Leitsatz (amtlich)
Ein Wasserversorgungsunternehmen, dem in seinem Verbandsgebiet die Pflicht zur öffentlichen Wasserversorgung übertragen ist und das dabei die einem Benutzungszwang unterliegenden Anschlussnehmer auf privatrechtlicher Grundlage versorgt, kann bei seiner Tarifgestaltung für die Lieferung von Trinkwasser neben verbrauchsabhängigen Entgelten zugleich verbrauchsunabhängige Grundpreise in Ansatz bringen. Es ist auch nicht unbillig i.S.v. § 315 BGB, wenn die für Wohngrundstücke vorgesehenen Grundpreise ohne weitere Differenzierung lediglich auf die Anzahl der Wohneinheiten abstellen und Wohnungsleerstände unberücksichtigt lassen.
Normenkette
GG Art. 3, 20 Abs. 3, Art. 20a; BGB §§ 241, 315, 433; ZPO §§ 253, 256, 313; AVBWasserV § 2; SächsKAG §§ 10, 12-14
Verfahrensgang
OLG Dresden (Urteil vom 06.05.2014; Aktenzeichen 9 U 745/11) |
LG Chemnitz (Urteil vom 09.05.2011; Aktenzeichen 4 O 2233/10) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision der Klägerin - das Urteil des 9. Zivilsenats des OLG Dresden vom 6.5.2014 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.6.2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Chemnitz vom 9.5.2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Beklagte ist ein öffentlich-rechtlicher Verband, dem die Pflicht zur öffentlichen Wasserversorgung in seinem Verbandsgebiet übertragen ist. Innerhalb dieses Gebietes besteht ein Anschluss- und Benutzungszwang, wobei die Versorgung der Anschlussnehmer auf privatrechtlicher Grundlage nach Maßgabe der AVBWasserV erfolgt. Die Klägerin ist Eigentümerin der im Verbandsgebiet gelegenen Grundstücke V. Straße, A. -Straße, A. -Straße und A. -Straße in D. . Diese sind mit Mehrfamilienhäusern bebaut und weisen insgesamt 340 Wohneinheiten mit deutlich unterschiedlichen Größen auf.
Rz. 2
Der Beklagte stellt der Klägerin für jedes dieser Grundstücke Trinkwasser über eine am jeweiligen Hausanschluss gelegene zentrale Entnahmestelle bereit; von dort aus wird es innerhalb der Häuser an die einzelnen Wohnungen verteilt. Mit Rechnungen vom 11.2.2010 berechnete der Beklagte auf Grundlage seiner allgemeinen Tarife für die Zeit vom 1.2.2009 bis zum 22.1.2010 einen verbrauchsunabhängigen jährlichen Grundpreis für die Trinkwasserversorgung i.H.v. 151,20 EUR netto (171,68 EUR brutto) je Wohnung, insgesamt 50.686,39 EUR. Die dem Versorgungsverhältnis zugrunde gelegten Tarife sehen für jede Wohneinheit einen einheitlichen Grundpreis vor, ohne nach der jeweiligen Größe der Wohnungen oder der Anzahl der Bewohner zu differenzieren. Mit diesem Grundpreis deckt der Beklagte im Mittel 59 % seiner bei der Trinkwasserversorgung im Verbandsgebiet anfallenden Fixkosten ab.
Rz. 3
Die Klägerin, die den genannten Betrag von 50.686,39 EUR nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet hat, begehrt mit ihrer Klage dessen Rückzahlung nebst Zinsen sowie zuletzt noch die Feststellung, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, für die Bereitstellung von Trinkwasser für die vier Wohngrundstücke undifferenzierte verbrauchsunabhängige Grundgebühren zu verlangen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG den Beklagten zur Zahlung von 7.765,92 EUR nebst Zinsen verurteilt und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren hinsichtlich der restlichen Klageforderung von 42.920,47 EUR nebst Zinsen weiter, während der Beklagte mit seiner Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
Die Revision des Beklagten hat Erfolg; die Revision der Klägerin ist dagegen unbegründet.
I.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 6
Der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch i.H.v. 7.765,92 EUR aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 315 Abs. 3 BGB in Verbindung mit der Tarifsatzung des Beklagten zu. Nur eine Grundpreisdifferenzierung nach Wohnungsgröße stelle sicher, dass das Jahresentgelt für Wohnungen bis zu 50 m2 im Vergleich zu größeren Wohnungen der Billigkeit entspreche. Das könne nicht ohne Auswirkungen auf den geschuldeten Wassergrundpreis bleiben. Vielmehr habe die Klägerin danach von den auf den Grundpreis erbrachten Zahlungen von insgesamt 50.686,39 EUR einen Betrag von 7.057,92 EUR nicht geschuldet und damit ohne Rechtsgrund entrichtet.
Rz. 7
Zwischen den Parteien sei ein jedenfalls konkludent geschlossener Vertrag über die Trinkwasserversorgung (§ 2 AVBWasserV) zu den Tarifen des Beklagten zustande gekommen. Auf diese Tarife seien die Regelungen der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB anwendbar. Denn privatrechtliche Tarife für Leistungen der Daseinsvorsorge, auf deren Inanspruchnahme der andere Teil angewiesen sei, seien der Kontrolle gem. § 315 BGB unterworfen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der getroffenen Preisbestimmungen trage der Beklagte. Zwar müsse nach den für Bereicherungsansprüche geltenden allgemeinen Grundsätzen an sich derjenige die Rechtsgrundlosigkeit seiner Leistung nachweisen, der die Rückzahlung verlange. Das gelte jedoch nicht, wenn er - wie hier - unter Vorbehalt geleistet habe.
