Leitsatz (amtlich)
Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht trifft die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer nicht mehr den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 15).
Normenkette
WoEigG § 18 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 26.11.2021; Aktenzeichen 85 S 81/21 WEG) |
AG Berlin-Schöneberg (Entscheidung vom 12.12.2018; Aktenzeichen 771 C 49/18) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Klägers und unter Zurückweisung der Revision im Übrigen werden das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 85 - vom 26. November 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung in Bezug auf den Hilfsantrag zurückgewiesen worden ist, und das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 12. Dezember 2018 im Kostenpunkt und in Bezug auf den Hilfsantrag abgeändert.
Es ist beschlossen, dass der zu TOP 5 auf der Eigentümer-versammlung vom 31. Januar 2017 gefasste Beschluss unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahingehend klargestellt wird, dass die dort genannte Terrassentür ebenerdig und von außen abschließbar sein soll.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 1/4 und die Beklagten 3/4. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz und der beiden Revisionsverfahren werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien bilden eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Der Kläger ist Eigentümer einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung, die unter anderem von einem Stahlpodest aus über eine Tür betreten werden kann. Die Tür, die keine Türschwelle hatte und von außen abgeschlossen werden konnte, war erneuerungsbedürftig. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 31. Januar 2017 fassten die Wohnungseigentümer zu TOP 5 dazu folgenden Beschluss:
„Die Eigentümerversammlung beauftragt die Eigentümergemeinschaft vertreten durch den Verwalter, drei Angebote für die Erneuerung der Terrassentür (…) einzuholen. Der optische Eindruck soll erhalten bleiben. (…) Der Vertrag soll in Abstimmung mit dem Beirat mit dem auskömmlichsten Anbieter abgeschlossen werden (…) “.
Rz. 2
Der damalige Verwalter setzte den Beschluss in der Weise um, dass in der Wohnung des Klägers eine Terrassentür mit einer 10 cm hohen Türschwelle eingebaut wurde, die nicht von außen abgeschlossen werden kann. Der Kläger ist mit dieser Ausführung nicht einverstanden. Sein Antrag zu beschließen, dass der Verwalter den Auftrag zum Einbau einer ebenerdigen und abschließbaren Außentür erteilt, wurde in der Eigentümerversammlung vom 22. Mai 2018, in der für eine solche Außentür drei Vergleichsangebote vorlagen, abgelehnt.
Rz. 3
Der Kläger beantragt mit der im Jahr 2018 erhobenen Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Hauptantrag eine Beschlussersetzung, die darauf gerichtet ist, anstelle der Eigentümerversammlung aus den dem Verwalter vorliegenden Vergleichsangeboten über eine abschließbare Außentür/Terrassentür ein Angebot auszuwählen und den Verwalter mit der Umsetzung zu beauftragen. Mit dem Hilfsantrag erstrebt er eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entscheidung, nach welcher die notwendigen und gebotenen Schritte unternommen werden, um die 2017 eingebaute Tür durch eine Terrassentür zu ersetzen, die von ihren Maßen und Sicherheitsstandards mindestens der ursprünglich vorhandenen Tür entspricht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vor dem Landgericht, Zivilkammer 53, erfolglos geblieben. Mit dem ersten Revisionsurteil vom 29. Januar 2021 (V ZR 158/20, Grundeigentum 2021, 644) hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht, Zivilkammer 85, hat die Berufung erneut zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 4
Das Berufungsgericht meint, die Zivilkammer 85 sei entgegen der Auffassung des Klägers jedenfalls nach Rn. 89 des Geschäftsverteilungsplans des Landgerichts Berlin für das Jahr 2021 zuständig geworden, weil eine Bearbeitung der Sache im Sinne dieser Regelung vorliege. In der Sache habe der Kläger keinen Anspruch auf die Beschlussersetzung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG, weil die Beklagten nicht passivlegitimiert seien. Die Klage hätte nach dem 1. Dezember 2020 gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet werden müssen. Zwar werde für die vor dem 1. Dezember 2020 anhängig gewordenen Beschlussersetzungsklagen die Auffassung vertreten, dass diese weiterhin gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten seien. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Wohnungseigentümer jedenfalls bis dahin passivlegitimiert gewesen seien. Daran fehle es hier. Richtiger Klagegegner wäre von Anfang an der Verwalter gewesen, da diesen nach damaligem Recht die Pflicht zur Durchführung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer getroffen habe. Der ehemalige Verwalter habe den Beschluss vom 31. Januar 2017 fehlerhaft umgesetzt, weil die neu eingebaute Tür eine Schwelle habe und von außen nicht abschließbar sei. Dadurch sei der optische Eindruck verändert worden.
