Leitsatz (amtlich)
Ob sich aus der Klageschrift in für die Wahrung der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG hinreichender Deutlichkeit ergibt, welcher Beschluss angefochten werden soll, bestimmt sich nicht aus Sicht des Gerichts, sondern nach dem objektivierten Empfängerhorizont der beklagten Wohnungseigentümer; wie es sich verhält, wenn die Klageschrift nebst Anlagen das Datum der Eigentümerversammlung nicht nennt, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Für eine schlüssige Jahresgesamtabrechnung reichen die Angaben von Anfangs- und Endstand der Gemeinschaftskonten sowie der nach Kostenarten aufgegliederten Einnahmen und Ausgaben aus; entspricht der Anfangsstand der Gemeinschaftskonten zzgl. Einnahmen abzgl. Ausgaben dem Endstand der Gemeinschaftskonten, ist die Abrechnung im Grundsatz plausibel.
Es hält sich im Rahmen des dem Verwalter eingeräumten Ermessens bei der Gestaltung der Jahresabrechnung, wenn die Gesamtabrechnung bei mehreren Gemeinschaftskonten (hier: Giro- und Tagesgeldkonto) ausführlicher ausgestaltet wird, indem die Einnahmen und Ausgaben bezogen auf die unterhaltenen Konten dargestellt werden. Bei einer solchen Darstellungsweise müssen auch Kontenüberträge mitgeteilt und als nicht abrechnungsrelevant gekennzeichnet werden.
Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung bezieht sich auf die Entwicklung der buchhalterischen Konten in dem Abrechnungsjahr (Soll- und Ist-Bestand). Die buchhalterische Ist-Zuführung für das Abrechnungsjahr entspricht regelmäßig nicht den in der Gesamtabrechnung aufgeführten, auf die Instandhaltungsrücklage bezogenen Zahlungseingängen in dem Abrechnungsjahr; ebenso wenig entspricht der buchhalterische Gesamtbestand der Instandhaltungsrücklage dem Stand eines für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Tagesgeldkontos.
Normenkette
WEG § 46 Abs. 1 S. 2, § 28 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Urteil vom 15.03.2019; Aktenzeichen 5 S 25/18) |
AG Kaiserslautern (Urteil vom 14.06.2018; Aktenzeichen 5 C 13/18) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 15.3.2019 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Kaiserslautern vom 14.6.2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien bilden eine große Wohnungseigentümergemeinschaft. In einer Eigentümerversammlung vom 1.12.2017 wurde u.a. ein Beschluss über die Jahresabrechnung 2016 gefasst, gegen den der Kläger in einem gesonderten Verfahren Anfechtungsklage erhob. Aus diesem Grund erfolgte in der Eigentümerversammlung vom 2.1.2018 zu TOP 2 erneut eine Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2016. Die beschlossene Jahresabrechnung 2016 ist wie folgt gestaltet:
Rz. 2
Es folgt sodann die Einzelabrechnung, in der unter 1. die Einnahmen und Ausgaben aufgeführt und verteilt werden. Der Punkt 2. zeigt die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage wie folgt auf:
Rz. 3
Sodann werden unter 3. die Rücklagenrückstände, unter 4. die Vorauszahlungen des Klägers und unter 5. die Entwicklung der Geldkonten ausgewiesen.
Rz. 4
Gegen den zu TOP 2 gefassten Beschluss wendet sich der Kläger. Allerdings hat er in der Klageschrift das Datum der Eigentümerversammlung zunächst nicht genannt. Das AG hat die Klage wegen Versäumung der Klagefrist abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das LG der Klage stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 5
Das Berufungsgericht sieht die Klagefrist als gewahrt an. Obwohl das Datum der Eigentümerversammlung, in der der angefochtene Beschluss gefasst worden ist, nicht genannt werde, habe für den Verwalter und die übrigen Wohnungseigentümer außer Frage gestanden, welchen Beschluss der Kläger habe anfechten wollen. Er habe den TOP mit dem Text aus der Einladung bezeichnet und die Klage am letzten Tag der Monatsfrist eingereicht.
