Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Mai 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Entwicklung, der Herstellung und des Vertriebs von Operationsleuchten (OP-Leuchten) tätig und seit Jahrzehnten in diesem Bereich führend. Sie entwickelt auch die für diese Leuchten notwendigen Halogenlampen, läßt sie von Dritten für sich herstellen und vertreibt sie ausschließlich über ihre Vertriebsorganisation. Zu ihren Erzeugnissen gehören seit Anfang der 90er Jahre OP-Leuchten der Serie „H. 2000”, deren jeweilige Ausführungen mit Halogenlampen vom Typ „H. C.” bestückt sind. In vielen Krankenhäusern sind noch OP-Leuchten der Vorgängerserie, der sog. „H.”-S. serie, vorhanden; für diese liefert die Klägerin weiterhin die entsprechenden Halogenlampen.
Der Beklagte, der zunächst Originallampen der Klägerin vertrieben hatte, vertreibt seit Frühjahr 1994 als Händler Halogenlampen, die für die OP-Leuchten der Klägerin verwendet werden können, jedoch von anderen Unternehmen hergestellt wurden. Er bewirbt diese Lampen in seinem „Speziallampenkatalog” in der im Klageantrag wiedergegebenen Weise.
Die Klägerin beanstandet diese Werbung als irreführend und als wettbewerbswidrige Anlehnung an den guten Ruf ihrer Ware. Der Beklagte erwecke den Eindruck, er vertreibe ihre Originalhalogenlampen, indem er in seiner Katalogauflistung ihre Originalbestellnummern seinen eigenen gegenüberstelle. Diesen Eindruck verstärke er noch dadurch, daß er ihre Marke „H.” blickfangmäßig – in Fettdruck und in der geschützten Schreibweise – hervorhebe.
Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, in Preislisten, Prospektmaterial und/oder ähnlichen Druckschriften Halogenlampen für H.-OP-Leuchten in der Weise zu bezeichnen, daß den Bestellnummern von He. für die Originallampen für H.-OP-Leuchten die Bestellnummern von K. gegenübergestellt werden, insbesondere wenn dies in der nachfolgend wiedergegebenen Art geschieht:
- den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der unter 1. bezeichneten Handlungen unter Angabe der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie unter Angabe der Adressen der Empfänger von schriftlichen Werbemitteln, die die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen enthalten;
- festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter anderem ausgeführt, die Angabe der Bestellnummern der Klägerin in seinem Katalog sei zwingend geboten. Verwechslungen bei der Auswahl der Ersatzlampen für die OP-Leuchten der Klägerin könnten nur bei Verwendung ihrer Original-Bestellnummern sicher ausgeschlossen werden. Die Verwendung falscher OP-Lampen könne zu Schäden am Leuchtensystem führen, die Schattenbildungen oder einen gänzlichen Ausfall einzelner Lampen zur Folge haben könnten. Beides könne eine erhebliche Gefahr für Gesundheit und Leben des Patienten sein.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten nach den Klageanträgen verurteilt.
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Unterlassungsantrag lediglich gegen das Verbot der konkreten Verletzungsform gerichtet sei. Die Antragsformulierung solle nur zum Ausdruck bringen, daß ein Verbot auch ein Verhalten erfassen solle, in dem sich das Charakteristische der Verletzungsform wiederfinde.
Der so verstandene Unterlassungsantrag sei begründet, weil sich der Beklagte ohne sachlich rechtfertigenden Grund und damit in unlauterer Weise an den guten Ruf der Klägerin anlehne, wenn er in seinem Katalog in der aus dem Klageantrag ersichtlichen Weise Speziallampen anderer Hersteller für die OP-Leuchten der Klägerin anbiete. Die Frage, ob es beim Vertrieb von Ersatz-Lampen für die OP-Leuchten der Klägerin aus Sicherheitsgründen geboten sei, auf die Bestellnummern der Original-Lampen der Klägerin hinzuweisen, könne offenbleiben, da es hier nur um die wettbewerbliche Zulässigkeit der konkret beanstandeten Form der Werbung gehe.
