Leitsatz (amtlich)
a) Im Rahmen einer Revision gemäß § 547 ZPO hat das Revisionsgericht den für die Zulässigkeit der Berufung maßgebenden Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht selbständig zu würdigen und aufgrund des Beweisergebnisses unabhängig von der Beurteilung des Oberlandesgerichts die relevanten Feststellungen zu treffen.
b) Zu den Anforderungen an den Beweis der Unrichtigkeit der im Empfangsbekenntnis gemäß § 212 a ZPO enthaltenen Angaben.
Normenkette
ZPO §§ 212a, 547
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler in Anspruch. Sie stützt ihre Klage darauf, der Beklagte zu 1 habe während ihres stationären Aufenthalts in der Klinik der Beklagten zu 2 unter Verstoß gegen den medizinischen Standard und ohne gehörige Risikoaufklärung eine Injektionsbehandlung bei ihr durchgeführt, die einen Gefäßverschluß in der linken Hand mit noch andauernden Durchblutungsstörungen zur Folge gehabt habe. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 50.000 DM Schmerzensgeld und zum Ausgleich materieller Schäden in Höhe von 23.808,44 DM verurteilt und die Ersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden festgestellt.
Die Zustellung dieses Urteils an den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten, Rechtsanwalt B., erfolgte mittels Empfangsbekenntnisses gemäß § 212 a ZPO, das nach Unterzeichnung zu den Akten zurückgelangte und das aufgestempelte Eingangsdatum der Anwaltskanzlei vom 4. Januar 1999 trägt. Die Berufung der Beklagten ist am Freitag, dem 5. Februar 1999 beim Berufungsgericht eingegangen und – nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist – am 17. Juni 1999 begründet worden. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 19. Juli 1999, die Berufungseinlegung sei verspätet erfolgt, hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Beklagten am 4. August 1999 vorgetragen, eine Verspätung liege nicht vor, da die Zustellung des Urteils des Landgerichts tatsächlich erst am 5. Januar 1999 erfolgt sei; hilfsweise hat er Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt.
Die Beklagten haben sich darauf berufen, der Eingangsstempel auf dem Empfangsbekenntnis sei unrichtig; hierzu haben sie eine anwaltliche Versicherung des Rechtsanwalts B. und eine eidesstattliche Versicherung der in seiner Kanzlei tätigen Anwaltsgehilfin K. vorgelegt. In Wahrheit sei das erstinstanzliche Urteil erst am 5. Januar 1999 eingegangen. Dieses Datum sei auch auf der Ausfertigung des Urteils vermerkt worden; entsprechend seien die Fristen im Kalender eingetragen worden. Der fehlerhafte Eingangsstempel auf dem Empfangsbekenntnis lasse sich nur damit erklären, daß die Kanzleiangestellte K., die sich im übrigen als stets zuverlässig erwiesen habe, am Morgen des 5. Januar 1999 den Datumsstempel zunächst nicht richtig eingestellt und später eine Korrektur des unrichtigen Datums auf dem Empfangsbekenntnis versäumt habe.
Das Berufungsgericht hat mit Beschluß vom 8. September 1999 die Berufung als unzulässig verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat der erkennende Senat diesen Beschluß am 7. Dezember 1999 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen; zur Begründung wurde insbesondere darauf abgestellt, daß eine abschließende prozeßordnungsgemäße Klärung der entscheidenden Frage, wann das Urteil des Landgerichts zugestellt worden sei, nicht ohne die gebotene Erhebung von Zeugenbeweis geklärt werden könne. Das Oberlandesgericht hat die Berufung – nach Vernehmung des Rechtsanwalts B. und der Anwaltsgehilfin K. als Zeugen – nunmehr im angefochtenen Urteil erneut als unzulässig verworfen und den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, die ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Oberlandesgericht erachtet die am 5. Februar 1999 eingegangene Berufung der Beklagten für verfristet, da für den Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils das aus dem von Rechtsanwalt B. unterzeichneten Empfangsbekenntnis ersichtliche Datum des 4. Januar 1999 entscheidend sei. Das Empfangsbekenntnis, das dieselbe Beweiskraft wie eine öffentliche Urkunde gemäß § 418 ZPO entfalte, erbringe vollen Beweis für die Richtigkeit dieses Zustellungszeitpunktes. Den Gegenbeweis, der zwar möglich sei, an den aber strenge Anforderungen zu stellen seien, hätten die Beklagten nicht erbracht.
