Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorzeitige Beendigung eines Leasingvertrags mit Andienungsrecht und ohne Mehrerlösbeteiligung. Anspruch des Leasinggebers auf Versicherungsentschädigung
Leitsatz (amtlich)
Bei der vorzeitigen Beendigung eines Leasingvertrags mit Andienungsrecht und ohne Mehrerlösbeteiligung steht eine Versicherungsentschädigung, die aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls vom Haftpflichtversicherer des Schädigers wegen der Beschädigung des Leasingfahrzeugs auf Totalschadensbasis gezahlt wird, dem Leasinggeber zu, soweit sie nicht vom Leasingnehmer zur Reparatur des Leasingfahrzeugs verwendet wird. Das gilt auch insoweit, als die Versicherungsentschädigung den zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages noch nicht amortisierten Gesamtaufwand des Leasinggebers einschließlich des kalkulierten Gewinns übersteigt (Fortführung von BGH WM 2008, 368).
Normenkette
BGB § 535
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 29.06.2010; Aktenzeichen 13 S 4211/10) |
AG München (Entscheidung vom 15.02.2010; Aktenzeichen 122 C 12458/08) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des LG München I vom 29.6.2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Im April 2006 schlossen die Parteien für die Dauer von 36 Monaten einen Leasingvertrag mit Andienungsrecht der Beklagten über einen am 17.5.2006 erstzugelassenen Pkw B. . Neben einer Leasingsonderzahlung von 2.586,21 EUR netto war eine monatliche Leasingrate von 187,50 EUR netto vereinbart, der dem Andienungsrecht zugrunde gelegte kalkulierte Restwert war auf 12.496,81 EUR netto festgelegt. Die in den Leasingvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: Leasingbedingungen) lauten auszugsweise wie folgt:
X. Versicherungsschutz und Schadenabwicklung [...] 2 Im Schadenfall hat der Leasingnehmer den Leasinggeber unverzüglich zu unterrichten. Der Leasingnehmer hat die notwendigen Reparaturarbeiten unverzüglich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführen zu lassen, es sei denn, dass wegen Schwere und Umfang der Schäden Totalschaden anzunehmen ist oder die voraussichtlichen Reparaturkosten 60 % des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs übersteigen... [...] 4 Der Leasingnehmer ist auch über das Vertragsende hinaus ... ermächtigt und verpflichtet, alle fahrzeugbezogenen Ansprüche aus einem Schadenfall im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen. Zum Ausgleich des Fahrzeugschadens erlangte Beträge hat der Leasingnehmer im Reparaturfall zur Begleichung der Reparaturrechnung zu verwenden. 5 Entschädigungsleistungen für Wertminderung sind in jedem Fall an den Leasinggeber weiterzuleiten... 6 Bei Totalschaden oder Verlust des Fahrzeugs kann jeder Vertragspartner den Leasingvertrag zum Ende eines Vertragsmonats kündigen. Bei schadenbedingten Reparaturkosten von mehr als 60 % des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges kann der Leasingnehmer innerhalb von drei Wochen nach Kenntnis dieser Voraussetzungen zum Ende eines Vertragsmonats kündigen... Die Folgen einer Kündigung sind in Abschnitt XV geregelt... XI. Haftung/Gefahrübertragung 1 Für Untergang, Verlust, Beschädigung und Wertminderung des Fahrzeuges und seiner Ausstattung haftet der Leasingnehmer dem Leasinggeber auch ohne Verschulden, jedoch nicht bei Verschulden des Leasinggebers. Dem Leasingnehmer steht jedoch das in Ziff. X. 6 geregelte Kündigungsrecht zu... [...] XV. Abrechnung nach Kündigung 1 Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages durch eine nach diesem Vertrag zulässige Kündigung wird dem Leasingnehmer der entstandene Kündigungsschaden in Rechnung gestellt. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen Ablösewert und Verkaufserlös. Der Ablösewert setzte sich zusammen aus: - dem Barwert der vom Tag der Fahrzeugrückgabe bis zum regulären Vertragsende (Restlaufzeit) noch ausstehenden Netto-Leasingraten, die um die ersparten Gemeinkosten reduziert werden - dem auf die Restlaufzeit entfallenden Anteil einer etwaigen Leasingsonderzahlung (netto) - dem Barwert des kalkulierten Restwertes (netto)... 2 Auf den Ablösewert wird der Verkaufserlös (netto) für das zurückgegebene Leasingfahrzeug in Anrechnung gebracht. Der Leasinggeber lässt zunächst durch einen unabhängigen Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen den Abgabepreis an den gewerblichen Handel schätzen... 3 Im Falle einer Kündigung nach Abschnitt X Ziff. 6 werden anstelle des Verkaufserlöses die etwaige Versicherungsleistung und ggf. der Erlös für die Restwerte des Fahrzeugs auf den Ablösewert in Anrechnung gebracht...
