Entscheidungsstichwort (Thema)
Energieversorgungsunternehmen. Auslegung einer Steuer-und Abgabenklausel in Energielieferungsvertrag. Zahlungspflicht des Stromkunden für nach dem EEG und dem KWK-G entstandene Mehrkosten
Leitsatz (amtlich)
Zur ergänzenden Auslegung einer so genannten Steuer- und Abgabenklausel in einem Sonderkundenvertrag hinsichtlich erhöhter Beschaffungskosten, die dem Energieversorgungsunternehmen auf Grund der Regelungen des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien v. 29.3.2000 und des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes v. 12.5.2000 entstehen.
Normenkette
AGBG § 6
Verfahrensgang
OLG Oldenburg (Oldenburg) |
LG Osnabrück |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Oldenburg v. 8.3.2002 aufgehoben und das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Osnabrück v. 21.9.2001 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.532,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 6.493,23 Euro seit dem 23.5.2001 und aus weiteren 1.038,92 Euro seit dem 11.6.2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die jetzt unter neuem Namen firmierende Klägerin ist die Nachfolgerin der R. AG, die mit der Beklagten, einer Brauerei, am 28./29.11.1990 einen Vertrag über die Lieferung und den Bezug elektrischer Energie abgeschlossen hatte. Nr. 2.2 der "Allgemeinen und technischen Regelungen", die Bestandteil des Vertrages sind, enthält folgende Bestimmung:
"Soweit künftig eine Kohlensteuer, eine Energiesteuer oder Sonstige die Beschaffung, die Übertragung oder die Verteilung von elektrischer Energie belastende Steuern oder Abgaben irgendwelcher Art wirksam werden sollten, trägt diese der Kunde, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt."
Mit ihrer Klage macht die Klägerin für die Zeit von Oktober 2000 bis April 2001 Aufschläge für Aufwendungen geltend, die ihr durch das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) v. 29.3.2000 (BGBl. I 2000, 305) und durch das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWK-G) v. 12.5.2000 (BGBl. I 2000, 703) entstanden sind; die Höhe des geltend gemachten Betrages von brutto 14.731,61 DM (7.532,15 Euro) ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat eine Zahlungspflicht nach der getroffenen Steuer- und Abgabenklausel in Abrede gestellt.
Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht, dessen Urteil in RdE 2002, 187 f. abgedr. ist, ausgeführt, auf Grund der Regelung in Nr. 2.2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen ergebe sich keine Berechtigung zur Umlage der zusätzlich entstandenen Kosten. Eine - sog. erläuternde - Auslegung des Begriffs "Abgaben" ergebe, dass damit nur Abgaben im öffentlich-rechtlichen Sinne gemeint seien, was auf die von der Klägerin nach dem EEG und KWK-G zu zahlenden Entgelte nicht zutreffe. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Zusatz "Abgaben irgendwelcher Art". Bei verständiger Würdigung aus der Sicht der Beklagten sei mit der Ergänzung "irgendwelcher Art" lediglich zum Ausdruck gebracht worden, dass der Grund der (öffentlich-rechtlichen) Abgabe gleichgültig sein solle.
Auch eine ergänzende Vertragsauslegung führe nicht zu einem Zahlungsanspruch der Klägerin. Vorliegend hätten die Parteien bewusst eine abschließende Regelung zur Erhöhung des Entgelts getroffen, so dass es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Die Parteien hätten sich für die Dauer des Vertrages auf einen Festpreis in Form des um bestimmte Referenzwerte angefassten Arbeitspreises zzgl. der Übernahme bestimmter Kosten geeinigt; in dem Vertragswerk finde sich gerade keine Regelung, wonach jedwede Kostensteigerung auf die Beklagte umgelegt werden könne. Aus der Sicht der Beklagten habe die Klägerin damit hinsichtlich der nicht aufgeführten Kostenfaktoren festpreistypisch bewusst das Risiko einer Störung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung in Kauf genommen. Eine Anpassung des Entgelts wegen gestiegener Kosten unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage komme hier bei einer Kostensteigerung von lediglich 10 % bei einer nach dem Vertrag maximal gegebenen Bindungsfrist von 15 Monaten nicht in Betracht.
