Entscheidungsstichwort (Thema)
Missverhältnis zwischen vereinbarter und marktüblicher Miete. Tatrichterliche Prüfung der subjektiven Erkennbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Besteht bei einem gewerblichen Miet- oder Pachtverhältnis ein auffälliges Missverhältnis zwischen der vereinbarten und der marktüblichen Miete oder Pacht, kann hieraus allein noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen werden. Vielmehr bedarf es angesichts der häufig auftretenden Bewertungsschwierigkeiten der tatrichterlichen Prüfung, ob dieses Missverhältnis für den Begünstigten subjektiv erkennbar war (im Anschluss an BGH, Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 49/99, MDR 2001, 1105 = BGHReport 2001, 770 = NJW 2002, 55).
Normenkette
BGB §§ 138, 535 i.V.m. § 581 a.F.
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 29.11.2000; Aktenzeichen 1 U 56/99) |
LG Heidelberg |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des OLG Karlsruhe v. 29.11.2000 wird zurückgewiesen, soweit er mit ihr die Widerklage gegen den Widerbeklagten zu 3) auf Zahlung von rückständiger Pacht und Nebenkosten weiterverfolgt.
Im Übrigen wird auf die Revision des Beklagten das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das OLG zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen darum, ob ein zwischen ihnen geschlossener Gaststättenpachtvertrag wegen eines auffällig überhöhten Pachtzinses sittenwidrig und deswegen ein Kaufvertrag über das Inventar der Gaststätte ebenfalls nichtig ist.
Der Beklagte verpachtete dem Kläger mit schriftlichem Vertrag v. 11.8.1993 die Gaststätte T. in H. für monatlich 6.000 DM einschließlich Mehrwertsteuer zzgl. Nebenkosten. Der Kläger hat dem Beklagten gem. § 6 des Pachtvertrags eine Kaution i.H.v. 24.000 DM in Form einer schriftlichen Bankbürgschaft gestellt, über die beide Parteien nur gemeinsam verfügen können. Der Kläger und der Widerbeklagte zu 3) (M. B.) kauften ebenfalls am 11.8.1993 das Inventar der Gaststätte zum Preis von 110.000 DM vom Beklagten. Einen Teilbetrag von 70.000 DM zahlten der Kläger und der Widerbeklagte zu 3), die in dieser Höhe ein Darlehen ihrer Brauerei erhalten hatten, vereinbarungsgemäß sofort. Den Restbetrag von 40.000 DM sollten sie in monatlichen Raten von 1.000 DM ab 1.9.1993 leisten. Hiervon haben sie insgesamt 14.000 DM bezahlt, so dass noch 26.000 DM offen sind. Mit Vertrag v. 10.2.1994 verpachtete der Beklagte die Gaststätte an die Widerbeklagte zu 2) (Z. T. Gaststättenbetriebs GmbH) für eine monatliche Pacht von 6.000 DM zzgl. 450 DM Nebenkosten einschließlich Mehrwertsteuer, wobei streitig ist, ob der Widerbeklagte zu 3), der für die Widerbeklagte zu 2) handelte, auch Pächter werden sollte.
Im Januar 1995 kündigte die Widerbeklagte zu 2) das Pachtverhältnis fristlos mit der Begründung, die Pacht sei auffällig überhöht. Anfang März 1995 kündigte auch der Beklagte das Pachtverhältnis fristlos wegen rückständiger Pachtzinsen. Die Gaststätte wurde am 10.3.1995 geräumt, wobei streitig ist, ob und ggf. in welchem Umfang das Inventar in der Gaststätte verblieben oder mitgenommen worden ist. Im Zeitpunkt der Räumung der Gaststätte waren die Nebenkosten für die Monate November 1994 bis Februar 1995i.H.v. monatlich 450 DM und die Pacht für Dezember 1994 bis Februar 1995 von monatlich 6.000 DM sowie der Anteil für März 1995i.H.v. 2.000 DM, insgesamt somit 21.800 DM, nicht bezahlt.