Rz. 6
In der Sache mache der Kläger zu Recht geltend, dass die Jahresabrechnung einem durchschnittlichen Wohnungseigentümer keinen schlüssigen Kontenabgleich ermögliche. Weil bei der Darstellung der beiden Konten der Wohnungseigentümergemeinschaft (Giro- und Tagesgeldkonto) auch Überweisungen vom Spar- auf das Girokonto und umgekehrt enthalten seien, werde der Überschuss der Ausgaben über die Einnahmen unrichtig, nämlich zu niedrig dargestellt. Zwar lasse sich die rechnerische Schlüssigkeit im Ergebnis darstellen. Aber ein einfacher Abgleich mit den Kontenständen zur Überprüfung der Abrechnung sei nicht ohne Weiteres möglich. Auch wenn man die Umbuchungen herausrechne, bestehe eine Differenz von 12,01 EUR, weil die Zinsen unberücksichtigt geblieben seien (16,29 EUR Zinsen ./. 4,09 EUR Kapitalertragssteuer ./. 0,19 EUR Solidaritätszuschlag). Deshalb sei die gesamte Jahresabrechnung für ungültig zu erklären.
II.
Rz. 7
Die Revision hat Erfolg. Zu entscheiden ist durch Versäumnisurteil. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82 ff.).
Rz. 8
1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klagefrist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) gewahrt worden ist.
Rz. 9
a) Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Kläger, um die Klagefrist zu wahren, mitteilen, gegen welchen Beschluss aus welcher Eigentümerversammlung er sich wenden will (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.2009 - V ZR 73/09 NJW 2010, 446 Rz. 15). Lässt sich das Rechtsschutzziel des Klägers auch durch die gebotene Auslegung der Klageschrift nicht eindeutig ermitteln, gehen die verbleibenden Unklarheiten zu seinen Lasten (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2014 - V ZR 53/14 ZMR 2015, 252 Rz. 9).
Rz. 10
b) Infolgedessen kommt es darauf an, ob die Klagefrist auch dann gewahrt sein kann, wenn sich das Datum der Eigentümerversammlung - wie hier - weder der Klageschrift noch Anlagen entnehmen lässt.
Rz. 11
aa) Dagegen ließe sich einwenden, dass das Gericht sich unter diesen Umständen das Datum der Eigentümerversammlung - auch im Wege der Auslegung - nicht erschließen kann. Ob sich aus der Klageschrift in für die Wahrung der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG hinreichender Deutlichkeit ergibt, welcher Beschluss angefochten werden soll, bestimmt sich aber richtigerweise nicht aus Sicht des Gerichts, sondern nach dem objektivierten Empfängerhorizont der beklagten Wohnungseigentümer. Insoweit kommt es nicht auf die Bestimmtheit der Klage i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO an (so aber LG Berlin, ZMR 2014, 658, 659). Denn die Klagefrist stellt keine besondere Sachurteilsvoraussetzung der Anfechtungsklage, sondern eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.2009 - V ZR 74/08, BGHZ 179, 230 Rz. 7 ff.). Die Fristen des § 46 WEG dienen in erster Linie der Information der übrigen Wohnungseigentümer, die möglichst rasch Klarheit darüber erlangen sollen, welcher Beschluss aus welchen Gründen angefochten werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.2009 - V ZR 73/09 NJW 2010, 446 Rz. 16; Urt. v. 20.5.2011 - V ZR 99/10 NJW 2011, 3237 Rz. 14), und welche Beschlüsse in Bestandskraft erwachsen sind. Infolgedessen ist der Empfängerhorizont der Beklagten entscheidend (im Ergebnis ebenso zur Klagebegründungsfrist BGH, Urt. v. 16.9.2016 - V ZR 3/16, ZWE 2017, 99 Rz. 19 a.E.); sie müssen sich sicher erschließen können, welchen Beschluss der Kläger angreifen will.