Auf Grund der getroffenen vertraglichen Regelung scheide auch ein Zahlungsanspruch gem. § 3 Abs. 1 S. 4 KWK-G aus.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst angenommen, dass sich aus Nr. 2.2 der "Allgemeinen und technischen Regelungen", die Bestandteil des Vertrages v. 28./29.11.1990 sind, eine Verpflichtung zur Tragung des von der Klägerin begehrten Aufschlags für die nach dem EEG und dem KWK-G entstandenen Mehraufwendungen nicht unmittelbar ergibt. Dabei unterliegen die "Allgemeinen und technischen Regelungen" der Klägerin der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht, da die Klägerin diese Vertragsbedingungen, wie sich bereits aus der Vereinbarung des Gerichtsstands Osnabrück ergibt, über den Bereich eines Oberlandesgerichtsbezirks hinaus verwendet (st. Rspr.: vgl. BGH v. 19.9.1986 - V ZR 72/85, BGHZ 98, 256 [258] = MDR 1987, 130; v. 3.7.1996 - VIII ZR 221/95, BGHZ 133, 184 [187] = MDR 1996, 995; Urt. v. 15.11.2000 - VIII ZR 322/99, MDR 2001, 380 = BGHReport 2001, 147 = WM 2001, 1028 = NJW-RR 2001, 987, unter II 1, jew. m. w. N.).
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.: vgl. BGH, Urt. v. 14.1.1999 - IX ZR 140/98, MDR 1999, 602 = WM 1999, 535 = NJW 1999, 1105, unter II 1a; Urt. v. 15.11.2000 - VIII ZR 322/99, MDR 2001, 380 = BGHReport 2001, 147 = WM 2001, 1028 = NJW-RR 2001, 987, unter II 1; Urt. v. 9.5.2001 - VIII ZR 208/00, MDR 2001, 865 = BGHReport 2001, 589 = WM 2001, 2008 = NJW 2001, 2165, unter II 2a, jew. m. w. N.).
a) Bei den von der Klägerin geltend gemachten Aufschlägen für die ihr durch das EEG und das KWK-G entstandenen Mehraufwendungen handelt es sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, weder um Steuern i. S. v. § 3 AO noch um (öffentlich-rechtliche) Abgaben, unter denen neben Steuern auch Gebühren, Beiträge und Sonderabgaben zu verstehen sind (Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, § 3 Rz. 20 ff.). Wie der BGH für Leistungspflichten nach dem Stromeinspeisungsgesetz v. 7.12.1990 (BGBl. I 1990, 2633) entschieden hat, stellten diese nach ihrem materiellen Gehalt keine Abgabenlasten dar, weil mit der Festlegung des Mindestpreises für den eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energien dieser Strom gefördert werden sollte, ohne dass eine Aufkommenswirkung zu Gunsten der öffentlichen Hand erreicht wurde; es handelte sich damit um eine Preisfestsetzung im Rahmen des Austauschverhältnisses der beteiligten Unternehmen (BGH v. 22.10.1996 - KZR 19/95, BGHZ 134, 1 [27 f.]; s.a. BVerfG v. 9.1.1996 - 2 BvL 12/95, NJW 1997, 573). Das Gleiche gilt für die Zahlungspflicht der Netzbetreiber nach dem EEG und KWK-G, die nunmehr feste Mindestvergütungen für den eingespeisten Strom sowie eine gesonderte Ausgleichsregelung unter den Netzbetreibern bestimmt haben, da auch hier Zahlungen nicht an eine öffentliche Einrichtung, sondern an den Betreiber der Kraftwerke mit Einsatz regenerativer Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung erfolgen (so auch OLG Düsseldorf RdE 2003, 74 [75]; Gent, RdE 2001, 50 [54]; Ebel, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2001, 812 [814]; so auch Büdenbender, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2001, 298 [308]).
b) Die Klägerin kann sich für die von ihr befürwortete Vertragsauslegung nicht darauf berufen, Sinn und Zweck der vereinbarten Steuer- und Abgabenklausel sowie die wirtschaftliche Gleichwertigkeit der in dem EEG und KWK-G gefundenen Finanzierungsform gegenüber einer öffentlichen Subventionierung aus dem staatlichen Haushalt, verbunden mit neu geschaffenen Steuern oder Abgaben, rechtfertigten eine Anwendung der Klausel auf die aus den genannten Gesetzen resultierenden Mehraufwendungen und damit eine Abwälzung von dem betroffenen Energieversorgungsunternehmen auf seine Kunden (Büdenbender, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2001, 298 [310 ff., 321]). Da bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Verständnismöglichkeit der typischerweise von ihr angesprochenen Durchschnittskunden auszugehen ist (s.a. BGH, Urt. v. 13.5.1998 - VIII ZR 292/97, MDR 1998, 900 = WM 1998, 1590 = NJW 1998, 2207, unter II m. w. N.), hätte es der Darlegung bedurft, dass der durchschnittliche Industriekunde den Begriff "Abgaben irgendwelcher Art" in diesem weiten Sinne verstanden hat; übergangenen Vortrag der Klägerin hierzu wird jedoch von der Revision nicht aufgezeigt.