Der paraphierte Eingangsstempel auf der Urteilsausfertigung trage zwar das Datum des 5. Januar 1999; es könne aber nicht ausgeschlossen werden, daß dieser Eingangsstempel nachträglich (oder am 4. Januar 1999 mit einem falschen Datum) auf das Urteil gesetzt worden sei. Weder die Bekundungen der Zeugen B. und K. bei ihrer Vernehmung vor dem Oberlandesgericht noch der Inhalt der vorgelegten eidesstattlichen und anwaltlichen Versicherungen rechtfertigten den zwingenden Rückschluß, daß das Urteil – entgegen dem Datum des Empfangsbekenntnisses – tatsächlich am 5. Januar 1999 zugestellt worden sei. Für den Gegenbeweis reiche die subjektive Überzeugung der Zeugen nicht aus, daß die Diskrepanz zwischen dem Datum auf der Urteilsausfertigung und demjenigen auf dem Empfangsbekenntnis nur durch ein versehentliches Nichtweiterdrehen des Eingangsstempels zu erklären sei. Wäre es tatsächlich am 5. Januar 1999 zu einem Abstempeln mit einem nicht zutreffenden Datum gekommen und dies den Zeugen seinerzeit aufgefallen, hätte nichts näher gelegen, als einen Vermerk über dieses besondere Vorkommnis zu fertigen.
Die Zustellung am 4. Januar 1999 lasse sich im übrigen zeitlich auch mit den anderen Abläufen in Einklang bringen. Insbesondere stelle es keine ungewöhnliche Verzögerung dar, wenn das unterzeichnete Empfangsbekenntnis seinerseits erst am 6. Januar 1999 an das Landgericht zurückgelangt sei.
Die hilfsweise seitens der Beklagten nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, da ein Verschulden der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten an der Verfristung nicht auszuschließen sei.
II.
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der – gemäß § 547 ZPO statthaften und zulässigen – Revision nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Einlegung der Berufung der Beklagten am 5. Februar 1999 nicht im Sinne des § 516 ZPO verfristet, da die Zustellung des Landgerichtsurteils als erst am 5. Januar 1999 erfolgt anzusehen ist.
1. Allerdings hat der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwalt B., die Zustellung des Urteils auf einem Empfangsbekenntnis nach § 212 a ZPO bescheinigt, das den Datumsstempel des 4. Januar 1999 trägt. Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß ein derartiges Empfangsbekenntnis grundsätzlich Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit der Zustellung erbringt (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Beschlüsse vom 16. September 1993 – VII ZB 20/93 – VersR 1994, 371; vom 13. Juni 1996 – VII ZB 12/96 – NJW 1996, 2514, 2515 und vom 15. Juli 1998 – XII ZB 37/98 – NJW-RR 1998, 1442, 1443 m.w.N.).
2. Das Berufungsgericht erkennt auch zutreffend, daß der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der im Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben zulässig ist. Dieser setzt voraus, daß die Beweiswirkung des § 212 a ZPO vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, daß die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können; hingegen ist dieser Gegenbeweis nicht schon dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist (vgl. z.B. BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 1996 – VII ZB 12/96 – aaO und vom 15. Juli 1998 – XII ZB 37/98 – aaO).
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Beklagten – worauf die Revision zu Recht abstellt – diesen Gegenbeweis hinsichtlich der Unrichtigkeit des auf dem Empfangsbekenntnis aufgestempelten Zustellungsdatums vom 4. Januar 1999 in zureichender Weise geführt.
a) Da es hier um die fristgerechte Einlegung der Berufung und damit um eine Zulässigkeitsvoraussetzung geht, ist der erkennende Senat nicht auf eine lediglich rechtliche Überprüfung der Verfahrensweise, insbesondere der Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts beschränkt. Vielmehr hat das Revisionsgericht den für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebenden Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht selbständig zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1962 – IV ZR 172/62 – MDR 1963, 291; Zöller/Gummer, 22. Aufl., Rdn. 5 zu § 547 ZPO; Musielak/Ball, 2. Aufl., Rdn. 6 zu § 547 ZPO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Rdn. 10 zu § 547 ZPO); es hat demgemäß auf der Grundlage des Beweisergebnisses eigenständig und unabhängig von der Beurteilung des Oberlandesgerichts die für die Rechtzeitigkeit der Berufungseinlegung maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen.
b) Dabei gilt für die Prüfung der Voraussetzungen der Zulässigkeit des Rechtsmittels, auch soweit es um die Entkräftung des aus einem Empfangsbekenntnis ersichtlichen Zustellungsdatums geht, der sogenannte Freibeweis (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Dezember 1999 – VI ZB 30/99 – VersR 2000, 1129 m.w.N.); in diesem Rahmen können neben den üblichen Beweismitteln, insbesondere dem Ergebnis von Zeugenvernehmungen, auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden (BGH, Beschluß vom 16. Mai 1991 – IX ZB 81/90 – NJW 1992, 627, 628). Es bleibt jedoch bei den Anforderungen des § 286 ZPO an die richterliche Überzeugungsbildung, so daß voller Beweis zu erbringen ist (vgl. BGH, Beschluß vom 26. Juni 1997 – V ZB 10/97 – NJW 1997, 3319).
