Leitsatz (amtlich)
1. Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
2. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Höhe der Sachverständigenkosten regelmäßig durch Vorlage einer von ihm beglichenen Rechnung des von ihm zur Schadensbegutachtung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Nicht die Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solche, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand bildet einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2 S. 1; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 10.07.2015; Aktenzeichen 22 S 27/15) |
AG Düsseldorf (Urteil vom 09.12.2014; Aktenzeichen 20 C 6820/14) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 22. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 10.7.2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, deren Unternehmensgegenstand der Ankauf von Forderungen ist, nimmt die beklagte Haftpflichtversicherung aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 13.4.2012 in Anspruch, bei dem der Pkw des B. beschädigt wurde. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht zwischen den Parteien außer Streit. B. beauftragte das in der näheren Umgebung seines Wohnortes ansässige Sachverständigenbüro Bl., S. und P. GbR (im Folgenden: "Sachverständigenbüro") mit der Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs. Seinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Sachverständigenkosten trat er an das Sachverständigenbüro ab. Der Sachverständige Bl. fertigte unter dem 14.5.2012 ein Gutachten an. Danach ergaben sich u.a. Reparaturkosten i.H.v. netto 16.788,60 EUR bei einer Reparaturdauer von 8 bis 9 Tagen und ein merkantiler Minderwert von 6.000 EUR. Er stellte dem Geschädigten B. für das Gutachten 2.269,66 EUR einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung. Die Beklagte ermittelte bei einer Prüfung des Sachverständigengutachtens Reparaturkosten i.H.v. netto 2.664,60 EUR und einen merkantilen Minderwert von 2.000 EUR.
Rz. 2
Die Klägerin macht geltend, der Sachverständige Bl. habe den ihm vom Geschädigten abgetretenen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten wirksam an sie abgetreten. Die Kosten des Gutachtens seien ersatzfähig und weder vom Schädiger noch gerichtlich zu überprüfen. Das Honorar sei nicht krass überhöht, ein Missverhältnis zwischen Honorar und Leistung für den Geschädigten seien nicht zu erkennen gewesen. Inhaltlich sei das Gutachten nicht zu beanstanden. Ihr stehe die abgerechnete Sachverständigenvergütung in voller Höhe selbst dann zu, wenn das Gutachten mangelbehaftet oder sogar unbrauchbar sei.
Rz. 3
Die Beklagte erachtet die Abtretung an die Klägerin für unwirksam. Sie macht weiter geltend, das Gutachten sei mangelhaft und unbrauchbar, der merkantile Minderwert völlig übersetzt, die Reparaturkosten unzutreffend ermittelt. Die Beklagte könne auf der Grundlage einer Ermächtigung des Geschädigten und ihrer darauf erfolgten Erklärung der Minderung werkvertragliche Minderungsrechte geltend machen. Das angesetzte Sachverständigenhonorar sei sowohl bezogen auf das Grundhonorar als auch auf die Nebenkosten überhöht.
Rz. 4
Das AG hat der Klage i.H.v. 1.225,83 EUR nebst Zinsen stattgegeben, da das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Bl. nicht völlig unbrauchbar gewesen sei. Nach der Abtretung könne der Sachverständige aber nur die angemessenen Sachverständigenkosten i.H.v. 1.225,83 EUR brutto fordern. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG das Urteil des AG abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 1.043,83 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Die weitergehende, Nebenforderungen betreffende Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
Rz. 5
Mit der vom LG zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag vollständiger Klagabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiterem Schadensersatz i.H.v. 1.043,83 EUR, insgesamt also auf Ersatz der gesamten in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten i.H.v. 2.269,66 EUR. Das AG gehe zutreffend davon aus, dass die Aktivlegitimation der Klägerin erst mit Vorlage der Abtretungserklärung vom 17.10.2014 begründet worden sei. Es sei in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass das private Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros Bl., S. und P. GbR jedenfalls nicht völlig unbrauchbar sei, so dass dessen Kosten grundsätzlich einen gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersatzfähigen Schaden darstellten. Die Beklagte hafte der Klägerin im vorliegenden Fall nach den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auch auf Zahlung eines ggf. überhöhten Sachverständigenhonorars.
