Leitsatz (amtlich)
Ein von einem Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten für seinen Arbeitgeber entwickeltes Computerprogramm begründet die einen Vergütungsanspruch nach § 20 ArbEG auslösende Vorzugsstellung nicht schon deshalb, weil dem Arbeitgeber an dem Programm nach dem Urheberrecht ein alleiniges Nutzungsrecht zusteht und eine Nachschöpfung aus tatsächlichen Gründen, insbesondere wegen des Dekompilierungsverbots und der darauf beruhenden Schwierigkeit einer solchen Nachbildung ausscheidet.
Ein Anspruch auf Auskunft über tatbestandsmäßige Voraussetzungen eines Anspruchs setzt über die mangelnde Kenntnis des Auskunftsberechtigten hinaus voraus, daß dieser nicht nur seinen Anspruch, sondern auch die Gründe plausibel darlegt, warum ihm eine weitere Spezifizierung der Anspruchsvoraussetzungen nicht möglich ist.
Normenkette
ArbEG § 20; UrhG § 69b; BGB § 242
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf |
LG Düsseldorf |
Tenor
Auf den Einspruch des Klägers wird das Versäumnisurteil des Senats vom 24. Oktober 2000 aufgehoben.
Auf die Revision der Beklagten wird das am 5. März 1998 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war bis zum 31. Dezember 1992 bei der Beklagten beschäftigt, bei der er zuletzt die Funktion eines Leiters der Gruppe „Wettertechnik” bekleidete. Diese Gruppe war der Abteilung „Mathematisch/technische Anwendungsentwicklungen” zugeordnet. Von der Beklagten wurde er als Mitglied des Arbeitskreises „Plotten von Wetterführungsplänen” bestellt, der sich in erster Linie mit der Vermeidung der Nachteile, die die bisherige manuelle Erstellung von Wetterführungsplänen bei Grubenbauten mit sich brachte, durch Verwendung der EDV befassen sollte.
Im Rahmen dieser Tätigkeit entwickelte der Kläger von 1979 bis 1992 gemeinsam mit hauptsächlich einer weiteren Mitarbeiterin der Beklagten ein EDV-gestütztes Verfahren für die graphische Darstellung von Wetterführungsplänen, die auf einer quasiräumlichen Darstellung der jeweiligen Grube beruhen. Diese Pläne dienen zum einen der Überwachung der Gruben und zum anderen der Unterstützung von Einsatzkräften in Katastrophenfällen. Sie bilden die Grundlage behördlicher Entscheidungen bei genehmigungspflichtigen Anlagen. Ihrem Inhalt nach geben sie eine räumliche Darstellung insbesondere der untertägigen Anlagen des Bergbaus. Als Grundlage behördlicher Entscheidungen müssen sie in verhältnismäßig kurzen Abständen aktualisiert werden. Ihre bis zur Entwicklung des Klägers bei der Beklagten übliche manuelle Erstellung war – insbesondere im Hinblick auf die dabei auszuwertenden Daten – mit einem erheblichen zeitlichen und personellen Aufwand verbunden, was vielfach zu mangelnder Aktualität und nicht exakten Daten mit einem geringen Informationswert der Darstellung führte.
Nachdem die Software Anfang 1982 in zwei Schachtanlagen einem Praxistest unterzogen worden war, wurde ein mit ihrer Hilfe geplotteter Wetterführungsplan am 5. November 1982 durch das Bergamt D. zugelassen. In der Folge setzte die Beklagte das Verfahren in ihren Bergwerken ein und bot es anderen Grubenunternehmen zum Kauf bzw. zur Lizenznahme an. Als der Kläger 1992 befürchtete, im Rahmen von Anpassungsmaßnahmen aus den Diensten der Beklagten ausscheiden zu müssen, verlangte er von dieser eine Vergütung für die Überlassung und Inanspruchnahme des Programms, das seiner Auffassung nach eine Diensterfindung darstellte. Diese sei im einzelnen in einem von ihm und seiner Mitarbeiterin H. mit Zustimmung der Beklagten im August 1982 veröffentlichten Artikel dargestellt. Dieser Artikel enthalte zugleich die „Niederschrift des Verfahrens als Lehre zum technischen Handeln”.
