Entscheidungsstichwort (Thema)
Leasing. Restwert. Sittenwidrigkeit. Globalzession. Flens-Modell
Leitsatz (redaktionell)
Im kaufmännischen Verkehr kann eine Globalzession, mit der ein Bankkunde seine gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus Geschäften mit Dritten zur Sicherung auch künftiger Ansprüche abtritt, wirksam vereinbart werden, soweit dadurch die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Zedenten nicht übermäßig beeinträchtigt wird und die Interessen seiner zukünftigen Gläubiger nicht gefährdet werden. Sittenwidrig ist eine Globalzession erst dann, wenn wegen der besonderen Verhältnisse die Schädigung Dritter so wahrscheinlich ist, dass sie sich den Vertragsschließenden aufdrängen muss.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 362 Abs. 2, § 407 Abs. 1, § 404
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 21.12.2001) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 21. Dezember 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Zahlung rückständiger Leasingraten und Restwertzahlung nach Beendigung des Leasingvertrages in Anspruch.
Der Geschäftsführer der Beklagten wollte Ende August 1994 bei dem BMW Vertragshändler F. L. GmbH & Co. KG in F. ein neues Fahrzeug erwerben. Geschäftsführer dieses Autohauses war Kurt L.. Dieser war gleichzeitig Geschäftsführer der B. -Leasing GmbH & Co. KG (im folgenden: B. ), an der der ehemalige Rechtsanwalt H. beteiligt war, der seinerseits Alleingesellschafter der H. Vermögens-Beteiligungs-GmbH (im folgenden: H. ) war. Für diese handelte nach außen ebenfalls L. wie ein Geschäftsführer. Alle drei Unternehmen sind in Vermögensverfall geraten.
Wie in einer Reihe anderer Fälle auch boten L. sowie ein weiterer Verkäufer S. des Autohauses dem Geschäftsführer der Beklagten statt des Kaufes eines BMW 740 i ein Leasingmodell für das Fahrzeug an, wonach nach einer Einmalzahlung von 60 % des Kaufpreises, also 83.600 DM, zuzüglich Provision an die H. keine weiteren Leasingraten mehr zu zahlen waren. L. und S. erklärten ihm ausdrücklich, daß die Angelegenheit für die Beklagte mit der Einmalzahlung erledigt sei. Bei der Beklagten verbleibe das Risiko in Bezug auf den Restkaufpreis.
Entsprechend diesem Modell „Flens-Modell”) schloß die Beklagte, vertreten durch ihren Geschäftsführer, am 31. August 1994 einen Leasingvertrag mit der B. sowie einen Verwaltungsvertrag mit der H. ab und leistete die vereinbarte Einmalzahlung an die H.. In dem Leasingvertrag waren ein Rechnungsendbetrag in Höhe von 139.250,– DM brutto sowie eine Leasingdauer von 42 Monaten aufgeführt. Die Bruttoleasingrate betrug 3.154,90 DM monatlich. Als Restwert war in dem Leasingvertrag ein Betrag von 34.812,50 DM (= 25 % des Bruttokaufpreises) angegeben. Der schriftliche Verwaltungsvertrag sah vor, daß die Beklagte an die H. 60 % des Neuwagenkaufpreises zahlte. In § 3 des Vertrages übernahm die H. die Verpflichtung, mit schuldbefreiender Wirkung für den Auftraggeber an die B. die Leasingraten zu zahlen sowie gegenüber dem Auftraggeber per 30. Juni und 31. Dezember des jeweiligen Jahres über die geleisteten Zahlungen unter Ausweis der gesetzlichen Umsatzsteuer Abrechnung zu erteilen. Nach § 5 des Vertrages war die H. verpflichtet, der Beklagten das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit zu 10 % des ursprünglichen Bruttokaufpreises zum Erwerb anzubieten.