Rz. 8
Maßstab für die Billigkeitsprüfung seien in Anlehnung an das öffentliche Recht die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Äquivalenz, das Kostendeckungsprinzip sowie das Willkürverbot. Dabei stehe dem Versorgungsunternehmen hinsichtlich der preisbildenden Faktoren ein Ermessensspielraum für seine unternehmerische Entscheidung zu, der nur begrenzt der gerichtlichen Überprüfung unterliege. Insoweit dürfe es ebenso wie bei öffentlich-rechtlich geregelten Gebühren für die Leistungen den Grundpreis nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstleistungskapazität orientiere. Dabei bleibe es dem Versorgungsunternehmen auch überlassen, welchen Wahrscheinlichkeitsmaßstab es unter verschiedenen zulässigen Maßstäben auswähle. Es sei nicht auf den zweckmäßigsten und vernünftigsten Maßstab beschränkt, sondern dürfe sich bei seiner Auswahl auch von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, wobei gewisse Ungenauigkeiten hinzunehmen seien.
Rz. 9
Gemessen hieran sei dem Beklagten die Hereinnahme von im Mittel 59 % seiner Fixkosten in den verbrauchsunabhängigen Grundpreis als sachgerecht zuzugestehen. Dies erfordere aber zwingend eine über die bloße Wohnungsanzahl hinausgehende Differenzierung innerhalb des Grundpreises nach der Wohnungsgröße, um für kleinere Wohnungen mit ihrem Zuschnitt auf eine entsprechend geringere Personenzahl unbillige Kosten durch einen verbrauchsunabhängigen Fixkostenanteil von circa 80 % am Gesamtpreis zu vermeiden. Die derzeit fehlende Differenzierung führe in einer mit einer Person belegten Wohnung zu durchschnittlichen Jahreswasserkosten je Person in einer Größenordnung von etwa 200 EUR, bei zwei Personen von etwa 120 EUR und bei vier Personen von knapp 90 EUR. Dies widerspreche sowohl dem Gleichheitsgrundsatz als auch dem Äquivalenzprinzip.
Rz. 10
Zwar werde die Anzahl der Wohneinheiten in der Instanzrechtsprechung (z.B. OLG Naumburg, Urt. v. 13.11.2008 - 6 U 63/08) als tauglicher und ausreichend differenzierender Maßstab für die Inanspruchnahme wegen der Vorhaltekosten angesehen. Dem sei jedoch nicht zu folgen. Insbesondere gebe es entgegen der Ansicht des Beklagten keinen Erfahrungssatz, wonach die Anzahl der Bewohner mit der Größe der Wohnung nicht steige. Selbst nach dem Vorbringen des Beklagten seien lediglich 15 % der kleinen Wohnungen mit einer Größe von bis zu 50 m2 von mehr als einer Person bewohnt. Es sei daher geboten, Differenzierungen nach der Wohnungsgröße vorzunehmen, um die beträchtlichen Unterschiede in der jährlichen Belastung zu vermeiden, wobei unter Wahrung des dem Beklagten zustehenden Spielraums die Grenze zwischen Wohnungen mit einer Größe bis 50 m2 und einer größeren Wohnung zu ziehen sei. Weitergehende Unterscheidungen seien nicht veranlasst.
Rz. 11
Ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip sei demgegenüber nicht ersichtlich. Der ins Einzelne gehende Vortrag des Beklagten zu den Jahresergebnissen sei unbestritten geblieben. Es sei vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, dass das Gesamtaufkommen des Beklagten die Gesamtkosten der Wasserversorgung, abgesehen von dem auf einen fünfjährigen Kalkulationszeitraum geplanten Jahresergebnisgewinn von 0,44 % am Umsatzanteil, überschreite. Soweit die Klägerin darauf verweise, dass in Mittelsachsen die Bevölkerung bis zum Jahr 2025 um 16 % zurückgehen werde, folge hieraus ebenfalls kein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip. Denn angesichts der Versorgungsverpflichtung des Beklagten müsse dieser auch bei leer stehenden Wohnungen von einem Versorgungserfordernis ausgehen, solange diese Wohnungen nicht endgültig zurückgebaut seien. Ebenso wenig könne ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip daraus abgeleitet werden, dass andernorts angeblich geringere (Grund-)Preise verlangt würden; insoweit komme es vielmehr immer auf die konkreten Gesamtkosten der Wasserversorgung im jeweiligen Gebiet an, mit dem die von der Klägerin herangezogene Stadt Leipzig schon strukturell nicht vergleichbar sei.
Rz. 12
Da hiernach für kleinere Wohnungen ein Ansatz der vollen Grundgebühr unbillig sei, sei diese auf zwei Drittel des Grundpreises der größeren Wohnungen, also auf 107,85 EUR, herabzusetzen. Daraus errechne sich eine gem. § 818 Abs. 3 BGB zurückzuerstattende Überzahlung der Klägerin i.H.v. insgesamt 7.765,32 EUR. Ebenso sei hiernach die auch sonst zulässige Feststellungsklage im Hinblick auf die fehlenden Differenzierungen nach den Wohnungsgrößen begründet.
