendungsersatzanspruch folge an sich schon aus der Vorschrift des § 536 BGB a.F., "da der Vermieter zur Beseitigung aller durch die Erhaltungsmaßnahmen verursachten Schäden und Beschränkungen des Mieters in den vertragsgemäßen Gebrauch verpflichtet" sei (BT-Drucks. 14/4553, 50). Unabhängig davon, ob diese Rechtsauffassung jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt zutreffend war, lässt sich dem lediglich entnehmen, dass der Bestimmung für den Bereich des Aufwendungsersatzes klarstellende Funktion zukommen sollte.
Rz. 26
(2) Wie die Gesetzgebungsgeschichte belegt, enthielt § 554 Abs. 4 BGB allerdings - ebenso wie jetzt § 555a Abs. 3 BGB - keine abschließende Regelung der dem Mieter bei Duldung der Erhaltungsmaßnahme zustehenden Ansprüche, so dass insb. mietrechtliche Gewährleistungsrechte nach §§ 536, 536a BGB nicht ausgeschlossen sind. Bei Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen kann sich der Mieter daher auf eine Mietminderung während der Erhaltungsmaßnahmen berufen und Schadensersatz nach § 536a BGB verlangen (allgM, vgl. etwa Emmerich in Emmerich/Sonnenschein Miete 11. Aufl., § 555a BGB Rz. 13; MünchKomm/BGB/Bieber BGB, 6. Aufl., § 554 Rz. 8; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 11. Aufl., § 555a BGB Rz. 66 ff.).
Rz. 27
bb) Der von den Mietern als Gegenrecht gegen die Duldung eingewandte Anspruch folgt aber auch nicht aus § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB. Die insoweit bestehende Garantiehaftung des Vermieters greift nur bei anfänglichen Mängeln ein. Solche lagen nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch nicht vor.
Rz. 28
cc) Ohne Erfolg beruft sich die Revision auf § 536a Abs. 1 Alt. 2 BGB, nach dem der Mieter Schadensersatz verlangen kann, wenn nach Vertragsschluss ein Mangel der Mietsache i.S.d. § 536 BGB entsteht, den der Vermieter zu vertreten hat.
Rz. 29
(1) Allerdings ist streitig, ob der Vermieter auch dann, wenn ihn - wie hier vom Berufungsgericht festgestellt und von der Revision hingenommen - weder im Zusammenhang mit Entstehung oder Umfang des Mietmangels noch mit dem konkreten Schadenseintritt beim Mieter ein zurechenbares Verschulden trifft, für Schäden des Mieters infolge der Erhaltungsmaßnahme allein deshalb haftet, weil er die Maßnahme veranlasst hat.
Rz. 30
Die dies bejahende Auffassung (Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 11. Aufl., § 555a BGB Rz. 69; vgl. auch Emmerich in Emmerich/Sonnenschein Miete 11. Aufl., § 555a BGB Rz. 13; MünchKomm/BGB/Bieber 6. Aufl., § 554 Rz. 8; Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 555a Rz. 14) führt zur Begründung an, andernfalls würde das dem Vermieter gem. § 538 BGB obliegende Abnutzungsrisiko teilweise auf den Mieter übertragen. Zudem übernehme der Vermieter die Garantie für die vertragsgemäße Beschaffenheit. Greife er einseitig in das Vertragsverhältnis ein, um seiner Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht nachzukommen, sei es gerechtfertigt, ihn für Folgeschäden haftbar zu machen.
Rz. 31
Die überwiegende Meinung argumentiert hingegen, der Vermieter handele wegen seiner Erhaltungspflicht und der Duldungspflicht des Mieters rechtmäßig und daher nicht schuldhaft (OLG Saarbrücken Urt. v. 20.12.2010 - 8 U 507/09 - juris Rz. 42; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 531, 532; LG Berlin Grundeigentum 1997, 619; Ehlert in Bamberger/Roth BGB, 3. Aufl., § 554 Rz. 38; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 4. Aufl., § 555a BGB Rz. 32; Bub/Treier/Kraemer/Schüller Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. III.A Rz. 2650; Hau NZM 2014, 809, 816; Kellendorfer in Spielbauer/Schneider Mietrecht § 555a BGB Rz. 22; Kinne/Schach/Bieber Miet- und Mietprozessrecht 7. Aufl., § 555a BGB Rz. 14; Lammel Wohnraummietrecht 3. Aufl., § 554 BGB Rz. 34; Schmid Miete und Mietprozess 4. Aufl. S. 522; Scholz WuM 1995, 12, 13; Sternel Mietrecht aktuell 4. Aufl. Rz. VII 126; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rz. 633). Zudem sei andernfalls § 555a Abs. 3 BGB überflüssig.
