Entscheidungsstichwort (Thema)
Markverhaltensregelungen. Werbung. Internet. Haushaltsgeräte. Unterlassungsanspruch. Wiederholungsgefahr. Rechtsänderungen technischer Art
Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmungen der Art. 4 Buchst. b der Delegierten Verordnungen (EU) Nr. 1059/2010, 1060/2010 und 1061/2010 und des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2002/40/EG sowie - nunmehr - des Art. 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Anhang VII der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 65/2014 stellen dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 3a UWG dar.
Normenkette
UWG § 3a; EUVO 1059/2010 Art. 4 Buchst. b; EUVO 1060/2010 Art. 4 Buchst. b; EUVO 1061/2010 Art. 4 Buchst. b; EGRL 40/2002 Art. 3 Abs. 4; EUVO 65/2014 Art. 4 Nr. 1 Buchst. b
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 25.08.2015; Aktenzeichen I-4 U 163/14) |
LG Dortmund (Urteil vom 25.06.2014; Aktenzeichen 10 O 23/13) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des OLG Hamm vom 25.8.2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagte vertreibt über einen in ihren Internetauftritt eingebundenen Onlineshop Haushaltselektrogeräte. Am 27.7.2012 bewarb sie dort eine Exquisit Kühl-Gefrierkombination KGC 270, einen Exquisit Kühlschrank KS 116 RV Top, einen Exquisit Waschautomaten WA 6014, einen Exquisit Standgeschirrspüler GSP 8009 E und einen Exquisit Elektro Standherd ECM5. Der auf den jeweiligen Produktseiten rechts neben der Produktabbildung angebrachte elektronische Verweis (Link) "zur ausführlichen Beschreibung" führte dabei nicht zu einer weiteren Internetseite, sondern allein zu der auf den Produktseiten weiter unten angeführten Beschreibung der Geräte.
Rz. 2
Die Klägerin, die in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist, ist der Ansicht, die Beklagte habe damit gegen ihre Verpflichtung verstoßen, diese Geräte im Hinblick auf ihren Energieverbrauch zu kennzeichnen, und damit wettbewerbswidrig gehandelt. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen Verbrauchern im Internet elektrische netzbetriebene Haushaltswaschmaschinen, elektrische netzbetriebene Haushaltsgeschirrspüler, elektrische netzbetriebene Haushaltskühlgeräte sowie netzbetriebene Elektrobacköfen zum Kauf anzubieten, ohne in der Angebotsbeschreibung wie folgt zu informieren: - bei Haushaltskühlgeräten über die in Anhang V der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1060/2010 der Kommission vom 28.9.2010 vorgeschriebenen Angaben in der dort vorgesehenen Reihenfolge, - bei Haushaltswaschmaschinen über die in Anhang IV der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1061/2010 der Kommission vom 28.9.2010 vorgeschriebenen Angaben in der dort vorgesehenen Reihenfolge, - bei Haushaltsgeschirrspülern über die in Anhang IV der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1059/2010 der Kommission vom 28.9.2010 vorgeschriebenen Angaben in der dort vorgesehenen Reihenfolge, - bei Elektrobacköfen über die in Anhang III der Richtlinie 2002/40/EG der Kommission vom 8.5.2002 vorgeschriebenen Angaben in der dort vorgesehenen Reihenfolge, sofern dies geschieht wie in Anlage K7, K8 (Haushaltskühlgerät), K10 (Haushaltswaschmaschine), K12 (Haushaltsgeschirrspüler), K14 (Elektrobacköfen) abgebildet.
Rz. 3
Die Beklagte erstrebt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, die Wiederherstellung des die Klage abweisenden Urteils erster Instanz.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als zulässig und begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Rz. 5
Der Klageantrag sei entgegen der Ansicht des LG hinreichend bestimmt. Zwar genügten die Wiederholung eines gesetzlichen Gebots― oder Verbotstatbestandes und erst recht die bloße Verweisung auf einen solchen Tatbestand den an einen Klageantrag zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen grundsätzlich nicht. Im Streitfall gelte aber Abweichendes, weil die Klägerin bereits in erster Instanz ausdrücklich klargestellt habe, dass sie kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts begehre, sondern ihr Unterlassungsbegehren sich auf die im Klageantrag im Einzelnen aufgeführten konkreten Verletzungsformen beziehe. Die abstrakten Umschreibungen im Unterlassungsantrag grenzten den Prüfungsumfang des Gerichts auf die jeweils genannten rechtlichen Aspekte ein. Sie führten zu einer weiteren Konkretisierung des Klagebegehrens.