Rz. 12
bb) Wie es sich verhält, wenn die Klageschrift nebst Anlagen das Datum der Eigentümerversammlung nicht nennt, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So kommt es darauf an, wie genau der Beschluss bezeichnet wird, und ob vor Klageerhebung mehrere Eigentümerversammlungen stattgefunden haben. Unklarheiten, die sich zu Lasten des Klägers auswirken, können sich unter Umständen dann ergeben, wenn der angefochtene Beschluss in der Klageschrift nur schlagwortartig bezeichnet wird, obwohl kurz nacheinander Eigentümerversammlungen mit denselben Tagesordnungspunkten stattgefunden haben.
Rz. 13
c) Daran gemessen hält es der rechtlichen Überprüfung stand, dass das Berufungsgericht die Klagefrist als gewahrt ansieht. Es stützt sich darauf, dass der gefasste Beschluss durch wörtliche Übernahme des in der Einladung zu der Eigentümerversammlung vom 2.1.2018 enthaltenen Textes zu TOP 2 eindeutig gekennzeichnet worden ist und die Klage am letzten Tag der Monatsfrist eingereicht wurde. Es habe für die Beklagten und die Verwalterin zu keinem Zeitpunkt eine Ungewissheit darüber bestehen können, welcher Beschluss angefochten werden sollte. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Rz. 14
2. Keinen Bestand hat dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, wonach die Jahresabrechnung keinen schlüssigen Kontenabgleich erlaube, weil sie "nicht hierher gehörende Überweisungen vom Sparkonto auf das Girokonto und vom Girokonto auf das Sparkonto" als Einnahme bzw. Ausgabe auf den jeweiligen Konten enthalte und das "Minus" der Wohnungseigentümergemeinschaft zu niedrig dargestellt sei. Diese Erwägungen sind rechtsfehlerhaft.
Rz. 15
a) Die Jahresabrechnung gem. § 28 Abs. 3 WEG ist eine reine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 27.10.2017 - V ZR 189/16 NJW 2018, 942 Rz. 7 m.w.N.). Sie muss auch den Anfangs- und Endstand der Gemeinschaftskonten ausweisen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.9.2003 - V ZB 40/03 NJW 2003, 3554, 3555). Die Art der Darstellung steht im Ermessen des Verwalters, soweit er sich an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hält (Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 28 Rz. 115a).
Rz. 16
b) Dieser Rechtsrahmen wird durch die beschlossene Jahresabrechnung eingehalten. Ob - wie das Berufungsgericht meint - eine im Ergebnis rechnerisch schlüssige Jahresabrechnung mit einem großen Volumen (hier: Einnahmen und Ausgaben von jeweils nahezu 500.000 EUR) wegen eines fehlerhaft dargestellten Kleinstbetrages (hier: 12,01 EUR) insgesamt für ungültig erklärt werden könnte (vgl. dazu jeweils m.w.N. Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 28 Rz. 180 einerseits und Jennißen in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 28 Rz. 153a andererseits), ist deshalb nicht entscheidungserheblich.
Rz. 17
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die hier gewählte kontenbezogene Gesamtabrechnung zur Folge, dass auch Kontenüberträge dargestellt werden müssen; eine solche Darstellung in der Gesamtabrechnung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Rz. 18
(1) Im Ausgangspunkt richtig ist allerdings, dass die Einnahmen und Ausgaben in der Gesamtabrechnung nicht zwingend - wie es hier geschehen ist - kontenbezogen dargestellt werden müssen; eine komprimierte Darstellung ist zulässig. Denn für eine schlüssige Jahresgesamtabrechnung reichen die Angaben von Anfangs- und Endstand der Gemeinschaftskonten sowie der nach Kostenarten aufgegliederten Einnahmen und Ausgaben aus (so die "Musterabrechnung 2.0", Casser/Schultheis, ZMR 2017, 609, 610, 616 f.; ähnlich Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 28 Rz. 126). Entspricht der Anfangsstand der Gemeinschaftskonten zzgl. Einnahmen abzgl. Ausgaben dem Endstand der Gemeinschaftskonten, ist die Abrechnung im Grundsatz plausibel (vgl. LG Hamburg, ZWE 2011, 129; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 5. Aufl., § 28 Rz. 135; Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 28 Rz. 45; Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 20. Aufl., § 28 Rz. 93). Dabei müssen Einnahmen und Ausgaben vollständig aufgeführt werden, also einschließlich nicht verteilungsrelevanter Zahlungszu- bzw. -abflüsse (vgl. Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl., Rz. 616 f.; Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 20. Aufl., § 28 Rz. 90).
