Leitsatz (amtlich)
Zur Tragweite des § 770 Abs. 2 BGB.
Normenkette
BGB § 770 Abs. 2
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 29.05.2000) |
LG Berlin |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und ihrer Streithelferin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 29. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, ein schwedisches Unternehmen, und die Streithelferin der Beklagten schlossen am 3./4. Dezember 1997 einen Vertrag, wonach die Klägerin einen Ausbauhaus-Bausatz für ein von der Streithelferin durchzuführendes Bauvorhaben der Eheleute P. zu liefern hatte. Die Bauteile waren direkt auf der Baustelle abzuliefern; die Montage war Sache der Streithelferin. Von dem von dieser zu zahlenden Preis waren 10 % bei Vertragsschluß und die restlichen 90 % spätestens 18 Tage nach Lieferung zu zahlen. In einem zwischen den Vertragsparteien am 1. Dezember 1997 geschlossenen „Rahmenvertrag”, auf den im Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 Bezug genommen wurde, war u.a. auf die „VOB/Teil B, soweit auf einen Vertrag der vorliegenden Art anwendbar”, verwiesen (Nr. 2.2) und als Zeitpunkt der Fälligkeit des „Kaufpreises” die „Abnahme des Ausbauhaus-Bausatzes gem. § 7” bestimmt (Nr. 3.6). In Nr. 7 des Rahmenvertrags, die im übrigen Regelungen zur Geltendmachung von Mängeln während der Montage enthielt, heißt es (Absatz 3): „In jedem Falle gilt die Abnahme nach Ablauf von 10 (zehn) Werktagen nach Lieferung als erfolgt. Im übrigen ist § 12 VOB/Teil B anzuwenden”. Nach Nr. 9 des Rahmenvertrags hatte die Streithelferin eine „Zahlungsgarantie” in Form einer unwiderruflichen Bankbürgschaft zu stellen, mit der die Bank die Zahlung innerhalb von drei Wochen nach Lieferung „garantiert”.
Unter dem Datum vom 5. Februar 1998 übersandte die Beklagte, ein Bankinstitut, der Klägerin eine „Zahlungsbestätigung mit Bürgschaftsübernahme”, in der sie der Klägerin bestätigte, von der Streithelferin angewiesen worden zu sein, für „ein Fertigteilhaus für das Bauvorhaben P. … den vereinbarten Gesamtkaufpreis in Höhe von 140.440,00 … nach folgendem Zahlungsplan an die … (Klägerin) zu überweisen: – 14 Tage nach Lieferung des Hauses und Abnahme durch die Bauherren oder einen vereidigten Sachverständigen”. Nach der sich daran anschließenden Bemerkung, daß das Geld auf ein noch anzugebendes Konto der Klägerin bei einem deutschen Kreditinstitut überwiesen werde, heißt es sodann:
„Wir übernehmen hiermit der … (Klägerin) gegenüber unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Zahlungsverpflichtungen, die unserer Kundin aufgrund des abgeschlossenen Werkvertrages der … (Klägerin) gegenüber obliegen bis zum Betrag der oben bezeichneten Hauptschuld zuzüglich Zinsen und Kosten. Die Verpflichtungen aus der Bürgschaft enden mit Erlöschen der Forderungen, spätestens am 30.04.1998.”
Mit Schreiben vom 20. Mai 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, „daß die Laufzeit der … Zahlungsbestätigung über DM 140.440,00 … bis zum 31.08.1998 verlängert wurde”.
Nachdem die Streithelferin einen Teilbetrag des vertraglich vereinbarten Preises gezahlt hatte, schlossen die Vertragsparteien am 30. Juni 1998 eine zusätzliche Vereinbarung, in der sich die Streithelferin verpflichtete, den Restbetrag von 632.958 SEK bis spätestens 21. Juli 1998 an die Klägerin zu überweisen. Die Lieferung fand Anfang Juli 1998 statt. Da die Streithelferin weitere Zahlungen wegen angeblich vorhandener Mängel verweigerte, nahm die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 17. August 1998 die Beklagte aus deren Bürgschaft in Anspruch. Mit der Klage verlangt sie Zahlung von (umgerechnet) 131.838,82 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr – bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs – stattgegeben. Mit der Revision verfolgen die Beklagte und die Streithelferin den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt die Verurteilung der Beklagten nicht.