Rz. 6
Die Klage sei unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs begründet, weil die Beklagte ihrer nach dem Unionsrecht bestehenden Verpflichtung zuwidergehandelt habe, als Händlerin energieverbrauchsrelevanter Produkte bei deren Angebot im Internet die nach den einschlägigen Bestimmungen vorgeschriebenen Angaben in der dort vorgesehenen Reihenfolge zu machen.
Rz. 7
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat den gestellten Klageantrag mit Recht als hinreichend bestimmt und damit zulässig (dazu unter II 1) und auch als begründet angesehen (dazu unter II 2).
Rz. 8
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der von der Klägerin gestellte Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, hält den Angriffen der Revision stand.
Rz. 9
a) Der Unterlassungsantrag nimmt hinsichtlich des Inhalts und der Gestaltung der Informationen, die die Beklagte nach Ansicht der Klägerin bei ihrer Werbung am 27.7.2012 hätte geben müssen, auf den Anhang V der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1060/10, den Anhang IV der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1061/10, den Anhang IV der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1059/10 und den Anhang III der Richtlinie 2002/40/EG Bezug. Ein Unterlassungsantrag, der einen gesetzlich geregelten Gebots- oder Verbotstatbestand wiederholt, ist zwar grundsätzlich nicht hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 9.7.2015 - I ZR 224/13, GRUR 2015, 1021 Rn. 12 = WRP 2015, 1214 - Kopfhörer-Kennzeichnung, mwN). Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert und ein zwischen den Parteien etwa bestehender Streit, ob das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt, sich auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (vgl. BGH GRUR 2015, 1021 Rn. 12 - Kopfhörer-Kennzeichnung, mwN).
Rz. 10
b) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass Gegenstand der einzelnen Klageanträge durch Verweis auf die Anlagen K7, K8, K10, K12 und K14 die jeweilige Verletzungsform sein sollte. Mit der im Klageantrag enthaltenen Bezugnahme auf die unionsrechtlichen Bestimmungen sei keine Erweiterung gewollt, sondern sollte nur auf den erwünschten Umfang der vorzunehmenden Prüfung hingewiesen werden. Ebensowenig sei eine Verweisung auf das Unionsrecht in der jeweils geltenden Fassung bezweckt gewesen. Das entspricht der Auslegung des Klageantrags anhand des Wortlauts des Antrags und des Vorbringens der Klägerin in den Vorinstanzen, von der bereits das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist.
Rz. 11
c) Die Revision rügt ohne Erfolg, aus dem Unterlassungsantrag werde nicht deutlich, ob eine statische oder eine dynamische Verweisung auf die unionsrechtlichen Bestimmungen erfolge. Dem Unterlassungsantrag ist nichts dafür zu entnehmen, dass die Klägerin ein Verbot mit einem veränderlichen, den jeweils gültigen unionsrechtlichen Vorschriften angepassten Inhalt erstrebt. Vielmehr handelt es sich bei dem Verweis auf die unionsrechtlichen Bestimmungen, um eine im Verhältnis zur beanstandeten konkreten Verletzungsform unschädliche Überbestimmung, die nicht dem Bestimmtheitsgebot nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unterfällt (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2.2.2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 24 f. = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl, mwN).
Rz. 12
d) Die Revision meint, durch den Verweis auf die gesetzliche Bestimmung erfolge eine bestimmte inhaltliche Ausgestaltung des Verbots. Die im Klageantrag in Bezug genommenen Normen regelten gerade, welche Kennzeichnung erforderlich sei, so dass dieser Klageantrag ohne hinreichend bestimmte Eingrenzung jede sich aus diesen Normen ergebende Verletzung der Kennzeichnungspflicht erfasse. Auch mit diesem Vorbringen hat die Revision keinen Erfolg.