Rz. 2
Das Leasingfahrzeug wurde am 13.6.2006 aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls erheblich beschädigt. Der Haftpflichtversicherer des Schädigers zahlte daraufhin an den Kläger 4.681,42 EUR, und zwar 3.656,42 EUR für fiktive Reparaturkosten, 1.000 EUR für einen merkantilen Minderwert sowie 25 EUR für Nebenkosten. Der Kläger, der von einem wirtschaftlichen Totalschaden ausging und das Fahrzeug nicht reparieren ließ, sondern es bis zu dessen Rückgabe an die Beklagte im August 2007 unrepariert weiternutzte, nahm daraufhin den Haftpflichtversicherer des Schädigers auf Abrechnung des Unfallschadens auf Neuwertbasis gerichtlich in Anspruch. In dem obsiegenden Urteil wurde der Haftpflichtversicherer rechtskräftig zur Zahlung von 4.554,24 EUR nebst Zinsen an die Beklagte verurteilt, wobei auf den festgestellten Gesamtschaden von 9.725,76 EUR die an den Kläger bereits geleistete Zahlung von 4.681,42 EUR angerechnet wurde.
Rz. 3
Der Kläger, der die an ihn geleistete Zahlung nicht an die Beklagte weitergeleitet hat, kündigte daraufhin unter dem 12.8.2007 den Leasingvertrag aufgrund des Unfallschadens und gab das Fahrzeug zurück. Die Beklagte veräußerte das Fahrzeug anschließend ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zu einem Kaufpreis von 8.403,36 EUR netto an einen Gebrauchtwagenhändler und rechnete den Leasingvertrag unter dem 30.10.2007 "aufgrund von Totalschaden" ab. Auf den von ihr mit 16.886,15 EUR ermittelten Ablösewert rechnete sie den genannten Verkaufserlös sowie die erhaltene Versicherungsentschädigung von 4.554,24 EUR nebst Zinsen an. Auf die danach mit 3.690,35 EUR zu ihren Gunsten errechnete Restforderung brachte sie dem Kläger 2.589,35 EUR gut, die sich aus überzahlten Leasingraten sowie dem aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung nicht verbrauchten Anteil der Leasingsonderzahlung ergeben, und machte außergerichtlich den sich hiernach ergebenden Differenzbetrag von 1.101 EUR gegen den Kläger geltend.
