Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. August 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte zu 1 hat durch schriftlichen Mietvertrag von Februar 1989 in einem größeren Gebäudekomplex in Köln eine Gewerbeeinheit zum Betrieb einer Handels- und Vertriebsgesellschaft auf 10 Jahre angemietet, und zwar von der damaligen Eigentümerin Frau P.. Der Mietvertrag wurde schriftlich abgeschlossen auf einem Vertragsformular. Der Gebäudekomplex besteht aus mehreren Gewerbeeinheiten, Wohnungen und Garagen, die an unterschiedliche Mieter vermietet sind. Der Kläger hat das Grundstück 1993 von Frau P. gekauft. Einen Teil der an die Beklagte zu 1 vermieteten Flächen wollte er für sich nutzen. Deshalb ist die Beklagte zu 1 – vertreten durch ihren Geschäftsführer – dem notariellen Kaufvertrag zwischen Frau P. und dem Kläger beigetreten, der Geschäftsführer hat ihn mit unterschrieben. In dem notariellen Vertrag heißt es, bestehende Miet- und Pachtverhältnisse seien bekannt und würden übernommen. Auflösend bedingt durch die „Nichtdurchführung des vorstehenden Grundstückskaufvertrages” würden folgende Änderungen des mit der Beklagten zu 1 bestehenden Mietverhältnisses vereinbart: Eine in einem als Anlage zu der notariellen Urkunde genommenen Bauplan rot umrandete und schraffiert dargestellte Fläche von ca. 217 qm solle durch von dem Käufer durchzuführende Baumaßnahmen abgetrennt und von dem Käufer in Zukunft selbst genutzt werden. Der vereinbarte Mietzins solle sich entsprechend dem neuen Aufmaß vermindern, der vereinbarte Quadratmeterpreis solle jedoch weiter gelten. Die Mieterin sei zur – auch teilweisen – Untervermietung berechtigt, für untervermietete Flächen sei jedoch ein Untervermietungsaufschlag von 10 % auf den vereinbarten Mietzins zu zahlen.
Mit Schreiben vom 14. November 1995 teilte die Beklagte zu 1 dem Kläger mit, sie wolle zum Jahresende ihre bisherige Geschäftstätigkeit einstellen. Die Beklagte zu 2 werde das Geschäft fortführen und wolle an ihrer – der Beklagten zu 1 – Stelle in das Mietverhältnis eintreten. Es kam daraufhin zu Verhandlungen zwischen den Parteien, die jedoch zu keinem Ergebnis führten. Mit Schreiben vom 28. Dezember 1995 teilte die Beklagte zu 1 dem Kläger mit, sie habe ab dem 1. Januar 1996 einen Teil der Mietfläche an die Beklagte zu 2 untervermietet. Ob die Beklagte zu 2 seit dem 1. Januar 1996 nur einen Teil oder die ganze Fläche nutzt, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger forderte die Beklagte zu 1 auf, die Untervermietung sofort zu beenden. Als die Beklagte zu 1 dieser Aufforderung nicht nachkam, kündigte er mit Schreiben vom 23. Januar 1996 das Mietverhältnis fristlos. Mit einem weiteren Schreiben vom 31. Januar 1996 erklärte er eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum nächst zulässigen Termin.
Mit der Klage verlangt der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Räumung und Herausgabe des Mietobjektes. Die Beklagte zu 1 hat Widerklage erhoben, mit der sie beantragt hat festzustellen, das Mietverhältnis bestehe bis zum 28. Februar 1999 fort und sei insbesondere nicht durch die Kündigungserklärung des Klägers vom 23. Januar 1996 beendet worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die mit der Widerklage begehrte Feststellung getroffen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1996 eine neue, diesmal auf Zahlungsverzug der Beklagten zu 1 gestützte fristlose Kündigung des Mietvertrages erklärt.
