Leitsatz (amtlich)
Die einen nicht rein kapitalistisch als Anleger mit eigener Einlage einer Publikumsgesellschaft beigetretenen Altgesellschafter treffenden Aufklärungspflichten bei der Anbahnung des Aufnahmevertrags gegenüber den nach ihm rein kapitalistisch als Anleger beitretenden Gesellschaftern sind unabhängig von der Höhe der Kapitaleinlage des Altgesellschafters und der Anzahl weiterer Gesellschafter.
Normenkette
BGB § 311 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.07.2016; Aktenzeichen 12 U 181/14) |
LG Darmstadt (Entscheidung vom 21.11.2014; Aktenzeichen 27 O 102/14) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Frankfurt mit Sitz in Darmstadt vom 7.7.2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger erklärte am 10.12.2003 seinen Beitritt als Direktkommanditist mit einer Einlage von 60.000 EUR zzgl. 3 % Agio zu der E. P. M. GmbH & Co. KG II, einer Publikumsgesellschaft. Die Erklärung erfolgte nach einem Beratungsgespräch mit dem Vermittler E. . Auf der vom Kläger unterschriebenen Beitrittserklärung (Zeichnungsschein) unterzeichnete E. in der vorformulierten Zeile: "Vermittelt sowie Legitimationsprüfung durchgeführt: Unterschrift Vermittler".
Rz. 2
Die Beklagte war Treuhandkommanditistin. Neben ihrer Tätigkeit für die Treugeber nahm sie auch Aufgaben für die Direktkommanditisten wahr. Sie leitete die auf ihr Treuhandanderkonto eingezahlten Kommanditeinlagen der Direktkommanditisten auf ein Sonderkonto der Fondsgesellschaft weiter.
Rz. 3
Im Zusammenhang mit der Zeichnung schloss der Kläger mit der Beklagten einen Verwaltungsvertrag. Nach dessen § 3.1 nahm die Beklagte sämtliche Rechte und Pflichten der Direktkommanditisten aus dem Gesellschaftsvertrag im fremden Namen wahr, soweit diese die Rechte und Pflichten nicht selbst ausübten.
Rz. 4
Die Beklagte wurde am 28.4.2004 als Kommanditistin mit einer Einlage i.H.v. 35.600 EUR in das Handelsregister eingetragen. Der Kläger behauptet, die Beklagte sei bereits zum Zeitpunkt seines Beitritts mit einer Kapitaleinlage von 100 EUR Gründungsgesellschafterin des Fonds gewesen.
Rz. 5
Der Kläger begehrt im Wesentlichen wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten die Zahlung von 37.800 EUR sowie die Feststellung der Freistellung von sämtlichen Verpflichtungen, die ihm durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung entstanden sind und noch entstehen werden, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte an der Kommanditgesellschaft.
Rz. 6
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Senat zugelassenen Revision seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 8
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 9
Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte bestünden weder unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter Anlageberatung, noch wegen Prospekthaftung oder fehlerhafter Aufklärung durch die Beklagte als Treuhandkommanditistin.
Rz. 10
Den Prospekt habe der Kläger unstreitig erst nach der Zeichnung der Beteiligung erhalten. Prospektfehler könnten daher nicht ursächlich für die Beitrittsentscheidung des Klägers gewesen sein. Der Prospekt habe dem Vermittler E. nicht als Grundlage der Beratung gedient, sondern die persönliche Erfolgsprognose in Form einer auf die Beteiligungs- und Einkommensverhältnisse des Klägers zugeschnittenen Musterberechnung.
Rz. 11
Das LG habe den Vortrag des Klägers zu einer angeblichen Auftragskette zwischen der Fondsgesellschaft, der Beklagten und dem Zeugen E. zu Recht als unzureichend zurückgewiesen. Aus dem Vortrag lasse sich nicht erkennen, welche natürlichen Personen an den behaupteten Handlungen beteiligt gewesen seien. Damit lägen die Voraussetzungen für eine Zurechnung von deren Verhalten zu Lasten der Fondsgesellschaft, der Vertriebsgesellschaft und schließlich auch der Beklagten nicht vor. Es sei nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände die Beklagte für eine falsche Aufklärung verantwortlich sein solle oder sie diese falsche Aufklärung initiiert hätte.