Rz. 7
Der Geschädigte genüge seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer - von ihm bezahlten - Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Es sei im vorliegenden Fall jedoch unschädlich, dass der Geschädigte die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten noch nicht an das Sachverständigenbüro bezahlt habe. Die Rechtsprechung des BGH sei nicht dahin zu verstehen, dass die subjektbezogene Betrachtungsweise in Bezug auf die Erforderlichkeit unfallbedingter Sachverständigenkosten allein davon abhänge, dass der Geschädigte die in Rechnung gestellten (objektiv überhöhten) Sachverständigenkosten tatsächlich bereits bezahlt habe. Wenn der Geschädigte die Kosten noch nicht beglichen habe, drohe ihm für den Fall, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung nur einen Teil der Kosten erstatte, eine Honorarklage des Sachverständigen. Er würde also mit den Folgen eines Prozesses belastet, welcher eigentlich vom Schädiger zu führen wäre.
Rz. 8
Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass dem Geschädigten B. ein Verschulden hinsichtlich der Auswahl des Sachverständigen zur Last falle. Er sei nicht gehalten, eine Marktforschung nach dem günstigsten Sachverständigen durchzuführen, sondern habe sich damit begnügen können, das in der näheren Umgebung zu seinem Wohnort ansässige Sachverständigenbüro zu beauftragen. Durch Vorlage der Rechnung des Sachverständigen vom 14.5.2012, welche mit der getroffenen Preisvereinbarung übereinstimme, habe er seiner Darlegungslast genügt. Die subjektbezogene Betrachtungsweise gelte auch dann, wenn der Geschädigte wie hier seinen Schadensersatzanspruch in Höhe der Gutachterkosten erfüllungshalber an den Sachverständigen abtrete und dieser die Forderung an einen Dritten im Wege des echten Factoring weiter zediere. Dem stehe der Einwand unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB nicht entgegen. Soweit die Beklagte sich schließlich darauf berufe, dass sie, von Klägerseite bestritten, vom Geschädigten ermächtigt worden sei, alle werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche aus dem Gutachtenvertrag gegenüber dem Sachverständigenbüro geltend zu machen und eine Minderung des Werklohns wegen Mängeln des Gutachtens erklärt habe, sei dieser Einwand unerheblich. Eine Minderung würde lediglich zu einer Reduzierung des werkvertraglichen Honoraranspruchs führen, dieser sei aber nicht Gegenstand der Klage, sondern ausschließlich der deliktische Schadensersatzanspruch des Geschädigten.
II.
Rz. 9
Die Revision ist begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
Rz. 10
1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Geschädigten B. dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens aus §§ 7, 18 StVG, § 115 VVG zustand. Denn diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 11.2.2014 - VI ZR 225/13, VersR 2014, 474 Rz. 7; v. 7.2.2012 - VI ZR 133/11, VersR 2012, 504 Rz. 13).
Rz. 11
Rechtlich unbedenklich ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Geschädigte diesen Anspruch wirksam an den Sachverständigen abgetreten hat sowie dass die Abtretung dieser Forderung vom Sachverständigen an die Klägerin am 17.10.2014 hinreichend bestimmt und nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 3 RDG unwirksam ist.
Rz. 12
2. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die vom Berufungsgericht angenommene Höhe der für die Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs erforderlichen Kosten. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Höhe der vom Sachverständigenbüro in Rechnung gestellten Honorarsumme nebst Nebenkosten sei im vorliegenden Schadensersatzprozess nicht weiter zu prüfen, ist von Rechtsfehlern beeinflusst.
Rz. 13
a) Allerdings ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.2013 - VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rz. 14; v. 8.5.2012 - VI ZR 37/11, VersR 2012, 917 Rz. 9 m.w.N.). Es ist insb. nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode vorzuschreiben (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2004 - VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151, 154).
Rz. 14
b) Im Streitfall hat das Berufungsgericht seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt.
Rz. 15
aa) Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.1973 - VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 347 f.; v. 23.1.2007 - VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rz. 13; v. 11.2.2014 - VI ZR 225/13, VersR 2014, 474 Rz. 8). Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.2005 - VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559). Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2013 - VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rz. 18 m.w.N.).
Rz. 16
Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insb. auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung, vgl. BGH, Urt. v. 6.11.1973 - VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 348; v. 15.10.2013 - VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rz. 19; v. 11.2.2014 - VI ZR 225/13, a.a.O., Rz. 7 f., jeweils m.w.N.). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.2007 - VI ZR 67/06, a.a.O., Rz. 17; v. 11.2.2014 - VI ZR 225/13, a.a.O., Rz. 7).
Rz. 17
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts führt die subjektbezogene Schadensbetrachtung nach der Rechtsprechung des Senats weder grundsätzlich noch im Streitfall dazu, dass der Versicherer dem Geschädigten auf Zahlung eines ggf. überhöhten Sachverständigenhonorars haftet, ohne dass die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten nach den dargestellten Grundsätzen und den Anforderungen von § 287 ZPO (zunächst) genügend dargelegt wird.