Rz. 13
Wenn die verbotsbegründenden Umstände, die zugleich zulässige Formen der Werbeansprache aus dem Verbotsbereich ausgrenzen, im Klageantrag und im Urteilstenor nicht unmittelbar zum Ausdruck kommen, ist deren Reichweite durch Auslegung zu ermitteln, wobei der Begründung des Unterlassungsbegehrens und ggf. den Gründen der gerichtlichen Entscheidung maßgebliche Bedeutung zukommt (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 18.9.2014 - I ZR 34/12, GRUR 2014, 1211 Rn. 16 = WRP 2014, 1447 - Runes of Magic II; Teplitzky/Schwippert, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 51 Rn. 10, jeweils mwN). Danach bestehen keine Zweifel, welche Kennzeichnungen die Beklagte bei wettbewerbskonformem Verhalten nach Ansicht der Klägerin und nach der Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen ihres Internetauftritts im Zusammenhang mit den angebotenen Haushaltsgeräten hätte anbringen müssen.
Rz. 14
2. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Unterlassungsantrag begründet ist, mit dem die Klägerin die in den Anlagen K7, K8, K10, K12 und K14 wiedergegebene Werbung der Beklagten im Internet für von ihr angebotene Haushaltsgeräte als gesetz- und wettbewerbswidrig beanstandet hat.
Rz. 15
a) Da die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist ihre Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 7.5.2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240 Rn. 31 = WRP 2015, 1464 - Der Zauber des Nordens; Urteil vom 4.2.2016 - I ZR 181/14, GRUR 2016, 954 Rn. 10 = WRP 2016, 1100 - Energieeffizienzklasse). Dies ist hier der Fall.
Rz. 16
aa) In der Zeit zwischen der beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten am 27.7.2012 und der Verkündung des vorliegenden Revisionsurteils am 15.12.2016 ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, S. 2158) mit Wirkung vom 10.12.2015 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht. Der seit dem 10.12.2015 geltende § 3a UWG entspricht der bis dahin in § 4 Nr. 11 UWG aF enthaltenen Regelung des wettbewerbsrechtlichen Rechtsbruchtatbestands. Das zuvor in § 3 Abs. 1 UWG aF bestimmte Spürbarkeitserfordernis ist nunmehr im Tatbestand des § 3a UWG unmittelbar enthalten. Damit führt diese Vorschrift die zuvor an unterschiedlichen Stellen im Gesetz geregelten Voraussetzungen des Rechtsbruchtatbestands an einer Stelle zusammen. Dies dient allein der einfacheren Rechtsanwendung (vgl. BGH, Urteil vom 14.1.2016 - I ZR 61/14, GRUR 2016, 516 Rn. 11 = WRP 2016, 581 - Wir helfen im Trauerfall; BGH GRUR 2016, 954 Rn. 11 - Energieeffizienzklasse).
Rz. 17
bb) Nach den im Zeitpunkt des in Rede stehenden Internetauftritts der Beklagten geltenden Bestimmungen der Art. 4 Buchst. b der Delegierten Verordnungen (EU) Nr. 1059/2010, 1060/2010 und 1061/2010 hatten die Händler sicherzustellen, dass Haushaltsgeschirrspüler, Haushaltskühlgeräte und Haushaltswaschmaschinen, die in einer Weise zum Verkauf, zur Vermietung oder zum Ratenkauf angeboten wurden, bei der nicht davon auszugehen war, dass der Endnutzer das Gerät ausgestellt sah, bei der Vermarktung mit den vom Lieferanten gemäß Anhang IV (Delegierte Verordnungen [EU] Nr. 1059/2010 und 1061/2010) und Anhang V (Delegierte Verordnung [EU] Nr. 1060/2010) bereitzustellenden Informationen versehen waren. Die danach erforderlichen Informationen hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erteilt. Dagegen wendet sich die Revision nicht.
Rz. 18
cc) Nach dem in Rede stehenden Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht sind die Bestimmungen der Art. 4 Buchst. b der Delegierten Verordnungen geändert worden. Für die Entscheidung des Streitfalls ist dies ohne Bedeutung.