Der Beklagte setze in seinem Katalog seine Ersatzlampen unmittelbar in Beziehung zu den „Originalprodukten” der Klägerin, die seit Jahrzehnten in diesem Bereich führend sei, indem er seine Bestellnummern unmittelbar denen der Klägerin gegenüberstelle. Die damit verbundene Gleichstellung werde durch die Verwendung des Begriffs „Vergleichs-Nr.” über der Bestellnummer der Klägerin noch verdeutlicht, weil dadurch der Eindruck erweckt werde, die Produkte seien identisch. Diese Anlehnung verstärke der Beklagte noch dadurch, daß er seine Bestellnummern in der Weise gebildet habe, daß er jeweils die letzten drei Ziffern der Bestellnummern der Klägerin übernommen habe und diesen einen Punkt sowie die Ziffern „05” angefügt habe. Diese Kennzeichnung vermittle den Eindruck, es handele sich lediglich um eine andere Charge desselben Herstellers.
Neben dem Unterlassungsanspruch seien auch die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht als Folgeansprüche begründet.
II. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß der Beklagte den guten Ruf der Klägerin unlauter ausnutze, wenn er wie in seinem „Speziallampenkatalog” die Bestellnummern der Klägerin seinen eigenen gegenüberstelle, kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen im Licht der Entwicklung des europäischen Gemeinschaftsrecht nicht aufrechterhalten werden.
a) Der Senat hat inzwischen die Rechtsgrundsätze zur vergleichenden Werbung, auf die sich das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung gestützt hat, aufgegeben, soweit diese nicht mit der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung (ABl. Nr. L 290 v. 23.10.1997, S. 18 = GRUR 1998, 117 = WRP 1998, 798) in Einklang stehen. Nach der inzwischen geänderten Rechtsprechung ist vergleichende Werbung zulässig, sofern die in Art. 3a Abs. 1 lit. a bis h der Richtlinie 97/55/EG genannten Voraussetzungen erfüllt sind (BGHZ 138, 55 ff. – Testpreis-Angebot; 139, 378 ff. – Vergleichen Sie; BGH, Urt. v. 23.4.1998 – I ZR 2/96, GRUR 1999, 69 ff. = WRP 1998, 1065 – Preisvergleichsliste II; Urt. v. 25.3.1999 – I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100, 1101 = WRP 1999, 1141 – Generika-Werbung). Die genannte Richtlinie ist allerdings bei der Beurteilung der Frage, ob die beanstandete Werbung zum damaligen Zeitpunkt wettbewerbswidrig war, noch nicht unmittelbar anzuwenden. Die Richtlinie war bis zum Ablauf des 23. April 2000 umzusetzen (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 97/55/EG); dies ist durch das Gesetz zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften vom 1. September 2000 mit Wirkung vom 14. September 2000 geschehen (Art. 1 Nr. 1 bis 3 und Art. 4 des Gesetzes, BGBl. I S. 1374).
b) Wird unterstellt, daß die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, daß die Lampen des Beklagten keine „Originalprodukte” sind (vgl. dazu auch unter 2.), fällt die konkret angegriffene Werbung des Beklagten in seinem „Speziallampenkatalog” unter den Begriff der vergleichenden Werbung (vgl. Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 97/55/EG; BGHZ 138, 55, 59 – Testpreis-Angebot), weil die jeweiligen Bestellnummern einander gegenübergestellt werden und zugleich auf die betreffenden OP-Lampen der Klägerin mit den Bezeichnungen „Vergleichs-Typ” und „Vergleichs-Nr.” hingewiesen wird.
Die hier beanstandete Werbung für die OP-Lampen des Beklagten unter Gegenüberstellung seiner eigenen Bestellnummern mit den Original-Bestellnummern der Klägerin kann danach – in Abweichung von der früheren Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 28.3.1996 – I ZR 39/94, GRUR 1996, 781, 784 = WRP 1996, 713 – Verbrauchsmaterialien) – nicht schon mit der Begründung als wettbewerbswidrig angesehen werden, daß für eine Gegenüberstellung der eigenen Bestellnummern des Beklagten mit denen der Klägerin ein sachlich rechtfertigender Anlaß gefehlt habe. Entscheidend ist vielmehr, ob die Voraussetzungen, unter denen bei Anwendung des Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 97/55/EG (vgl. § 2 Abs. 2 UWG n. F.) eine vergleichende Werbung zulässig ist, nicht gegeben waren. Die Frage, ob dies hier der Fall war, kann der Senat auf der Sachverhaltsgrundlage, von der im Revisionsverfahren auszugehen ist, nicht selbst beurteilen. Den Parteien ist zudem Gelegenheit zu geben, im Hinblick auf die Veränderung der rechtlichen Beurteilung einer vergleichenden Werbung in einem erneuten Berufungsverfahren ergänzend vorzutragen (vgl. auch BGH GRUR 1999, 69, 71 – Preisvergleichsliste II).
