Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels, das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klägerin mehr als 1.693,41 DM (= 865,83 EUR) nebst Zinsen zugesprochen worden sind und dem Feststellungsantrag betreffend das Sondereigentum stattgegeben worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 25. August 2000 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die D. Bank 865,83 EUR (= 1.693,41 DM) nebst 8,25% Zinsen seit dem 1. August 1998 zu zahlen, Zug um Zug gegen eine entsprechende Reduzierung der von der Beklagten erteilten Bürgschaft vom 30. Dezember 1994.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, Zug um Zug gegen eine entsprechende Reduzierung der Bürgschaft vom 30. Dezember 1994 der D. Bank alle weiteren Beträge zu erstatten, die die Klägerin als Mitglied der Wohn- und Geschäftsanlage „G.” in J. anteilmäßig zur restlichen Fertigstellung und zur Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums zu tragen hat, soweit sich die Gewährleistungsansprüche aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht realisieren lassen.
Im übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufungen der Parteien zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten und zweiten Instanz haben die Klägerin 60% und die Beklagte 40% zu tragen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin 75% und der Beklagten 25% auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus einer Bürgschaft gemäß § 7 Makler- und Bauträgerverordnung (im folgenden: MaBV) in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die P. GmbH (im folgenden: P-GmbH) verpflichtete sich im Dezember 1994 durch notariellen Kauf- und Bauträgervertrag, der Klägerin eine schlüsselfertige Eigentumswohnung in einer Wohn- und Geschäftsanlage in J. zu errichten und zu übereignen. Die Parteien vereinbarten, daß der Kaufpreis in Höhe von 138.028 DM sofort zu leisten sei, und daß die P-GmbH zur Absicherung der Vorleistung eine Bankbürgschaft der Beklagten zu beschaffen habe. Für die Fertigstellung war eine Bauzeit von 18 Monaten nach Beginn der Bauarbeiten vorgesehen.
Die Beklagte übernahm mit Urkunde vom 30. Dezember 1994 gegenüber der Klägerin eine „Bürgschaft gemäß § 7 MaBV”. In der Urkunde, in der auf den notariellen Kauf- und Bauträgervertrag Bezug genommen ist, heißt es: „Zur Sicherung aller etwaigen Ansprüche des Auftraggebers gegen den Bauträger auf Rückgewähr oder Auszahlung der vorgenannten Vermögenswerte, die der Bauträger erhalten hat oder zu deren Verwendung er ermächtigt worden ist, übernehmen wir hiermit die selbstschuldnerische Bürgschaft … bis zum Höchstbetrage von 156.956 Deutsche Mark … einschließlich Zinsen und Kosten mit der Maßgabe, daß wir aus dieser Bürgschaft nur auf Zahlung von Geld … in Anspruch genommen werden können …”
Die Klägerin zahlte den vereinbarten Kaufpreis an die P-GmbH. Die Forderung aus der Bürgschaft trat sie an die D. Bank ab.
Die 1995 begonnenen Bauarbeiten wurden im Jahre 1996 für mehrere Monate unterbrochen, als die P-GmbH in Zahlungsschwierigkeiten geriet, und erst Ende Oktober 1996 fortgesetzt. Die Eigentumswohnung wurde der Klägerin im November 1997 übergeben und abgenommen. Die P-GmbH ist vermögenslos und befindet sich in Liquidation.
Die Klägerin hat von der Beklagten aus der Bürgschaft verlangt:
- Zahlung von 7.405,73 DM (darunter u.a. 4.455 DM Mietausfallschaden und 1.693,41 DM anteilige Kosten für die Fertigstellung der brandschutztechnischen Gemeinschaftsanlage) nebst Zinsen an die Zessionarin,
- ihre Freistellung von allen Ansprüchen der Stadt J. auf Zahlung einer Sanierungsausgleichsabgabe,
die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, alle Beträge zu erstatten, die die Klägerin
- zur Fertigstellung und Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums und
- zur Beseitigung von Mängeln des Sondereigentums während der Gewährleistungsfrist
aufbringen müsse.
Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 1.693,41 DM (Kosten der brandschutztechnischen Anlage) nebst Zinsen und dem Feststellungsantrag in vollem Umfang stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Zahlungsklage in Höhe von weiteren 4.252,50 DM nebst Zinsen (Mietausfallschaden) stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
Die Beklagte begehrt mit der zugelassenen Revision die Abweisung der Feststellungsanträge zu 3 a (nur hinsichtlich der Mängelbeseitigung) und 3 b sowie der Zahlungsklage, soweit sie zur Zahlung von mehr als 1.693,41 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg; sie führt zur Klageabweisung, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 1.693,41 DM (= 865,83 EUR) nebst Zinsen verurteilt und dem Feststellungsantrag zu 3 b stattgegeben worden ist.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung – im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft nach § 7 MaBV sichere nicht nur den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises im Falle der Vertragsaufhebung oder Rückabwicklung, sondern auch Ansprüche des Verkäufers auf Ersatz von Kosten der Mängelbeseitigung und Fertigstellung des Bauwerkes. Sinn und Zweck der Bürgschaft sei es, die Klägerin gegenüber allen Risiken abzusichern, die sich aus der sofortigen Zahlung des Kaufpreises in einer Summe im Vergleich zur Zahlung nach Baufortschritten ergäben. Die Bürgschaft umfasse auch den Verzugsschaden, der sich aus der verspäteten Fertigstellung des Sondereigentums der Klägerin ergebe. Die Klägerin könne deshalb von der Beklagten als Mietausfallschaden 4.252,50 DM ersetzt verlangen.