Rz. 19
Gemäß Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 518/2014 ist Art. 4 Buchst. b der Delegierten Verordnungen (EU) Nr. 1059/2010, 1060/2010 und 1061/2010 im Hinblick auf die Kennzeichnung energieverbrauchsrelevanter Produkte im Internet jeweils um einen Satz 2 ergänzt worden. Danach gelten, wenn das Angebot über das Internet erfolgt und der Lieferant dem Händler ein elektronisches Etikett und ein elektronisches Produktdatenblatt gemäß Art. 3 Buchstaben f und g der Delegierten Verordnungen 1059/2010, 1060/2010 oder 1061/2010 bereitgestellt hat, statt der Regelungen in Art. 4 Buchst. b Satz 1 dieser Verordnungen die Bestimmungen in deren Anhängen VIII - so die Delegierten Verordnungen (EU) Nr. 1059/2010 und 1061/2010 - und X - so die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1060/2010. Nach den Erwägungsgründen 2 bis 5 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 518/2014 bezwecken diese neuen Regelungen zwar einen verbesserten Schutz der Verbraucher bei Verkäufen im Internet. Da die erforderliche Anzeige des Etiketts und des Datenblatts neben dem Produkt mehr Platz auf dem Bildschirm in Anspruch nehmen könnte, ist es den Händlern gemäß Art. 4 Buchst. b Satz 2 i.V.m. Art. 3 Buchst. f Satz 1 und 2 der Delegierten Verordnungen (EU) Nr. 1059/2010, 1060/2010 und 1061/2010 in der seit 6.6.2014 geltenden Fassung jeweils gestattet, diese Anzeige bei Geräten, die ab dem 1.1.2015 mit einer neuen Modellkennung in Verkehr gebracht werden oder für die die Lieferanten ein elektronisches Etikett und ein elektronisches Datenblatt zur Verfügung gestellt haben, mithilfe einer geschachtelten Anzeige darzustellen (vgl. Erwägungsgrund 6 der Delegierten Verordnung [EU] Nr. 518/2014; Anhang VIII Abs. 2 bis 5 der Delegierten Verordnung [EU] Nr. 1059/2010; Anhang X Abs. 2 bis 5 der Delegierten Verordnung [EU] Nr. 1060/2010; Anhang VIII Abs. 2 bis 5 der Delegierten Verordnung [EU] 1061/2010).
Rz. 20
Die insoweit zeitlich nach den von der Beklagten in ihrem Internet-Auftritt vom 27.7.2012 eingetretenen Rechtsänderungen sind allerdings nur technischer Art. Sie sind daher nicht geeignet, die durch das vollständige Fehlen von Hinweisen auf die Energieeffizienz der in diesem Internet-Auftritt beworbenen Haushaltsgeschirrspüler, Haushaltskühlgeräte und Haushaltswaschmaschinen begründete tatsächliche Vermutung der künftigen Wiederholung entsprechender Verstöße entfallen zu lassen. Der Streitfall lässt sich in dieser Hinsicht nicht mit Fällen vergleichen, in denen der Senat vom Wegfall der Wiederholungsgefahr ausgegangen ist, weil der Verstoß unter der Geltung einer zweifelhaften Rechtslage begangen worden ist, die Zweifel aber durch eine Gesetzesänderung beseitigt worden sind und deshalb nunmehr außer Frage steht, dass das beanstandete Verhalten verboten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20.1.2016 - I ZB 102/14, GRUR 2016, 421 Rn. 17 = WRP 2016, 477 - Erledigungserklärung nach Gesetzesänderung, mwN).
Rz. 21
dd) Nach Art. 3 Abs. 4 der im Zeitpunkt des in Rede stehenden Internetauftritts der Beklagten geltenden Richtlinie 2002/40/EG zur Durchführung der Richtlinie 92/75/EWG betreffend die Energieetikettierung für Elektrobacköfen mussten bei Elektrobacköfen, die über gedruckte oder schriftliche Mitteilungen oder auf einem anderen Weg zum Verkauf, zur Vermietung oder zum Ratenkauf angeboten wurden, bei dem davon ausgegangen werden musste, dass der Käufer die Geräte nicht ausgestellt sah, wie z.B. bei schriftlichen Angeboten, E-Mail-Katalogen, Werbung im Internet oder in anderen elektronischen Medien, alle in Anhang III dieser Richtlinie genannten Angaben bereitgestellt werden. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts fehlten die nach dem Anhang III erforderlichen Angaben.