Das Ergebnis der anschließenden Gespräche zwischen den Parteien wird von ihnen unterschiedlich dargestellt. Der Kläger hat in deren Verlauf die Schiedsstelle beim Deutschen Patentamt angerufen, wobei er im vorliegenden Verfahren geltend gemacht hat, das sei im Einverständnis mit der Beklagten geschehen. Dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle, nach dem das Programm als technischer Verbesserungsvorschlag behandelt und entsprechend vergütet werden sollte, hat die Beklagte widersprochen. Daraufhin hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er zunächst nur Rechnungslegung bzw. Auskunft über im einzelnen näher bezeichnete Angaben zum betrieblichen Nutzen aus der Verwendung des Programms verlangt hat. Das Landgericht hat diese Klage abgewiesen. Mit seinem gegen diese Entscheidung gerichteten Rechtsmittel hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich des Rechnungslegungsanspruchs neu gefaßt und weiter konkretisiert sowie durch einen Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die erteilte Auskunft ergänzt. Ferner hat er Zahlung des sich nach der Auskunft ergebenden offenen Betrages einer Vergütung zu seinen Gunsten verlangt.
Mit Teilurteil vom 5. März 1998 hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung im wesentlichen antragsgemäß zur Rechnungslegung verurteilt (OLG Düsseldorf WRP 1998, 1202). Hiergegen hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie im wesentlichen Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt hat.
Da der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Revision nicht vertreten war, ist auf Antrag der Beklagten über deren Rechtsmittel durch Versäumnisurteil entschieden worden. Mit seinem Urteil vom 24. Oktober 2000 (GRUR 2001, 155 – Wetterführungspläne) hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Rechnungslegung abgewiesen. Dieses Urteil ist dem Kläger am 30. November 2000 zugestellt worden. Am 6. Dezember 2000 hat er gegen die Entscheidung des Senats Einspruch eingelegt, mit dem er beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Revision zurückzuweisen. Die Beklagte tritt dem Einspruch entgegen und bittet, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
Der Einspruch des Klägers führt zur Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 24. Oktober 2000. In dem damit wiedereröffneten Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil aufgrund der Revision des Beklagten aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zwar steht dem Kläger nach dem festgestellten Sachverhalt, dem gegenüber er in dem Revisionsverfahren zulässige Rügen nicht erhoben hat, ein Anspruch auf die begehrte Arbeitnehmervergütung nicht zu. Nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen ist jedoch, daß zu seinen Gunsten urheberrechtliche Vergütungsansprüche begründet sind. Nachdem solche Ansprüche nunmehr ausdrücklich geltend gemacht werden, bedarf es insoweit weiterer Prüfung und gegebenenfalls Aufklärung, zu der der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
1. Ohne Erfolg beanstandet der Kläger die – weil ihr günstig von der Revision nicht angegriffene – Würdigung des Berufungsgerichts, daß vertragliche Verpflichtungen der Beklagten den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle anzuerkennen und im Anschluß daran eine Arbeitnehmererfindervergütung zu zahlen, aus den Absprachen der Parteien nicht hergeleitet werden können.
a) Eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten, den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle in jedem Fall zu akzeptieren oder auf die Einlegung von Widerspruch gegen deren Entscheidung zu verzichten, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Zu diesem Ergebnis ist das Berufungsgericht aufgrund einer umfangreichen Würdigung der zu diesem Thema erhobenen Beweise gelangt, wobei es sich insbesondere auf die Bekundungen der von dem Kläger benannten Zeugen gestützt hat. Die dem zugrundeliegende Würdigung ist ebenso wie die daran anschließende Auslegung des Vertrages dem Tatrichter vorbehalten. Beide können in der Revisionsinstanz nur begrenzt, nämlich auf Rechtsfehler überprüft werden (vgl. BGH, Urt. v. 14.1.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937 für die Beweiswürdigung; sowie Sen.Urt. v. 25.2.1992 – X ZR 88/90, MDR 1992, 804 = NJW 1992, 1969 sowie vom 11.4.2000 – X ZR 186/97, GRUR 2000, 788, 789 – Gleichstromsteuerschaltung – für die Vertragsauslegung).