Der Kläger, der geltend macht, das Pachtverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten sei bereits im Oktober 1993 beendet worden, verlangt vom Beklagten mit der Klage die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde. Der Beklagte verlangt vom Kläger und den Widerbeklagten zu 2) und 3) im Wege der Widerklage die Zahlung der - rechnerisch unstreitigen - Pacht- und Nebenkostenrückstände von insgesamt 21.800 DM nebst Zinsen sowie vom Kläger zusätzlich die Zustimmung zur Auszahlung dieses Betrages aus der Bankbürgschaft. Die Widerbeklagten zu 2) und 3) machen geltend, der Widerbeklagte zu 3) sei nie Pächter geworden. Außerdem sei der Pachtvertrag wegen eines auffällig überhöhten Pachtzinses sittenwidrig. Deswegen sei auch der Kaufvertrag nichtig. Sie haben daher gegen den Beklagten Wider-Widerklage auf Rückzahlung überzahlter Pacht i.H.v. 46.908 DM und des gezahlten Kaufpreises i.H.v. 84.000 DM erhoben.
Das LG hat Pacht- und Kaufvertrag als wirksam angesehen. Es hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Bürgschaftsurkunde Zug um Zug gegen Zahlung des Restkaufpreises von 26.000 DM für das Gaststätteninventar zurückzugeben. Die Widerklage des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung der restlichen Pacht i.H.v. 21.800 DM nebst Zinsen und auf seine Zustimmung zur Auszahlung dieses Betrages aus der Bürgschaft hat es abgewiesen, weil der Kläger spätestens mit Abschluss des neuen Pachtvertrages v. 10.2.1994 aus dem Pachtverhältnis ausgeschieden sei. Auch gegen den Widerbeklagten zu 3) blieb die Widerklage mangels Passivlegitimation erfolglos. Dagegen hat es die Widerbeklagte zu 2) zur Zahlung des genannten Betrages verurteilt. Die Wider-Widerklage- der Widerbeklagten zu 2) und 3) gegen den Beklagten auf Rückzahlung überzahlter Pacht (46.908 DM) und des Kaufpreises für das Inventar (84.000 DM) hat es mangels Sittenwidrigkeit des Pachtvertrags abgewiesen.
Auf die Berufungen des Klägers und der Widerbeklagten zu 2) und 3) hat das OLG unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Beklagten den Pachtvertrag als sittenwidrig und den Kaufvertrag deswegen als nichtig angesehen. Es hat den Beklagten zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an den Kläger verurteilt. Die Widerklage des Beklagten auf rückständige Pacht hat es abgewiesen. Auf die von den Widerbeklagten zu 2) und 3) ihrerseits erhobenen (Wider-)Widerklagen hat es den Beklagten zur Rückzahlung überhöhter Pacht von 16.894,62 DM an die Widerbeklagte zu 2) und zur Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar i.H.v. 71.000 DM an den Widerbeklagten zu 3) verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat angenommene Revision des Beklagten, mit der er seine zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Da der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, ist über die Revision des Beklagten auf dessen Antrag in Bezug auf den Kläger und die Widerbeklagte zu 2) durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht jedoch auch insoweit nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79 [81]).
Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage des Beklagten auf rückständige Pacht und Nebenkosten (21.800 DM) gegen den Widerbeklagten zu 3) richtet. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Widerklage damit begründet, dass der Widerbeklagte zu 3) nach dem Pachtvertrag v. 10.2.1994 nicht Pächter wurde. Gegen diese Auslegung des Pachtvertrages wendet sich die Revision nicht. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler des Berufungsgerichts sind insoweit auch sonst nicht ersichtlich.