Rz. 5
Richtig sei, dass nach dem ab dem 1. Dezember 2020 geltenden Recht die Haftung des Verwalters entfallen und ein Anspruch auf Instandsetzung gegen die GdWE nicht mehr ausgeschlossen sei. Insoweit seien die Beklagten jedoch nicht passivlegitimiert, und eine Heilung der fehlenden Passivlegitimation komme nicht in Betracht. Das setze voraus, dass die vor dem 1. Dezember 2020 gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhobene Beschlussersetzungsklage zulässig und begründet gewesen wäre. Daran fehle es, weil nur der Verwalter für die mangelhafte Beschlussumsetzung gehaftet habe. Selbst wenn der Beschluss vom 31. Januar 2017 nicht fehlerhaft umgesetzt worden wäre, habe der Kläger keinen Anspruch auf erneute Beschlussfassung.
II.
Rz. 6
Die Revision hat teilweise Erfolg. Im Ergebnis zutreffend ist zwar die Abweisung des Hauptantrags. Die Abweisung des Hilfsantrags hält aber einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rz. 7
1. Die auf die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge des Klägers greift nicht durch.
Rz. 8
a) Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Welcher Richter oder Spruchkörper des sachlich, örtlich und funktionell zuständigen Gerichts der gesetzliche Richter im Sinne der Verfassung ist, ist durch einen Geschäftsverteilungsplan im Voraus generell-abstrakt, aber zugleich hinreichend bestimmt zu regeln, so dass Manipulationen und damit verbunden sachfremde Einflüsse auf die Rechtsprechung ausgeschlossen sind (vgl. BVerfG, NJW 1997, 1497, 1498; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, WM 2009, 117 Rn. 3). Genügt die Geschäftsverteilung diesen Anforderungen nicht, ist das Gericht, welches seine Zuständigkeit aus ihm ableitet, nicht ordnungsgemäß besetzt (BVerfG, NJW 2005, 2689, 2690). Die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung ist - anders als die Auslegung und Würdigung des Geschäftsverteilungsplans durch das erkennende Gericht (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. Mai 1994 - VGS 1/93, BGHZ 126, 63, 70 f.) - auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen (BVerfG, NJW 2005, 2689, 2690; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, NJW 2009, 1351 Rn. 3; Urteil vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07, NJW-RR 2009, 1264 Rn. 9).
Rz. 9
b) Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass über die Berufung - anders als in dem ersten Berufungsverfahren - nicht die Zivilkammer 53, sondern die Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin entschieden hat.
Rz. 10
aa) Die Zuständigkeit des Spruchkörpers des Berufungsgerichts bestimmt sich, weil der Senat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat, nach der Geschäftsverteilung des Berufungsgerichts (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 5). Maßgeblich ist der Geschäftsverteilungsplan, der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung galt (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2015 - VII ZR 173/13, NJW 2015, 1685 Rn. 27 mwN). Das ist hier der Geschäftsverteilungsplan der Landgerichts Berlin für das Jahr 2021 (nachfolgend GVPL 2021).
Rz. 11
bb) Nach Rn. 82 GVPL 2021, auf die sich die Revision zur Begründung ihrer Zuständigkeitsrüge stützt, gehören zwar zurückverwiesene Verfahren vor diejenige Kammer, die die aufgehobene Entscheidung erlassen hat. Das ist hier die Zivilkammer 53 des Landgerichts Berlin. Die Zuständigkeit der Zivilkammer 85 folgt aber aus Rn. 89 GVPL 2021, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht.