Refinanziert wurden die Leasingverträge jeweils durch die Klägerin, die mit der B. unter dem Datum des 25. Juli 1994 sowohl eine Globalzession als auch eine Sicherungsübereignung der Leasingobjekte vereinbart hatte.
Mit Schreiben vom 28. September 1994 bestätigte der Zeuge L. der Beklagten im Namen der B. den Vertragsabschluß wie folgt:
„Wir bestätigen hiermit verbindlich, daß o.g. Leasingvertrag zu nachstehenden Bedingungen angenommen wurde:
- Die geleistete Einmalzahlung an die H. -Vermögens-Beteiligungs GmbH, F., in Höhe von 60 % des Bruttokaufpreises ist als komplett schuldbefreiend anzusehen.
- Mit jeder geleisteten Leasingrate von der H. -Vermögens-Beteiligungs GmbH, die in dem Leasingvertrag vereinbart ist, mindert das Restrisiko von 30 % (40 %./.10 % Restwert).
- Falls die Vermögenslage des Leasinggebers sich verschlechtert, haftet der Leasingnehmer für die restlichen 40 % des Bruttokaufpreises, abzüglich der geleisteten Raten.”
Die Leasingraten wurden durch die H. für neun oder zehn Monate (dies ist zwischen den Parteien streitig geblieben) gezahlt. Als danach keine Zahlungen mehr erfolgten, legte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Abtretung offen. Mit Schreiben vom 24. Mai 1996 kündigte sie den Leasingvertrag wegen des Ausbleibens der Leasingzahlungen und verlangte von der Beklagten die Herausgabe des Fahrzeugs.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Zahlung rückständiger Leasingraten sowie Zahlung des im Leasingvertrag angegebenen Restwertes, insgesamt 128.493,40 DM nebst Zinsen; ferner hat sie Herausgabe des Fahrzeugs verlangt. Die Beklagte hat Widerklage auf Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes erhoben.
Die Beklagte hält die Globalzession für sittenwidrig. Sie ist ferner der Auffassung, durch die Einmalzahlung an die H. habe sie ihre Verpflichtung aus dem Leasingvertrag erfüllt. Die Einmalzahlung habe schuldbefreiende Wirkung auch gegenüber der B. entfaltet.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Hinsichtlich des Antrags auf Herausgabe des Fahrzeugs haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten bis auf einen Teil der Zinsen zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung in vollem Umfang.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Die Globalzession sei nicht sittenwidrig, da eine Knebelung der B. nicht vorliege. Auf die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung komme es nicht an, nachdem die vorgesehene Leasingzeit jedenfalls am 31. März 1998 abgelaufen sei. Da durch die H. nur maximal zehn Monatsraten gezahlt worden seien, die Beklagte das Fahrzeug aber während der gesamten Leasingzeit in Besitz gehabt habe, müsse sie die rückständigen 32 Monatsraten zuzüglich vereinbartem Restwert zahlen. Daran ändere auch die Einmalzahlung an die H. nichts. Diese habe keine schuldbefreiende Wirkung gegenüber der B. entfaltet. Aus den Äußerungen des Geschäftsführers der B. L., wonach die Leasingnehmer mit ihrer Zahlung an die H. von ihren Verpflichtungen gegenüber der Leasinggesellschaft befreit seien, könne nicht der Schluß gezogen werden, daß auch bei einem wirtschaftlichen Zusammenbruch der H. die Pflicht zur Zahlung der Leasingraten nach dem geschlossenen Leasingvertrag nicht mehr habe bestehen sollen. Gegen eine solche Erfüllungsvereinbarung der B. mit den Leasingnehmern spreche der Inhalt des Leasingvertrages und des Verwaltungsvertrages. Daraus ergebe sich, daß das Risiko für ein Scheitern des Modells bei den Leasingnehmern, also auch bei der Beklagten habe bleiben sollen. Dem stehe auch nicht entgegen, daß die Leasinggesellschaft mit der Einmalzahlung an die H. geworben und bei den Interessenten die Erwartung geweckt habe, daß die Leasingnehmer nach der Einmalzahlung praktisch von den Raten frei sein würden. Daraus ergäben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die B. gegenüber den Leasingnehmern das in dem Modell liegende offensichtliche Spekulationsrisiko übernommen habe.