Auch die Feststellungsklage sei begründet. Die Klägerin habe – wie die D. Bank als Zessionarin – ein Interesse an der Feststellung, da die Beklagte ihre Einstandspflicht für künftige Mängel bestreite und eine Zahlungsklage noch nicht möglich sei, weil ungewiß sei, welche Mängel noch zu Tage treten würden, und die 5-jährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Die Haftung der Beklagten aus der Bürgschaft umfasse die Beseitigungskosten für sämtliche Mängel, die innerhalb der Verjährungsfrist auftreten.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
1. Im wesentlichen zutreffend sind allerdings die rechtlichen Ausführungen zum Sicherungsumfang der Bürgschaft. Wie der Senat in seinem Urteil vom 18. Juni 2002 – XI ZR 359/01, WM 2002, 1655 (zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) für eine gleichlautende Bürgschaftserklärung im einzelnen ausgeführt hat, sichert eine Bürgschaft nach § 7 MaBV sowohl Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen für die Mängelbeseitigung als auch Ansprüche auf Rückgewähr der Vorauszahlung, die aus einer auf Mängel gestützten Wandlung oder Minderung oder aus einem Schadensersatzanspruch wegen (teilweiser) Nichterfüllung resultieren (vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 – IX ZR 140/98, WM 1999, 535, 537).
Eine Beschränkung auf bestimmte Ansprüche des Auftraggebers ist dem Wortlaut der Bürgschaft, der im Zweifel gegen die Beklagte als Verwenderin des Bürgschaftsformulars auszulegen ist (§ 5 AGBG), nicht zu entnehmen. Entscheidend ist danach vielmehr, daß dem Auftraggeber – gleichgültig aus welchem Grund – ein Anspruch auf (teilweise) Rückgewähr seiner Vorauszahlung zusteht, weil der Bauträger seine Verpflichtung (teilweise) nicht oder schlecht erfüllt hat.
Für eine solche weite Auslegung spricht auch der Schutzzweck der Bürgschaft. Durch die nach § 7 Abs. 1 MaBV vom Bauträger zu stellende Bankbürgschaft soll der Erwerber einen angemessenen Ausgleich für die von ihm eingegangene Verpflichtung erhalten, die Vergütung für das herzustellende Werk sofort zu entrichten, und nicht erst, entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, bei Abnahme oder, wie es § 3 Abs. 2 MaBV gestattet, in Raten entsprechend dem Bauablauf nach Bauabschnitten. Eine Vorleistungspflicht benachteiligt den Erwerber nämlich in erheblichem Maße. Er verliert insbesondere die Möglichkeit, sein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB geltend zu machen oder mit (Schadensersatz-)Ansprüchen aufzurechnen, wenn der Bauträger nicht oder schlecht erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 – IX ZR 140/98, WM 1999, 535, 537). Wenn diese Nachteile durch die vom Bauträger nach § 7 Abs. 1 MaBV zu stellende Bürgschaft angemessen ausgeglichen werden sollen, so gebietet es der Schutzzweck des § 7 MaBV, den Sicherungsumfang der zu stellenden Bürgschaft weit zu bestimmen (BGH, Beschluß vom 2. Mai 2002 – VII ZR 178/01, WM 2002, 1506, 1507; Senatsurteil vom 18. Juni 2002 – XI ZR 359/01, WM 2002, 1656, 1657).
2. Ausgehend von dem beschriebenen Sicherungsumfang der Bürgschaft ist das Berufungsgericht zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, die Klägerin könne die Feststellung verlangen, daß die Beklagte verpflichtet sei, die von ihr zu tragenden anteiligen Mängelbeseitigungskosten betreffend das Gemeinschaftseigentum zu erstatten.