II.
Rz. 13
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Rz. 14
Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht den Beklagten zwar für berechtigt erachtet, bei seiner Tarifgestaltung für die Lieferung von Trinkwasser neben verbrauchsabhängigen Entgelten zugleich verbrauchsunabhängige Grundpreise, und zwar auch in Fällen eines Wohnungsleerstandes, anzusetzen. Zu Unrecht hat es aber angenommen, dass der Klägerin ein Anspruch auf teilweise Rückzahlung des von ihr nur unter Vorbehalt gezahlten Wasserpreises zustehe, weil der vom Beklagten für jede Wohneinheit ohne Rücksicht auf deren Größe bemessene Grundpreis für kleine Wohnungen unbillig überhöht angesetzt und deshalb insoweit nicht geschuldet gewesen sei (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 315 Abs. 3 BGB). Dementsprechend kann die Klägerin auch nicht mit ihrem auf das Erfordernis einer Grundpreisdifferenzierung abzielenden Feststellungsbegehren durchdringen.
Rz. 15
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend und von beiden Revisionen unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Klägerin - wie nicht zuletzt auch § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.6.1980 (BGBl. I, 750) zeigt - Vertragspartnerin des mit dem Beklagten konkludent geschlossenen Vertrages über die Versorgung mit Trinkwasser und damit Schuldnerin des für die erbrachten Lieferungen und Leistungen angefallenen Kaufpreisanspruchs (§ 433 Abs. 2 BGB) geworden ist. Zustande gekommen ist der Vertrag dabei gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBWasserV zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen des Beklagten, wie sie in den dafür festgesetzten Tarifen ihren Niederschlag gefunden haben, soweit der Beklagte diese Preise im Rahmen des ihm dabei zugewiesenen Leistungsbestimmungsrechts nach billigem Ermessen festgesetzt hat und diese Festsetzungen entsprechend § 315 BGB einer Billigkeitskontrolle standhalten (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2012 - VIII ZR 292/11, BGHZ 195, 144 Rz. 19, 21; ferner etwa BGH, Urt. v. 8.10.2014 - XII ZR 164/12, WM 2015, 643 Rz. 19; jeweils m.w.N.).
Rz. 16
2. Entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin ist das Berufungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass - wie auch § 14 Abs. 1 Satz 3 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes (SächsKAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.8.2004 (SächsGVBl. S. 418) für die parallele Fallgestaltung einer öffentlich-rechtlichen Versorgung mit Wasser (vgl. § 35 Abs. 1 AVBWasserV) zeigt - ein Versorger bei seiner Tarifgestaltung jedenfalls grundsätzlich berechtigt ist, für das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Trinkwasserversorgung in angemessener Höhe einen verbrauchsunabhängigen Grundpreis vorzusehen. Denn die Frage, in welcher Weise der Versorger diese verbrauchsunabhängigen Kosten in seine Kalkulation einfließen lässt und ob sie über den Arbeitspreis, über den Grundpreis oder im Wege einer Mischkalkulation erwirtschaftet werden, obliegt grundsätzlich seiner freien unternehmerischen Entscheidung, soweit er die dafür bestehenden rechtlichen Bindungen einhält (vgl. BGH, Beschl. v. 6.11.1984 - KVR 13/83, WM 1985, 490 unter II 2c cc; ferner auch BVerwG MDR 1982, 431 f.). Dem Versorger steht deshalb auch insoweit ein einseitiges, allerdings in bestimmter Weise rechtlich gebundenes Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zu (vgl. BGH, Urt. v. 21.4.2010 - VIII ZR 97/09, NZM 2010, 558 Rz. 11, 14).
Rz. 17
3. Hinsichtlich der dabei bestehenden Bindungen geht der BGH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Tarife von Unternehmen, welche mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfalle angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und entsprechend § 315 BGB einer Billigkeitskontrolle unterworfen sind. Dies ist zum Teil aus der Monopolstellung des Versorgungsunternehmens hergeleitet worden, gilt aber auch für den hier gegebenen Fall des Anschluss- und Benutzungszwangs. Denn in diesen Fällen muss der Kunde, wenn er die Leistung in Anspruch nehmen will, mit dem Unternehmer kontrahieren, auch wenn er mit dem vorgeschriebenen Preis oder Tarif nicht einverstanden ist (zum Ganzen BGH, Urt. v. 17.10.2012 - VIII ZR 292/11, a.a.O., Rz. 21 m.w.N.).
Rz. 18
Den sich daraus ergebenden Anforderungen, die insb. auch auf dem in Rede stehenden Gebiet der Wasserversorgung Geltung beanspruchen (BGH, Urt. v. 13.7.2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rz. 36), wird die Tarifgestaltung des Beklagten gerecht. Dies gilt - entgegen der Auffassung der Revision der Klägerin - nicht nur für die Entscheidung, ob ein Grundpreis erhoben werden soll und dieser etwaige Wohnungsleerstände zu berücksichtigen hat, sondern vielmehr - entgegen der Sichtweise des Berufungsgerichts und der insoweit noch weiter gehenden Auffassung der Revision der Klägerin - auch für die Bemessung des Grundpreises allein nach der Anzahl vorhandener Wohneinheiten.