Aus dem Verwaltungsvertrag lasse sich nichts für die Auffassung herleiten, daß die H. durch den Vertrag mit der B. die Schuld der Leasingnehmer übernommen habe. Auch habe die Beklagte mit der B. keine Erfüllungsvereinbarung getroffen. Der Erklärung, daß mit der Einmalzahlung in Höhe von 60 % des Neupreises die Angelegenheit für die Beklagte erledigt sei, sei dies nicht zu entnehmen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Bestätigungsschreiben vom 28. September 1994.
Die vorliegenden schriftlichen Verträge stünden einer Erfüllungsvereinbarung jedenfalls entgegen. Denn durch § 3 des Verwaltungsvertrages sei klargestellt worden, daß die H. verpflichtet gewesen sei, mit schuldbefreiender Wirkung die vereinbarten Leasingraten an die B. zu zahlen. An keiner Stelle finde sich etwas dazu, daß der Verwaltungsvertrag etwas an der Pflicht der Leasingnehmer geändert habe, die monatlichen Leasingraten nach dem Leasingvertrag zu zahlen, wenn die H. nicht mehr habe zahlen können. Anderenfalls wäre die in § 3 Abs. 2 des Verwaltungsvertrages getroffene Regelung, wonach die H. gegenüber den Auftraggebern per 30. Juni und 31. Dezember des jeweiligen Jahres über die geleisteten Zahlungen Abrechnung zu erteilen gehabt habe, sinnlos gewesen.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen Sittenwidrigkeit der Globalzession entfällt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Globalabtretung, mit der ein Bankkunde seine gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus Geschäften mit Dritten zur Sicherung auch künftiger Ansprüche abtritt, im kaufmännischen Verkehr grundsätzlich wirksam vereinbart werden, sofern dadurch die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Zedenten nicht übermäßig beeinträchtigt wird und keine Gefährdung der Interessen zukünftiger Gläubiger des Zedenten eintritt (BGHZ 98, 303, 314). Es müssen stets weitere Umstände hinzukommen, ehe der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gerechtfertigt ist, so z.B., daß wegen der besonderen Verhältnisse die Möglichkeit der Schädigung Dritter so naheliegt, daß sich den Vertragsschließenden die Erkenntnis aufdrängen mußte, diese Möglichkeit werde sich mit hoher Wahrscheinlichkeit verwirklichen; die Bank handelt ferner sittenwidrig, wenn sie sich von ihrem Kreditnehmer nicht nur zur Sicherheit Vermögenswerte übertragen läßt, sondern ihm damit zugleich die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit nimmt (BGH, Urteil vom 14. November 1983 – II ZR 39/83, WM 1983, 1406 = NJW 1984, 728 unter II; BGH, Beschluß vom 17. März 1988 – III ZR 101/87, NJW-RR 1988, 1012 unter 1).
Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Gemäß Ziff. 4.3 des Abtretungsvertrages vom 25. Juli 1994 blieb die B., solange die Klägerin von ihren Rechten keinen Gebrauch machte, zur Einziehung der abgetretenen Forderungen berechtigt; in dieser Weise ist die B. zunächst auch verfahren, so daß sie ihre Geschäftskosten in dieser Zeit bestreiten konnte. Auch für eine sittenwidrige Knebelung oder Täuschung anderer Gläubiger über die Kreditwürdigkeit der B. fehlt jeder Anhaltspunkt.