Im Übrigen ist die Revision des Beklagten begründet. Sie führt in diesem Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde und schulde den Widerbeklagten zu 2) und 3) die Rückzahlung überhöhter Pacht bzw. Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar, weil der Pachtvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und deswegen der Kaufpreis über das Inventar gem. § 139 BGB ebenfalls nichtig sei. Der Pachtvertrag sei sittenwidrig, weil zwischen Leistung und Gegenleistung ein besonders auffälliges Missverhältnis bestehe. Denn nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen S. betrage die ortsübliche Pacht für vergleichbare Gaststätten 3.122,82 DM einschließlich 15 % MwSt. Die vereinbarte Pacht von 6.000 DM liege damit um 92 % über der ortsüblichen Pacht. Dieses besonders auffällige, grobe Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung rechtfertige den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten. Der Widerbeklagten zu 2) stehe daher für die Monate Februar 1994 bis November 1994, in denen sie die Pacht bezahlt habe, gem. § 812 Abs. 1 S. 1, § 818 Abs. 2 BGB ein Bereicherungsanspruch i.H.v. 28.771,80 DM (6.000 DM - 3.122,82 DM = 2.877,18 DM x 10) zu. Von diesem Betrag seien 12.209,40 DM abzuziehen. Dies sei der Wertersatz, den die Widerbeklagte zu 2) dem Beklagten für die Überlassung der Gaststätte von Dezember 1994 bis 10.3.1995 schulde (3.122,82 DM x 3 zzgl. 1.040,94 DM für März 1995 zzgl. 1.800 DM Nebenkosten).
Dem Widerbeklagten zu 3) stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für das Inventar i.H.v. 71.000 DM zu. Der Widerbeklagte zu 3) sei vom Kläger ermächtigt worden, diesen Anspruch, der materiell auch dem Kläger zustehe, im Wege der gewillkürten Prozess-Standschaft alleine geltend zu machen. Die Nichtigkeit des Pachtvertrages führe gem. § 139 BGB auch zur Nichtigkeit des Kaufvertrags. Zwar hätten die Kläger insgesamt 84.000 DM auf den Kaufpreis bezahlt. Von diesem Betrag sei jedoch der Wert der Nutzung des Inventars für 13 Monate i.H.v. insgesamt 13.000 DM abzuziehen, so dass ein Anspruch von 71.000 DM verbleibe.
Dem Kläger stehe, auch wenn er nicht bewiesen habe, mit Abschluss des Pachtvertrags v. 10.2.1994 aus dem Pachtvertrag v. 11.8.1993 entlassen worden zu sein, ein uneingeschränkter Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu; der Beklagte habe nämlich keinen Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises i.H.v. 26.000 DM. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten an der Bürgschaftsurkunde nach § 273 BGB entfalle daher schon aus diesem Grunde.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des OLG, dass bei der Prüfung, ob ein Gaststättenpachtvertrag ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufweist und der Vertrag bei Hinzutreten subjektiver Umstände deshalb als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, der angemessene orts- bzw. marktübliche Pachtzins für die Gebrauchsüberlassung der Gaststätte der tatsächlich vereinbarten Pacht gegenüberzustellen ist. Die sog. EOP-Methode (an der Ertragskraft orientierte Pachtwertfindung) und die von ihr abgeleitete sog. indirekte Vergleichsmethode sind hingegen nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden marktüblichen Pachtzins zu bestimmen (BGH v. 28.4.1999 - XII ZR 150/97, BGHZ 141, 257 = MDR 1999, 1432; Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 49/99, MDR 2001, 1105 = BGHReport 2001, 770 = NJW 2002, 55).
2. Die Revision rügt auch ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe das Gutachten des Sachverständigen S. nicht verwerten dürfen.
a) Entgegen den Ausführungen der Revision ist nicht zu beanstanden, dass das OLG in den Rügen des Beklagten, der Sachverständige habe gegen seine Pflicht zur Neutralität verstoßen, kein Ablehnungsgesuch gesehen hat. Das Berufungsgericht hat sich außerdem im Rahmen der Beweiswürdigung, wie erforderlich (BGH, Urt. v. 21.3.1981 - IVa ZR 108/80, MDR 1981, 739 = NJW 1981, 209), mit den Vorwürfen des Beklagten zur angeblichen Befangenheit des Sachverständigen auseinander gesetzt. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Sachverständige nicht befangen ist und sein Gutachten deshalb verwertet werden kann. Der Senat hat die hiergegen erhobenen Rügen der Revision geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565a ZPO a.F.).