Rz. 19
a) Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung von § 315 BGB im konkreten Fall können vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten, von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat oder von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensentscheidung versperrt hat (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 12.12.2012 - VIII ZR 341/11, RdE 2013, 123 Rz. 18; v. 21.4.2010 - VIII ZR 97/09, a.a.O., Rz. 11; v. 8.7.2009 - VIII ZR 314/07, WM 2009, 1957 Rz. 18; jeweils m.w.N.). Ein derartiger Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht nur insoweit unterlaufen, als es für die als Verteilungsmaßstab herangezogenen Wohneinheiten eine zusätzliche Differenzierung nach ihrer Größe für geboten erachtet hat.
Rz. 20
b) Ob die Preisbestimmung in einem Massengeschäft wie der Energie- und Wasserversorgung der Billigkeit entspricht, ist durch eine Abwägung der typischen Interessen der Vertragspartner wie auch der übrigen Anschlussnehmer sowie eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks zu bestimmen (BGH, Urt. v. 13.6.2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rz. 17; v. 24.11.1977 - III ZR 27/76, WM 1978, 1097 unter A II 2; jeweils m.w.N.). Geprägt wird diese Billigkeitskontrolle dabei maßgeblich durch den Umstand, dass der Kläger auch im Rahmen des privatrechtlich ausgestalteten Nutzungsverhältnisses an die grundlegenden Prinzipien des öffentlichen Finanzgebarens gebunden ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.9.2005 - VIII ZR 7/05, NJW-RR 2006, 133 unter II 2a; v. 10.10.1991 - III ZR 100/90, BGHZ 115, 311, 318; jeweils m.w.N.).
Rz. 21
Zu diesen grundlegenden Prinzipien, denen ein beachtlicher Gerechtigkeits- und Billigkeitsgehalt innewohnt und die aus Gründen der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen sind, gehören insb. die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Äquivalenz und der Kostendeckung (BGH, Urt. v. 10.10.1991 - III ZR 100/90, a.a.O.; v. 13.3.2003 - X ZR 106/00, NVwZ 2003, 1015 unter 2b (2)). Denn sie sind darauf angelegt zu gewährleisten, dass das Gebührenaufkommen die (Gesamt-)Kosten der jeweiligen Einrichtung der Daseinsvorsorge deckt (vgl. § 10 Abs. 1 SächsKAG), zwischen Leistung und Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis besteht, die Gebühr insb. nicht in einem groben Missverhältnis zu der vom Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung steht (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 SächsKAG), und schließlich bei gleichartig beschaffenen Leistungen die Maßstäbe der Heranziehung in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit so gewählt sind, dass sie unterschiedlichen Ausmaßen in den Nutzungen Rechnung tragen, damit die verhältnismäßige Gleichheit unter den Nutzern gewahrt bleibt (BGH, Urt. v. 13.3.2003 - X ZR 106/00, a.a.O., m.w.N.).
Rz. 22
c) Hieran gemessen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler weder die grundsätzliche Entscheidung des Beklagten für die Erhebung eines Grundpreises noch dessen Erhebung auch für leer stehende Wohneinheiten für unbillig angesehen.
Rz. 23
aa) Nach der Rechtsprechung des BVerwG wird als Grundgebühr im Allgemeinen eine Benutzungsgebühr bezeichnet, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- bzw. Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden - wie auch § 14 Abs. 1 Satz 3 SächsKAG zum Ausdruck bringt - die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (sog. Fixkosten wie z.B. Abschreibungsbeträge und Zinsen, vgl. §§ 12 f. SächsKAG) ganz oder teilweise abgegolten. Sie wird deshalb nicht - verbrauchsabhängig - nach dem Maß der Benutzung (Inanspruchnahme), sondern - verbrauchsunabhängig - nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung (z.B. Nenngröße des Wasserzählers, Zahl der Räume oder Zapfstellen, Brennstellen) als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität zu orientieren pflegt (BVerwG MDR 1982, 431; NVwZ 1987, 231; NVwZ-RR 2003, 300).
Rz. 24
bb) Ohne Erfolg greift die Revision der Klägerin die Entscheidung des Beklagten, überhaupt Grundpreise neben verbrauchsabhängigen Entgelten zu erheben, im Rahmen des Zahlungsbegehrens als verfehlt und damit als unbillig an, weil die Grundpreise den überwiegenden oder sogar weit überwiegenden Anteil der gesamten Wasserkosten ausmachten und deshalb - dem Staatsziel des Umweltschutzes (Art. 20a GG) zuwider - einem Verbraucher jeglichen Anreiz zum Wassersparen nähmen. Zwar wäre es - wie auch § 14 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG zeigt - dem Beklagten nicht von vornherein verwehrt gewesen, bei seiner Preisbemessung umweltschonende Lenkungsziele ermäßigend oder erhöhend zu berücksichtigen (vgl. dazu auch BVerfGE 108, 1, 18 f.). Eine in die Billigkeitsprüfung einzustellende Verpflichtung hat dazu jedoch nicht bestanden. Denn auch insoweit hat dem Beklagten ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum nicht nur dahin zugestanden, welche Entgeltmaßstäbe und -sätze er für das Bereitstellen und Vorhalten der Trinkwasserversorgung aufstellen wollte, sondern auch dahin, ob er mit seiner Entgeltregelung über eine Kostendeckung hinausreichende Zwecke wie etwa solche einer begrenzten Verhaltenssteuerung anstreben wollte (vgl. BVerfGE 50, 217, 226 f.). Dass dieser Spielraum aus besonderen Gründen zwingend in der von der Revision der Klägerin geforderten Richtung verengt gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Die angeführte Staatszielbestimmung musste dazu jedenfalls keine Veranlassung geben.