Rz. 32
(2) Die Streitfrage, die der BGH bislang ausdrücklich offen gelassen hat (BGHZ 109, 205 = NJW 1990, 453, 454), ist im Sinne der überwiegenden Auffassung zu entscheiden (in diese Richtung bereits BGH, Urt. v. 31.10.2012 - XII ZR 126/11, NJW 2013, 223 Rz. 24).
Rz. 33
(a) Zwar ist zutreffend, dass der Mieter gem. § 538 BGB Veränderungen oder Verschlechterungen, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten hat. Dies besagt jedoch nur, dass der Mieter von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist, während oder bei Beendigung des Mietverhältnisses eine durch den vertragsgemäßen Gebrauch notwendigerweise eingetretene Beschädigung der Mietsache zu beseitigen (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.2002 - XII ZR 107/99 - NZM 2002, 913, 915). Eine gesetzliche Anordnung dahingehend, dass der Vermieter für Einnahmeausfälle des Mieters während der Mangelbeseitigungsmaßnahme aufzukommen hätte, ist damit jedoch nicht verbunden. Diese Frage wird durch § 538 BGB vielmehr nicht geregelt.
Rz. 34
Nichts anderes gilt für § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, der dem Vermieter die Pflicht auferlegt, die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten. Dem lässt sich nicht entnehmen, dass der Vermieter im Wege einer Garantiehaftung immer dann und ohne Hinzutreten weiterer Umstände auf Schadensersatz haftet, wenn er dieser Verpflichtung vorübergehend nicht genügen kann (so aber Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 11. Aufl., § 555a BGB Rz. 69). Vielmehr sieht das Gesetz eine solche Garantiehaftung in § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB für anfängliche Mängel vor, was den Umkehrschluss erlaubt, dass sie ansonsten ausscheidet (vgl. Hau NZM 2014, 809, 816).
Rz. 35
(b) Dass der Gesetzgeber bei Einführung der Vorgängervorschrift des § 554 Abs. 4 BGB (in Anlehnung an Staudinger/Emmerich BGB 13. Bearb. §§ 541a, 541b BGB Rz. 23) möglicherweise von einer entsprechend weitgehenden Schadensersatzpflicht des Vermieters ausgegangen ist (vgl. BT-Drucks. 14/4553, 50), bleibt schon deswegen ohne durchgreifende Bedeutung, weil er selbst durch die spätere Einführung von § 536a Abs. 1 Alt. 2 BGB die Rechtslage anders geregelt hat.
Rz. 36
(c) Kein maßgebliches Argument für die überwiegende Meinung stellt allerdings der Verweis darauf dar, § 555a Abs. 3 BGB (bzw. früher § 554 Abs. 4 BGB) werde überflüssig, wenn bereits die bloße Veranlassung der Maßnahme eine Schadensersatzpflicht des Vermieters begründe. Abgesehen davon, dass Satz 2 der Bestimmung ausdrücklich eine Vorschusspflicht vorsieht, hatte der Gesetzgeber die Regelung zum Aufwendungsersatzanspruch selbst als reine Klarstellung angesehen.
Rz. 37
(d) Ausschlaggebend ist vielmehr, dass § 536a Abs. 1 Alt. 2 BGB ein Vertretenmüssen und damit ein - ggf. über § 278 BGB zuzurechnendes - Verschulden des Vermieters i.S.d. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB voraussetzt. Der Vorwurf schuldhaften Verhaltens beinhaltet aber ein Werturteil, indem dem Handelnden vorgeworfen wird, er habe vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Rechtsordnung verstoßen. Verschulden setzt daher Rechtswidrigkeit voraus (Staudinger/Caspers BGB [2014] § 276 Rz. 12 m.w.N.). Unabhängig davon, ob man insoweit auf das Verhaltens- oder das Erfolgsunrecht abstellt (vgl. hierzu die Darstellungen bei Erman/Westermann BGB, 14. Aufl., § 276 Rz. 4 ff.; Grundmann in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 276 Rz. 12 ff.; Staudinger/Caspers BGB [2014] § 276 Rz. 12 ff.), scheidet ein Schuldvorwurf aus, wenn es an einem Rechtsverstoß fehlt.