Derartige Fehler zeigt der Kläger nicht auf. Seine Ausführungen beschränken sich darauf, die Würdigung des Berufungsgerichts durch eine eigene, ihm besser zusagende zu ersetzen und darüber hinaus die mit der Würdigung verbundene Auslegung des Vertrages anzugreifen. Mit beidem kann er keinen Erfolg haben. Die Würdigung der erhobenen Beweise durch das Berufungsgericht ist frei von Rechtsfehlern und jedenfalls vertretbar; sie muß daher im Revisionsverfahren hingenommen werden. Seine Überzeugung hat das Berufungsgericht in einer umfassenden, einen wesentlichen Teil der Entscheidungsgründe ausmachenden und intensiven Auseinandersetzung mit den Bekundungen der gehörten Zeugen, insbesondere den Bekundungen der Zeugen des Klägers gewonnen. Daß es dabei wesentliches Material übersehen hat, wird vom Kläger nicht geltend gemacht.
b) Der festgestellte Sachverhalt bietet auch keine tragfähige Grundlage für die Annahme, die Beklagte könne auch ohne Absprache zu dieser Frage zur Übernahme des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle vom 25. Januar 1994 verpflichtet sein. Zwar mag der Kläger mit der Anrufung der Schiedsstelle die Vorstellung verbunden haben, auf diese Weise ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden; der festgestellte Sachverhalt bietet jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte auch auf diese Vorstellung eingegangen ist. Allein ihr von dem Kläger behauptetes Einverständnis mit der Anrufung der Schiedsstelle genügt dafür nicht. Die Annahme, damit habe die Beklagte deren Entscheidung als verbindlich hinnehmen wollen, steht im Widerspruch zum Ergebnis der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, daß einen solchen Willen nicht hat feststellen können. Hinzu kommt, daß eine solche Wirkung mit einem Verzicht der Beklagten auf das ihr gegen die Entscheidung der Schiedsstelle zustehende Recht auf Widerspruch bedeutet hätte, für den aus ihrer Sicht ein Grund nicht zu erkennen ist. Insoweit bestand auch für den Kläger kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß sich die Beklagte in einem solchen Umfang der ihr durch das Gesetz gewährten Rechte und Möglichkeiten begeben wollte. Sie hat während der Gespräche mit dem Kläger stets deutlich gemacht, daß sie die von diesem angemeldeten Ansprüche für unbegründet hielt. Wie sich aus dem Ergebnis der Beweiswürdigung ergibt, sollte der Vorschlag einiger ihrer Mitarbeiter allenfalls dem Kläger eine Möglichkeit aufzeigen, eine weitere Klärung der Grundlagen seines Anspruchs zu erreichen; die Beklagte war danach selbst weder an einer solchen Anrufung interessiert noch hat sie diese in die Wege geleitet. Vor diesem Hintergrund kann ihrem Einverständnis mit dem vom Kläger dann eingeleiteten Verfahren lediglich entnommen werden, daß sie – insbesondere bei einem für sie günstigen Ausgang – mit der Möglichkeit rechnete, auf diesem Wege einen Rechtsstreit zu vermeiden, nicht jedoch, daß sie sich darüber hinaus unter Verzicht auf die ihr in diesem Verfahren normalerweise zustehenden Rechte endgültig dem Vorschlag der Schiedsstelle unterwerfen wollte. Hierzu hätte es vielmehr einer ausdrücklichen Absprache bedurft, zu deren Feststellung sich das Berufungsgericht frei von Rechtsfehlern nicht in der Lage gesehen hat. Ergab sich eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme aus den getroffenen Absprachen nicht, kann deren Verweigerung auch nicht als ein Verstoß gegen Trau und Glauben bewertet werden.
2. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitnehmererfindervergütung nach den §§ 9, 10 ArbEG sind nicht gegeben. Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß ein solcher Anspruch daran scheitert, daß der Kläger die von Ihm beanspruchte Erfindung nicht in der durch das Gesetz vorgeschriebenen Weise als Diensterfindung gemeldet hat und diese darüber hinaus von der Beklagten auch nicht im Sinne des § 5 ArbEG als Diensterfindung in Anspruch genommen worden ist. Die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts werden vom Kläger in der Revisionsinstanz auch nicht angegriffen.