Rz. 25
cc) Gleiches gilt für die von der Revision der Klägerin geforderte Berücksichtigung von Wohnungsleerständen. Von ihrem vorstehend dargestellten Zweck ausgehend ist eine Grundgebühr als Gebühr für die Bereitstellung und das Bereithalten einer jederzeit möglichen Wasserversorgung (Vorhalteleistung) darauf angelegt, eine Leistung abzugelten, welche auch Wohneinheiten erbracht wird, die leer stehen und in denen kein Wasser verbraucht wird, so dass eine Verbrauchsgebühr nicht zur Entstehung gelangt (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 14.4.2008 - 4 L 181/07, juris Rz. 24 f.; ferner OVG NW, NVwZ-RR 2001, 122, 123 m.w.N.). Die Eigentümer von leer stehenden Wohnungen partizipieren - was die Revision der Klägerin übersieht - nicht nur in gleichem Maße wie diejenigen bewohnter Räume an der Vorhalteleistung des Klägers. Der Leerstand hat insb. auf die durch den Anschluss der Wohnungen verursachten Vorhaltekosten keine Auswirkungen. Denn die aus der Lieferbereitschaft auch für diese Wohnungen folgende abrufbare Arbeitsleistung verringert sich - wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat - bei einem Leerstand jedenfalls so lange nicht, wie die Möglichkeit besteht, dass die Wohnnutzung jederzeit wieder aufgenommen wird und der Anschlussnehmer damit zugleich die sofortige Belieferung mit der benötigten Trinkwassermenge beanspruchen kann (OVG Magdeburg, Urteil vom 14.4.2008 - 4 L 181/07, a.a.O., Rz. 25).
Rz. 26
(1) Ohne Erfolg beruft sich die Revision der Klägerin demgegenüber darauf, dass der Beklagte den nach den Behauptungen der Klägerin erheblichen und künftig sogar noch zunehmenden Wohnungsleerständen sowie einer sich daraus ergebenden Unwirtschaftlichkeit der Wohnraumerhaltung hätte Rechnung tragen und dementsprechend auf Leerstände in einem Teil der Wohneinheiten bei seiner Preisbemessung Rücksicht nehmen müssen. Denn solche Rücksichtnahmepflichten, die sich zwar grundsätzlich auch in Versorgungsverhältnissen aus §§ 242, 241 Abs. 2 BGB ergeben können (vgl. dazu BGH, Urt. v. 21.4.2010 - VIII ZR 97/09, a.a.O., Rz. 15), bestehen - wovon auch das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeht - jedenfalls nicht dahin, dass der Klägerin das Leerstandsrisiko abgenommen werden müsste.
Rz. 27
Insbesondere ergeben sich solche Rücksichtnahmepflichten nicht schon daraus, dass die Beklagte im Verhältnis zu ihren Mietern bei der Umlegung von Betriebskosten das Leerstandsrisiko zu tragen hat und bei erheblichem Wohnungsleerstand gehindert sein kann, die auf die leer stehenden Wohnungen entfallenden Fixkosten der Wasserversorgung auf ihre Mieter umzulegen (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.2010 - VIII ZR 183/09, NJW 2010, 3645 Rz. 22 f.). An diesem Risiko hat der Beklagte schon deshalb nicht teil, weil er gleichwohl seine über die Grundgebühr abzugeltenden Belieferungskapazitäten jedenfalls so lange vorhalten muss, wie die leer stehenden Wohnungen nicht auf unbestimmte Zeit entwidmet werden. Erst dann hätte er Anlass gehabt, die von ihm vorzuhaltende Belieferungskapazität, die über den Grundpreis (teilweise) abgegolten wird, dem verminderten Bedarf anzupassen.
Rz. 28
(2) Zwar wird bisweilen erwogen, dass Leerstände, wenn sie im gesamten Versorgungsgebiet ein solches Ausmaß annehmen, dass sie zur Wahrung einer Typengerechtigkeit der Gebührentatbestände als eigenständiger Versorgungstyp schlechthin nicht mehr unberücksichtigt bleiben können, ggf. über einen eigenständigen Gebührentatbestand erfasst werden müssten (vgl. dazu OVG Magdeburg, Urt. v. 14.4.2008 - 4 L 181/07, juris Rz. 31 ff.). Ob dem zu folgen wäre, kann allerdings dahin stehen. Denn dass die Leerstände auf das gesamte Versorgungsgebiet bezogen ein derartiges Ausmaß angenommen haben, lässt sich den getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision insoweit nicht auf.
Rz. 29
Zudem wäre bei Ansatz eines Grundpreises auch zu berücksichtigen, dass § 7 Abs. 2 der Satzung des Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und ihre Benutzung im Verbandsgebiet dem Grundstückseigentümer im Rahmen des dem Verband wirtschaftlich Zumutbaren auf Antrag die Möglichkeit einräumt, den Bezug und damit zugleich die Belieferungspflicht des Beklagten einschließlich der damit verbundenen Vorhalteleistungen etwa auf einen Teilbedarf zu beschränken.