Das Berufungsgericht hat unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Räumungsklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht führt aus, die von dem Kläger mit Schreiben vom 23. Januar 1996 erklärte fristlose Kündigung habe das Mietverhältnis nicht beendet, weil der Kläger zur fristlosen Kündigung nicht berechtigt gewesen sei. Ein Fall unerlaubter Untervermietung liege nicht vor, weil der Beklagten zu 1 in dem notariellen Vertrag das Recht zur Untervermietung eingeräumt worden sei. Die von dem Kläger mit Schreiben vom 31. Januar 1996 ausgesprochene ordentliche Kündigung habe jedoch zur Beendigung des Mietverhältnisses zum 30. September 1996 geführt. Zwar hätten die Beklagte zu 1 und die ursprüngliche Vermieterin, Frau P., in dem Ausgangsmietvertrag vereinbart, daß das Mietverhältnis zum 1. März 1989 beginnen und am 28. Februar 1999 enden solle. Der notarielle Vertrag enthalte jedoch Änderungen des Mietvertrages und entspreche nicht dem Schriftformerfordernis des § 566 BGB, weil er weder alle Essentialia eines Mietvertrages enthalte noch in ausreichender Weise auf den Ausgangsmietvertrag Bezug nehme. Der Formzwang des § 566 BGB ergreife grundsätzlich jede Änderung des Mietvertrages. Werde bei einer Änderungsvereinbarung die Schriftform nicht eingehalten, habe das zur Folge, daß nach § 566 BGB der gesamte, ursprünglich formgerechte Vertrag von nun an als auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen sei. Er könne dann unabhängig von der vereinbarten Laufzeit des Mietvertrages unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden.
Aus dem notariellen Vertrag allein könne z.B. nicht entnommen werden, welcher Mietzins in Zukunft zu zahlen sei. Eine ausreichende Bezugnahme auf den Ausgangsmietvertrag liege schon deshalb nicht vor, weil dieser Ausgangsmietvertrag in der notariellen Vereinbarung nicht hinreichend deutlich gekennzeichnet werde. Das sei um so gravierender, weil bezüglich des gesamten Gebäudekomplexes mehrere unterschiedliche Mietverhältnisse bestanden hätten.
Die von dem Kläger unter dem 31. Januar 1996 erklärte ordentliche Kündigung sei nach § 565 Abs. 1 a BGB zum 30. September 1996 wirksam geworden. Da das Mietverhältnis seither beendet sei, seien die Beklagten nach § 556 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BGB zur Räumung und Herausgabe des Mietobjektes verpflichtet. Daraus ergebe sich, daß die Widerklage der Beklagten zu 1 unbegründet sei.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten, wie die Revision zu Recht geltend macht, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Das Berufungsgericht führt zutreffend und von den Parteien in der Revisionsinstanz nicht angezweifelt aus, daß bei dem Abschluß des Ausgangsvertrages im Jahre 1989 die Schriftform eingehalten worden ist. Nach der sogenannten Auflockerungsrechtsprechung des Senats ist die gesetzliche Schriftform des gesamten Vertragswerks gewahrt, wenn eine Nachtragsurkunde auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt und zum Ausdruck bringt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher formgültig niedergelegt worden sei (grundlegend Senatsurteile vom 29. Januar 1992 – XII ZR 175/90 – NJW-RR 1992, 654 = WM 1992, 798 und vom 26. Februar 1992 – XII ZR 129/90 – NJW 1992, 2283 = WM 1992, 1160). Das Berufungsgericht hat diese Rechtsprechung des Senates zwar gesehen, hat sie aber auf den konkreten Fall nicht richtig angewandt. Die Änderungsvereinbarung zum Mietvertrag ist notariell beurkundet, und dies ersetzt die Schriftform (§ 126 Abs. 3 BGB). In dem notariellen Vertrag haben die Parteien unmißverständlich vereinbart, der bestehende, mit dem Eigentumswechsel auf den Kläger übergehende Mietvertrag solle in bestimmten Punkten – etwa hinsichtlich der Höhe des Mietzinses – geändert werden und im übrigen solle es bei den bisherigen Regelungen bleiben. Damit ist nach der sogenannten Auflockerungsrechtsprechung die Schriftform des gesamten Vertragswerkes gewahrt.
Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, die Bezugnahme in dem notariellen Vertrag auf den Ausgangsmietvertrag sei nicht hinreichend deutlich, zumal es bezüglich des gesamten Gebäudekomplexes mehrere Mietverhältnisse mit unterschiedlichen Mietern gegeben habe. In dem notariellen Vertrag wird das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1 geregelt; mit ihr gab es nur ein Mietverhältnis. Daß nur dieses eine Mietverhältnis von den Änderungen betroffen sein sollte, ergibt sich ohne die Möglichkeit eines Irrtums aus den Formulierungen des notariellen Vertrages.
Eine weitergehende Kennzeichnung des Ausgangsvertrages ist entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht erforderlich.
3. Die sogenannte Auflockerungsrechtsprechung ist anwendbar, obwohl der Kläger und jetzige Vermieter an dem Ausgangsmietvertrag nicht beteiligt gewesen ist. Es ist schon nicht zutreffend, daß ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite zwischen Ausgangsvertrag und Abänderungsvereinbarung der Anwendung der Auflockerungsrechtsprechung entgegensteht (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 17. September 1997 – XII ZR 296/95 – NJW 1998, 62). Im übrigen war bei Abschluß des notariellen Vertrages, der die Änderungen des Mietvertrages enthält, nach wie vor Frau P. Vermieterin, nicht der Kläger. Der Kläger ist erst mit seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch in die Vermieterstellung eingetreten. Der Nachtrag zu dem Mietvertrag ist somit nicht zwischen der Beklagten zu 1 und dem Kläger, sondern zwischen der Beklagten zu 1 und Frau P. vereinbart worden, die den notariellen Vertrag mit unterschrieben hat. Der Kläger ist später – bei seiner Eintragung ins Grundbuch – gemäß § 571 BGB auf Vermieterseite in das Mietverhältnis einschließlich des Nachtrags eingetreten.
4. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben. Das Mietverhältnis ist nicht aus den vom Berufungsgericht angenommenen Gründen durch die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 31. Januar 1996 erklärte ordentliche Kündigung beendet worden. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst in der Sache abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Die getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob das Mietverhältnis beendet worden ist und – wenn ja – wann.
a) Der Ausgangsmietvertrag war fest abgeschlossen bis zum 28. Februar 1999. Das Berufungsgericht hat aber festgestellt, daß er in seinem § 2 eine Verlängerungsklausel enthält. Es ist offen, ob sich das Mietverhältnis aufgrund dieser Verlängerungsklausel über den 28. Februar 1999 hinaus verlängert hat.
b) Außerdem hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus zu Recht – keine Feststellungen dazu getroffen, ob die von dem Kläger in der Berufungsinstanz erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs das Mietverhältnis beendet hat.
Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es die notwendigen Feststellungen nachholen kann. Die Zurückverweisung gibt dem Beklagten Gelegenheit, gegenüber dem Berufungsgericht ihren in der mündlichen Verhandlung über die Revision angedeuteten Vortrag näher zu erläutern und unter Beweis zu stellen, die vom Berufungsgericht erwähnten Änderungen des Ausgangsmietvertrages im Jahre 1989 seien möglicherweise nur mündlich vereinbart worden und ihrer Art nach geeignet gewesen, die in dem Ausgangsmietvertrag enthaltene Befristung mangels Einhaltung der Schriftform schon damals entfallen zu lassen.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Hahne, Gerber, Wagenitz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 23.02.2000 durch Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556509 |
NJW-RR 2000, 744 |
NZM 2000, 381 |
IPuR 2000, 43 |