Rz. 22
Die Richtlinie 2002/40/EG ist durch Art. 8 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 65/2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Energieverbrauchskennzeichnung von Haushaltsbacköfen und -dunstabzugshauben mit Wirkung vom 1.1.2015 aufgehoben worden. Nach Art. 4 Nr. 1 Buchst. b der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 65/2014 stellen die Händler seither grundsätzlich sicher, dass Backöfen, die gemäß Art. 7 der Richtlinie 2010/30/EU in einer Weise zum Verkauf oder zur Vermietung angeboten werden, bei der nicht davon auszugehen ist, dass der Endnutzer das Produkt ausgestellt sieht, bei der Vermarktung mit den vom Lieferanten gemäß Anhang VI Teil A dieser Verordnung bereitzustellenden Informationen versehen sind. Abweichendes gilt gemäß Art. 4 Nr. 1 Halbs. 1 aE der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 65/2014 allerdings für Backöfen, die - wie im Streitfall geschehen - über das Internet angeboten werden. In diesem Fall gelten gemäß Art. 4 Nr. 1 Buchst. b Halbs. 2 dieser Verordnung die Bestimmungen des Anhangs VII der Verordnung. Nach Nr. 2 Satz 4 des Anhangs VII können die erforderlichen Angaben anders als nach der bis zum Ende des Jahres 2014 außer Kraft getretenen Regelung in der Richtlinie 2002/40/EG ebenfalls in einer geschachtelten Anzeige enthalten sein.
Rz. 23
Insoweit handelt es sich aber ebenfalls nur um eine Rechtsänderung technischer Art. Sie ist daher bei den hier angesprochenen Elektrobacköfen ebensowenig geeignet, die durch das wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten in ihrem Internetauftritt vom 27.7.2012 begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Verstöße entfallen zu lassen, wie bei den dort in entsprechender Weise beworbenen anderen Geräten (vgl. oben unter II 2a bb).
Rz. 24
b) Die nach den Ausführungen zu vorstehend II 2a verletzten Bestimmungen der Art. 4 Buchst. b der Delegierten Verordnungen (EU) Nr. 1059/2010, 1060/2010 und 1061/2010 und des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2002/40/EG sowie - nunmehr - des Art. 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Anhang VII der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 65/2014 stellen dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) dar. Die dort getroffenen Regelungen sollen jeweils gewährleisten, dass die Verbraucher über die Energieeffizienz der Geräte informiert werden und ihre Entscheidung, ob sie diese anschaffen, in voller Sachkenntnis treffen können (vgl. BGH GRUR 2016, 954 Rn. 13 - Energieeffizienzklasse, zu Art. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2010; vgl. weiter BGH, Urteil vom 4.2.2010 - I ZR 66/09, GRUR 2010, 852 Rn. 16 = WRP 2010, 1143 - Gallardo Spyder und Urteil vom 21.12.2011 - I ZR 190/10, GRUR 2012, 842 Rn. 22 = WRP 2012, 1096 - Neue Personenkraftwagen, zu entsprechenden Regelungen in der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung [Pkw-EnVKV]). Die von der Beklagten begangenen Verstöße sind auch geeignet, die durch die verletzten Interessen der Verbraucher i.S.v. § 3a UWG, § 3 Abs. 1 UWG aF spürbar zu beeinträchtigen.
Rz. 25
III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6.10.1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1.10.2015 - C―452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich gemäß den Ausführungen zu vorstehend II 2 keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
Rz. 26
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
DB 2017, 7 |
GRUR 2017, 292 |
ZAP 2017, 731 |
JZ 2017, 221 |
MDR 2017, 473 |
WRP 2017, 313 |
GRUR-Prax 2017, 82 |
K&R 2017, 282 |
IPRB 2017, 54 |