Rz. 30
d) Ohne Erfolg versucht die Revision der Klägerin, eine Unbilligkeit des Grundpreises aus "krassen Unterschieden" in der Kostenstruktur verschiedener Versorgungsgebiete, insb. einem Vergleich mit den Preisen für die Wasserversorgung in Leipzig, herzuleiten. Dem hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler entgegengehalten, dass es nach dem insoweit maßgeblichen Kostendeckungsprinzip auf die jeweils konkreten, insb. die örtlichen Gegebenheiten ankomme, die etwa durch die Siedlungsdichte und die Länge der Leitungswege geprägt seien, und dass das von der Klägerin zum Vergleich herangezogene städtische Versorgungsgebiet in Leipzig keinen tauglichen Maßstab gegenüber einem Versorgungsgebiet mit - wie hier - ländlicher Siedlungsstruktur bilden könne. Das leuchtet ein. Auch die Revision der Klägerin vermag keine konkreten Angriffe gegen diese tatrichterliche Würdigung zu führen.
Rz. 31
e) Die von dem Beklagten allein nach der Zahl der Wohneinheiten vorgenommene Bemessung des Grundpreises für die Versorgung mit Trinkwasser kann - wie die Revision des Beklagten mit Recht rügt - entgegen der von der Revision der Klägerin geteilten Auffassung des Berufungsgerichts ebenfalls nicht als unbillig beanstandet werden. Insbesondere gebietet weder der Gleichheitssatz weitere Differenzierungen - etwa nach der Wohnungsgröße - noch verstößt der gewählte Bemessungsansatz gegen das Äquivalenzprinzip.
Rz. 32
(1) Der Gleichheitssatz, den das Berufungsgericht und noch weitergehend die Revision der Klägerin als verletzt sehen, verbietet es einem Satzungsgeber für die Gebührenbemessung und damit auch für die Bildung entsprechender Maßstäbe, wesentlich ungleiche Sachverhalte innerhalb einer Veranlagungskategorie gleich zu behandeln. Allerdings ist der Satzungsgeber - Entsprechendes gilt im Rahmen des § 315 BGB für die privatrechtlich ausgestalteten Tarife des Beklagten - bei der Bestimmung der Merkmale, nach denen Sachverhalte im Wesentlichen gleich anzusehen sind, innerhalb der Grenzen der Sachgerechtigkeit frei. Dabei kann der Satzungsgeber je nach den Umständen des Einzelfalls eine Auswahl unter verschiedenen Gebührenmaßstäben treffen, ohne dass sich aus dem Gleichheitssatz eine Präferenz für einen bestimmten Maßstab ergibt. Die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers endet erst dort, wo ein einleuchtender Grund für die unterlassene Differenzierung nicht mehr erkennbar ist (BVerwG NVwZ-RR 1995, 348 f.; Beschluss vom 19.12.2007 - 7 BN 6/07, juris Rz. 7; jeweils m.w.N.). Ihm ist daher auch bei der Bestimmung von - hier einschlägigen - Wahrscheinlichkeitsmaßstäben ein weites Ermessen eingeräumt, so dass bei Vorliegen eines sachlich einleuchtenden Grundes für eine gewählte Typisierung oder Differenzierung aufgrund des Gleichheitssatzes keine noch darüber hinausgehende Verpflichtung besteht, für eine Grundgebühr den (vermeintlich) zweckmäßigsten, vernünftigsten, gerechtesten oder wahrscheinlichsten Maßstab anzuwenden (vgl. BVerwG MDR 1982, 431, 432; NVwZ-RR 1995, 348 f.; ferner BVerwGE 112, 297, 299 f.).
Rz. 33
Vor diesem Hintergrund ist im Abgabenrecht zugleich anerkannt, dass Typisierungen und Pauschalierungen - insb. bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein können (BVerwG, NVwZ 2005, 332, 333) und der Satzungsgeber sein Entscheidungsermessen hiervon leiten lassen darf (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2007 - 7 BN 6/07, a.a.O.). Die Grenze des Gestaltungsermessens ist erst dann überschritten, wenn ein sachlich einleuchtender Grund für eine mit der Typisierung getroffene oder unterlassene Differenzierung auch mit Blick auf die Verwaltungsvereinfachung fehlt (vgl. BVerwG NVwZ-RR 1995, 594, 595; Beschl. v. 19.12.2007 - 7 BN 6/07, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Das schließt es ein, dass ein Satzungsgeber im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nicht gehalten ist, den jeweils gewählten Maßstab derart weit auszudifferenzieren, dass möglichst jedem Einzelfall - im Sinne einer Einzelfallgerechtigkeit - entsprochen wird (BVerwG, Beschl. v. 19.12.2007 - 7 BN 6/07, a.a.O.). Ausreichend ist vielmehr, dass die Höhe der Grundgebühr zu dem möglichen Umfang der Benutzung in eine, wenn auch nur annähernde, Beziehung gesetzt ist (BVerwG MDR 1982, 431, 432).