3. Nach dem festgestellten Sachverhalt scheiden Ansprüche auf Vergütung für einen technischen Verbesserungsvorschlag (§§ 3, 20 ArbEG) ebenfalls aus. Dabei kann dahinstehen, ob auf die Regelungen über den technischen Verbesserungsvorschlag auch dann zurückgegriffen werden kann, wenn – wie der Kläger hier geltend macht – der Gegenstand des Vorschlags eine patentfähige Erfindung ist. Ein Vergütungsanspruch scheitert hier auch dann daran, daß dessen weitere Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Nach § 20 ArbEG besteht eine Vergütungspflicht bei technischen Verbesserungsvorschlägen nur dann, wenn diese dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung verleihen wie ein gewerbliches Schutzrecht. Ein technisches Schutzrecht, bei dem eine die Anwendung des Arbeitnehmererfinderrechtes rechtfertigende Sonderstellung begründet sein könnte, ist hier nicht erteilt worden; daß die Beklagte eine entsprechende Anmeldung nicht vorgenommen hat, löst hier – wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat – Zahlungsansprüche des Klägers nicht aus. An einer sonstigen durch den Vorschlag vermittelten Vorzugsstellung, die Ansprüche nach dem Arbeitnehmererfindergesetz begründen könnte, fehlt es hier. Allerdings konnte die Beklagte das von dem Kläger und seiner Kollegin entwickelte Programm rechtlich und tatsächlich allein nutzen. Diese Sonderstellung ist ihr jedoch nicht im Sinne des Gesetzes durch einen Verbesserungsvorschlag des Klägers vermittelt worden; sie beruht allein auf den ihr nach dem Urhebergesetz zustehenden Sonderrechten.
Nach § 69 b Abs. 1 UrhG steht dem Arbeitgeber dann, wenn einer seiner Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten oder auf Anweisung des Arbeitgebers ein Computerprogramm entwickelt hat, an diesem das ausschließliche Recht der wirtschaftlichen Verwertung zu, sofern nicht anderweitige Vereinbarungen getroffen wurden. Mit dieser Vorschrift wird die bereits vor deren Inkrafttreten bestehende Rechtsüberzeugung fortgeschrieben, daß der als Arbeitnehmer tätige Schöpfer urheberrechtsfähiger Werke für seine Leistung regelmäßig dann mit seinem Arbeitslohn abgegolten ist, wenn die Schaffung derartiger Werke zu seinen arbeitsrechtlichen Pflichten nach den mit dem Arbeitgeber getroffenen Absprachen gehört oder von diesem sonst nach dem Arbeitsvertrag verlangt werden kann (vgl. statt aller Schricker/Rojahn, UrhG, 1. Aufl., 1987, § 43 UrhG Rdn. 64; Rehbinder, Festschrift für Roeber, 1973, S. 481, 489; Ullmann, GRUR 1987, 6, 8; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1951, S. 29, 118).
Dieses, überwiegend als gesetzliche Lizenz verstandene Benutzungs- und Verwertungsrecht (vgl. dazu Schricker/Löwenheim, UrhG, 2. Aufl., § 69 b Rdn. 11 m.w.N.) fällt dem Arbeitgeber im Anwendungsbereich des § 69 b UrhG in jedem Stadium der Entstehung an. Auch das knüpft an die Rechtsentwicklung vor Inkrafttreten der Vorschrift an, die den angestellten Urheber aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zur Überlassung der Nutzung des Werkes auch ohne eine jeweilige Andienung im Einzelfall verpflichtete; die Einräumung des entsprechenden Nutzungsrechtes wurde dabei den Verpflichtungen aus dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag und den auf diesem aufbauenden ausdrücklichen oder konkludenten Erklärungen der Beteiligten entnommen. Nach diesen Grundsätzen stand der Beklagten aufgrund des Arbeitsvertrages und nach dem Urheberrecht ein ausschließliches Benutzungs- und Verwertungsrecht an dem von dem Kläger und seiner Kollegin entwickelten Programm zu, das nach den Regelungen des Urheberrechts auch die Abwehr von Benutzungen durch Dritte ermöglichte. Auch vor Inkrafttreten der Vorschriften über den urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen, die aufgrund der Vorgaben in der Richtlinie 91/250/EWG des Rates über den Rechtsschutz von Computerprogrammen vom 14. Mai 1991 (ABl. EG Nr. L 122/42 = GRUR Int. 1991, 327) in das Urheberrechtsgesetz eingefügt worden sind, gewährte das deutsche Urheberrecht bereits Ansprüche zur Abwehr der Nutzung von Computerprogrammen ohne Zustimmung der Berechtigten (BGHZ 98, 276, 282 ff. – Inkassoprogramm; vgl. a. Erdmann/Bornkamm, GRUR 1991, 877). Diese Ansprüche standen insbesondere auch dem Inhaber eines ausschließlichen Benutzungsrechtes zu. Der tatsächliche Schutz des Berechtigten, der ihm eine faktische Alleinstellung allein deshalb verleiht, weil die Nachschöpfung eines komplexen Programms, wie es nach der Darstellung des Klägers hier in Frage steht, einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeutet, ist lediglich eine notwendige Folge dieses sonderrechtlichen Schutzes. Sie ergibt sich für das geltende Recht daraus, daß Dekompilierung von Programmen nach § 69 c UrhG untersagt ist mit der Folge, daß es einer weitgehenden Neuentwicklung des Programms bedarf. Damit ist eine legale Nutzung im Allgemeinen nur aufgrund der allein dem Berechtigten vorbehaltenen Vervielfältigung zu erreichen.