1. Nicht zu beanstanden ist, daß die Vorinstanzen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Prozeßparteien aufgrund nachträglicher Rechtswahl (Art. 27 Abs. 2 EGBGB) deutsches Recht angewandt haben. Die Revision greift das Berufungsurteil in diesem Punkt nicht an.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei aufgrund der von ihr übernommenen Bürgschaft verpflichtet, die Verbindlichkeit der Streithelferin aus dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag über die Lieferung des Bausatzes für das Bauvorhaben P., soweit eine solche besteht, zu erfüllen.
a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Beklagte nach dem Wortlaut der Urkunde vom 5. Februar 1998 für eine etwa noch bestehende Verbindlichkeit der Streithelferin gegenüber der Klägerin aus dem Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 einzustehen hat. Die Verpflichtung der Beklagten wird nach der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dadurch eingeschränkt, daß die Beklagte nach der der eigentlichen Bürgschaftserklärung vorangestellten Zahlungsbestätigung von der Streithelferin angewiesen war, den Kaufpreis erst 14 Tage nach Abnahme durch die Bauherren oder einen vereidigten Sachverständigen zu überweisen. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, durch diese Mitteilung über das Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen der Beklagten und der Streithelferin sei aus der objektiven Sicht des Erklärungsempfängers (also der Klägerin) die durch die Bürgschaft übernommene Verpflichtung, die Forderung der Klägerin nach Maßgabe des zwischen dieser und der Streithelferin geschlossenen Vertrages – der Vertrag macht die Fälligkeit nicht von den in der Zahlungsbestätigung genannten Voraussetzungen abhängig – zu erfüllen, nicht eingeschränkt. Eine solche Einschränkung der Bürgschaftsschuld hätte, so hat das Berufungsgericht gemeint, klarer zum Ausdruck gebracht werden müssen.
Bei dieser Auslegung der Erklärung der Beklagten handelt es sich um eine tatrichterliche Würdigung, die jedenfalls möglich und deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Der Grund für die vom Inhalt des Vertrages zwischen der Streithelferin und der Klägerin abweichende Zahlungsanweisung an die Beklagte war für die Klägerin nicht zu erkennen. Diese hat während des Rechtsstreits die Vermutung geäußert, die Beklagte könne sich über den Inhalt jenes Vertrages geirrt haben. Die Streithelferin hat dagegen vorgetragen, es sei zur Absicherung der Beklagten, die die Zwischenfinanzierung für die Endabnehmer übernommen habe, „vorgesehen (gewesen), daß erst eine entsprechende Werterhöhung auf dem Grundstück des Bauherren vorhanden sein mußte, bevor eine Zahlung seitens der Beklagten an die Streithelferin für den Kunden der Streithelferin erfolgen konnte”. Das waren indessen Umstände, von denen die Klägerin nichts wußte. Es ist deshalb nicht rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht in der Art und Weise, wie die „Zahlungsbestätigung mit Bürgschaftsübernahme” abgefaßt war, keinen hinreichend deutlichen und für die Klägerin erkennbaren Hinweis auf eine – von § 767 BGB abweichende, wenn auch möglicherweise von der Beklagten beabsichtigte – Einschränkung der dem Wortlaut nach umfassenden Bürgschaftserklärung gesehen hat. Eine solche Einschränkung durch außerhalb des eigentlichen Bürgschaftstextes – wenn auch in derselben Urkunde – enthaltene Mitteilungen, Präambeln und dergleichen ist nicht selbstverständlich und kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Auslegungswege festgestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 13. Juli 1989 – IX ZR 223/88, WM 1989, 1496, 1499).
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, der Text der Erklärung vom 5. Februar 1998 sei eindeutig, ist nicht berechtigt. Einen der Revisionsprüfung zugänglichen Rechtsfehler stellt es dar, wenn der Tatrichter eine Urkunde wegen angeblicher Eindeutigkeit zu Unrecht für nicht auslegungsfähig hält und sich aus diesem Grund einer Auslegung enthält (BGHZ 32, 60, 63; BGH, Urt. v. 11. März 1996 – II ZR 26/95, NJW-RR 1996, 932). Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, die Klägerin habe „aus ihrer Sicht diese Erklärung nach ihrem objektiven Erklärungswert nur dahin verstehen” können und müssen, daß die Bürgschaftserklärung durch den Inhalt der „Zahlungsbestätigung” nicht habe eingeschränkt werden sollen. Das bedeutet aber nur, daß sich die Auslegung am objektiven Inhalt der Erklärung aus der Sicht des Empfängers zu orientieren habe. Daß das Berufungsgericht nach diesem – zutreffenden – Maßstab eine Auslegung vorgenommen hat, zeigt sich darin, daß es geprüft hat, ob eine Einschränkung des umfassenden Inhalts der eigentlichen Bürgschaftserklärung im übrigen Teil der Urkunde hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist.
b) Die Klägerin hat die Beklagte durch das Schreiben vom 17. August 1998 rechtzeitig aus der Bürgschaft in Anspruch genommen.