2. Der Klägerin stehen die aus dem von der B. mit der Beklagten geschlossenen Leasingvertrag hergeleiteten Zahlungsansprüche auf die nicht von der H. geleisteten Leasingraten und auf den vereinbarten Restwert dann nicht zu, wenn die von der Beklagten an die H. geleistete Einmalzahlung von 60 % des Bruttokaufpreises schuldbefreiende Wirkung auch gegenüber der Leasinggeberin, der Firma B., entfaltet hat. Kommt diese Wirkung erst den Zahlungen der Leasingraten durch die H. an die B. zu, sind die Klageforderungen hingegen begründet. Diesen Zusammenhang hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der B. und der Beklagten durch das Berufungsgericht, wonach eine Erfüllungsvereinbarung nicht getroffen sei, beruht jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, auf Rechtsfehlern.
a) Zwar ist die Auslegung von Vertragsvereinbarungen dem Tatrichter vorbehalten und vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar. Sie bindet das Revisionsgericht aber dann nicht, wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Auslegungsregeln und der aus ihnen entwickelten allgemeinen Auslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt und den unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt hat (st.Rspr., zuletzt Senat, Urteil vom 8. Dezember 1999 – VIII ZR 314/98, NJW 2000, 1199 unter II 1 und Senat, Urteil vom 29. September 1999 – VIII ZR 232/98, NJW-RR 2000, 273 unter II 1). Letzteres ist vorliegend der Fall, weil das Berufungsgericht die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) nicht ausreichend beachtet hat.
b) Das Berufungsgericht stützt sich für seine Annahme, die B. habe mit der Beklagten keine Erfüllungsvereinbarung getroffen, in erster Linie auf den Inhalt des Leasingvertrages sowie auf § 3 des – „in Ergänzung zum Leasingvertrag” mit der H. geschlossenen – Verwaltungsvertrages, nach welchem die H. aus dem eingezahlten Kapital „mit schuldbefreiender Wirkung” für die Beklagte die vereinbarten Leasingraten an die B. für die Dauer des Leasingvertrages zu zahlen hatte. Daß sich durch den Verwaltungsvertrag nichts an der Verpflichtung der Leasingnehmer geändert habe, die monatlichen Leasingraten nach dem Leasingvertrag zu zahlen, wenn die H. hierzu nicht mehr in der Lage war, ergibt sich nach Auffassung des Berufungsgerichts aus der in § 3 Abs. 2 des Verwaltungsvertrags getroffenen Regelung, wonach die H. gegenüber den Auftraggebern per 30. Juni und 31. Dezember des jeweiligen Jahres über die geleisteten Zahlungen Abrechnung zu erteilen hatte. An dieser Beurteilung ändern nach Auffassung des Berufungsgerichts auch die Bestätigung vom 28. September 1994 und die unstreitigen Äußerungen des Geschäftsführers L. nichts.
c) Das Berufungsgericht hat damit jedoch den Inhalt des Bestätigungsschreibens der B. vom 28. September 1994 verkannt. Dort wurde der Beklagten unter Ziff. 1 ausdrücklich bestätigt, daß die geleistete Einmalzahlung an die H. „als komplett schuldbefreiend anzusehen” sei, die Beklagte also berechtigt sein sollte, mit Erfüllungswirkung an einen Dritten, hier die H., zu leisten (§ 362 Abs. 2 BGB). Das Berufungsgericht läßt jegliche Begründung dafür vermissen, aus welchen Gründen es von dem ausdrücklichen Inhalt der Ziff. 1 des Schreibens der B. vom 28. September 1994 abweichen will. Der eindeutige Wortlaut des Schreibens, das noch dazu nach Abschluß des Verwaltungsvertrages vom 31. August 1994 auf Verlangen des Geschäftsführers der Beklagten – der unbedingt „etwas Schriftliches in den Händen haben” wollte – verfaßt wurde, muß vielmehr dazu führen, daß die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob schon die Einmalzahlung an die H. oder erst die Tilgung der Leasingraten gegenüber der B. erfüllende Wirkung hatte, zugunsten der Beklagten zu entscheiden ist. Zwar mag sich aus den Formulierungen in § 3 des Verwaltungsvertrages etwas anderes ergeben, wie das Berufungsgericht meint. Diese Vereinbarung ist jedoch zwischen der H. und der Beklagten getroffen worden, während das Schreiben vom 28. September 1994 den Inhalt des Leasingvertrages zwischen der B. und der Beklagten bestätigt. Eine abweichende Auslegung aufgrund der Bestimmungen des Verwaltungsvertrages ist daher nicht zulässig.