c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat – in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Revision – zu der Überzeugung gelangt, daß das erstinstanzliche Urteil an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nicht bereits am 4. Januar 1999, sondern erst einen Tag später, am 5. Januar 1999, zugestellt worden ist, das im Empfangsbekenntnis niedergelegte Datum somit unrichtig ist.
aa) Im Rahmen der ihm aufgegebenen Beweiswürdigung konnte der Senat auf die im zweiten Rechtszug protokollierten Aussagen der Zeugen K. und B. zurückgreifen, ohne diese Zeugen erneut anzuhören. Der Senat beurteilt weder die Glaubwürdigkeit der Zeugen abweichend vom Berufungsgericht (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 29. Oktober 1996 – VI ZR 262/95 – VersR 1997, 256 m.w.N.), noch sollen deren Erklärungen anders ausgelegt oder verstanden werden (vgl. hierzu z.B. BGH, Urteile vom 28. November 1995 – XI ZR 37/95 – NJW 1996, 663, 664 und vom 8. September 1997 – II ZR 55/96 – NJW 1998, 384, 385); auch geht es nicht um die Würdigung und unterschiedliche Gewichtung einander widersprechender Zeugenbekundungen (vgl. dazu Senatsurteil vom 10. März 1998 – VI ZR 30/97 – NJW 1998, 2222, 2223; BGH, Urteil vom 2. November 1995 – X ZR 135/93 – NJW 1996, 919, 920). Die von denjenigen des Oberlandesgerichts abweichenden tatsächlichen Feststellungen beruhen vielmehr darauf, daß dem Senat die – auch vom Berufungsgericht grundsätzlich nicht anders verstandenen – Zeugenaussagen im Rahmen des Freibeweises in Zusammenhang mit deren eidesstattlichen Versicherungen und den gesamten übrigen Umständen des Falles zur Überzeugungsbildung dahin ausreichen, daß die Aufstempelung des Datums 4. Januar 1999 auf dem Empfangsbekenntnis objektiv unrichtig war, nämlich auf einer fehlerhaften Stempeleinstellung beruhte.
bb) Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß sich aus den Bekundungen der vom Oberlandesgericht gehörten Zeugen (die mit dem Inhalt der vorgelegten Versicherungen in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen) ein ohne weiteres nachvollziehbarer und bei vernünftiger Betrachtung außerordentlich naheliegender Ablauf der Dinge ergibt, aus dem sich der Schluß rechtfertigt, daß das Datum 4. Januar 1999 nur versehentlich auf dem Empfangsbekenntnis angebracht wurde, während die zugestellte Urteilsausfertigung ihrerseits mit dem zutreffenden Eingangsdatum 5. Januar 1999 versehen wurde.
Die Zeugin K., die als Angestellte in der Kanzlei des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten für die hier streitigen Vorgänge zuständig war, hat geäußert, sie könne sich daran erinnern, daß seinerzeit der Eingangsstempel zunächst nicht richtig eingestellt gewesen sei. Als sie ihr Versehen mit diesem Stempeldatum erkannt habe, habe sie „aus der vier eine fünf gemacht”. Wie die Zeugin weiter aussagte, stempele sie zunächst die eingegangenen Empfangsbekenntnisse ab, erst später die Urteilsausfertigungen; daher konnte sich die fehlerhafte Einstellung des Datumsstempels gerade vorrangig bei den Empfangsbekenntnissen auswirken. In ihrer eidesstattlichen Versicherung hat die Zeugin K. dargelegt, daß sie ihrer Meinung nach nachträglich in allen Fällen mit rotem Filzschreiber das zunächst falsch aufgestempelte Datum in das richtige Datum des 5. Januar 1999 verändert habe, wobei sie jedoch irrtümlich das hier streitige Empfangsbekenntnis vergessen haben müsse. Bei ihrer Vernehmung im zweiten Rechtszug hat dieselbe Zeugin weiter ausgesagt, Rechtsanwalt B. habe das Problem mit dem Datumsstempel und die von ihr angebrachten Änderungen „mitgekriegt”; sie habe seine Frage, ob sie alle Daten korrigiert habe, bejaht.