Rz. 38
So liegt es jedoch, wenn der Vermieter lediglich die Erhaltungsmaßnahme veranlasst. Damit handelt er in Erfüllung seiner ihm aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB erwachsenden Verpflichtung zum Erhalt der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, mit der die Pflicht des Mieters zur Duldung dieser Erhaltungsmaßnahme in § 555a Abs. 1 BGB korrespondiert. Sofern die Erfüllung der Erhaltungspflicht eine vorübergehende Einschränkung oder Unterbindung des Gebrauchs der Mietsache durch den Mieter bedingt, führt dies zwar zu der - auf eine willentliche Entscheidung des Vermieters zurückzuführenden - vorübergehenden Nichterfüllung der vertraglichen Pflicht des Vermieters zur Gewährung des Mietgebrauchs. Dies begründet aber keinen Schuldvorwurf, wenn es - wie hier - gerade notwendige Folge der Erfüllung dieser Pflicht ist.
Rz. 39
Die anders lautende Rechtsauffassung würde zu dem widersprüchlichen Ergebnis führen, allein aus der Erfüllung einer gegenüber dem Vertragspartner bestehenden Pflicht ein schuldhaftes Verhalten zu Lasten gerade dieses Vertragspartners abzuleiten.
Rz. 40
(e) Es erscheint auch sachgerecht, durch Erhaltungsmaßnahmen verursachte Einnahmeeinbußen dann, wenn den Vermieter weder am Auftreten des Mietmangels noch an Umfang und Dauer der Mangelbeseitigung ein Verschulden trifft, dem Mieter aufzuerlegen. Seinen Interessen wird durch die - jetzt in § 555a Abs. 2 BGB geregelte, früher sich aus § 242 BGB ergebende (vgl. Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 555a Rz. 12; BT-Drucks. 17/10485, 18) - Pflicht des Vermieters, die Erhaltungsmaßnahme rechtzeitig anzukündigen, Rechnung getragen, so dass sich der Mieter nach Möglichkeit darauf einstellen kann. Die zeitlichen Anforderungen an die Rechtzeitigkeit der Ankündigung richten sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls, dem Umfang und der Dringlichkeit der Maßnahme (vgl. BGH Versäumnisurteil v. 4.3.2009 - VIII ZR 110/08, NJW 2009, 1736 Rz. 16).
Rz. 41
Gerade bei der Gewerberaummiete kann die besondere Rücksichtnahmepflicht des Vermieters bei nicht dringlichen Maßnahmen zudem eine zeitliche Abstimmung mit dem Mieter gebieten, die etwa auf saisonale Besonderheiten Bedacht nimmt und dem Mieter ermöglicht, seinen Gewinnausfall möglichst gering zu halten, beispielsweise indem er für die Zeit der Erhaltungsmaßnahme Betriebsurlaub anordnet.
Rz. 42
dd) Ein Schadensersatzanspruch der Mieter lässt sich entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung schließlich auch nicht auf § 536a Abs. 1 Alt. 3 BGB stützen. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin sich mit der Mangelbeseitigung im Verzug befand, als sie den Mietern die Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen ankündigte. Denn § 536a Abs. 1 BGB knüpft für die Schadensersatzpflicht des Vermieters an das sachliche Vorliegen der dort beschriebenen Mängel oder den Verzug mit der Mangelbeseitigung und einen dadurch verursachten Schaden an (BGH, Urt. v. 3.7.2013 - VIII ZR 191/12 - NZM 2013, 675 Rz. 10). Die Umsatzeinbuße wäre hier jedoch - wie auch die Revision selbst erkennt - nicht Folge der Mängel der Mietsache, hinsichtlich deren Beseitigung die Beklagten einen Verzug der Klägerin behaupten, sondern notwendige Folge der Beseitigung selbst. Um einen Verzug mit der Behebung dieser aus der Mangelbeseitigung selbst folgenden (vorübergehenden) Gebrauchsbeeinträchtigung als eigenständigem Mangel geht es jedoch bei der von den Mietern geltend gemachten Umsatzeinbuße nicht.
Rz. 43
c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die von der Klägerin angekündigten Arbeiten hätten nicht zu einer vollständigen Mangelbeseitigung geführt, so dass auch bei unterstellter Duldungspflicht der Mieter die Miete weiterhin gem. § 536 BGB gemindert gewesen wäre. Das Berufungsgericht hat - wie auch das LG - festgestellt, dass die Klägerin eine umfassende Mangelbeseitigung angekündigt hatte. Eine revisionsrechtlich erhebliche Rüge gegen diese tatrichterliche Feststellung hat die Revision nicht erhoben.