Nach dem Vortrag der Klägerin hat die P-GmbH das Gemeinschaftseigentum nicht mangelfrei hergestellt. Insbesondere sind in der Tiefgarage und im Dach darüber, wie die Beklagte nicht bestreitet, sanierungsbedürftige Risse vorhanden. Die nach § 9 Abs. 8 des Kauf- und Bauträgervertrages vorgesehene Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen von der Industrie- und Handelskammer J. zu benennenden Bausachverständigen hat nicht stattgefunden. Es kommen danach bezüglich des Gemeinschaftseigentums noch Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen für Beseitigung von Mängeln nach § 633 Abs. 3 BGB a.F. in Betracht. Solche vor Abnahme geltend gemachte Ansprüche können im Ergebnis dazu führen, daß der Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des im voraus gezahlten Kaufpreises gegen die P-GmbH zustehen kann. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine „Bürgschaft gemäß § 7 MaBV”, wie sie die Beklagte übernommen hat, solche Ansprüche absichert (BGH, Urteile vom 14. Januar 1999 – IX ZR 140/98, WM 1999, 535, 537 und vom 19. Juli 2001 – IX ZR 149/00, WM 2001, 1756, 1758; BGH, Beschluß vom 2. Mai 2002 – VII ZR 178/01, WM 2002, 1506, 1507; Senatsurteil vom 18. Juni 2002 aaO S. 1657).
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch der Klägerin einen Mietausfallschaden in Höhe von 4.252,50 DM zuerkannt.
Eine Bürgschaft nach § 7 MaBV soll – wie ausgeführt – Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises bei Nicht- oder mangelhafter Erfüllung des Vertrages durch den Bauträger sichern, nicht aber Schadensersatzansprüche wegen entgangener Nutzungen abdecken. Dies hat der Senat mit Urteil vom 18. Juni 2002 (aaO S. 1658) bereits für einen vertraglich vereinbarten Anspruch auf Zahlung einer pauschalierten Nutzungsausfallentschädigung entschieden. Für einen gesetzlichen Anspruch aus § 286 Abs. 1 BGB auf Ersatz eines Mietausfallschadens kann nichts anderes gelten.
4. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin auch nicht die Feststellung verlangen, daß die Beklagte verpflichtet sei, die Beträge zu erstatten, die die Klägerin zur Beseitigung von möglicherweise noch auftretenden Baumängeln an ihrer im Sondereigentum stehenden Eigentumswohnung aus eigenen Mitteln aufbringen muß. Durch die nach § 7 MaBV vom Bauträger zu stellende Bürgschaft soll der Erwerber (nur) einen angemessenen Ausgleich für die von ihm eingegangene Verpflichtung erhalten, die Vergütung für das zu erstellende Werk sofort zu entrichten und nicht erst, entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, bei der Abnahme oder, wie es § 3 Abs. 2 MaBV gestattet, in Raten entsprechend dem Bauablauf nach Bauabschnitten (Senatsurteil vom 18. Juni 2002 aaO S. 1657). Ein Bedürfnis für eine derartige Sicherung besteht dann nicht mehr, wenn der Eigentümer das Werk vom Unternehmer als mangelfrei abgenommen hat und auch nach der gesetzlichen Regelung oder nach § 3 MaBV verpflichtet wäre, den gesamten Kaufpreis zu zahlen.
Mängel, die nicht im Abnahmeprotokoll festgehalten sind, sondern erst nach Abnahme der Eigentumswohnung auftreten, können danach zwar zu einem Rückzahlungsanspruch gegen den Bauträger führen, nicht aber dazu, daß die Bürgschaft nach § 7 MaBV in Anspruch genommen werden kann (Ewenz ZflR 2000, 8, 13). Sonst würde der vorauszahlende Erwerber besser stehen als der Käufer, der nach Baufortschritt zahlt, und der Bauträger wäre gehalten, die Bürgschaft während der gesamten Gewährsleistungsfrist aufrechtzuerhalten und dafür Avalprovision zu zahlen (von Heymann/Rösler WuB I E 5.-4.99). Nichts spricht dafür, daß die Parteien dies gewollt haben.
Da die Klägerin unstreitig die Eigentumswohnung im November 1997 als mangelfrei abgenommen hat, kommen Ansprüche aus der Bürgschaft nach § 7 MaBV, was das Sondereigentum der Klägerin angeht, nicht mehr in Betracht.
III.
Das Berufungsurteil war daher im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als teilweise zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).
Soweit das Berufungsgericht den Klageanträgen zu 1 und 3 nur Zug um Zug gegen eine entsprechende Reduzierung der von der Beklagten erteilten Bürgschaft entsprochen hat, hat es nur eine zwingende Rechtsfolge ausgesprochen. Da dies dem Antrag der Klägerin entsprach, bestand für eine Abänderung im Revisionsverfahren keine Möglichkeit.
Unterschriften
Nobbe, Siol, Bungeroth, Joeres, Mayen
Fundstellen
NJW 2003, 1527 |
NJW-RR 2003, 452 |
IBR 2003, 23 |
IBR 2003, 79 |
NZM 2003, 158 |
BrBp 2003, 36 |
NZBau 2003, 100 |
ZBB 2003, 219 |