Rz. 19
(2) Im Rahmen des dem Verwalter eingeräumten Ermessens bei der Gestaltung der Jahresabrechnung bewegt es sich aber auch, wenn die Gesamtabrechnung bei mehreren Gemeinschaftskonten (hier: Giro- und Tagesgeldkonto) ausführlicher ausgestaltet wird, indem die Einnahmen und Ausgaben bezogen auf die unterhaltenen Konten wiedergegeben werden (so die "Musterabrechnung 1.0", Casser/Schultheis, ZMR 2011, 85, 92). Bei einer solchen Darstellungsweise müssen auch Kontenüberträge mitgeteilt und als nicht abrechnungsrelevant gekennzeichnet werden. Zwar handelt es sich bei Überträgen um vermögensneutrale interne Umbuchungen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 4.12.2009 - V ZR 44/09 NJW 2010, 2127 Rz. 15). Sie müssen aber trotzdem berücksichtigt werden, weil andernfalls die Endstände der Gemeinschaftskonten nicht plausibel sind (vgl. auch "Musterabrechnung 1.0", Casser/Schultheis, ZMR 2011, 85, 92). Unklarheiten können nicht entstehen, wenn die Kontenüberträge entweder - wie hier - ausdrücklich als nicht abrechnungsrelevant bezeichnet oder jedenfalls nicht in der Spalte der zu verteilenden Kosten aufgeführt werden (so in der "Musterabrechnung 1.0", Casser/Schultheis, ZMR 2011, 85, 92).
Rz. 20
(3) Dem entspricht die beschlossene Jahresabrechnung. Der Verwalter hat unterjährig überschüssige Liquidität von dem Girokonto auf das Tagesgeldkonto überführt. Zu einem anderen Zeitpunkt hat er Liquidität von dem Tagesgeldkonto entnommen und dem Girokonto zugeführt. Diese Buchungen sind bei den jeweiligen Konten aufgeführt. Weil es sich um interne Umbuchungen handelt, werden sie in der letzten Spalte, die die relevanten Posten für die Einzelabrechnung enthält, richtigerweise als "nicht abrechnungsrelevant" gekennzeichnet. Das ändert aber nichts daran, dass Geldbewegungen dieser Art bei der gewählten Art der Darstellung in der Kontenentwicklung enthalten sein müssen; es handelt sich daher nicht, wie das Berufungsgericht meint, um "nicht hierher gehörende Ausgaben".
Rz. 21
bb) Unzutreffend ist auch die weitere Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, wonach der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben "zu niedrig" dargestellt worden ist.