d) Auch das Argument des Berufungsgerichts, eine entsprechende Erfüllungsvereinbarung habe schon deshalb nicht getroffen werden können, weil es sich dabei um einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Klägerin, gehandelt habe, geht fehl. Zu Recht wendet die Revision hiergegen ein, nach dem Wortlaut des Schreibens der B. vom 28. September 1994 sei bestätigt worden, daß der Leasingvertrag mit der Beklagten „zu den nachstehenden Bedingungen angenommen wurde”. Daraus folgt, daß überhaupt keine nachträgliche Vereinbarung geschlossen wurde, durch welche eine bereits zuvor entstandene Forderung der Klägerin geschmälert wurde.
Im übrigen käme in diesem Fall die Sondervorschrift des § 407 Abs. 1 BGB zur Anwendung, wonach der neue Gläubiger jedes Rechtsgeschäft, das der alte Gläubiger mit dem Schuldner abschließt, gegen sich gelten lassen muß, es sei denn, dem Schuldner war bei Vornahme des Rechtsgeschäfts die Abtretung bekannt. Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich.
f) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Risikoverteilung vermögen hieran nichts zu ändern. Ob der Geschäftsführer der Beklagten wirtschaftlich erfahren war und dementsprechend erkennen mußte, daß die B. auf die Forderungen aus dem Leasingvertrag gegenüber den Leasingnehmern an sich nicht verzichten konnte, weil sie sich refinanzieren mußte, wie das Berufungsgericht meint, ist ohne Bedeutung. Denn gerade diesen Verzicht hat die B. gegenüber der Beklagten in dem Bestätigungsschreiben vom 28. September 1994 ausdrücklich erklärt, in dem sie die Einmalzahlung in Höhe von 60 % des Bruttokaufpreises an die H. als komplett schuldbefreiend bezeichnet hat. Entscheidend sind folglich nur die zwischen den Parteien getroffenen Absprachen.
3. Damit steht, wie der erkennende Senat selbst feststellen kann, aufgrund des Bestätigungsschreibens der B. vom 28. September 1994 fest, daß die Einmalzahlung der Beklagten an die H. in Höhe des entsprechenden Betrags schuldbefreiende Wirkung hatte. Der Rechtsstreit ist dennoch nicht zur Entscheidung reif, da im Falle der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Leasingvertrages von Seiten der H. die Ziff. 2 des Bestätigungsschreibens eingreift. Die daraus resultierenden Rechtsfolgen hat das Berufungsgericht – aus seiner Sicht konsequent – nicht geprüft. Dies wird in der neuen mündlichen Verhandlung nachzuholen und sodann wird eine Abrechnung der Ansprüche aus dem Leasingvertrag vorzunehmen sein. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob jede Ratenzahlung durch die H. das zwischen den Parteien vereinbarte Restrisiko mindern sollte, so daß eine Abrechnung entsprechend dem außergerichtlichen Schreiben der Beklagten vom 8. Februar 1996 zu erstellen wäre, oder ob die Minderung des Restrisikos nur durch diejenigen Ratenzahlungen der H. erfolgen sollte, die den Betrag von 60 % des Bruttokaufpreises überschritten. Insoweit erscheint die Ziff. 2 des Schreibens der B. vom 28. September 1994 nicht eindeutig, so daß sich der Senat außerstande sieht, eine eigene Auslegung vorzunehmen. Den Parteien wird daher Gelegenheit zu geben sein, insoweit ergänzend vorzutragen.