Ihrer Ableitung entsprechend ist diese Vorzugsstellung allein Folge des mit dem Urheberrechtsschutz von Software verbundenen Ausschließlichkeitsrechtes. Das schließt es aus, sie als eine durch den technischen Verbesserungsvorschlag oder eine Arbeitnehmerfindung vermittelte Position zu verstehen, die nach der gesetzlichen Systematik allein die Vergütungsansprüche nach den Vorschriften des Arbeitnehmererfindergesetzes auslösen kann. Die Vergütung nach den §§ 9 und 10 ArbEG hat eine Beteiligung des Arbeitnehmers an den Vorteilen zum Gegenstand, die mit den durch einen Sonderrechtsschutz nach Patent- und Gebrauchsmusterrecht ermöglichten Ausschließlichkeitsrechten verbunden sind. Solche Vorteile, bei denen ein Vergütungsanspruch nach dem Arbeitnehmererfindergesetz auch bei Softwareentwicklungen denkbar erscheint, stehen hier nicht in Frage. Die Entlohnung für den Verbesserungsvorschlag beruht demgegenüber auf den Vorteilen, die dieser und die mit ihm verbundene Sonderstellung in technischer Hinsicht dem Arbeitgeber vermitteln. Für eine Berücksichtigung von auf anderen Grundlagen beruhenden Ausschließlichkeitsrechten wie dem Urheberrecht ist in diesem Zusammenhang kein Raum.
4. Die Voraussetzungen einer urheberrechtlichen Vergütung für die Überlassung der Nutzungsrechte an der Software sind nicht festgestellt.
a) Für vertragliche Ansprüche des Klägers sind insoweit Anhaltspunkte nicht zu erkennen; solche werden von ihm auch nicht geltend gemacht.
b) Soweit er sein Begehren in der Revisionsinstanz auch auf die Vorschriften des Urheberrechts stützt, ist die darin liegende Erweiterung der Klagegründe hier nicht ausgeschlossen. Zu einer weiteren Befassung mit diesen Anspruchsgrundlagen, die der Kläger – wie sich etwa aus den Anlagen K1 und K2 ergibt – bereits vorgerichtlich zur Begründung seiner Ansprüche herangezogen hat und auf die auch die Beklagte etwa in der Berufungsbeantwortung eingegangen ist, bestand aus seiner Sicht kein Anlaß. Angesichts des umfassenden Vortrags zu den arbeitnehmererfinderrechtlichen Anspruchsgrundlagen und der auf diesen Gegenstand bezogenen Prozeßführung durch die Parteien insbesondere auch in der Berufungsinstanz konnte er darauf vertrauen, durch das Gericht auf eine Unvollständigkeit des Vorbringens zu den urheberrechtlichen Ansprüchen hingewiesen zu werden, soweit die von den Beteiligten vorrangig behandelten Ansprüche Bedenken begegnen sollten. Für das Berufungsgericht bestand kein Grund für einen solchen Hinweis, nachdem es die in erster Linie diskutierten Anspruchsgrundlagen für gegeben erachtete; ihm kann insbesondere kein Verstoß gegen die Hinweispflicht vorgehalten werden. Ob ein Hinweis nach § 139 Abs. 1 ZPO gegeben werden muß, ist aufgrund der von dem Gericht in der jeweiligen Instanz vertretenen Rechtsauffassung zu beurteilen; seine Notwendigkeit entfällt, wenn es auf dieser Grundlage weiterer Ausführungen der Partei nicht bedarf (BGH, Urt. v. 30.10.1990 – XI ZR 173/89, NJW 1991, 704 m.w.N.). Wird in einer solchen Situation zu weiteren denkbaren Anspruchsgrundlagen nicht näher vorgetragen, ist deren Berücksichtigung in der Revisionsinstanz möglich.