b) Nach Meinung der Revision ist das Gutachten auch deswegen nicht verwertbar, weil die Ausführungen des Sachverständigen gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze verstoßen würden. Hierzu rügt die Revision, der Gutachter hätte bei der Berechnung der ortsüblichen Pacht die Tatsache berücksichtigen müssen, dass die streitgegenständliche Gaststätte im Gegensatz zu den vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichsgaststätten mehr Außen- als Innenplätze habe. Die Ausführungen des Sachverständigen, die gegenüber den Innenplätzen erhöhte Anzahl von Außenplätzen sei ohne Einfluss auf die Bewertung der Pachtsache, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar. Damit dringt die Revision nicht durch.
Das OLG konnte den Ausführungen des Sachverständigen auch darin folgen, dass die Sitzplätze im Gastraum als Basis anzusetzen seien und dass der Umstand, dass die Gaststätte mehr Außen- als Innenplätze aufweise, nicht zu einer höheren Pacht führe, weil die Außenplätze lediglich als Sitzplatzausgleich an warmen Tagen dienten und die Gaststätte im Übrigen relativ abgelegen außerhalb der Fußgänger- und Touristenzone liege.
3. Das OLG ist auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass wegen der von ihm festgestellten Überteuerung der Pacht um rund 92 % ein besonders auffälliges, grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Dieses besteht nach der Rechtsprechung des BGH nämlich schon dann, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGH v. 28.4.1999 - XII ZR 150/97, BGHZ 141, 257 [262] = MDR 1999, 1432; Urt. v. 19.1.2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 [302] = MDR 2001, 683 = BGHReport 2001, 269). Rechtsfehlerhaft war es jedoch, dass das Berufungsgericht keine tatrichterliche Würdigung vorgenommen hat, ob dieses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für den Beklagten erkennbar war, sondern allein aus dem Vorliegen des groben Missverhältnisses auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten geschlossen hat. Im Einzelnen:
a) Ein Vertrag ist als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten (BGH v. 28.4.1999 - XII ZR 150/97, BGHZ 141, 257 [263] = MDR 1999, 1432). Ein besonders auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung legt im Allgemeinen den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten nahe (st.Rspr. BGH, Urt. v. 30.5.2000 - IX ZR 121/99, MDR 2000, 1400 = NJW 2000, 2669 [2670]). Für bestimmte Vertragstypen hat der BGH allein wegen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen, auch wenn im konkreten Fall keine weiteren, für ein sittenwidriges Verhalten des Begünstigten sprechende Umstände hinzukamen. Dies gilt insb. für Teilzahlungs- oder Ratenkreditverträge mit privaten Kunden (BGH v. 12.3.1981 - III ZR 92/79, BGHZ 80, 153 [161] = MDR 1981, 564; v. 10.7.1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 [178] = MDR 1986, 915 m.w.N.) und für Grundstückskaufverträge (BGH, Urt. v. 19.1.2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 [302] = MDR 2001, 683 = BGHReport 2001, 269 m.w.N.).