Rz. 12
(1) Nach dieser Regelung bleibt eine Kammer, die - wie hier die Zivilkammer 85 - mit der Bearbeitung begonnen hat, grundsätzlich weiter damit befasst, auch wenn ihre Unzuständigkeit von vornherein bestand. Dieser Grundsatz gilt nach Rn. 89 Satz 2 fünfter Spiegelstrich GVPL 2021 nicht, wenn die Sache ein Sondergebiet betrifft, für das die Kammer nicht zuständig ist.
Rz. 13
(2) Die Revision wendet sich mit ihrer Rüge nicht gegen die in dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehene Zuständigkeitsbegründung durch Bearbeitung als solche, sondern meint, die Ausnahme nach Rn. 89 Satz 2 fünfter Spiegelstrich GVPL 2021 liege vor. Die Zivilkammer 85 sei gemäß Rn. 61 GVPL 2021 in Wohnungseigentumssachen nur für Berufungen gegen Entscheidungen des Amtsgerichts Charlottenburg zuständig, während hier - was zutrifft - das Amtsgericht Schöneberg erstinstanzlich entschieden habe. Sähe man dies anders, wäre die Geschäftsverteilung unbestimmt, weil unklar sei, ob damit die Unzuständigkeit für das Sondergebiet im Allgemeinen gemeint sei, oder ob sie auch den Fall erfasse, dass eine Kammer zwar allgemein für ein Sondergebiet, nicht aber im konkreten Einzelfall zuständig sei.
Rz. 14
(3) Damit dringt die Revision nicht durch. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung in Rn. 89 Satz 2 Spiegelstrich fünf GVPL 2021 ist als Ausnahmefall für die an sich gegebene Zuständigkeit durch Bearbeitung die Zuweisung eines Sondergebiets bestimmt. Die Ausnahme greift nicht ein, wenn die Kammer für das Sondergebiet zuständig ist, wie dies hier bei der Zivilkammer 85 für das Sondergebiet „Wohnungseigentumssachen“ der Fall ist. Welches örtlich zuständige Amtsgericht die durch Berufung angefochtene Entscheidung in dem Sondergebiet erlassen hat, ist ohne Belang. Zweifel an der Bestimmtheit dieser Regelung ergeben sich nicht. Nur eine solche Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung. Sie soll erkennbar sicherstellen, dass in einem Sondergebiet - wie hier in Wohnungseigentumssachen - eine an sich unzuständige Kammer mit der Bearbeitung der Sache nur dann weiter befasst sein soll, wenn sie für das Sondergebiet zuständig ist und deshalb über Erfahrungen und Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügt. Dagegen soll eine Kammer, die mangels Zuständigkeit in dem Sondergebiet nicht kundig ist, nicht durch Bearbeitung zuständig werden.
Rz. 15
2. In der Sache hat das Berufungsgericht den Hauptantrag auf Beschlussersetzung im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Rz. 16
a) Die Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) ist im Hauptantrag allerdings zulässig.
Rz. 17
aa) Anders als das Berufungsgericht meint, ist die Klage gegen den richtigen Klagegegner erhoben. Zwar ist für eine auf Beschlussersetzung gerichtete Klage eines Wohnungseigentümers gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG in der Fassung des am 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes vom 16. Oktober 2020 (BGBl I 2020 S. 2187) die GdWE der richtige Klagegegner. Für die - wie hier - bis zum 30. November 2020 anhängig gewordenen Verfahren nach § 21 Abs. 8 WEG aF ist aber - wie der Senat inzwischen, allerdings erst nach Erlass des Berufungsurteils, entschieden hat - in analoger Anwendung von § 48 Abs. 5 WEG das bisher geltende Verfahrensrecht anzuwenden und die Klage auch weiterhin gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten (näher dazu Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - V ZR 65/21, ZWE 2022, 220 Rn. 15 ff.).
Rz. 18
bb) Der Klage fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger hat sich in der Eigentümerversammlung am 22. Mai 2018 erfolglos um die Beschlussfassung bemüht (zur Vorbefassung und deren Entbehrlichkeit vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 14 f.).
Rz. 19
b) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag verfolgte Beschlussersetzung, so dass die Klage insoweit unbegründet ist.