Rz. 12
Zwar hafte ein Treuhandkommanditist, der eigene Anteile halte, bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern wie ein Gründungsgesellschafter, und das Verschulden eines Verhandlungsgehilfen werde ihm gem. § 278 BGB zugerechnet. Es erscheine schon höchst zweifelhaft, ob die vom Kläger behauptete anfängliche Beteiligung der Beklagten mit 100 EUR eigenem Kommanditanteil angesichts der Anzahl und der Beteiligung anderer Kommanditisten an dem Fonds ausreiche, um einen maßgeblichen Anknüpfungspunkt für das erforderliche Eigeninteresse der Beklagten bilden zu können. Daneben sei zur Auffüllung eines Haftungstatbestands auch nicht ausreichend erkennbar vorgetragen, auf welcher tatsächlichen Grundlage der Vermittler bei der Beratung im Auftrag der Beklagten tätig geworden sein soll.
Rz. 13
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 14
1. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich eine Haftung aus dem Treuhandverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger als Direktkommanditisten nicht begründen. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Beklagte als Beteiligungsverwalterin oder als Einzahlungstreuhänderin nicht verpflichtet ist, einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln (BGH, Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 10/16, ZIP 2017, 1515 Rz. 10 m.w.N.).
Rz. 15
2. Nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt kommt eine Haftung der Beklagten aus Prospekthaftung im weiteren Sinn für Aufklärungspflichtverletzungen des Vermittlers E. in Betracht.
Rz. 16
a) Bei einer Publikumspersonengesellschaft haftet ein mit einer eigenen Kapitaleinlage beteiligter Treuhandkommanditist wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten bei der Anbahnung des Aufnahmevertrags auch gegenüber nach ihm eintretenden Direktkommanditisten. Auf die Höhe der Kapitaleinlage des Altgesellschafters kommt es nicht an.
Rz. 17
aa) Die Prospekthaftung im weiteren Sinn ist ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Danach obliegen dem, der selbst oder durch einen Verhandlungsgehilfen einen Vertragsschluss anbahnt, Schutz- und Aufklärungspflichten gegenüber seinem Verhandlungspartner, bei deren Verletzung er auf Schadensersatz haftet. Abgesehen etwa von dem Sonderfall des § 311 Abs. 3 BGB, in dem auch ein Dritter haften kann, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, trifft die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss denjenigen, der den Vertrag im eigenen Namen abschließen will. Das sind bei einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich die schon zuvor beigetretenen Gesellschafter. Denn der Aufnahmevertrag wird bei einer Personengesellschaft zwischen dem neu eintretenden Gesellschafter und den Altgesellschaftern geschlossen (BGH, Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 10/16, ZIP 2017, 1515 Rz. 12 und II ZR 344/15, ZIP 2017, 1267 Rz. 15, beide m.w.N.). Da Anknüpfungspunkt für die Aufklärungspflichten die Anbahnung des Aufnahmevertrags ist, haftet ein mit einer eigenen Kapitaleinlage beteiligter Treuhandkommanditist auch gegenüber den neu eintretenden Direktkommanditisten, mit denen er (und die anderen Gesellschafter) den Aufnahmevertrag schließen (BGH, Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 10/16, ZIP 2017, 1515 Rz. 13). Die an die Anbahnung eines Vertragsschlusses anknüpfenden Schutz- und Aufklärungspflichten treffen grundsätzlich denjenigen, der den Vertrag im eigenen Namen abschließen will. Gegenüber einem beitrittswilligen Neugesellschafter haftet daher der bereits vor diesem beigetretene Altgesellschafter. Der hierfür maßgebliche, Schutzpflichten begründende Zeitpunkt ist regelmäßig der Abschluss des Aufnahmevertrags des Altgesellschafters (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2011 - II ZR 16/10, ZIP 2011, 957 Rz. 7 m.w.N.). Auf die für die Erlangung der Gesellschafterstellung lediglich deklaratorische Eintragung in das Handelsregister kommt es nicht an (BGH, Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 10/16, ZIP 2017, 1515 Rz. 13).