Materiell-rechtlich ist insoweit davon auszugehen, daß dem Kläger, dem nach den von der Revisionserwiderung nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Entwicklung des Programms im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen übertragen worden war, für die Übertragung der Nutzungsrechte grundsätzlich ein Zahlungsanspruch nicht zusteht.
Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Kläger ein Arbeitnehmer im Sinne des § 69 b UrhG. Aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergibt sich, daß er bei der Beklagten als Gruppenleiter in der mathematisch/technischen Abteilung eingesetzt war und in dieser Funktion zugleich dem Arbeitskreis „Plotten von Wetterführungsplänen” angehörte. Diesem war von der Beklagten das Ziel gesetzt worden, die Nachteile der bisherigen manuellen Erstellung der Wetterführungspläne bzw. der diesen zugrundeliegenden Grubenpläne mit Hilfe der EDV zu überwinden. Dem, insbesondere der Bezeichnung des Arbeitskreises und den diesem Arbeitskreis gesetzten Zielen, ist zu entnehmen, daß es auch Aufgabe dieses Kreises und damit des Klägers und der weiteren Mitarbeiter gewesen ist, gegebenenfalls eine Software zu entwickeln, mit der das gewünschte EDV-gestützte Plotten der Gruben- und Wetterführungspläne erreicht werden konnte. Diese Stellung des Klägers hat im zeitlichen Geltungsbereich des § 69 b UrhG zur Folge, daß der Beklagten ein uneingeschränktes Nutzungsrecht an dem von dem Kläger und seiner Mitarbeiterin entwickelten Programm zusteht. Dieser gesetzlich normierte Übergang der wirtschaftlichen Verwertungsrechte wird nicht von einer Gegenleistung des Arbeitgebers abhängig gemacht. Das läßt nur den Schluß zu, daß der von der Regelung betroffene Arbeitnehmer eine solche Vergütung jedenfalls grundsätzlich nicht beanspruchen kann (so auch Gaul/Bartenbach, Handbuch des gewerblichen Rechtschutzes, 5. Aufl., Bd. 1 C Rdn. 531.1; Möhring/Nicolini/Hoeren, UrhG, 2. Aufl., § 69 b Rdn. 19). Auch das entspricht der vor Inkrafttreten des § 69 b UrhG geltenden Rechtslage. Anders als im Arbeitnehmererfindergesetz ist der Anfall der vermögensrechtlichen Befugnisse und Vorteile nicht das Ergebnis einer dem Arbeitnehmer auferlegten Andienungs- und Überlassungspflicht. Im Geltungsbereich des § 69 b UrhG erfolgt der Rechtsanfall unmittelbar kraft Gesetzes. Dem liegt ebenso wie der zuvor geltenden Rechtslage die Vorstellung zugrunde, daß dieser Leistungserfolg dem Arbeitgeber gebührt. Für seine Leistung und die Überlassung von deren Ergebnis ist der Arbeitnehmer, soweit die Erstellung solcher Werke zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gehört, regelmäßig mit dem Arbeitslohn bezahlt worden (vgl. statt aller Schricker/Rojahn, aaO, 2. Aufl., § 43 UrhG Rdn. 64 m.w.N.). Für eine weitere Vergütung ist in diesem Rahmen regelmäßig kein Platz mehr. Vor diesem Hintergrund bestand für den nationalen Gesetzgeber bei der Regelung der Überlassungspflicht und ihrer Folgen in Vollzug der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts keine Veranlassung, eine Vergütungspflicht zwingend vorzuschreiben; er konnte diese vielmehr in Übernahme der bis dahin bestehenden Rechtsgrundsätze einer – für den vorliegenden Fall nicht getroffenen – privat- oder tarifvertragsrechtlichen Regelung überlassen.