Rz. 4
Mit der Behauptung, bei einem Verkauf des zurückgegebenen Fahrzeugs seien nicht nur 8.403,36 EUR, sondern mindestens 11.680,67 EUR und damit 3.277,31 EUR mehr zu erlösen gewesen, hat der Kläger unter Anrechnung der genannten 1.101 EUR von der Beklagten Zahlung i.H.v. 2.176,31 EUR nebst Zinsen begehrt. Das AG hat - sachverständig beraten - einen erzielbaren Verkaufserlös von 11.008,40 EUR festgestellt. Diesen Betrag sowie die an die Beklagte geflossene Versicherungsentschädigung von 4.554,24 EUR hat es vom genannten Ablösewert von 16.886,15 EUR abgezogen und unter Hinzurechnung der Gutschrift von 2.589,35 EUR eine dem Kläger zustehende Forderung von 1.265,84 EUR ermittelt. Die an den Kläger direkt gezahlte Versicherungsentschädigung von 4.656,42 EUR hat es bei dieser Abrechnung nicht berücksichtigt, zugleich aber auch eine von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung auf Auskehrung dieses Betrages für unbegründet erachtet, weil eine in diesem Fall erforderliche Anrechnung des Betrages der Gegenforderung auf den Ablösewert zu einem dem Kläger dann aus dem Leasingvertrag zustehenden Übererlös i.H.v. ebenfalls 1.265,84 EUR geführt hätte. Das LG hat auf die Berufung der Beklagten, mit der sie die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung weiterverfolgt hat, das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 7
Das AG habe zwar grundsätzlich zutreffend und von der Berufung unangegriffen einen Anspruch des Klägers i.H.v. 1.265,84 EUR aus der Abrechnung des Leasingvertrages bejaht. Dieser Anspruch sei jedoch durch Aufrechnung der Beklagten mit der von ihr geltend gemachten Gegenforderung erloschen, weil der Kläger die ihm zugeflossene Versicherungsleistung von 4.656,42 EUR ohne Rechtsgrund erlangt habe und deshalb um diesen Betrag ungerechtfertigt bereichert sei.
Rz. 8
Soweit in der Versicherungsleistung ein Ausgleich für merkantilen Minderwert i.H.v. 1.000 EUR enthalten sei, sei der Kläger nach Abschnitt X. 5 der Leasingbedingungen zur Weiterleitung an den Leasinggeber verpflichtet. Ebenso stehe die Versicherungsleistung für fiktive Reparaturkosten i.H.v. 3.656,42 EUR der Beklagten als Leasinggeberin zu. Der Auffassung des AG, wonach dem Leasingnehmer das Risiko eines geringer ausfallenden Verkaufserlöses auferlegt werde, finde im Leasingvertrag der Parteien keine Stütze. Die dortige Regelung zum "Leasing-Extra bei Totalschaden oder Diebstahl", durch die der Leasinggeber im Fall eines Diebstahls oder Totalschadens auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert verzichtet habe, wenn die Versicherungsleistung binnen drei Monaten ab Schadenstag bei ihm eingehe, lasse im Gegenteil erkennen, dass dem Leasinggeber das Risiko eines unfallbedingt niedrigeren Wiederbeschaffungswerts zugewiesen sei. Ebenso habe auch der BGH (Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05) für den Fall der Vollkaskoversicherung entschieden, dass bei vorzeitiger Beendigung eines Leasingvertrages mit Andienungsrecht und ohne Mehrerlösbeteiligung die gezahlte Versicherungsleistung in voller Höhe und damit zugleich hinsichtlich eines Überschusses dem Leasinggeber als dem Eigentümer des Fahrzeugs zustehe.
Rz. 9
Für den vorliegenden Fall der Haftpflichtversicherung könne nichts anderes gelten. Zwar besage die grundsätzliche Verpflichtung des Leasinggebers in Abschnitt XV. 3 der Leasingbedingungen noch nichts darüber, wem ein nach dieser Anrechnung verbleibender Übererlös zustehe. Allerdings sei bei der Vollkaskoversicherung zu berücksichtigen, dass sie eine reine Sachversicherung sei und als solche nur das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung des unter Versicherungsschutz stehenden Fahrzeugs decke.
Rz. 10
Für die Versicherungsleistung aus der gegnerischen Haftpflichtversicherung, die ebenfalls dem Ersatz des am Leasingfahrzeug entstandenen Sachschadens diene und sich unabhängig davon, ob die Reparaturkosten tatsächlich entstanden seien oder die Versicherungsleistung nur aufgrund fiktiver Schadensberechnung erbracht worden sei, auf den Substanzwert des Fahrzeugs beziehe, könne nichts anderes gelten, zumal der Kläger nach Abschnitt X. 2 der Leasingbedingungen an sich sogar gehalten gewesen wäre, die Versicherungsleistung zur Reparatur des Fahrzeugs zu verwenden. Außerdem spreche auch bei der Haftpflichtversicherung die Wertung des § 285 Abs. 1 BGB dafür, dass der Kläger, der das Fahrzeug infolge der Beschädigung entgegen seiner Verpflichtung aus Abschnitt XVI. 2 der Leasingbedingungen nicht mehr frei von Schäden und Mängeln zurückgeben könne, der Beklagten die wegen der Beschädigung erlangte Versicherungsleistung in voller Höhe herauszugeben habe.