2. Die Verurteilung des Beklagten kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere als ein Verbot irreführender Werbung (§ 3 UWG a. F.; vgl. § 3 Satz 1 UWG n. F.), Bestand haben.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß die konkrete Form der Katalogwerbung des Beklagten die von ihm angebotenen OP-Lampen mit den „Originalprodukten” der Klägerin gleichstelle und den Eindruck erwecke, die Produkte seien identisch, also gleichsam „Originalprodukte”. Im gegenwärtigen Verfahrensstand kann offenbleiben, ob diese Feststellung nach den gegebenen Umständen erfahrungswidrig ist, wie die Revision geltend macht. Wird von den Feststellungen des Berufungsgerichts ausgegangen, wäre die angegriffene Werbung jedenfalls eine Irreführung über die Herkunft der angebotenen Produkte. Eine solche Beurteilung ließe sich allerdings mit der vom Berufungsgericht ebenfalls angenommenen Rufanlehnung, die begrifflich voraussetzt, daß der Verkehr die unterschiedliche Herkunft der angebotenen Waren erkennt, nur dann vereinbaren, wenn von einer gespalteten Verkehrsauffassung ausgegangen wird. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.
Eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise (§ 3 UWG a.F.; vgl. § 3 Satz 1 UWG n. F.) käme auch dann in Betracht, wenn die weitere Annahme des Berufungsgerichts zutreffen sollte, daß die konkrete Art der Werbung geeignet ist, jedenfalls einem relevanten Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck zu vermitteln, es würden Zweitprodukte desselben Herstellers angeboten. Auch diese Beurteilung, die ebenfalls die Annahme einer Irreführung über die Herkunft der beworbenen Waren beinhaltet, ist jedoch mit den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, insbesondere der Annahme einer anlehnenden Werbung, nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen.
Der Senat kann danach die Frage, ob eine Irreführung vorliegt, nicht selbst beurteilen. Bisher fehlen auch Feststellungen dazu, an welche Verkehrskreise sich die beanstandete Werbung gewandt hat; auch ist der „Speziallampenkatalog” des Beklagten, in dem die angegriffene Werbung enthalten war, noch nicht zu den Akten gereicht worden. Im erneuten Berufungsverfahren wird den Parteien zudem Gelegenheit zu geben sein, zum Sachverhalt ergänzend vorzutragen.
3. Weiterhin wird im erneuten Berufungsverfahren die Auslegung des Klageantrags mit den Parteien zu erörtern sein. Abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts spricht der Wortlaut des Unterlassungsantrags nicht für, sondern gegen seine Auslegung, der Antrag richte sich im wesentlichen gegen das konkret beanstandete Verhalten, die Antragsfassung bringe lediglich zum Ausdruck, daß von dem Verbot auch ein Verhalten erfaßt sein solle, in dem sich das Charakteristische der Verletzungsform wiederfinde, auch wenn nicht alle Einzelmerkmale übereinstimmten. Nach dem Wortlaut ihres Unterlassungsantrags hat die Klägerin ein allgemeines Verbot, ihre Bestellnummern eigenen Bestellnummern des Beklagten gegenüberzustellen, verlangt und die konkret beanstandete Art und Weise der Gegenüberstellung der Bestellnummern durch den mit „insbesondere” eingeleiteten Antragsteil lediglich als Minus zu diesem umfassenderen Unterlassungsantrag bezeichnet.
III. Auf die Revision des Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Büscher, Schaffert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 23.11.2000 durch Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BGHR 2001, 249 |
GRUR 2001, 350 |