Rechtsanwalt B. hat bei seiner Vernehmung als Zeuge die Bekundungen seiner Angestellten K. in den wichtigen Punkten bestätigt. Auch er konnte sich – wenn auch nicht mehr dem genauen Zeitpunkt nach – an die Verbesserung des auf eingegangene Post aufgestempelten Datums und daran erinnern, daß er die Zeugin K. seinerzeit darauf angesprochen hat.
cc) Beide Zeugen, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln der Senat ebensowenig Anlaß sieht wie das Oberlandesgericht, haben damit nicht nur einen nachträglichen subjektiven Erklärungsversuch für das Geschehene unternommen, sondern in konkreter Weise plausibel den Vorgang geschildert, der dazu führte, daß zwar die eingegangene Urteilsausfertigung mit dem zutreffenden Datum 5. Januar 1999 gestempelt wurde, dies jedoch auf dem Empfangsbekenntnis nicht geschah. Daß die Zeugen bei ihrer Anhörung den genauen Zeitpunkt dieses „Stempelversehens” nicht mehr kalendermäßig aus dem Gedächtnis bestimmen konnten, ist angesichts des Zeitablaufes durchaus verständlich; die hier gegebenen und auch von den Zeugen aufgezeigten Zusammenhänge lassen jedoch keinen Zweifel daran, daß es sich um das vorliegend maßgebliche Ereignis vom 5. Januar 1999 gehandelt haben muß. Das von den Zeugen bekundete Vorkommnis ist zwar einerseits nicht alltäglich; andererseits ist es aber auch keineswegs fernliegend, daß einmal – gerade bei hektischem Arbeitsanfall – morgens zunächst das „Weiterdrehen” des Datumsstempels vergessen wird.
Angesichts dieses durch die Beweisaufnahme bestätigten „Stempelversehens” erscheint es dem Senat als ausgeschlossen, daß die Diskrepanz zwischen Aufstempelung auf der Urteilsausfertigung und dem Empfangsbekenntnis andere Ursachen hat, aus denen sich doch die Richtigkeit des Eingangsdatums 4. Januar 1999 ergeben könnte. Dafür, daß das auf der Urteilsausfertigung angebrachte Datum 5. Januar 1999 fehlerhaft sein könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte; entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind dahingehende Möglichkeiten rein theoretisch und lediglich spekulativ, können für die Überzeugungsbildung – auch im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO und des im vorliegenden Zusammenhang anzulegenden strengen Maßstabes – hingegen keine maßgebliche Bedeutung haben.
dd) Der Richtigkeit des Eingangsdatums vom 5. Januar 1999 und der Unrichtigkeit des aus dem Empfangsbekenntnis ersichtlichen Zustellungszeitpunkts steht auch nicht entgegen, wie seinerzeit in der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten reagiert worden ist, als die Zeugin K. bemerkte, daß der Stempel noch nicht weitergedreht worden war. Die Zeugin glaubte, mit ihren handschriftlichen Korrekturen die eingetretenen Unrichtigkeiten beseitigt zu haben, wobei auf der Hand liegt, daß sie das hier streitige Empfangsbekenntnis vergaß. Ob die getroffenen Maßnahmen im Sinne eines ordnungsgemäßen und sorgfältigen Vorgehens ausreichten oder vielleicht – wie das Berufungsgericht erwartet hätte – ein Vermerk über die Vorkommnisse hätte gefertigt werden sollen, ist für die vorliegend allein maßgebliche Frage des Zeitpunkts der Urteilszustellung nicht von entscheidender Bedeutung; etwaige Sorgfaltsverstöße sprechen nicht in relevanter Weise dagegen, daß die Schilderung der Zeugen zu den objektiven Vorgängen zutrifft.
Aus den vom Berufungsgericht weiter angestellten Überlegungen zum Zeitablauf bei der Rückgabe von Empfangsbekenntnissen läßt sich ebenfalls nichts Wesentliches für die Zustellungsproblematik folgern. Es spricht nichts dagegen, daß ein in Wahrheit erst am Dienstag, 5. Januar 1999 unterzeichnetes Empfangsbekenntnis am Mittwoch, 6. Januar 1999 wieder bei Gericht eingegangen ist. Soweit im Berufungsurteil längere Rücksendefristen erwähnt sind, lag dort – worauf die Revision zutreffend hinweist – jeweils ein Wochenende dazwischen.
III.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses über die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit im übrigen keine Bedenken ersichtlich sind, nunmehr in der Sache entscheiden kann.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. v. Gerlach, Dr. Dressler, Wellner, Diederichsen
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.04.2001 durch Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NJW 2001, 2722 |
BGHR 2001, 854 |
Nachschlagewerk BGH |
DAR 2001, 397 |
MDR 2001, 1007 |
SGb 2001, 625 |
VersR 2001, 1262 |
MittRKKöln 2001, 336 |
BRAK-Mitt. 2001, 174 |