Rz. 20
aa) Die Beschlussersetzungsklage dient der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung gemäß § 18 Abs. 2 WEG (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 21; Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 9 f.; Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 203/17, NJW 2018, 3238 Rn. 9 - jeweils zu § 21 Abs. 4 WEG aF); durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz haben sich insoweit keine Änderungen ergeben (vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 8). Die Klage ist daher begründet, wenn der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel entsprechenden Beschluss hat, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 82 zu § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG). Dafür kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (vgl. Senat, Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 203/17, NJW 2018, 3238 Rn. 26) und damit auch in Übergangsfällen - wie hier - auf das neue materielle Recht an (vgl. Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - V ZR 65/21, ZWE 2022, 220 Rn. 23).
Rz. 21
bb) Auch nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht ist eine gerichtliche Beschlussersetzung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die verlangte Maßnahme bereits Gegenstand einer positiven Beschlussfassung ist, die von den Wohnungseigentümern nicht angefochten wurde. In einem solchen Fall ist eine gerichtliche Entscheidung schon nicht notwendig im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG (vgl. Suilmann in Jennißen, WEG, 7. Aufl., § 44 Rn. 150; zum bisherigen Recht vgl. Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 21 Rn. 205 f.). So ist es hier.
Rz. 22
(1) Wie die Außentür der Wohnung des Klägers zu erneuern ist, haben die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 31. Januar 2017 beschlossen. Das Berufungsgericht legt den Beschluss vom 31. Januar 2017 dahin aus, dass die Tür in der Weise erneuert werden soll, dass der Verwalter drei Angebote über eine ebenerdige und von außen abschließbare Tür einholt, weil nur eine solche Tür der Optik der alten Tür entspricht, und dass der Verwalter den Vertrag in Abstimmung mit dem Beirat mit dem auskömmlichsten Anbieter abschließt. Diese Auslegung durch das Berufungsgericht hält der revisionsrechtlich uneingeschränkten Nachprüfung (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 292) stand. Für sie spricht der Wortlaut des Beschlusses. Der Verwalter soll drei Angebote zur „Erneuerung“ der Terrassentür einholen. Der Begriff der Erneuerung impliziert, dass die neue Tür in ihren Maßen und in ihrer Funktionalität der alten Tür zu entsprechen hat. Zudem soll der optische Eindruck erhalten bleiben. Aus der Bezeichnung der zu erneuernden Tür als „Terrassentür“ folgt hingegen, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht, dass die neue Tür eine Schwelle haben und nicht außen abschließbar sein muss. Beschlossen ist die Erneuerung „der“ Terrassentür; damit soll nur konkretisiert werden, welche Tür zu erneuern ist. Unabhängig davon sagt die Bezeichnung einer Tür als Terrassentür nur etwas über den Nutzungszweck der Tür aus, nicht aber etwas über deren Bauart. Eine Terrassentür kann über eine Schwelle verfügen oder nicht, sie kann von außen abschließbar sein oder nicht.
Rz. 23
(2) Weil die in Vollziehung des Beschlusses vom 31. Januar 2017 eingebaute Tür über eine Schwelle verfügt und nicht abschließbar ist, entspricht sie, wovon das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei ausgeht, in ihrer Funktionalität und Maßen nicht der alten Tür; der optische Eindruck wurde verändert. Das bedeutet, dass der Verwalter den Beschluss nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.
Rz. 24
cc) Der Umstand, dass der Beschluss vom 31. Januar 2017 nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden ist, verhilft der Revision in Bezug auf den Hauptantrag aber nicht zum Erfolg.
Rz. 25
(1) Allerdings hat der Kläger einen Anspruch darauf, dass der Beschluss vom 31. Januar 2017 ordnungsgemäß vollzogen wird.