Rz. 22
(1) Zu dieser Erkenntnis gelangt das Berufungsgericht, weil es bei Abzug der Ausgaben vom Girokonto von den Einnahmen einen Betrag von -12.266,87 EUR ermittelt. Tatsächlich liege der "Fehlbetrag" aber höher und belaufe sich auf -21.479,07 EUR. Diese Argumentation lässt außer Acht, dass bei der gewählten kontenbezogenen Darstellung neben dem Girokonto auch das Tagesgeldkonto berücksichtigt werden muss. Die erwirtschafteten Zinsen gehören, anders als das Berufungsgericht meint, gerade nicht zu der Entwicklung des Girokontos, sondern sie sind zutreffend als Einnahme (Zinsen) bzw. Ausgabe (Steuer und Solidaritätszuschlag) bei dem Tagesgeldkonto aufgeführt, auf dem sie eingegangen (bzw. von dem die Steuern abgeführt worden) sind. Bei Berücksichtigung der Einnahmen und Ausgaben auf beiden Konten gelangt man ohne Weiteres zu dem vermeintlich nicht dargestellten "Fehlbetrag": die Ausgaben von dem Girokonto (474.221,38 EUR) übersteigen die dort verbuchten Einnahmen (461.954,51 EUR) um 12.266,87 EUR, die Ausgaben von dem Tagesgeldkonto (48.855,29 EUR) übersteigen die auf diesem Konto verbuchten Einnahmen (39.643,09 EUR) um 9.212,20 EUR. Insgesamt ergibt sich also ein Minus von 21.479,07 EUR. Diese Summe ist plausibel, denn sie errechnet sich auch bei einem Abgleich der Anfangs- und Endstände beider Konten (Anfangsstand: Girokonto 15.484,97 EUR + Tagesgeldkonto 224.407,66 EUR abzgl. Endstand: Girokonto 3.218,10 EUR + Tagesgeldkonto 215.195,46 EUR). Dass die Gesamtabrechnung keine Addition der Kontenstände enthält, stellt für sich genommen keinen Anfechtungsgrund dar. Dies kann die Abrechnung zwar verständlicher machen (vgl. "Musterabrechnung 1.0", Casser/Schultheis, ZMR 2011, 85, 92). Das Fehlen dieses schlichten Rechenschritts stellt die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung aber nicht in Frage.
Rz. 23
(2) Ablesen lässt sich hieraus, dass die Liquidität der Gemeinschaft im Laufe des Jahres um 21.479,07 EUR gesunken ist. Da es sich um eine Ausgaben-Einnahmen-Rechnung und nicht um eine Bilanz handelt, ist die Aussagekraft dieser Zahl begrenzt (vgl. Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 20. Aufl., § 28 Rz. 95). Sie besagt, anders als der Kläger offenbar meint und der von dem Berufungsgericht gewählte Begriff des "Fehlbetrags" nahelegt, nichts über Finanzprobleme der Gemeinschaft. Aufgabe der Jahresabrechnung ist es nicht, aufzuzeigen, ob die in dem Abrechnungsjahr entstandenen Kosten durch die laufenden Hausgeldzahlungen gedeckt werden; ein Vermögensstatus ist weder Gegenstand der Jahresabrechnung noch des Genehmigungsbeschlusses. Für eine laufende Kostendeckung sorgt vornehmlich der Wirtschaftsplan. In diesem müssen Hausgeldzahlungen festgelegt werden, die es der Verwaltung ermöglichen, die voraussichtlich entstehenden Kosten zu begleichen (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2013 - V ZR 271/12 NJW 2014, 145 Rz. 16; Urt. v. 27.10.2017 - V ZR 189/16 NJW 2018, 942 Rz. 8). Die in der Gesamtabrechnung ausgewiesene gesunkene Liquidität kann unterschiedliche Ursachen haben. Es ist denkbar, dass der Liquiditätsbedarf höher war als in dem laufenden Wirtschaftsplan prognostiziert; hier ist möglicherweise nicht damit gerechnet worden, dass im Laufe des Jahres mehr als 22.000 EUR an Gerichtskosten anfallen würden. Im Grundsatz sagt die Liquiditätsentwicklung aber nichts darüber aus, ob der Wirtschaftsplan ausreichend bemessen war, weil in die Gesamtabrechnung auch Einnahmen und Ausgaben aus anderen Jahren einfließen (vgl. Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 20. Aufl., § 28 Rz. 95). Wird beispielsweise eine Sonderumlage von 50.000 EUR erhoben und eingezogen, aber erst im Folgejahr ausgegeben, sinkt die Liquidität im Folgejahr um 50.000 EUR, ohne dass deshalb der Wirtschaftsplan falsch bemessen wäre.
Rz. 24
3. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die beiden weiteren Anfechtungsgründe, auf die die Klage fristgerecht gestützt worden ist, greifen ebenfalls nicht durch.