c) Die Versagung urheberrechtlicher Vergütungsansprüche für die Überlassung der Nutzungsrechte verstößt trotz der Ungleichbehandlung von Arbeitnehmererfindern und in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Schöpfern urheberrechtlicher Werke weder für den zeitlichen Geltungsbereich des § 69 b UrhG noch für das zuvor geltende Recht gegen höherrangiges Recht. Allerdings unterliegt der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. BVerfGE 55, 72, 88; 95, 267, 316). Zu prüfen ist bei einer solchen Differenzierung, ob für sie Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (BVerfGE 88, 87, 96).
Nach diesen Maßstäben ist hier weder bei § 69 b UrhG noch für das vor dessen Inkrafttreten geltende Recht ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu erkennen. Insoweit kann dahinstehen, ob sich im Hinblick auf § 69 b UrhG eine hinreichende Rechtfertigung in diesem Sinne bereits daraus ergibt, daß der nationale Gesetzgeber mit der Einfügung der Vorschrift einer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung nachgekommen ist, nach der ihm eine solche Regelung durch Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 91/250/EWG aufgegeben worden war. Auch unabhängig hiervon ist die Versagung solcher Ansprüche jedenfalls gerechtfertigt im Hinblick auf den unterschiedlich gewachsenen Inhalt der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen bei technischen Entwicklungen einerseits und urheberschutzrechtsfähigen Werken andererseits. Während eine Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Entwicklung sonderrechtsfähiger technischer Lehren generell verneint wird und damit eine Abgeltung einer derartigen Entwicklung durch den Arbeitslohn ausscheidet, wird – wie bereits oben angesprochen – eine entsprechende Verpflichtung bei urheberschutzrechtsfähigen Werken jedenfalls grundsätzlich bejaht, wenn der Arbeitnehmer für ihre Entwicklung und Anfertigung angestellt oder im Rahmen des Arbeitsverhältnisses in zulässiger Weise hierzu angewiesen wurde (Schricker/Rojahn, aaO). Daraus ergibt sich zugleich, daß die Regelung auch keinen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Positionen und die Berufsfreiheit der davon betroffenen Arbeitnehmer enthält. Mit Blick darauf, daß sie sich lediglich an Arbeitnehmer wendet, zu deren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen die Entwicklung urheberrechtsschutzfähiger Werke gehört, konnte der Gesetzgeber auch im Hinblick auf die Art. 14, 12 GG davon ausgehen, daß ihre Leistung grundsätzlich mit dem für ihre Tätigkeit vereinbarten Arbeitslohn abgegolten wird und die Übertragung der Nutzungsrechte an dem Werk lediglich ohnehin bestehende Pflichten der jeweiligen Arbeitnehmer konkretisiert.
5. Die Konzentration der Prüfung in den Tatsacheninstanzen auf die arbeitnehmererfinderrechtlichen Anspruchsgrundlagen hat dazu geführt, daß das Vorbringen zur urheberrechtlichen Sonderregelung in § 36 UrhG, deren Vorliegen nach dem Tatsachenvortrag des Klägers jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, in den Hintergrund getreten ist. Nach dieser Vorschrift, deren Anwendbarkeit im Rahmen arbeitsvertraglicher Übertragungspflichten anerkannt ist (vgl. statt aller Schricker/Rojahn, aaO, § 43 UrhG Rdn. 71; Möhring/Nicolini/Spautz, aaO, § 43 UrhG Rdn. 11; s.a. BAG GRUR 1961, 491 – Nahverkehrschronik; GRUR 1966, 88 – Abdampfverwertung), kann der Umstand, daß das geschaffene Werk zu Vorteilen bei dem Nutzungsberechtigten geführt hat, die in einem groben Mißverhältnis zu der von ihm gezahlten Vergütung stehen, eine Anpassung der Vereinbarungen verlangen, die der Einräumung des Nutzungsrechtes zugrunde liegen. Um eine Prüfung dieser Voraussetzungen zu ermöglichen, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bei der erneuten Befassung mit den Ansprüchen des Klägers wird das Berufungsgericht davon auszugehen haben, daß der hier in Streit stehende Auskunftsanspruch nicht nur dann eröffnet ist, wenn die verlangte Auskunft zur Ermittlung der Höhe eines bestehenden Anspruchs denkbar ist; unter besonderen Umständen kommt er auch dann in Betracht, wenn diese Angaben zugleich benötigt werden, um die Voraussetzungen eines Rechts zu ermitteln. Er erscheint daher nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wenn es – wie hier – um die Feststellung eines Mißverhältnisses zwischen sich gegenüberstehenden Leistungen geht.