Rz. 26
(a) Für einen auf die ordnungsgemäße Umsetzung des Beschlusses vom 31. Januar 2017 gerichteten Anspruch des Klägers wäre nach dem maßgeblichen neuen materiellen Recht (vgl. oben Rn. 20) die GdWE passivlegitimiert. Zwar war für den Zeitraum bis zum 30. November 2020 der Verwalter für die Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer zuständig. Deshalb konnte ein einzelner Wohnungseigentümer von dem Verwalter die Umsetzung eines Beschlusses verlangen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 15). Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht trifft die Pflicht zur Umsetzung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer aber nicht mehr den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis ausschließlich der GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG). Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter, der die Entscheidungen umsetzt und dabei durch den Verwaltungsbeirat unterstützt wird (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 58; vgl. MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl., § 18 WEG nF Rn. 28). Vollzieht der Verwalter einen gefassten Beschluss nicht oder fehlerhaft, muss ein Wohnungseigentümer deshalb die GdWE in Anspruch nehmen. Ihr wird analog § 31 BGB grundsätzlich ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters zugerechnet (vgl. LG Frankfurt a.M., ZWE 2022, 165 Rn. 10; LG München I, ZWE 2022, 280 Rn. 11; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 522; BeckOGK/Skauradszun, WEG [1.12.2022], § 18 Rn. 50; MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl., § 18 WEG nF Rn. 43; Grüneberg/Wicke, BGB, 81. Aufl., § 18 WEG Rn. 11, § 27 Rn. 1).
Rz. 27
(b) Wäre die im Jahr 2018 erhobene Beschlussersetzungsklage auf Umsetzung des Beschlusses vom 31. Januar 2017 gerichtet, wären die Beklagten wegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers, bei anhängigen Verfahren das alte Verfahrensrecht weiter gelten zu lassen, zugleich aber das neue materielle Recht zur Anwendung zu bringen, analog § 48 Abs. 5 WEG auch die richtigen Klagegegner. An ein beschlussersetzendes Urteil wäre die GdWE gebunden (vgl. Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - V ZR 65/21, ZWE 2022, 220 Rn. 20 f.).
Rz. 28
(2) Die Umsetzung des Beschlusses vom 31. Januar 2017 ist jedoch nicht Gegenstand des Hauptantrags. Der Kläger erstrebt damit vielmehr eine gerichtliche Ersetzung des in der Eigentümerversammlung vom 22. Mai 2018 mehrheitlich abgelehnten Beschlusses und damit eine Änderung des Beschlusses vom 31. Januar 2017 über die Erneuerung der Terrassentür. Nicht mehr der Verwalter soll die Angebote über eine ebenerdige und von außen abschließbare Tür einholen und in Abstimmung mit dem Beirat das günstigste auswählen. Vielmehr soll die Gemeinschaft aus den in der Versammlung vom 22. Mai 2018 vorliegenden Angeboten eine Tür auswählen. Auf eine solche geänderte Beschlussfassung hat der Kläger keinen Anspruch. Die Wohnungseigentümer sind zwar grundsätzlich nicht gehindert, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft (vgl. Senat, Beschluss vom 23. August 2001 - V ZB 10/01, BGHZ 148, 335, 350). Einen Anspruch auf Abänderung eines Mehrheitsbeschlusses hat der Wohnungseigentümer aber nur in besonderen Ausnahmefällen. Vorausgesetzt wird, dass schwerwiegende Gründe - etwa eine erhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - das Festhalten an dem Beschluss als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 220/12, NJW 2013, 3089 Rn. 22 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Rz. 29
3. Die Abweisung des Hilfsantrags hält der rechtlichen Prüfung dagegen nicht stand. Das Urteil ist deshalb teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es insoweit keiner weiteren Feststellungen bedarf, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und dem Hilfsantrag mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Inhalt stattgeben.
