BGH: Beschlussdurchführung ist jetzt Aufgabe der GdWE

Die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer liegt seit der WEG-Reform nicht mehr beim Verwalter, sondern bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE).   

Hintergrund: Verwalter setzt Beschluss nicht richtig um

In einer Eigentümerversammlung im Januar 2017 fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, in einer Erdgeschosswohnung eine Terrassentür zu erneuern; dabei sollte der optische Eindruck erhalten bleiben.

Die bisherige Tür hatte keine Türschwelle und konnte von außen abgeschlossen werden. Die Tür, die nach einem entsprechenden Auftrag des Verwalters schließlich eingebaut wurde, hat eine zehn Zentimeter hohe Schwelle und ist von außen nicht abschließbar.

Der Eigentümer der Erdgeschosswohnung ist mit dieser Ausführung nicht einverstanden. In einer Eigentümerversammlung im Mai 2018 beantragte er daher zu beschließen, dass der Verwalter den Auftrag zum Einbau einer ebenerdigen und abschließbaren Tür erteilt. Dieser Antrag wurde abgelehnt.

Daraufhin erhob der Eigentümer Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Er verlangt eine Beschlussersetzung, die darauf gerichtet ist, anstelle der Eigentümerversammlung aus den dem Verwalter vorliegenden Vergleichsangeboten über eine abschließbare Außentür / Terrassentür ein Angebot auszuwählen und den Verwalter mit der Umsetzung zu beauftragen.

Hilfsweise erstrebt er eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entscheidung, nach der die notwendigen Schritte unternommen werden, um die 2017 eingebaute Tür durch eine Terrassentür zu ersetzen, die von ihren Maßen und Sicherheitsstandards mindestens der ursprünglich vorhandenen Tür entspricht.

Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Das Landgericht ist der Meinung, die übrigen Wohnungseigentümer seien nicht der richtige Klagegegner. Bis zum Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 habe sich die Klage gegen den Verwalter richten müssen, weil dieser nach damaligem Recht zur Umsetzung des Beschlusses verpflichtet gewesen sei. Nach der WEG-Reform hätte die Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gerichtet werden müssen. 

Entscheidung: Klarstellung des Beschlusses

Der BGH bestätigt die Abweisung des Hauptantrags und gibt der Klage mit dem Hilfsantrag statt.

Bei Altverfahren bleiben Wohnungseigentümer Klagegegner

Anders als das Landgericht meint, ist die Klage gegen den richtigen Klagegegner gerichtet. Zwar ist eine Klage auf Beschlussersetzung seit der WEG-Reform gegen die GdWE zu richten. Für die wie hier vorher anhängig gewordenen Verfahren ist aber das bisherige Verfahrensrecht anwendbar und die Klage auch weiterhin gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten.

Kein Anspruch auf erneute Beschlussfassung

In der Sache ist die Klage mit dem Hauptantrag auf Beschlussersetzung aber unbegründet, weil bereits eine positive Beschlussfassung vorliegt, die nicht angefochten worden war. Der Verwalter hat den Beschluss lediglich nicht richtig umgesetzt, weil er eine Tür hat einbauen lassen, die nicht der zuvor vorhanden Tür entsprach.

Der Eigentümer hat einen Anspruch darauf, dass der Beschluss ordnungsgemäß vollzogen wird. Vor der WEG-Reform war der Verwalter für die Durchführung von Beschlüssen zuständig. Deshalb konnte ein einzelner Wohnungseigentümer vom Verwalter die Umsetzung eines Beschlusses verlangen. Nach dem hier aber maßgeblichen neuen Recht wäre dafür die GdWE verantwortlich, denn die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums – und damit auch die Pflicht zur Umsetzung von Beschlüssen – obliegt seit der WEG-Reform sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis ausschließlich der GdWE.

Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter, der die Entscheidungen umsetzt und dabei durch den Verwaltungsbeirat unterstützt wird. Vollzieht der Verwalter einen gefassten Beschluss nicht oder fehlerhaft, muss ein Wohnungseigentümer deshalb die GdWE in Anspruch nehmen. Ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters wird der WEG grundsätzlich zugerechnet.

Der Hauptantrag richtet sich allerdings nicht auf die korrekte Umsetzung des Beschlusses, sondern will eine erneute Beschlussfassung über die Erneuerung der Tür erreichen. Hierauf hat der Eigentümer keinen Anspruch.

Klarstellung des Ausgangsbeschlusses

Die Klage ist aber mit dem Hilfsantrag begründet. Der BGH ersetzt mit seinem Urteil folgenden klarstellenden Beschluss der Wohnungseigentümer:

"Es ist beschlossen, dass der ... gefasste Beschluss unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahingehend klargestellt wird, dass die dort genannte Terrassentür ebenerdig und von außen abschließbar sein soll."

Beschlüsse mit lediglich deklaratorischer Natur sind unbedenklich, wenn sie eine klarstellende Funktion haben und keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen lassen. Wenn ein Bedürfnis für eine solche Klarstellung besteht, kann ein entsprechender Beschluss gerichtlich erzwungen werden. 

Für den Eigentümer besteht ein Bedürfnis, den 2017 gefassten Beschluss teilweise dahingehend klarstellen zu lassen, dass die zu erneuernde Terrassentür ebenerdig und von außen abschließbar sein soll, weil das der Rechtslage entspricht und über die Auslegung des Beschlusses Streit besteht. Zweifel an der Rechtslage kommen durch einen deklaratorischen Beschluss mit diesem Inhalt nicht auf. 

(BGH, Urteil v. 16.12.2022, V ZR 263/21)


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Schlagworte zum Thema:  WEG-Verwaltung, Wohnungseigentumsrecht