Rz. 18
(1) Den Geschädigten trifft gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich die Darlegungslast hinsichtlich des oben beschriebenen erforderlichen Herstellungsaufwandes. Dieser Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der - von ihm beglichenen - Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen (BGH, Urt. v. 22.7.2014 - VI ZR 357/13, VersR 2014, 1141 Rz. 16).
Rz. 19
(2) Im Streitfall hat das Berufungsgericht die vom Geschädigten nicht beglichene Rechnung und ihre Übereinstimmung mit der getroffenen - in den Vorinstanzen aber dem Inhalt und der Höhe nach nicht festgestellten - Preisvereinbarung ausreichen lassen, um der Klägerin (Zweitzessionarin) einen Schadensersatzanspruch in Höhe des vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Betrages zuzusprechen und ohne Begründung ausgeführt, die Abrechnung einer überhöhten Gutachterforderung sei für den Geschädigten jedenfalls nicht erkennbar gewesen. Damit hat es die Anforderungen an die nach den obigen Grundsätzen zu bestimmende Darlegungslast verkannt. Nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand bildet einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Grund für die Annahme einer Indizwirkung des vom Geschädigten tatsächlich erbrachten Aufwands bei der Schadensschätzung liegt darin, dass bei der Bestimmung des erforderlichen Betrages i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch seine möglicherweise beschränkten Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Diese schlagen sich regelmäßig im tatsächlich aufgewendeten Betrag nieder, nicht hingegen in der Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solcher.
Rz. 20
(3) Diese Grundsätze gelten auch bei einer Abtretung der Forderung auf Ersatz der Sachverständigenkosten. Legt der an die Stelle des Geschädigten getretene Zessionar lediglich die unbeglichene Rechnung vor, genügt danach ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht der Zessionar andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringen kann. Bei der dann vom Tatrichter zu leistenden Bemessung der Schadenshöhe ist zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen.
Rz. 21
Soweit das Berufungsgericht meint, eine der beglichenen Rechnung vergleichbare Indizwirkung trete auch bei einer Abtretung der Schadensersatzforderung erfüllungshalber an den Sachverständigen ein, irrt es (ähnlich AG Bad Neustadt, DV 2016, 138, 139). Abgesehen davon, dass regelmäßig die Abtretung bereits mit dem Gutachtenauftrag, also vor Kenntnis der endgültigen Honorarforderung und Vorliegen der Rechnung erfolgt, stellt die Entscheidung für eine Abtretung, mit der der Geschädigte eine Erfüllung der Honorarforderung des Sachverständigen ohne seinen eigenen finanziellen Beitrag anstrebt und die ihn deshalb nicht unmittelbar belastet, keinen der Zahlung vergleichbaren Hinweis auf seine Erkenntnismöglichkeiten dar (vgl. Senat, Urt. v. 26.4.2016 - VI ZR 50/15, juris Rz. 12). Sein Interesse an der Prüfung der Höhe der Forderung ist nämlich gering, wenn er darauf vertrauen kann, dass sie von einem Dritten bezahlt werden wird.
Rz. 22
Die Auffassung der Revision, dass sich der Inhalt der Schadensersatzforderung durch die Abtretung ändere, weil nicht mehr der Geschädigte die Schadensersatzforderung geltend mache, ist unzutreffend. Der Zessionar erwirbt die Forderung in der Form, wie sie zuvor in der Person des Zedenten bestand. Dies ist von der Frage zu trennen, ob und welche Einwendungen der Schuldner der Forderung möglicherweise zwar nicht dem Geschädigten, jedoch dem Zessionar entgegenhalten kann.
III.
Rz. 23
Das Berufungsurteil war in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Rahmen der vorliegenden konkreten Schadensberechnung wird das Berufungsgericht ggf. Anlass haben, die Frage der Minderung zu prüfen. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, sie habe die Minderung auf der Grundlage einer Ermächtigung des Geschädigten erklärt und der Werklohnanspruch sei bis auf null gemindert. Das Berufungsgericht wird entgegen seiner Auffassung insoweit nicht davon ausgehen können, dass die Minderung bei der konkreten Berechnung des Schadens vollständig außer Betracht bleiben kann.
Fundstellen
Haufe-Index 9739085 |
NJW 2016, 3363 |
NJW 2016, 8 |
JurBüro 2017, 50 |
ZAP 2016, 1105 |
DAR 2016, 696 |
DAR 2017, 306 |
JZ 2016, 717 |
MDR 2016, 1378 |
NZV 2016, 573 |
VRS 2016, 285 |
VersR 2016, 1387 |
ZfS 2017, 23 |
r+s 2017, 108 |
DS 2016, 328 |