Rz. 18
Nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag des Klägers ist davon auszugehen, dass die Beklagte der E. P. M. GmbH & Co. KG II bereits vor dem Kläger mit einer eigenen Kapitaleinlage von 100 EUR beigetreten war. Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt: "Die Beklagte trat dem Medienfonds am 28.4.2004 als Kommanditist mit einer Einlage von 35.600 EUR bei." Auf dieses Datum, das nach dem Beitritt des Klägers liegt, ist indes nicht abzustellen, weil damit, wie sich bereits dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils entnehmen lässt, der für einen Beitritt eines Kommanditisten nicht maßgebliche Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister gemeint ist. Wollte man, wie die Revisionsbeklagte, die Ausführungen des Berufungsgerichts als Feststellung des Inhalts verstehen, dass zwischen den Parteien ein Beitritt der Beklagten erst am 28.4.2004 unstreitig sei, wäre diese Feststellung nicht bindend. Denn dem Tatbestand kommt keine Beweiskraft nach § 314 ZPO zu, wenn und soweit er Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweist, die sich aus dem Urteil selbst ergeben (BGH, Urt. v. 12.5.2015 - VI ZR 102/14, ZIP 2015, 1835 Rz. 48 m.w.N.). Dies wäre der Fall, weil das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführt, dass der Kläger behauptet, die Beklagte sei bereits anfänglich bzw. vor ihm mit einem eigenen Kapitalanteil von 100 EUR beigetreten.
Rz. 19
bb) Bei einer Publikumspersonengesellschaft ist eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss insoweit ausgeschlossen, als sie sich gegen Altgesellschafter richten würde, die nach der Gründung der Gesellschaft rein kapitalistisch als Anleger beigetreten sind (BGH, Urt. v. 9.7.2013 - II ZR 9/12, ZIP 2013, 1616 Rz. 28; Urt. v. 21.6.2016 - II ZR 331/14, ZIP 2016, 1478 Rz. 12; Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 344/15, ZIP 2017, 1267 Rz. 15; Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 10/16, ZIP 2017, 1515 Rz. 16).
Rz. 20
Die Beklagte fällt nicht unter diese Ausnahme. Anders als rein kapitalistische Anleger verfolgte die Beklagte nicht ausschließlich Anlageinteressen. Vielmehr war sie als Treuhänderin in das Organisationsgefüge der Fondsgesellschaft eingebunden und erhielt für ihre Dienste nach § 15 des Gesellschaftsvertrags der Fondsgesellschaft eine jährliche Vergütung i.H.v. maximal 0,1 % des Kommanditkapitals (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 10/16, ZIP 2017, 1515 Rz. 17).
Rz. 21
Die Haftung der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte im Verhältnis zu vielen anderen Gesellschaftern mit einer verhältnismäßig kleinen Kapitaleinlage beteiligt ist. Die einen nicht rein kapitalistisch als Anleger mit eigener Einlage einer Publikumsgesellschaft beigetretenen Altgesellschafter treffenden Aufklärungspflichten bei der Anbahnung des Aufnahmevertrags gegenüber den nach ihm rein kapitalistisch als Anleger beitretenden Gesellschaftern sind unabhängig von der Höhe der Beteiligung des Altgesellschafters und der Anzahl weiterer Gesellschafter. Da die Beklagte nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag des Klägers einen eigenen Anteil hielt, kann offen bleiben, ob ein Treuhandgesellschafter, der ausschließlich als solcher beteiligt ist, einem geringeren Pflichtenkatalog unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 344/15, ZIP 2017, 1267 Rz. 16 m.w.N.).