2. Nicht gefolgt werden kann allerdings dem Berufungsgericht insoweit, als es auch eine ergänzende Vertragsauslegung, auf welche die Klägerin ihre Ansprüche hilfsweise stützt, verneint.
a) Nach herrschender Meinung ist in Fällen, in denen - wie hier - eine Lücke in vorformulierten Verträgen nicht auf Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken des AGB-Gesetzes (jetzt: §§ 305 ff. BGB) beruht, eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig (vgl. BGH v. 30.10.1984 - VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 [370] = MDR 1985, 400; v. 8.2.1988 - II ZR 210/87, BGHZ 103, 228 [234] = MDR 1988, 563; v. 22.1.1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92 [98] = MDR 1992, 454; Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6 Rz. 31). Eine derartige Vertragslücke ist durch ergänzende Auslegung der Bedingungen unter Zugrundelegung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs zu schließen, der sich am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise auszurichten hat (BGH v. 7.3.1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273 [277] = MDR 1989, 1079; v. 5.10.1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 [325] = AG 1993, 125 = MDR 1993, 32; Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6 Rz. 32, jew. m. w. N.). Eine Vertragslücke kann auch darauf beruhen, dass sich die bei Vertragsschluss bestehenden wirtschaftlichen oder rechtlichen Verhältnisse nachträglich ändern (vgl. BGH v. 20.9.1993 - II ZR 104/92, BGHZ 123, 281 [285] = GmbHR 1993, 806 = MDR 1993, 1188; Urt. v. 20.11.1975 - III ZR 112/73, WM 1976, 251, unter I 1b; Urt. v. 6.7.1989 - III ZR 35/88, MDR 1990, 30 = WM 1989, 1743, unter II 4 a).
b) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht, wie die Revision mit Erfolg rügt, davon aus, die Parteien hätten bewusst eine abschließende Regelung zur Erhöhung des Entgelts getroffen, so dass es hinsichtlich der streitigen Kosten an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Zwar haben die Parteien nach der Preisregelung "Z" zum Vertrag v. 28./29.11.1990 im Einzelnen festgelegte Arbeitspreise, verbunden mit einer Preisanpassungsklausel sowie bestimmten Rabatten und Zuschlägen etc., vereinbart. Eine Regelung, wer die zusätzlichen Kosten für die Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zu staatlich bestimmten Festpreisen zu tragen hat, konnte jedoch bei Vertragsschluss nicht getroffen werden, weil es diese staatliche Form der Förderung erneuerbarer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung unter Ausschluss einer Beteiligung des Staatshaushaltes zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab und deshalb auch nicht berücksichtigt werden konnte. Auch das Stromeinspeisungsgesetz v. 7.12.1990, das erstmals eine Mindestvergütung für eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energien vorsah, war bei Vertragsschluss noch nicht verkündet. Wenn die dort bestimmten Vergütungen, die nach Art der Energiequellen gestaffelt waren und sich nach den Durchschnittserlösen je Kilowattstunde aus der Stromabgabe des Versorgungsunternehmens an den Letztverbraucher richteten (vgl. BGH v. 22.10.1996 - KZR 19/95, BGHZ 134, 1 [13]), bei der Abfassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht berücksichtigt worden waren, steht dies daher der Annahme einer Vertragslücke nicht entgegen.
Im Übrigen hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass die Regelungen des Stromeinspeisungsgesetzes, die eine Abnahme- und Vergütungspflicht des örtlichen Netzbetreibers und nur in Ausnahmefällen eine Weitergabe von Teilen der Belastungen an den so genannten vorgelagerten Netzbetreiber vorsahen (vgl. § 4 Abs. 1 S. 1 StrEG i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrecht v. 24.4.1998, BGBl. I 1998, 730) für sie, die Klägerin, nur geringe praktische Bedeutung hatten, da dadurch lediglich jährliche Gesamtkosten von ca. 13 Mio. DM ausgelöst wurden, was, auf die Einzelne kWh umgelegt, einen Betrag von lediglich 0,02 Pfennig/kWh ausmachte. Demgegenüber verursachten nach dem Vortrag der Klägerin das EEG und KWK-G im Jahre 2001 jährliche Gesamtkosten i. H. v. 700 Mio. DM, was einem Betrag von 1,15 Pfennig/kWh entsprach. Wenn die Klägerin im Hinblick auf die Regelungen des Stromeinspeisungsgesetzes keine Änderung des im Jahre 1990 geschlossenen Vertrags herbeigeführt hat, kann hieraus auf das Fehlen einer Vertragslücke deshalb nicht geschlossen werden. Es erscheint auch ausgeschlossen, dass die Klägerin nicht auf einer Regelung in ihrem Sinne bestanden hätte, wenn sie bei Vertragsschluss gewusst hätte, dass bei Anwendung des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien künftig eine so weit gehende Abwälzung der erhöhten Energiekosten auf sie als vorgelagerte Netzbetreiberin stattfinden würde.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht angenommen werden, dass aus der Sicht der Beklagten die Klägerin hinsichtlich der nicht aufgeführten Kostenfaktoren festpreistypisch bewusst das Risiko einer Störung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung in Kauf genommen hat. Dass die Klägerin sämtliche die Beschaffung, Übertragung oder Verteilung von elektrischer Energie belastenden Steuern oder sonstige staatlich angeordnete Abgaben nicht übernehmen, sondern auf den Kunden abwälzen wollte, ergibt sich aus Nr. 2.2 der "Allgemeinen und technischen Regelung". Nichts anderes gilt für die hier in Rede stehenden Belastungen der Klägerin infolge der Neuregelung der Subventionierung des aus erneuerbaren Energien und aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gewonnen Stroms. Diese durch staatliche Eingriffe veranlassten Mehrkosten sind von sonstigen Änderungen der Beschaffungs- und Vertriebskosten auf dem Strommarkt zu unterscheiden, deren Veränderung in den Risikobereich der Klägerin fällt (vgl. Büdenbender, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2001, 298 [313 f.]).