Rz. 11
Da vorliegend kein Erwerbsrecht des Klägers, sondern nur ein in der freien Entscheidung der Beklagten liegendes Andienungsrecht vereinbart worden sei, hätte die Beklagte das Leasingobjekt auch zu einem höheren Wert als dem kalkulierten Restwert an einen Dritten veräußern können, ohne den Übererlös herausgeben zu müssen. Daraus, dass die Chance der Wertsteigerung bei planmäßiger Beendigung des Leasingvertrages ausschließlich dem Leasinggeber zugewiesen sei, lasse sich schließlich auch nicht ableiten, dass die Chance der Wertsteigerung bei vorzeitiger Beendigung des Leasingvertrages dem Leasingnehmer habe zustehen sollen.
II.
Rz. 12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Rz. 13
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger kein Zahlungsanspruch i.H.v. 1.265,84 EUR mehr zusteht. Dieser Anspruch ist vielmehr gem. § 389 BGB durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit ihrem Gegenanspruch auf Auskehrung der an den Kläger i.H.v. 4.656,42 EUR gezahlten Versicherungsentschädigung erloschen. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Beklagte diese Entschädigung in voller Höhe, insb. auch ungeachtet eines dabei im Verhältnis zum vereinbarten Ablösebetrag anfallenden Übererlöses, vom Kläger herausverlangen, da die Entschädigungsleistung einschließlich eines damit einhergehenden Übererlöses nach den getroffenen leasingvertraglichen Regelungen dem Leasinggeber und nicht dem Leasingnehmer zugewiesen ist.
Rz. 14
1. Die Beklagte kann zum einen die Wertminderungsentschädigung i.H.v. 1.000 EUR gem. Abschnitt X. 5 Satz 1 der Leasingbedingungen herausverlangen, wonach Entschädigungsleistungen für Wertminderung in jedem Fall an den Leasinggeber weiterzuleiten sind. Zum anderen hat der Kläger die i.H.v. 3.656,42 EUR in der Versicherungsentschädigung enthaltene Reparaturkostenleistung an die Beklagte herauszugeben, nachdem der Kläger, gestützt auf Abschnitt X. 6 Satz 1, XI. 1 Satz 2 der Leasingbedingungen, den Leasingvertrag einvernehmlich wegen eines Totalschadens des Leasingfahrzeugs gekündigt (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2006 - VIII ZR 217/05, WM 2006, 2378 Rz. 9) und sich spätestens dadurch eine in Abschnitt X. 2 der Leasingbedingungen vorgeschriebene Reparatur des Fahrzeugs unter Verwendung der erhaltenen Entschädigung erledigt hat.
Rz. 15
Der Umstand, dass der Haftpflichtversicherer zwecks Schadensausgleichs die genannte Entschädigungszahlung unmittelbar an den zur Geltendmachung der Forderung ermächtigten Kläger erbracht hat, ist - anders als die Revision meint - vorliegend ohne Bedeutung für die vertraglichen Verwendungs- und Ausgleichungspflichten der Leasingvertragsparteien untereinander. Denn die vom Haftpflichtversicherer des Schädigers erbrachten Entschädigungsleistungen lassen keine Aussagen darüber zu, wem die Leistungen im Verhältnis der Leasingvertragsparteien untereinander zustehen sollen und welche Zweckbestimmung ihnen im Innenverhältnis beizulegen ist. Das zu bestimmen ist vielmehr Sache der Leasingvertragsparteien, die in Abschnitt X. 5 Satz 1 der Leasingbedingungen auch ausdrücklich eine Pflicht des Leasingnehmers geregelt haben, Entschädigungsleistungen für Wertminderung ungeachtet einer etwaigen späteren Anrechnungspflicht in jedem Fall an den Leasinggeber weiterzuleiten.