Rz. 44
3. Gleichwohl hat das Berufungsgericht zu Unrecht das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b BGB angenommen. Denn soweit die angegriffene Entscheidung davon ausgeht, die Mieter hätten bereits ab März 2013 die ungeminderte Miete zahlen müssen, so dass im Kündigungszeitpunkt Miete von insgesamt jedenfalls 38.997,75 EUR (5x 7.799,55 EUR) und damit i.H.v. (mehr als) zwei Monatsmieten (hier: 38.906,98 EUR) offen gestanden habe, wird das von den tatrichterlichen Feststellungen nicht getragen.
Rz. 45
Das Berufungsgericht hat nämlich die Frage, wie lange die Mangelbeseitigung voraussichtlich gedauert hätte, nicht erörtert und daher auch keinerlei Feststellungen hierzu getroffen. Sie ist jedoch entscheidungserheblich. Bereits wenn die Instandsetzungsarbeiten auch nur einen Tag in den März 2013 hinein angedauert hätten, wäre nach der von den Mietern geltend gemachten Minderung der für § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b BGB erforderliche Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten im Zeitpunkt der Kündigung vom 4.7.2013 nicht erreicht gewesen. Vortrag der Klägerin, dass die Mangelbeseitigungsarbeiten noch im Februar 2013 abgeschlossen worden wären, ist nicht ersichtlich; darüber hinaus sind die Beklagten erkennbar davon ausgegangen, dass die Mangelbeseitigungsarbeiten sich über sechs Wochen erstreckt hätten.
II.
Rz. 46
Die außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin vom 4.7.2013 lässt sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen auch nicht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB stützen. Nach dieser Norm liegt ein den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist.
Rz. 47
1. Der nicht unerhebliche Rückstand muss dabei, wie sich aus Wortlaut, systematischer Stellung und Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, bei monatlicher Zahlweise der Miete aus zwei aufeinander folgenden Monatsmieten resultieren; es genügt nicht, dass sich der Rückstand aus Einzelbeträgen zusammensetzt, die für einen Zeitraum von mehr als zwei aufeinander folgenden Terminen angefallen sind (BGH, Urt. v. 23.7.2008 - XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rz. 34 ff. m.w.N. auch zur Gegenauffassung; vgl. auch BGH, Urt. v. 15.4.1987 - VIII ZR 126/86, NJW-RR 1987, 903).
Rz. 48
2. Mangels tatrichterlicher Feststellung, wie lange die Mangelbeseitigung gedauert hätte, steht bereits nicht fest, ab wann sich die Mieter nicht mehr auf die Minderung berufen konnten, so dass zumindest fraglich ist, ob sie sich im Kündigungszeitpunkt bereits für zwei aufeinander folgende Termine mit der Miete teilweise im Verzug befanden. Allerdings gehen auch die Beklagten offensichtlich nicht von einem sechs Wochen überschreitenden Mangelbeseitigungszeitraum und damit einem Ende der Arbeiten spätestens Anfang April 2013 aus, was dazu führen würde, dass bei Kündigung Teile der Mieten für Juni und Juli 2013 offen gestanden hätten. Dies kann jedoch vorliegend dahinstehen.
Rz. 49
3. Denn selbst unterstellt, die Mieter hätten sich mit jeweils 7.799,55 EUR für diese beiden Monate und damit insgesamt mit 15.599,10 EUR oder rund 80 % einer Bruttomonatsmiete im Verzug befunden, erlauben die tatrichterlichen Feststellungen nicht den rechtlichen Schluss, dass es sich dabei um einen nicht unerheblichen Teil der Miete i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB gehandelt hat.
Rz. 50
a) Die Aufnahme der Erheblichkeitsschwelle in das Gesetz trägt dem von der Rechtsprechung für alle Mietverhältnisse unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entwickelten Grundsatz Rechnung, dass wegen nur unerheblicher Rückstände nicht fristlos gekündigt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.4.1987 - VIII ZR 126/86, NJW-RR 1987, 903, 905). Wann von einem nicht unerheblichen Teil der Miete im Sinn dieser Bestimmung auszugehen ist, ist lediglich für Wohnraummietverhältnisse in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB ausdrücklich geregelt. Danach ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Da es sich hierbei um eine Schutzvorschrift zugunsten des Wohnraummieters handelt, ist nach einhelliger Auffassung ein Mietrückstand von über einer Monatsmiete bei gewerblichen Mietverhältnissen erst recht erheblich (BGH, Urt. v. 23.7.2008 - XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rz. 30 m.w.N.; vgl. auch BGH, Urt. v. 15.4.1987 - VIII ZR 126/86, NJW-RR 1987, 903, 905).