c) Die hinsichtlich der durch das EEG und KWK-G anfallenden Mehrkosten bestehende Vertragslücke ist dahin zu schließen, dass diese Kosten ebenfalls von der Beklagten als Stromkundin zu tragen sind; zu einer eigenen ergänzenden Auslegung ist das Revisionsgericht bei den über den Bereich des Berufungsgerichts hinausgehend verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen befugt (BGH v. 1.2.1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 [73 f.] = MDR 1984, 750; v. 22.1.1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92 [98] = MDR 1992, 454). Entgegen der Ansicht der Beklagten scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung auch nicht deshalb aus, weil zur Ausfüllung der Regelungslücke mehrere Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kämen, ohne dass ein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die Parteien getroffen hätten (vgl. BGH v. 3.11.1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103 [121] = MDR 2000, 320, m. w. N.). Vielmehr ist anzunehmen, dass die Parteien als Beteiligte des geschlossenen Sonderkundenvertrages, wäre ihnen die Vertragslücke bewusst gewesen, ebenso wie die in Nr. 2.2 erwähnten "Steuern oder Abgaben irgendwelcher Art" auch die durch das EEG und KWK-G bewirkten Eingriffe in das Preissystem und dadurch verbundene Mehrbelastungen der Klägerin der Beklagten als Abnehmerin auferlegt hätten. Dass der Gesetzgeber selbst von einer Überwälzung der durch das EEG herbeigeführten Mehrkosten auf den Verbraucher ausging, ergibt sich aus der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes, in welchem die Erwartung ausgesprochen wird, dass "Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, ... trotz voraussichtlich geringer Erhöhung der Netznutzungsentgelte nicht in nennenswertem Umfang zu erwarten" seien. Es sei "lediglich mit geringfügigen Steigerungen der Strombezugspreise zu rechnen, die durch die im liberalisierten Markt sinkenden Strompreise deutlich überkompensiert" würden (BT-Drucks. 14/2341, 2; s.a. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie BT-Drucks. 14/2776, 2); inwieweit sich diese Annahme des Gesetzgebers in der Folgezeit als richtig erwiesen hat, ist dabei unerheblich (zur Weitergabe von "nicht vermeidbaren Mehraufwendungen" siehe § 3 Abs. 1 S. 3 KWK-G). Im Tarifkundenbereich sind die diesbezüglichen Kosten anerkennungsfähig und werden gem. § 12 BTOElt tariflich anerkannt (Büdenbender, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2001, 298 [301]; Britz/Müller, RdE 2003, 163 [166]). Davon, dass die Klägerin die in Rede stehenden, auf gesetzgeberischen Maßnahmen beruhenden Mehrkosten, die ihrem Zweck nach und in ihren Auswirkungen für die Energieversorgungsunternehmen einer Abgabe gleichstehen, nicht ebenfalls auf die Sonderkunden hätte abwälzen wollen, konnten diese nicht ausgehen.
3. Da die durch das EEG, gegen dessen Verfassungsmäßigkeit keine Bedenken bestehen (BGH, Urt. v. 11.6.2003 - VIII ZR 160/02, MDR 2003, 1169 = BGHReport 2003, 981, unter A I 2 b), und durch das KWK-G entstandenen Mehraufwendungen der Klägerin für die Zeit von Oktober 2000 bis April 2001 der Höhe nach unstreitig sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Beklagte war daher entsprechend dem Klageantrag zur Zahlung nebst Zinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB a.F.) zu verurteilen.
Fundstellen
NWB 2004, 223 |
BGHR 2004, 421 |
EBE/BGH 2004, 43 |
NJW-RR 2004, 262 |
NVwZ 2004, 376 |
EWiR 2004, 781 |
WM 2004, 748 |
RdE 2004, 105 |
ZNER 2004, 67 |
JT 2004, 155 |