Mehr noch als sonst bedarf es bei der Zuerkennung einer solchen, bereits auf den Grund des durchzusetzenden Rechts zielenden Auskunftsanspruchs jedoch einer sorgfältigen Abwägung der beteiligten Interessen. Der Anspruch auf Auskunft findet seine Grundlage in § 242 BGB, in dessen Rahmen davon ausgegangen wird, daß der Auskunftsberechtigte, der die Auskunft zur Durchsetzung seiner Rechte grundsätzlich schutzwürdiger erscheint als der Verpflichtete, dessen Leistungspflicht dem Grunde nach feststeht und aufgrund einer von ihm zu erwartenden und ihm grundsätzlich zuzumutenden Auskunft auch der Höhe nach ermittelt werden kann. Auf den Fall einer Auskunft, mit der erst die Voraussetzungen einer solchen Verpflichtung festgestellt werden soll, sind diese Grundsätze nicht ohne weiteres zu übertragen. Hier erscheint der Auskunftsverpflichtete regelmäßig in höherem Maße schutzwürdig. Insoweit kann daher die bloße Behauptung der Voraussetzungen des § 36 UrhG durch den Arbeitnehmer auch dann nicht genügen, wenn er – wie regelmäßig – über einen nachhaltigen Einblick in die Interna seines (früheren) Arbeitgebers nicht verfügen kann. Von dem Auskunft fordernden Mitarbeiter ist vielmehr in der Regel zu verlangen, daß er im Rahmen des Möglichen zur Aufklärung des Sachverhalts beiträgt und auf dieser Grundlage nicht nur seinen Anspruch, sondern auch die Gründe plausibel darlegt, warum ihm eine weitere Spezifizierung der Anspruchsvoraussetzungen nicht möglich ist.
Bei der für den geltend gemachten Auskunftsanspruch gebotenen Abwägung der beiderseitigen Interessen wird das Berufungsgericht gegebenenfalls weiter zu prüfen haben, ob die Auskunft in dem verlangten Umfang für die Beklagte zumutbar und aus der Sicht des Klägers erforderlich ist. Dabei wird über den mit der Verurteilung zur Auskunft verbundenen Eingriff in die Rechte der Beklagten auch zu beachten sein, daß hier Auskunft über bereits bei Klagerhebung länger zurückliegende Zeiträume verlangt wird. Abweichend vom Regelfall kann auch insoweit nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß derartige Daten von der Beklagten mit einfachen Mitteln zu beschaffen sind und ihr die Auskunft daher jederzeit zuzumuten ist. Weiter wird das Berufungsgericht zu bedenken haben, daß der Anspruch nach § 36 UrhG als eine gesetzliche Ausgestaltung des allgemeinen Grundsatzes vom Wegfall der Geschäftsgrundlage (Schricker/Schricker, aaO, § 36 UrhG Rdn. 3) bei der Bemessung der Vergütung, mit dem die Überlassungspflicht abgegolten wird, von einem eher unerwarteten wirtschaftlichen Erfolg des lizensierten Rechts und einem darauf beruhenden Mißverhältnis ausgeht.
Unterschriften
Rogge, Jestaedt, Melullis, Scharen, Schaffert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 23.10.2001 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
DB 2002, 424 |
NJW 2002, 1352 |
BGHR 2002, 161 |
NJW-RR 2002, 339 |
CR 2002, 249 |
EWiR 2002, 319 |
GRUR 2002, 149 |
JurBüro 2002, 218 |
Nachschlagewerk BGH |
AfP 2002, 179 |
NZA-RR 2002, 202 |
WRP 2002, 100 |
ZUM 2002, 137 |
MMR 2002, 99 |
KUR 2002, 27 |
Mitt. 2002, 232 |