Rz. 22
b) Es beruht auf einer Verkennung der Senatsrechtsprechung, dass es das Berufungsgericht abgelehnt hat, Aufklärungspflichtverletzungen des Vermittlers E. der Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnen. Der Kläger hat vorgetragen, der Vertriebsmitarbeiter E. habe ihn auf der Grundlage des Emissionsprospekts über verschiedene näher bezeichnete Umstände der Kapitalanlage unrichtig aufgeklärt. Hiervon ist für das Revisionsverfahren auszugehen.
Rz. 23
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist. Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat (BGH, Urt. v. 3.12.2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rz. 16; Urt. v. 7.12.2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rz. 23; Urt. v. 13.12.2012 - III ZR 70/12, juris Rz. 11 jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger den Prospekt erst nach der Zeichnung erhalten hat.
Rz. 24
bb) Verwendung findet der Prospekt allerdings auch dann, wenn er den Anlagevermittlern oder -beratern als Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche dient (BGH, Urt. v. 3.12.2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rz. 16; Urt. v. 13.12.2012 - III ZR 70/12, juris Rz. 11 beide m.w.N.). Hiervon ist für das Revisionsverfahren auszugehen.
Rz. 25
Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, ausweislich des von den Parteien vorgetragenen und des vom LG festgestellten Sachverhalts habe nicht der Prospekt dem benannten Zeugen E. als Grundlage für die Beratung des Klägers gedient, sondern die bereits mit der Klageschrift vorgelegte, sog. persönliche Erfolgsprognose in Form einer auf die Beteiligungs- und Einkommensverhältnisse des Klägers zugeschnittenen Musterberechnung. Den zur Ausfüllung notwendigen Sachverhalt habe der Kläger trotz der Hinweise im angefochtenen Urteil auch im Berufungsrechtszug nicht vorgetragen. Es seien keinerlei Tatbestandsmerkmale dafür erkennbar, sondern es sei schlicht behauptet, der Vermittler habe auf der Grundlage des Prospekts falsch aufgeklärt.
Rz. 26
Diese Ausführungen erfassen den Vortrag des Klägers nur unzureichend. Der Kläger hat bereits in erster Instanz vorgetragen und diesen Vortrag in zweiter Instanz in Bezug genommen, dass der Vertriebsmitarbeiter E. auf der Grundlage des Emissionsprospekts geschult worden und dieser als alleinige Arbeitsgrundlage verwendet worden sei. Er hat als Beweis dafür das Zeugnis des Vertriebsmitarbeiters E. angeboten. Der Kläger hat zudem auf Passagen des Prospekts hingewiesen, die Bestandteil der Beratung gewesen seien. Ob der Zeuge E. zusätzlich eine persönliche Erfolgsprognose in Form einer auf die Beteiligungs- und Einkommensverhältnisse des Klägers zugeschnittenen Musterberechnung benutzt hat, kann - so die Revision zu Recht - dahinstehen. Das schließt eine Beratung auf der Grundlage des Prospekts nicht aus.
Rz. 27
Sollte der Prospekt hinreichende Aufklärung vermitteln, schließt die Verwendung des Prospekts zur Aufklärung des Klägers es nicht aus, unzutreffende Angaben des Vermittlers der Beklagten zuzurechnen. Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung, ist dies kein Freibrief, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers entwertet oder mindert (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2017 - II ZR 358/16, ZIP 2017, 1664 Rz. 11 m.w.N.).
Rz. 28
cc) Das Vorbringen des Klägers ist entscheidungserheblich.
Rz. 29
Zwar hat das LG, vom Berufungsgericht unbeanstandet, ausgeführt, der Vermittler sei überhaupt nicht im Pflichtenkreis der Beklagten tätig gewesen; die Beklagte sei nicht mit der Kapitalsuche beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht verlangt zudem die Benennung natürlicher Personen auf Seiten der juristischen Personen in einer Auftragskette zwischen der Fondsgesellschaft, der Beklagten und dem Zeugen E. und stellt die Frage, auf welcher tatsächlichen Grundlage der Vermittler bei der Beratung im Auftrag der Beklagten tätig geworden sei.