Rz. 34
(2) Gemessen an diesen Voraussetzungen überschreitet die Erhebung des Grundpreises für jede Wohneinheit ohne weitere Differenzierung nach deren Größe die Ermessensgrenzen eines Trinkwasserversorgers wie des Beklagten grundsätzlich nicht. Der von ihm gewählte Maßstab erfasst vielmehr in sachlich einleuchtender Weise das Maß des den Anschlussnehmern gewährten Vorteils sowie der durch die Vorhalteleistung verursachten Kosten.
Rz. 35
(a) Anders als das Berufungsgericht meint, ist ein Versorger aus Gründen der Billigkeit nicht verpflichtet, einen Maßstab zu wählen, der zusätzlich nach der Größe der jeweiligen Wohneinheiten differenziert und diese in Größenklassen dahin unterteilt, dass jedenfalls bei kleinen Wohnungen mit einer Größe von bis zu 50 m2 nur ein Bruchteil des vollen Grundpreises, hier zwei Drittel, in Ansatz gebracht werden dürfen. Denn dabei nimmt das Berufungsgericht schon im Ansatz nicht hinreichend in den Blick, dass der den Anschlussnehmern durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten einer betriebsbereiten Wasserversorgungsanlage gewährte Vorteil, jederzeit ausreichend mit Trinkwasser versorgt zu werden, für jede Wohneinheit und ihre dadurch üblicherweise erst hergestellte ausreichende Benutzbarkeit unabhängig vom jeweiligen Verbrauch und von den durch die Vorhalteleistung verursachten Kosten im Großen und Ganzen gleich zu bewerten ist. Es berücksichtigt bei seiner Würdigung auch nicht hinreichend, dass insb. das Maß der durch die Vorhalteleistung verursachten Kosten mangels individueller Ausscheidbarkeit einzelner Leistungsteile unter Zuordnung zu speziellen Vorteilen keine weitere Differenzierung erfordert.
Rz. 36
(b) Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die für die Vorhalteleistung erhobene Grundgebühr zur sachgerechten Leistungserfassung maßgeblich an dem auf einem Grundstück in Abhängigkeit von der Anzahl der potentiellen Nutzer maximal möglichen Trinkwasserverbrauch für die vorzuhaltende (Höchstlast-)Kapazität zu orientieren hat (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 8.9.2011 - 4 L 247/10, juris Rz. 35 m.w.N.). Allerdings ist vom Berufungsgericht nicht belegt, ob und jedenfalls mit welcher Aussagekraft ein von ihm angenommener und seiner Beurteilung zugrunde gelegter Erfahrungssatz existiert, wonach die Anzahl der Bewohner mit der Größe der Wohnung steigt. Denn allein aus der Anzahl der Personen, die dort Trinkwasser zum Verbrauch abrufen könnten, lässt sich - was das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung aus den Augen verloren hat - eine für die nötige Typisierung verlässliche Größe nicht ohne Weiteres, und zwar auch nicht über eine Differenzierung nach Wohnungsgrößen, gewinnen.
Rz. 37
Dass die tatsächliche Anzahl der jeweiligen Bewohner eines Grundstücks bei Massengeschäften der in Rede stehenden Art keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für die Bemessung des Grundpreises bilden kann, liegt allein schon mit Blick auf den dafür erforderlichen Ermittlungs- und Verarbeitungsaufwand auf der Hand.
Rz. 38
Ebenso wenig besitzt die Größe der jeweiligen Wohneinheiten eine hinreichende Aussagekraft über die Anzahl ihrer Bewohner und einer daraus ableitbaren (Höchstlast-)Kapazität für die vorzuhaltende Trinkwassermenge. Denn es besteht kein verlässlich feststellbares Verhältnis zwischen der Größe einer Wohneinheit und der aus unterschiedlichsten Gründen variierenden Anzahl ihrer Bewohner. Insbesondere gibt es keinen belastbaren allgemeinen Erfahrungssatz, dass und in welchem Maße sich die Bewohnerzahl mit der Größe einer Wohneinheit verändert (so auch OVG Magdeburg, Urt. v. 1.4.2004 - 1 K 93/03, juris Rz. 16; OLG Naumburg, ZMR 2005, 364, 365; a.A. wohl OVG Lüneburg, KStZ 2004, 70, 71).
Rz. 39
Ob nämlich eine Wohnung von bestimmter Größe unter gewöhnlichen Umständen von einer Person, einer Familie oder einem Familienverband bewohnt wird, hängt - was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht hinreichend in Betracht gezogen hat - von den individuellen Umständen, namentlich den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, den Wohngewohnheiten, dem Wohnumfeld und einer Vielzahl von weiteren sozialen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Bestimmungsfaktoren ab, die zu ermitteln und zu berücksichtigen ein Versorger bereits kaum in der Lage sein dürfte, auf die er bei Ausübung seines Gebührengestaltungsermessens und einer dabei unerlässlichen Typisierung aber jedenfalls billigerweise auch keine Rücksicht nehmen muss (OVG Magdeburg, Urt. v. 1.4.2004 - 1 K 93/03, a.a.O.). Dementsprechend hat das Berufungsgericht auch keine nachvollziehbare Erklärung dafür geben können, warum es die Grenze gerade bei einer Wohnungsgröße von 50 m2 gezogen und weitere Größendifferenzierungen abgelehnt hat.