Rz. 16
Für nicht verbrauchte und damit in ihrem vereinbarten Verwendungszweck verfehlte Reparaturkostenbeträge gilt Entsprechendes. Auch wenn die Leasingbedingungen, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen vom Revisionsgericht - ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen Vertragspartners - frei auszulegen sind (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2011 - VIII ZR 305/10, NJW 2011, 2643 Rz. 20; v. 9.2.2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rz. 29; jeweils m.w.N.), hierzu keine ausdrückliche Aussage treffen, ist ihnen zu entnehmen, dass eine an den Leasingnehmer zur Deckung von Reparaturkosten geleistete Entschädigung nur dann bei ihm verbleiben darf, wenn sie ihrem Zweck entsprechend eingesetzt wird.
Rz. 17
Genauso wie bei Abschluss einer Vollkaskoversicherung zur Absicherung des Risikos der Beschädigung, der Zerstörung oder des Verlusts des Leasingfahrzeugs (dazu BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, WM 2008, 368 Rz. 19 m.w.N.) ist der Leasinggeber zwar verpflichtet, die ihm aus einem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen dem Leasingnehmer, wenn dieser - wie hier - die Sach- und Preisgefahr trägt, zugute kommen zu lassen und erhaltene Entschädigungsleistungen für die Reparatur oder die Wiederbeschaffung des Fahrzeugs zu verwenden oder bei Beendigung und Abwicklung des Leasingverhältnisses - ebenso wie in anderen Fällen den Verwertungserlös - auf mögliche Schadensersatz- oder Ausgleichsforderungen anzurechnen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Leasinggeber einen nicht verbrauchten Betrag dem Leasingnehmer belassen oder überlassen muss. Vielmehr ist auch die zum Ausgleich von Sachschäden geleistete Versicherungsentschädigung eines fremden Haftpflichtversicherers ausschließlich dazu bestimmt, das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung des Fahrzeugs zu decken, so dass sie grundsätzlich allein dem Leasinggeber als dem Eigentümer des Fahrzeugs zusteht und vom Leasingnehmer nur bei zweckentsprechender Verwendung beansprucht werden kann. Das gilt vorliegend umso mehr, als der Kläger selbst die an ihn erbrachten Entschädigungsleistungen nur als Vorschuss auf die von ihm begehrte Entschädigung auf Neuwertbasis aufgefasst und dementsprechend auf den von ihm zur Zahlung an die Beklagte erstrittenen Schadensersatz zur Anrechnung gebracht hat mit der Folge, dass die Beklagte zum Ausgleich ihres Sachinteresses lediglich eine entsprechend gekürzte Entschädigungszahlung des Haftpflichtversicherers erhalten hat.
Rz. 18
2. Entgegen der Auffassung der Revision sind die Ansprüche der Beklagten im Kündigungsfall nicht auf den in Abschnitt XV. der Leasingbedingungen geregelten Kündigungsschaden begrenzt, der sich aus der Differenz zwischen Ablösewert und Verkaufserlös ergibt, wobei im Falle der vorliegend erfolgten Kündigung nach Abschnitt X. 6 anstelle des Verkaufserlöses die Versicherungsleistung und der Erlös für den Restwert des Fahrzeugs auf den Ablösewert in Anrechnung gebracht werden.
Rz. 19
a) Der so bemessene Kündigungsschaden beschreibt lediglich den dem Leasinggeber zustehenden Anspruch auf Ausgleich seines zum Kündigungszeitpunkt infolge der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages - hier wegen des von den Parteien einvernehmlich angenommenen Totalschadens des Leasingfahrzeuges - noch nicht amortisierten Gesamtaufwandes (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.2003 - VIII ZR 55/03, WM 2004, 1179 unter II 1 m.w.N.; v. 27.9.2006 - VIII ZR 217/05, a.a.O., Rz. 11). Die Bemessung des noch nicht amortisierten Gesamtaufwandes wird zwar auch durch Schadensersatzleistungen Dritter beeinflusst, die dem Leasinggeber wegen Beschädigung, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs zufließen. Denn er ist gehalten, diese Leistungen bei Bemessung seines Vollamortisationsinteresses zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 8.10.2003 - VIII ZR 55/03, a.a.O., unter II 3 b). Eine Aussage darüber, ob von dem durch eine solche Anrechnungspflicht geprägten Kündigungsschaden die Ansprüche der Beklagten aus der Abwicklung des Leasingvertrages abschließend im Sinne einer Obergrenze geregelt sein sollen und die vorzunehmende Abrechnung insb. auch noch nicht erfüllte Ansprüche des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer auf Auskehrung von Entschädigungszahlungen über die in Abschnitt XV. 3 vorgesehene Anrechnung hinaus erledigen soll, ist dagegen dem Wortlaut der Abrechnungsbestimmung nicht zu entnehmen. Dies ist auch sonst nicht geboten.