Rz. 30
Damit hat das Berufungsgericht ebenso wie das LG die Anforderungen an die Zurechnung nach § 278 BGB überspannt. Die Zurechnung einer Aufklärungspflichtverletzung eines Vermittlers an einen aufklärungspflichtigen Altgesellschafter kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Altgesellschafter mit der Kapitalsuche befasst ist oder es eine direkte vertragliche "Auftragskette" zwischen dem Altgesellschafter und dem Vermittler gibt. Die Beklagte muss selbst als aufklärungspflichtige Altgesellschafterin einem Beitrittsinteressenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln und ihn über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insb. über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufklären (BGH, Urt. v. 4.7.2017 - II ZR 358/16, ZIP 2017, 1664 Rz. 9 m.w.N.). Der aufklärungspflichtige Altgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines eingeschalteten Vertriebs bedient und daher diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die von ihm geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, haftet über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben. Er muss sich das Fehlverhalten von Personen, die er mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt hat, zurechnen lassen (BGH, Urt. v. 1.10.1984 - II ZR 158/84, ZIP 1984, 1473, 1474; Urt. v. 14.1.1985 - II ZR 41/84, WM 1985, 533, 534; Urt. v. 14.7.2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1652; Urt. v. 26.9.2005 - II ZR 314/03, ZIP 2005, 2060, 2063; Urt. v. 3.12.2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rz. 17; Urt. v. 14.5.2012 - II ZR 69/12, ZIP 2012, 1289 Rz. 11; Urt. v. 9.7.2013 - II ZR 9/12, ZIP 2013, 1616 Rz. 37; Urt. v. 4.7.2017 - II ZR 358/16, ZIP 2017, 1664 Rz. 10 m.w.N.). Die Einschaltung eines Vertriebs ist einer Altgesellschafterin auch zurechenbar, wenn sie nicht selbst einen Vertrieb einschaltet, sondern die geschuldete Aufklärung einem Mitgesellschafter oder der Fondsgesellschaft überlässt und diese ihrerseits einen Vertrieb einschaltet.
Rz. 31
So war es hier. Die Beklagte hat ihre Pflicht zur Aufklärung von Beitrittsinteressenten auf die Komplementärin der Fondsgesellschaft übertragen, die die Beitrittsverhandlungen nicht durch eigene Mitarbeiter, sondern über einen Vertrieb geführt hat. Die Anwerbung von Beitrittsinteressenten oblag der Fondsgesellschaft, die über ihre Komplementärin handelte. Entsprechend sieht der Prospekt vor, dass die Komplementärin die Entgelte für den Vertrieb vereinbart, und der Zeichnungsschein ist derart gestaltet, dass neben der Zeile für die Annahmeerklärung der Komplementärin eine Zeile für die Unterschrift des Vermittlers vorformuliert ist.
Rz. 32
III. Das Urteil ist nicht aus anderen Gründen richtig. Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist § 51a WiPrO a.F. auf die Haftung des Altgesellschafters nicht anwendbar (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2013 - III ZR 80/12, juris Rz. 26).
Rz. 33
IV. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - keine Feststellungen zu den von dem Kläger behaupteten Aufklärungsmängeln und zum Zeitpunkt des Beitritts der Beklagten getroffen. Der Senat weist darauf hin, dass die Beklagte zum Zeitpunkt ihres Beitritts eine sekundäre Darlegungslast trifft (BGH, Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 10/16, ZIP 2017, 1515 Rz. 12; Urt. v. 9.5.2017 - II ZR 345/15, juris Rz. 32).
Fundstellen
BB 2018, 1345 |
BB 2018, 1490 |
DB 2018, 1393 |
DB 2018, 7 |
DStR 2018, 11 |
NJW 2018, 8 |
NJW-RR 2018, 873 |
EWiR 2018, 711 |
NZG 2018, 902 |
WM 2018, 1101 |
ZAP 2018, 929 |
ZIP 2018, 1130 |
AG 2018, 536 |
DZWir 2018, 400 |
JZ 2018, 439 |
MDR 2018, 808 |
ZInsO 2018, 2819 |
BKR 2018, 478 |
NJW-Spezial 2018, 400 |