Rz. 40
(c) Hiervon ausgehend gibt es - wie der Senat mangels Ersichtlichkeit weiterer beurteilungsrelevanter tatsächlicher Feststellungen selbst entscheiden kann - keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte auch unter Billigkeitsgesichtspunkten gehindert gewesen wäre, bei Wohnraum den Grundpreis für die von ihm bereitgestellte Vorhalteleistung allein nach der Anzahl der Wohneinheiten zu bemessen, selbst wenn dies einen vergleichsweise groben, aber mit zumutbarem Aufwand nicht präziser zu erfassenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab darstellt. Im Gegenteil spricht für die Billigkeit des gewählten Maßstabs gerade auch seine von der Revision des Beklagten zutreffend hervorgehobene Praktikabilität, die zugleich den Interessen der Gesamtheit aller Anschlussnehmer an der Verwendung eines möglichst einfachen, leicht handhabbaren und ohne nennenswerten Aufwand verlässlich überprüfbaren Maßstabs maßgeblich entgegenkommt.
Rz. 41
f) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verstößt eine Bemessung der Grundgebühr nur nach der jeweiligen Zahl der Wohneinheiten auch nicht gegen das kommunalabgabenrechtliche Äquivalenzprinzip. Das Äquivalenzprinzip besagt als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebots, dass eine Gebühr und entsprechend auch der hier in Rede stehende Grundpreis nicht in einem groben Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung stehen dürfen. Dabei besteht zwar ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Bemessung der Gebühr, mithin einer sachgerechten Verknüpfung zwischen dem Wert der Leistung und der Gebührenhöhe. Allerdings wird dieser Spielraum einerseits begrenzt durch das Erfordernis einer Beachtung des Kostendeckungsgrundsatzes, der eine Gebührenbemessung verbietet, die sich nicht darauf beschränkt, die Kosten der abzugeltenden Leistung ganz oder teilweise zu decken, sondern sich in ihrer Höhe völlig von diesen Kosten entfernt (BVerwG, NVwZ 2003, 1385, 1386 m.w.N.). Andererseits erfordert das Äquivalenzprinzip bei einem - wie hier - auf Kostendeckung abzielenden Entgelt, dass auch der gewählte Verteilungsmaßstab dem Gleichheitssatz Rechnung trägt (BVerwG, NVwZ-RR 2002, 217, 218).
Rz. 42
Dass der Beklagte bei Kalkulation seines Grundpreises gegen das Kostendeckungsprinzip im Sinne eines Kostenüberschreitungsverbots verstoßen haben könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision der Klägerin erinnert dagegen nichts. Ebenso wenig kollidiert - wie bereits vorstehend unter II 3c, e ausgeführt - die hieran anknüpfende Wahl eines bei Wohngebäuden auf die bloße Zahl der Wohneinheiten ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzung und Größe abstellenden Verteilungsmaßstabes mit dem Gleichheitssatz und in dieser Ausprägung auch nicht mit dem Äquivalenzprinzip.
Rz. 43
4. Auch hinsichtlich des Feststellungsbegehrens, das darauf abzielt, dem Beklagten die Berechtigung abzusprechen, der Klägerin bei Belieferung der in Rede stehenden Liegenschaften mit Trinkwasser einen Grundpreis in Rechnung zu stellen, der allein an das Vorhandensein von Wohneinheiten anknüpft, dringt die Revision des Beklagten mit ihrem Klageabweisungsbegehren durch.
Rz. 44
a) Allerdings mangelt es - anders als die Revision des Beklagten meint - dem getroffenen Feststellungsausspruch nicht bereits an der erforderlichen Bestimmtheit. Zwar müssen Klageanträge und eine ihnen gem. § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO folgende Verurteilung nach den daran gem. §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zu stellenden Anforderungen so bestimmt sein, dass Gegenstand und Reichweite des Urteilsausspruchs feststehen. Insbesondere muss bei einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt wird, so genau bezeichnet sein, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft der Feststellung keinerlei Ungewissheit bestehen kann (BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 Rz. 31 m.w.N.). Bei Verwendung aus sich heraus noch nicht eindeutiger oder sonst auslegungsbedürftiger Begriffe und Bezeichnungen ist es aber möglich, zur Bestimmung von Gegenstand und Reichweite des Ausspruchs das zugrunde liegende Parteivorbringen bzw. Tatbestand und Gründe der Entscheidung ergänzend heranzuziehen (BGH, Urt. v. 4.10.2000 - VIII ZR 289/99, WM 2001, 378 unter II 3b; BAG, NJOZ 2012, 1782, 1785; jeweils m.w.N.).
Rz. 45
So verhält es sich hier. Denn das Berufungsgericht hat in den Gründen seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf seine Ausführungen zum Zahlungsbegehren klargestellt, dass es eine Grundpreisfestsetzung lediglich nach der Anzahl der Wohneinheiten für undifferenziert erachten wollte, und dass die erforderliche Differenzierung einzig und allein in einer unterschiedlichen preislichen Behandlung von Wohneinheiten bis zu 50 m2 und solchen mit einem darüber liegenden Flächenmaß bestehen sollte.
Rz. 46
b) Der so zu verstehende Feststellungsausspruch ist jedoch aus den vorstehend unter II 3c, d wiedergegebenen Erwägungen unbegründet.
III.
Rz. 47
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt ist; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt auf die Revision des Beklagten zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Fundstellen