aa) Die in der Urkunde vom 5. Februar 1998 enthaltene Begrenzung der Bürgschaft bis zum 30. April 1998 ist durch das Schreiben der Beklagten vom 20. Mai 1998 bis zum 31. August 1998 verlängert worden. Die Revision zieht das zu Unrecht in Zweifel, indem sie meint, die Verlängerung habe sich, wenn man schon – wie das Berufungsgericht – zwischen der „Zahlungsbestätigung” und der Bürgschaft unterscheiden wolle, nur auf die erstere bezogen, weil nur sie im Schreiben vom 20. Mai 1998 erwähnt sei. Ein solches Verständnis des Verlängerungsschreibens ist in den Tatsacheninstanzen von niemandem geltend gemacht worden; es ist unrichtig. Die Bezeichnung „Zahlungsbestätigung” in jenem Schreiben bezeichnet verkürzt die Urkunde vom 5. Februar 1998 insgesamt. Darüber kann schon deswegen kein Zweifel bestehen, weil in dieser Urkunde nicht die Zahlungsbestätigung, sondern ausdrücklich die Bürgschaft befristet worden ist.
bb) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler die Bürgschaftserklärung so verstanden, daß innerhalb der Frist nicht nur der Beklagten die Inanspruchnahme angezeigt, sondern die verbürgte Forderung auch fällig geworden sein mußte (vgl. BGHZ 91, 349, 351 f; BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 – IX ZR 299/98, WM 2000, 1796). Diese Voraussetzung war, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, im Zeitpunkt der Anzeige gegeben.
Über die Fälligkeit der Forderung der Klägerin finden sich in den Vertragsunterlagen unterschiedliche Regelungen. Davon kommt der Fälligkeitstermin vom 21. Juli 1998, der in der nach Abgabe der Bürgschaftserklärung getroffenen Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1998 genannt ist, im Verhältnis zur Beklagten nicht in Betracht, soweit dadurch deren Rechtsstellung verschlechtert worden sein sollte (vgl. § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB). Nach dem Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 war die der Klägerin zustehende – restliche – Vergütung spätestens 18 Tage nach Lieferung zu zahlen. Ob dadurch die im Rahmenvertrag vom 1. Dezember 1997 über die Fälligkeit enthaltenen Bestimmungen abgeändert worden sind, ist angesichts der Anfang Juli 1998 stattgefundenen Lieferung für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Nach Nr. 3.6 des Rahmenvertrags sollte die Fälligkeit bei Abnahme im Sinne der in Nr. 7 getroffenen Regelung eintreten. Nach § 7 Abs. 3 gilt die Abnahme nach Ablauf von 10 Werktagen als erfolgt; im übrigen wird § 12 VOB/Teil B für anwendbar erklärt. Die Revisionserwiderung weist zwar nicht ohne Berechtigung darauf hin, daß es sich um einen Werklieferungsvertrag im Sinne des § 651 BGB handelte, der entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Lieferung vertretbarer Sachen zum Gegenstand gehabt haben und deshalb insgesamt nach Kaufrecht zu beurteilen sein dürfte (vgl. BGHZ 78, 375, 378; 87, 112, 116). Das hinderte die Parteien aber nicht, für die Abnahme und deren Bedeutung für die Fälligkeit des Kaufpreises eine an die Bestimmungen der VOB angelehnte Regelung zu vereinbaren.
§ 12 Nr. 5 VOB/B fingiert die Abnahme innerhalb der dort genannten Frist von 12 Werktagen, wenn keine Partei eine förmliche Abnahme verlangt und andererseits die Abnahme auch nicht verweigert wird (BGH, Urt. v. 23. November 1978 – VII ZR 29/78, NJW 1979, 549). Dem entspricht im Grundsatz die Regelung in Nr. 7 des zwischen der Klägerin und der Streithelferin am 1. Dezember 1997 geschlossenen Rahmenvertrags. Dort ist in Absatz 2 bestimmt, was zu geschehen hat, wenn sich während der Montage Mängel zeigen; dann ist nach der Montage ein schriftliches Abnahmeprotokoll aufzustellen. Das ist hier aber, soweit es sich dem vorgetragenen Sachverhalt entnehmen läßt, nicht geschehen; die Streithelferin hat es – gleichgültig, ob und inwieweit sie während und nach der Montage Mängel gerügt hat – auch nicht verlangt. Sie hat andererseits die Abnahme nicht verweigert. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus festgestellt, die Streithelferin habe innerhalb der Frist von 10 Werktagen nach Lieferung keine Mängel gerügt. Auf die dagegen erhobenen Angriffe der Revision kommt es für die Frage der Abnahme nicht an. Ob rechtzeitig während der für die fiktive Abnahme maßgebenden Frist Mängel gerügt worden sind, spielt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nur für den Erhalt etwaiger Rechte wegen solcher Mängel (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozeß 9. Aufl. Rn. 1390, 2272 ff), nicht aber für die Abnahme selbst und die daran geknüpfte Fälligkeit eine Rolle. Diese war danach hier unabhängig davon, welche Mängel vorhanden waren und ob und wann sie gerügt worden sind, jedenfalls Ende August 1998 und damit vor Ablauf der zeitlichen Befristung der Bürgschaft der Beklagten eingetreten.
3. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht gemeint, der Klägerin stehe der Bürgschaftsanspruch unabhängig davon zu, ob der Streithelferin „aufrechenbare Gegenansprüche oder Minderungsrechte … wegen der geltend gemachten Mängel” zustehen. Das Berufungsgericht hat dies damit begründet, daß der Bürgschaftsvertrag die Einrede der Aufrechenbarkeit zulässigerweise ausschließe; damit habe das Bürgschaftsverhältnis von Streitigkeiten zwischen der Klägerin und der Streithelferin über dieser etwa zustehende Gegenrechte, die zu einer Herabsetzung der Vergütung führen könnten, freigestellt werden sollen. Das Berufungsgericht hat deshalb offen gelassen, ob die Streithelferin „ihre zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen oder Minderungsrechte” hinreichend dargetan habe.
Die dem zugrunde liegende rechtliche Beurteilung ist, wie die Revision im Ergebnis zu Recht rügt, unzutreffend. Nach § 770 Abs. 2 BGB kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange sich dieser durch Aufrechnung gegenüber dem Hauptschuldner befriedigen kann. Dieses Recht des Bürgen kann zwar vertraglich ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschluß hindert für sich allein den Bürgen aber nicht, sich darauf zu berufen, daß die Hauptschuld infolge einer – sei es durch den Gläubiger, sei es durch den Hauptschuldner – bereits erklärten Aufrechnung erloschen sei. Der Bürge haftet nach § 767 Abs. 1 BGB für die Hauptschuld nur in dem Umfang, in dem sie besteht; deshalb kann er auch etwaige dem Hauptschuldner zustehende Minderungsrechte geltend machen. Den Ausschluß dieser Rechte hat der Verzicht auf die Einrede nach § 770 BGB nicht zur Folge; denn anderenfalls würde es sich um die Vereinbarung einer Garantie handeln (vgl. Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. § 770 Rn. 17). Auf eine garantieähnliche Haftung läuft in der Tat die Annahme des Berufungsgerichts hinaus, das Bürgschaftsverhältnis habe von derartigen Gegenrechten der Streithelferin freigehalten werden sollen. Hierfür fehlt es aber an einer tatsächlichen Grundlage. Die Verwendung des Ausdrucks „Garantie” im Vertrag zwischen der Klägerin und der Streithelferin reicht dafür – jedenfalls auf der Grundlage des vorgetragenen Prozeßstoffs – nicht aus.
Die Streithelferin hat im Prozeß mit einem Anspruch wegen angeblicher Ersatzvornahmekosten in Höhe von 55.000 DM aufgerechnet und Minderungsrechte im Umfang von 88.000 DM geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen nicht geprüft. Im Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Beklagten und der Streithelferin vom Bestehen solcher Rechte auszugehen. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Abnahme stattgefunden hat, eine rechtzeitige Rüge durch die Streithelferin verneint hat, greift die Revision zu Recht an, indem sie auf Schreiben der Streithelferin vom 12. Juli 1998 („Belastungsanzeige”) und vom 21. Juli 1998 („Mängelrüge”) sowie auf die schriftsätzliche Behauptung einer mündlich erhobenen Mängelrüge verweist. Nach dem weiteren Vorbringen der Streithelferin sind ferner Paßungenauigkeiten und eine zu hohe Wärmeleitfähigkeit gerügt worden (vgl. Schreiben vom 18. August 1998). Inwieweit diese Mängelrügen rechtzeitig waren, hat das Berufungsgericht bisher nicht geprüft.
II.
Das Berufungsurteil ist aus den dargelegten Gründen aufzuheben. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob und inwieweit die Lieferleistung der Klägerin mangelhaft war und welche Rechte der Streithelferin und damit auch der Beklagten deswegen gegebenenfalls zustehen. Der Senat weist darauf hin, daß nach allgemeinen Grundsätzen Gewährleistungsrechte mangels rechtzeitiger Rüge nur insoweit verloren gehen, als sie dem Besteller bekannt sind (vgl. § 377 Abs. 3 HGB; § 640 Abs. 2 BGB; vgl. auch Werner/Pastor aaO Rn. 1390).
Unterschriften
Kreft, Kirchhof, Raebel, Kayser, Vézina
Fundstellen
Haufe-Index 746115 |
NJW 2002, 2867 |
BGHR 2002, 836 |
EBE/BGH 2002, 196 |
IBR 2002, 415 |
KTS 2002, 690 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 1179 |
WuB 2002, 849 |
MDR 2002, 1020 |
ZfBR 2002, 569 |
BKR 2002, 636 |
NZBau 2002, 437 |
ZBB 2002, 332 |