4. Für den Fall, daß die Forderungen der B. aus dem Leasingvertrag sich nicht in vollem Umfang als getilgt erweisen sollten, wird sich das Berufungsgericht mit dem Einwand der Beklagten zu befassen haben, ihr hätten Schadensersatzansprüche gegen die B. zugestanden, die sie nunmehr der Klägerin entgegenhalten könne. Die Beklagte hat geltend gemacht, L. habe bewußt wahrheitswidrig behauptet, die H. werde die Leasingraten aus der Anlage der Einmalzahlung erwirtschaften, und er habe sie damit zum Abschluß des Leasingvertrages statt des ursprünglich beabsichtigten Kaufs des Fahrzeugs bestimmt.
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen die B., der auf Befreiung der Beklagten von ihren Verbindlichkeiten aus dem Leasingvertrag gerichtet wäre und den sie über § 404 BGB im Wege der dolo-petit Einrede auch der Klägerin entgegenhalten könnte, abschließend verneint. Die Argumentation des Berufungsgerichts, wonach es sich allenfalls um einen Betrug zu Lasten der Klägerin habe handeln können, nicht jedoch zu Lasten der Beklagten, weil diese vorgetragen habe, sie habe „ebenfalls” an das Konzept geglaubt, trägt nicht. Unzutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die weitere Behauptung der Beklagten, bei L. und H. habe ein Betrugs- oder Unterschlagungsvorsatz schon bei Abschluß des Leasingvertrages vorgelegen, sei gleichsam ins Blaue hinein erfolgt. Wenn die Beweisaufnahme ergeben sollte, daß L. und H. der Beklagten zugesichert hatten, sie müsse außer der Einmalzahlung definitiv keine weiteren Zahlungen erbringen, dann bestehen allerdings ihr gegenüber keine Ansprüche aus dem Leasingvertrag mehr, so daß eine einen Schaden verursachende Täuschungshandlung ausscheidet. Sollte die Beklagte hingegen aus dem Leasingvertrag noch zu weiteren Zahlungen verpflichtet sein, wäre eine sie schädigende Täuschungshandlung in der bewußt wahrheitswidrigen Behauptung zu sehen, die H. könne aus dem gezahlten Einmalbetrag die Leasingraten erwirtschaften. Das Landgericht ist davon ausgegangen, daß es sich bei dem sogenannten „Flens-Modell” um ein „groß angelegtes Betrugsmanöver” gehandelt hat und daß H. und L. im Gegensatz zu ihren Kunden nicht daran glaubten, tatsächlich die erforderlichen Beträge durch die Anlage der Einmalzahlungen der Leasingnehmer aufbringen zu können. Schließlich geht auch die Staatsanwaltschaft Kiel in ihrer Anklageschrift gegen L. und H. wegen eines Betruges zum Nachteil der Klägerin davon aus, daß zugleich ein Anlagebetrug zu Lasten der Leasingnehmer vorliegen könnte. Von einer Behauptung ins Blaue hinein kann daher keine Rede sein.
Einer Täuschungshandlung durch den Geschäftsführer L. steht nicht entgegen, daß er die Beklagte durch das Schreiben vom 28. September 1994 auf ein noch verbleibendes Restrisiko hingewiesen hat. War sich L. darüber im klaren, daß die H. nicht imstande, möglicherweise nicht einmal willens war, durch Anlage der Einmalzahlung die zur Erfüllung der restlichen Verpflichtungen der Beklagten nötigen Gelder zu erwirtschaften, hat er den Geschäftsführer der Beklagten bewußt durch unrichtige Angaben zum Abschluß des Leasingvertrages bestimmt.
III.
Das Berufungsurteil ist daher insgesamt aufzuheben; und die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball, Dr. Frellesen
Fundstellen