Rz. 20
b) Eine Auskehrungspflicht des Leasinggebers ergibt sich bei Entschädigungsleistungen Dritter insb. nicht aus deren leasingvertraglicher Zweckbindung. Zwar sind solche Leistungen bei Fortbestand des Leasingvertrages für die Reparatur oder die Wiederbeschaffung des Fahrzeugs zu verwenden sowie bei dessen Beendigung und Abwicklung auf mögliche Schadensersatz- oder Ausgleichsforderungen anzurechnen. Hieraus folgt - wie vorstehend unter II 1 ausgeführt - für sich allein aber keine Verpflichtung zur Auskehrung der danach über einen kalkulierten Restwert hinaus noch verbleibenden Beträge an den Leasingnehmer. Denn genauso wie die Leistung aus einer Vollkaskoversicherung ist auch die Entschädigungsleistung zum Ausgleich eines am Leasingfahrzeug eingetretenen Sachschadens auf eine Deckung des Interesses des Eigentümers an der Erhaltung des Fahrzeugs gerichtet, so dass der Ersatzbetrag grundsätzlich dem Leasinggeber als dem Eigentümer des Fahrzeugs zusteht. Zwar kann Abweichendes gelten, wenn der Leasinggeber in seinen Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Ausdruck bringt, dass sein Interesse allein auf die volle Amortisation des Finanzierungsaufwandes einschließlich des kalkulierten Gewinns gerichtet ist. Das kann unter Umständen auch darin zum Ausdruck kommen, dass dem Leasingnehmer - leasinguntypisch - das Recht eingeräumt ist, das Leasingobjekt nach ordnungsgemäßer Beendigung des Leasingvertrages zum vertraglich vereinbarten Restwert zu erwerben mit der Folge, dass ihm auf diese Weise die Chance zur Wahrnehmung einer Wertsteigerung zukommt (BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, a.a.O., Rz. 20). Eine solche Vertragsgestaltung liegt hier aber nicht vor.
Rz. 21
Dem Kläger ist im Leasingvertrag kein Recht auf Erwerb des Leasingfahrzeugs zugestanden worden. Die Parteien haben vielmehr nur ein Andienungsrecht der Beklagten vereinbart. In der Entscheidung über eine Andienung wäre die Beklagte jedoch frei gewesen. Sie hätte deshalb auch die Möglichkeit gehabt, das Leasingfahrzeug zu einem über dem kalkulierten Restwert liegenden Preis an einen Dritten zu veräußern, ohne dass der Kläger nach den getroffenen Vereinbarungen an einem Mehrerlös hätte beteiligt werden müssen. Die Chance der Wertsteigerung bei regulärem Vertragsablauf sollte bei dieser Vertragsgestaltung mithin allein der Beklagten zugewiesen sein. Dass dies bei vorzeitiger Beendigung des Leasingvertrages ausnahmsweise anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Der Beklagten steht deshalb die vom Haftpflichtversicherer des Schädigers gezahlte Entschädigung auch insoweit zu, als sie ihren zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages noch nicht amortisierten Gesamtaufwand einschließlich des kalkulierten Gewinns übersteigt (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, a.a.O., Rz. 21 f.; Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 6. Aufl., Kap. I Rz. 18).
Fundstellen
Haufe-Index 2770034 |
BB 2011, 2817 |
DB 2011, 2603 |