Rz. 51
b) Ob und unter welchen Voraussetzungen auch ein diese Grenze unterschreitender Gesamtrückstand nicht unerheblich sein kann, ist streitig.
Rz. 52
Nach einer Auffassung soll aus § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB geschlossen werden können, dass auch für dort ausgenommene Mietverhältnisse (nur) ein Rückstand von mehr als einer Monatsmiete nicht unerheblich sei (Wellendorfer in Spielbauer/Schneider Mietrecht § 543 BGB Rz. 24; so wohl auch MünchKomm/BGB/Bieber 6. Aufl., § 543 Rz. 46; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rz. 1003). Nach der Gegenmeinung ergibt der Umkehrschluss aus dem für den Wohnraummieter geltenden besonderen Schutz, dass bei anderen Mietverhältnissen auch ein eine Monatsmiete unterschreitender Rückstand ohne Weiteres als nicht unerheblich anzusehen sein (Erman/Lützenkirchen BGB, 14. Aufl., § 543 Rz. 32; Soergel/Heintzmann BGB, 13. Aufl., § 543 Rz. 23) bzw. dass bei einem über 50 % einer Monatsmiete hinausgehenden Rückstand von einem nicht unerheblichen Teil der Miete ausgegangen werden könne (Lammel Wohnraummietrecht 2. Aufl., § 543 BGB Rz. 116).
Rz. 53
Die Vertreter einer vermittelnden Lösung sehen die Erheblichkeit des Rückstands als Frage des Einzelfalls, die von Umständen wie der Kreditwürdigkeit des Mieters oder seiner Vertragstreue im Übrigen (BeckOK/BGB/Ehlert [Stand: 1.8.2012] § 543 Rz. 25a; Bub/Treier/Grapentin Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. IV Rz. 374; NK-BGB/Klein-Blenkers 2. Aufl., § 543 Rz. 38; Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 15 Rz. 217; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 543 Rz. 24) oder auch der Höhe der Miete (Blank in Blank/Börstinghaus Miete 4. Aufl., § 543 BGB Rz. 150; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 11. Aufl., § 543 BGB Rz. 119) abhängen könne.
Rz. 54
c) Nach Auffassung des Senats kann bei Mietverhältnissen, die nicht Wohnraum betreffen, ein Rückstand von einer Monatsmiete oder weniger auch - und nur dann - erheblich sein, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten.
Rz. 55
aa) Die in § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB für die Wohnraummiete geregelte Grenze von einer Monatsmiete erlaubt zwar den Erst-Recht-Schluss, dass bei Gewerberaummietverhältnissen jedenfalls ein Rückstand von über einer Monatsmiete nicht als unerheblich angesehen werden kann. Dass Rückstände unterhalb dieser Schwelle keinesfalls als erheblich einzustufen sind, lässt sich dem jedoch nicht entnehmen. Anderenfalls, also wenn § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB stets nur bei einem Rückstand von über einer Monatsmiete anwendbar wäre, hätte es der speziellen Schutzvorschrift für Wohnraummieter in § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB nicht bedurft.
Rz. 56
bb) Allerdings beinhaltet diese Bestimmung die allgemeine Wertung des Gesetzgebers, dass ein Rückstand für sich genommen regelmäßig erst ab der im Gesetz genannten Grenze zur außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB berechtigen soll. Diese Einschätzung korrespondiert zum einen mit der anderen in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a BGB enthaltenen Regelung, wonach Kündigungsgrund die Nichtentrichtung zweier voller Monatsmieten ist. Mit Blick darauf erscheint es sachgerecht, für die Erheblichkeit teilweiser Nichtzahlungen regelmäßig zumindest die Hälfte dessen, mithin also eine Monatsmiete zu verlangen. Sie wird zum anderen dadurch gerechtfertigt, dass die außerordentliche fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich ist (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BGB). Diese einschneidende Sanktion erfordert im Regelfall mindestens eine offene Monatsmiete.