Rz. 25
a) Entgegen der Ansicht des Klägers wird die Instandhaltungsrücklage widerspruchsfrei dargestellt. Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage bezieht sich auf die Entwicklung der buchhalterischen Konten in dem Abrechnungsjahr (Soll- und Ist-Bestand). Die buchhalterische Ist-Zuführung für das Abrechnungsjahr entspricht regelmäßig nicht den in der Gesamtabrechnung aufgeführten, auf die Instandhaltungsrücklage bezogenen Zahlungseingängen in dem Abrechnungsjahr; ebenso wenig entspricht der buchhalterische Gesamtbestand der Instandhaltungsrücklage dem Stand eines für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Tagesgeldkontos.
Rz. 26
aa) Der Kläger moniert zu Unrecht, dass die in der Gesamtabrechnung aufgeführten Zahlungseingänge, die die Instandhaltungsrücklage 2016 betreffen (39.813,36 EUR), weder der in der Darstellung der Instandhaltungsrücklage angegebenen Soll- (41.132,88 EUR) noch der Ist-Zuführung (39.883,64 EUR) entsprechen.
Rz. 27
(1) Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung bezieht sich, wie die Revision zutreffend ausführt, auf die buchhalterischen Konten: die Soll-Zuführung für 2016 ist (mit Rundungsdifferenzen) dem Wirtschaftsplan für 2016 entnommen und die Ist-Zuführung für 2016 ergibt sich aus den hierauf tatsächlich eingegangenen Zahlungen. Soll- und Ist-Bestand insgesamt geben (buchhalterisch) den geplanten und den tatsächlich vorhandenen Gesamtbestand der Instandhaltungsrücklage wieder.
Rz. 28
(2) Anders als der Kläger meint, kann die buchhalterische Ist-Zuführung nicht mit den in der Gesamtabrechnung (unter dem Punkt Einnahmen - Rücklagen "für 2016") aufgeführten, auf die Instandhaltungsrücklage für das Jahr 2016 bezogenen Zahlungseingängen im Jahr 2016 gleichgesetzt werden (vgl. auch LG Düsseldorf, ZWE 2017, 271, 272). Denn als Einnahmen-Ausgaben-Rechnung enthält die Gesamtabrechnung (nur) Zahlungen, die in dem jeweiligen Abrechnungsjahr eingegangen sind. Erbringt beispielsweise ein Wohnungseigentümer den auf ihn entfallenden Anteil an der Zuführung zu der Instandhaltungsrücklage 2016 erst im Jahr 2017, wird diese Zahlung nicht in der Gesamtabrechnung 2016, sondern in der Gesamtabrechnung 2017 erfasst. Buchhalterisch wirkt sie sich jedoch auf die Zuführung zu der Instandhaltungsrücklage für 2016 aus. Während die Soll-Zuführung naturgemäß unverändert bleibt, erhöht sich die Ist-Zuführung um die Zahlung. Im Übrigen enthält die periodenbezogene Gesamtabrechnung auch die in dem Abrechnungsjahr vereinnahmten Zahlungen auf die Zuführung zu der Instandhaltungsrücklage für andere Jahre (hier: für Vorjahr/e 922,03 EUR; für Folgejahr 54,13 EUR).
Rz. 29
(3) Konkret lässt sich hier aus der Abrechnung ableiten, dass die auf die geplante Zuführung zu der Instandhaltungsrücklage 2016 tatsächlich erbrachten Zahlungen (buchhalterischer Ist-Bestand: 39.883,64 EUR) nicht vollständig im Jahr 2016 eingegangen sind (Zahlungen in 2016 auf das Jahr 2016: 39.813,36 EUR). Die restliche Ist-Zuführung (70,28 EUR) ist folglich im Vor- oder Folgejahr erfolgt. Die unterschiedlichen Beträge beruhen schlicht auf dem Unterschied zwischen buchhalterischen Konten und einer periodenbezogenen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Ferner lässt sich der Abrechnung entnehmen, dass bezogen auf die Instandhaltungsrücklage für 2016 Zahlungsrückstände bestehen, weil die Soll- über der Ist-Zuführung liegt; die Rückstände sind in der Einzelabrechnung unter 3. näher aufgeschlüsselt.