Rz. 30
a) Mit dem Hilfsantrag auf Beschlussersetzung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG verfolgt der Kläger - ebenso wie mit dem Hauptantrag - das Rechtsschutzziel, eine Tür zu erhalten, die entsprechend der früheren Tür ebenerdig und von außen abschließbar ist. Die Wohnungseigentümer haben zwar bereits am 31. Januar 2017, wie die Auslegung von TOP 5 des Beschlusses ergibt (vgl. oben Rn. 22), den Einbau einer solchen Tür durch den Verwalter beschlossen. Über den Inhalt des Beschlusses besteht aber zwischen dem Kläger einerseits und den Beklagten und dem Verwalter andererseits Streit. Anders als der Kläger sind die Beklagten und der Verwalter der Auffassung, es sei der Einbau einer von außen nicht abschließbaren Tür mit Schwelle beschlossen worden. Das mit dem Hilfsantrag verfolgte Rechtsschutzziel des Klägers wird mithin erreicht, wenn der Streit über den Inhalt des zu TOP 5 gefassten Beschlusses vom 31. Januar 2017 beseitigt und klargestellt wird, dass die erneuerte Tür ebenerdig und von außen abschließbar sein soll. Ein solch klarstellender Beschluss wird von dem weit gefassten Hilfsantrag, mit dem der Kläger eine Entscheidung „über die notwendigen und gebotenen Schritte“ erstrebt, um die 2017 eingebaute Tür durch eine solche Tür zu ersetzen, die in ihren Maßen und Sicherheitsstandards mindestens der ursprünglichen Tür entspricht, erfasst. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt.
Rz. 31
b) Der so verstandene Hilfsantrag ist zulässig. Wie ausgeführt, ist die Beschlussersetzungsklage in analoger Anwendung von § 48 Abs. 5 WEG gegen den richtigen Klagegegner erhoben (vgl. oben Rn. 17). Dass die GdWE nicht mit dem Hilfsantrag vorbefasst wurde, schließt das Rechtsschutzinteresse nicht aus. Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Antrag des Klägers auf einen deklaratorischen Beschluss in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, so dass die Befassung der Versammlung eine unnötige Förmelei wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 15, Urteil vom 8. Juli 2022 - V ZR 202/21, NJW 2022, 3003 Rn. 28).
Rz. 32
c) Die Beschlussersetzungsklage ist im Hilfsantrag auch begründet.
Rz. 33
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass Beschlüsse mit lediglich deklaratorischer Natur unbedenklich sind, wenn sie eine klarstellende Funktion haben und keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 13; Urteil vom 28. Oktober 2016 - V ZR 91/16, NJW 2017, 1167 Rn. 16; Urteil vom 16. September 2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 15). Besteht ein Bedürfnis für eine solche Klarstellung, kann ein entsprechender Beschluss mit einer Beschlussersetzungsklage gerichtlich erzwungen werden. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Rz. 34
bb) Solche Umstände sind hier gegeben. Für den Kläger besteht ein Bedürfnis, den zu TOP 5 gefassten Beschluss vom 31. Januar 2017 teilweise dahingehend klarstellen zu lassen, dass die zu erneuernde Terrassentür ebenerdig und von außen abschließbar sein soll, weil das der Rechtslage entspricht und über die Auslegung des Beschlusses Streit besteht. Zweifel an der Rechtslage kommen durch einen deklaratorischen Beschluss mit diesem Inhalt nicht auf.
Rz. 35
d) Das den Wohnungseigentümern zustehende Ermessen bei der Beschlussfassung ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nach alledem dahingehend auszuüben, dass der Inhalt des in der Eigentümerversammlung vom 31. Januar 2017 zu TOP 5 gefassten Beschlusses, soweit die Unklarheit besteht, klarstellend festgestellt wird (zur Ermessensausübung des Gerichts gemäß § 21 Abs. 8 WEG aF vgl. Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 Rn. 23 mwN; Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 250/14, NJW 2016, 2181 Rn. 19). Eine solche Klarstellung hat der Senat hier vorgenommen.
III.
Rz. 36
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die unterschiedlichen Kostenquoten für die erste Instanz und für die Rechtsmittelinstanzen beruhen darauf, dass die Streitwerte und damit auch das Obsiegen und Unterliegen der Parteien unterschiedlich sind.
Göbel |
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Haberkamp |
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Malik |
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Laube |
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Grau |
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Fundstellen
Haufe-Index 15555033 |
NJW 2023, 8 |
NWB 2023, 456 |
NJW-RR 2023, 226 |
MittBayNot 2023, 354 |
NZM 2023, 249 |
ZAP 2023, 220 |
ZMR 2023, 384 |
ZfIR 2023, 185 |
JZ 2023, 182 |
MDR 2023, 284 |
ZWE 2023, 139 |
MietRB 2023, 74 |
MietRB 2023, 75 |
MietRB 2023, 76 |
BBB 2023, 49 |