b) Wie der Senat indes zwischenzeitlich entschieden hat (BGH, Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 49/99, MDR 2001, 1105 = BGHReport 2001, 770 = NJW 2002, 55 [57]), sind auf die Prüfung, ob ein gewerblicher Miet- oder Pachtvertrag als wucherähnlich nichtig ist, nicht ohne weiteres die Grundsätze zu übertragen, die im Rahmen von Teilzahlungs- oder Ratenkreditverträgen sowie Grundstückskaufverträgen in Bezug auf die Feststellung der verwerflichen Gesinnung des Begünstigten gelten. Auch in diesen Fällen verzichtet die Rechtsprechung des BGH allerdings nicht auf das subjektive Element der Sittenwidrigkeit. Sie geht lediglich davon aus, dass das vorliegende auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen hinreichend sicheren Rückschluss darauf zulässt, dass auch dieses subjektive Element - die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten - gegeben ist. Ein solcher Rückschluss setzt aber voraus, dass sich der Begünstigte nach der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, es liege ein auffälliges Missverhältnis vor (BGH, Urt. v. 19.1.2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 [303, 304] = MDR 2001, 683 = BGHReport 2001, 269). Davon kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Marktwert der Leistung für ihn in etwa erkennbar war. Dies ist bei Darlehensverträgen von Kreditbanken mit Privatpersonen stets und bei Grundstücksgeschäften Privater regelmäßig der Fall (BGH, Urt. v. 19.1.2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 [303, 304] = MDR 2001, 683 = BGHReport 2001, 269). Im Gegensatz dazu kommt es jedoch, wie der Senat in seinem Urteil (BGH, Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 49/99, MDR 2001, 1105 = BGHReport 2001, 770 = NJW 2002, 55 [57]) im Einzelnen dargelegt hat, beim Abschluss von gewerblichen Miet- und Pachtverträgen nicht nur in Ausnahmefällen zu Bewertungsschwierigkeiten. Deshalb ist bei gewerblichen Mietverträgen regelmäßig eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob das auffällige Missverhältnis für den Begünstigten erkennbar war.
4. Das Berufungsurteil ist demnach im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat, ob neben dem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung weitere Umstände oder weitere Regelungen in dem Vertrag für eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten sprechen (BGH, Urt. v. 13.6.2001 - XII ZR 49/99, MDR 2001, 1105 = BGHReport 2001, 770 = NJW 2002, 55 [57]) oder ob für den Beklagten das grobe Missverhältnis nicht erkennbar war.
5. Für das weitere Verfahren dürfte Folgendes zu beachten sein:
Sollte das Berufungsgericht zum Ergebnis kommen, der Kaufvertrag sei gültig, dürfte zu prüfen sein, ob im Verhältnis der Parteien das Verbraucherkreditgesetz anzuwenden ist und ob der Beklagte vom Kaufvertrag zurückgetreten ist, weil er, was von ihm jedoch bestritten wird, das Inventar an sich genommen hat (§ 13 Abs. 3 VerbrKrG i.V.m. § 346 ff. BGB a.F.). Klärungsbedürftig wäre in diesem Zusammenhang auch, ob der Beklagte beim Verkauf des Inventars in Ausübung seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 VerbrKrG) handelte und ob der Kaufvertrag mit dem Kreditvertrag der Brauerei ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet.
Zweifelhaft erscheint weiterhin, ob, wovon die Parteien aber anscheinend ausgehen, der Kläger, selbst wenn Pacht- und Kaufvertrag nichtig sein sollten, die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich verlangen kann. Denn bei Wegfall des Sicherungszwecks steht, wenn sich nicht aus den jeweiligen vertraglichen Beziehungen etwas Anderes ergibt, der Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde entsprechend § 371 BGB dem Bürgen und nicht dem Pächter zu (OLG Celle, Urt. v. 17.4.2002 - 2 U 223/01, OLGReport Celle 2002, 163 = ZMR 2002, 812; OLG Düsseldorf v. 19.6.2002 --19 U 37/01, OLGReport Düsseldorf 2003, 366 = NJW-RR 2003, 668). Der Kläger könnte daher vom Beklagten allenfalls die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die bürgende Bank verlangen.
Fundstellen
Haufe-Index 1248763 |
DStZ 2005, 53 |
NJW 2004, 3553 |
BGHR 2004, 1613 |
EBE/BGH 2004, 358 |
EBE/BGH 2004, 5 |
EWiR 2005, 243 |
ZAP 2004, 1335 |
ZMR 2005, 29 |
ZfIR 2005, 94 |
MDR 2005, 26 |
WuM 2004, 739 |
GuT 2004, 225 |
Info M 2005, 30 |
MietRB 2005, 5 |
RdW 2005, 186 |
JWO-MietR 2004, 355 |