Rz. 30
bb) Ebenso wenig darf der buchhalterische Gesamtbestand der Instandhaltungsrücklage mit dem Stand des für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Tagesgeldkontos gleichgesetzt werden (vgl. Bärmann/Pick/Emmerich, WEG, 20. Aufl., § 28 Rz. 117; Häublein, ZWE 2011, 1, 5). Buchhalterisch belaufen sich zum Jahresende der Soll-Bestand der Instandhaltungsrücklage insgesamt auf 208.830,57 EUR (geschuldete Zahlungen) und der Ist-Bestand auf 207.581,33 EUR (tatsächlich geleistete Zahlungen). Demgegenüber beträgt der Jahresendstand des Tagesgeldkontos 215.195,46 EUR. Die auf diesem Konto vorhandene Liquidität übersteigt also den (buchhalterischen) Ist-Bestand der Rücklage (vgl. auch LG Düsseldorf, ZWE 2017, 271, 272), da der Verwalter dem Tagesgeldkonto unterjährig überschüssige Liquidität zugeführt hat. Das ist rechtlich unbedenklich, weil die Instandhaltungsrücklage nicht von der sonstigen Liquidität getrennt werden muss. Unterhielten die Wohnungseigentümer (zulässigerweise) nur ein Konto, wäre die buchhalterische Instandhaltungsrücklage ohnehin nicht separiert (vgl. BGH, Urt. v. 4.12.2009 - V ZR 44/09 NJW 2010, 2127 Rz. 15). Werden zwei oder mehr Konten geführt, kann sich die Instandhaltungsrücklage auch auf verschiedenen Konten befinden (vgl. Bärmann/Pick/Emmerich, a.a.O.).
Rz. 31
cc) Nach alledem ist es schon im Ansatz unzutreffend, wenn der Kläger die Abrechnung deshalb für unrichtig hält, weil die Einnahmen auf dem Tagesgeldkonto im Jahr 2016 (39.643,09 EUR) weder der (buchhalterischen) Ist-Zuführung zu der Instandhaltungsrücklage 2016 (39.883,64 EUR) noch den auf die Instandhaltungsrücklage bezogenen Zahlungseingängen im Jahr 2016 (40.789,52 EUR) entsprechen. Es handelt sich um drei unterschiedliche Positionen, die nicht verwechselt werden dürfen: das Tagesgeldkonto entspricht nicht der Instandhaltungsrücklage, die buchhalterische Ist-Zuführung für 2016 kann auch in Vor- oder Folgejahren eingegangen sein, und die im Jahr 2016 erfolgten Zahlungseingänge auf die Instandhaltungsrücklage können wiederum buchhalterisch der Zuführung für Vor- oder Folgejahre zuzuordnen sein. Ebenso wenig entsprechen die Ausgaben von dem Tagesgeldkonto (48.855,29 EUR) der (buchhalterischen) Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage (15.000 EUR), weil das Tagesgeldkonto auch hinsichtlich der Ausgaben nicht mit der buchhalterischen Entwicklung der Instandhaltungsrücklage gleichgesetzt werden kann.
Rz. 32
b) Schließlich ist der weitere Einwand des Klägers gegen die Jahresabrechnung, der sich auf überhöhte Hausmeisterkosten bezieht, von vornherein unerheblich. Darauf, ob die aufgeführten Ausgaben jeweils berechtigt getätigt worden sind, kommt es nicht an, weil in die Jahresabrechnung alle tatsächlich getätigten Ausgaben aufzunehmen sind (näher BGH, Urt. v. 4.3.2011 - V ZR 156/10 NJW 2011, 1346 Rz. 6 f.).
III.
Rz. 33
1. Das Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist abzuweisen, weil die geltend gemachten Anfechtungsgründe nicht gegeben sind.
Rz. 34
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim BGH in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn das Rechtsmittel nur teilweise eingelegt werden solle, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann die Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.
Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.
Fundstellen