Rz. 57
cc) Um ausnahmsweise auch bei einem geringeren Rückstand zur Erheblichkeit zu gelangen, bedarf es daher des Hinzutretens besonderer Umstände des Einzelfalls, die den Schluss auf die Erheblichkeit im betreffenden Mietverhältnis zulassen. In der Gewerberaummiete werden hierfür neben der Kreditwürdigkeit des Mieters insb. die finanzielle Situation des Vermieters und die Auswirkungen des konkreten Zahlungsrückstands auf diese Bedeutung erlangen können.
Rz. 58
d) Nachdem das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - zu solchen besonderen Einzelfallumständen bislang keine Feststellungen getroffen hat und der Gesamtrückstand lediglich rund 80 % einer Monatsmiete erreicht, kann der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB derzeit nicht bejaht werden.
III.
Rz. 59
Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Rz. 60
1. Dieses wird - nachdem es den Parteien insoweit Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag gegeben hat - die fehlenden Feststellungen zur Dauer der Mangelbeseitigung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu treffen haben. Wenn das Berufungsgericht danach erneut zu einem Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten gelangt, ist der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b BGB gegeben. Denn das Vorliegen der übrigen Verzugsvoraussetzungen hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht.
Rz. 61
a) Die Mieter können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihnen bis zur Herstellung des vertragsgemäßen - und damit mangelfreien - Zustands die Einrede des nicht erfüllten Vertrags aus § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB eröffnet gewesen sei (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26.3.2003 - XII ZR 167/01 - NZM 2003, 437) und daher kein Verzug vorgelegen habe. Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, stehen dem aus § 320 BGB folgenden Zurückbehaltungsrecht wiederum die Grundsätze von Treu und Glauben gem. § 242 BGB entgegen, weil die Mieter die Durchführung der Mangelbeseitigung durch ihre Duldungsverweigerung verhindert haben.
Rz. 62
b) Darüber hinaus haben die Mieter die Nichtleistung der Miete auch zu vertreten i.S.d. § 286 Abs. 4 BGB. Einen unvermeidbaren Rechtsirrtum, der unverschuldet sein könnte, hat das Berufungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.
Rz. 63
An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums sind nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich strenge Maßstäbe anzulegen. Der Schuldner muss die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig prüfen. Entschuldigt ist ein Rechtsirrtum nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss. Der Schuldner darf nicht das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage dem Gläubiger zuschieben (BGH, Urt. v. 11.4.2012 - XII ZR 48/10, WuM 2012, 323 Rz. 31; BGH, Urt. v. 25.10.2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 Rz. 25 m.w.N.).
Rz. 64
Diesen Anforderungen haben die Mieter nicht genügt. Sie handelten zumindest fahrlässig, also unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB), als sie nach ihrer Duldungsverweigerung die monatliche Miete nicht vollständig bezahlten. Ihnen musste bewusst sein, dass die Berechtigung, die Miete trotz ihrer Verweigerung der Duldung weiter nur gemindert zu bezahlen, davon abhing, ob sie mit Blick auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Schadensersatzansprüchen zu dieser Verweigerung berechtigt waren. Nachdem auch damals sowohl von der obergerichtlichen Rechtsprechung als auch von namhaften Stimmen in der Literatur das Bestehen eines auf Ausgleich des Einnahmeausfalls gerichteten Schadensersatzanspruchs abgelehnt wurde, mussten die Mieter eine von ihrer Auffassung abweichende rechtliche Einschätzung in Betracht ziehen. Dies genügt für den Vorwurf der Fahrlässigkeit.
Rz. 65
2. Fehlt es hingegen an einem Mietrückstand von mindestens zwei Monatsmieten im Kündigungszeitpunkt, sind die noch fehlenden Feststellungen dazu zu treffen, ob ein nicht unerheblicher Mietrückstand i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a Alt. 2 BGB bestanden hat; erforderlichenfalls wird das Berufungsgericht auch die Wirksamkeit der weiteren von der Klägerin ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigungen zu prüfen haben. Schließlich gibt die Zurückverweisung dem Berufungsgericht die Gelegenheit, erstmals Feststellungen dazu zu treffen, ob die Mieter die ihnen eingeräumte Verlängerungsoption wirksam ausgeübt haben oder ob das streitgegenständliche Mietverhältnis Ende September 2013 ohnedies durch Zeitablauf geendet hat.
Fundstellen
Haufe-Index 8031938 |
BGHZ 2016, 300 |