Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer Vereinbarung, nach welcher der Leasingnehmer durch eine Einmalzahlung in Höhe eines Teils der Leasingraten, die an einen Dritten zu leisten ist, sämtliche Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag erfüllen soll (sog. „Flens-Modell”).
Normenkette
BGB § 535
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 2. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Zahlung rückständiger Leasingraten, Restwertzahlung und Herausgabe des Leasingfahrzeugs nach Beendigung des Leasingvertrages in Anspruch.
Die Beklagte wollte im September/Oktober 1994 bei dem BMW-Vertragshändler F. L. GmbH & Co. KG in F. ein neues Fahrzeug erwerben. Geschäftsführer dieses Autohauses war K. L. Dieser war gleichzeitig Geschäftsführer der B. -Leasing GmbH & Co. KG (im folgenden: B. ), an der der ehemalige Rechtsanwalt H. beteiligt war, der seinerseits Alleingesellschafter der H. Vermögens-Beteiligungs-GmbH (im folgenden: H. ) war, für die nach außen ebenfalls L. wie ein Geschäftsführer handelte. Alle drei Unternehmen sind in Vermögensverfall geraten.
Wie in einer Reihe anderer Fälle auch boten L. sowie ein weiterer Verkäufer des Autohauses, S., der durch ihren Ehemann vertretenen Beklagten statt des Kaufes eines BMW 318 i Cabriolet ein Leasingmodell für das Fahrzeug an, wonach nach einer Einmalzahlung von 60 % des Neuwagenpreises, also 37.800 DM, an die H. keine weiteren Leasingraten mehr zu zahlen waren. Dem Ehemann der Beklagten, dem diese Konstruktion als Steuerberater der B. bekannt war, erklärten L. und S. ausdrücklich, daß die Angelegenheit für die Beklagte mit der Einmalzahlung erledigt sei. Die H. sei in der Lage, aus dem Einmalbetrag durch geschickte Anlage soviel Geld zu erwirtschaften, daß daraus die Leasingraten bezahlt werden könnten. Auf die Beklagte kämen keinerlei weitere Forderungen zu.
Entsprechend diesem Modell „Flens-Modell”) schloß die Beklagte, vertreten durch ihren Ehemann, am 28. September 1994 einen Leasingvertrag mit der B. sowie einen Verwaltungsvertrag mit der H. ab und leistete die vereinbarte Einmalzahlung an die H.. In dem Leasingvertrag waren ein Rechnungsendbetrag in Höhe von 63.026 DM brutto sowie eine Leasingdauer von 42 Monaten aufgeführt. Die Bruttoleasingrate betrug 1.427,94 DM monatlich. Als Restwert war in dem Leasingvertrag ein Betrag von 15.756 DM (= 25 % des Bruttokaufpreises) angegeben. Der schriftliche Verwaltungsvertrag sah vor, daß die Beklagte an die H. 60 % des Neuwagenkaufpreises zahlte. In § 3 des Vertrages übernahm die H. die Verpflichtung, mit schuldbefreiender Wirkung für den Auftraggeber an die B. die Leasingraten zu zahlen sowie gegenüber den Auftraggebern per 30. Juni und 31. Dezember des jeweiligen Jahres über die geleisteten Zahlungen unter Ausweis der gesetzlichen Umsatzsteuer Abrechnung zu erteilen. Nach § 5 des Vertrages war die H. verpflichtet, der Beklagten das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit zu 10 % des ursprünglichen Bruttokaufpreises zum Erwerb anzubieten. Refinanziert wurden die Leasingverträge durch die Klägerin, die mit der B. unter dem Datum vom 25. Juli 1994 sowohl eine Globalzession als auch eine Sicherungsübereignung der Leasingobjekte vereinbart hatte.
Die Leasingraten wurden durch die H. (für sechs Monate) von Dezember 1994 bis Mai 1995 gezahlt. Als danach keine Zahlungen mehr erfolgten, legte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Abtretung offen. Mit Schreiben vom 23. Mai 1996 kündigte sie den Leasingvertrag wegen des Ausbleibens der Leasingzahlungen und verlangte von der Beklagten die Herausgabe des Fahrzeugs.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Zahlung rückständiger Leasingraten in Höhe von 51.405,97 DM sowie Zahlung des im Leasingvertrag angegebenen Restwertes von 15.756,50 DM, mithin insgesamt 67.162,47 DM nebst Zinsen; ferner verlangt sie die Herausgabe des Fahrzeugs.
Die Beklagte hält die Globalzession für sittenwidrig. Sie ist ferner der Auffassung, durch die Einmalzahlung an die H. habe sie ihre Verpflichtung aus dem Leasingvertrag erfüllt. Die Einmalzahlung habe schuldbefreiende Wirkung auch gegenüber der B. entfaltet. Sie habe im übrigen von ihrem Erwerbsrecht gegenüber dem Konkursverwalter der H. Gebrauch gemacht, so daß sie zur Herausgabe des Fahrzeugs nicht verpflichtet sei. Die Beklagte verlangt widerklagend die Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefs des Leasingfahrzeugs von der Klägerin.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten bis auf einen Teil der Zinsen zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung in vollem Umfang und Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefs von der Klägerin.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Die Globalzession sei nicht sittenwidrig, da eine Knebelung der B. nicht vorliege. Auf die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung komme es nicht an, nachdem die vorgesehene Leasingzeit jedenfalls am 31. Mai 1998 abgelaufen sei. Da durch die H. nur sechs Monatsraten gezahlt worden seien, die Beklagte das Fahrzeug aber während der gesamten Leasingzeit in Besitz gehabt habe, müsse sie die rückständigen 36 Leasingraten zuzüglich vereinbartem Restwert zahlen. Daran ändere auch die Einmalzahlung an die H. nichts. Diese habe keine schuldbefreiende Wirkung gegenüber der B. entfaltet. Aus den Äußerungen des Geschäftsführers der B. L., wonach die Leasingnehmer mit ihrer Zahlung an die H. von ihren Verpflichtungen gegenüber der Leasinggesellschaft befreit seien, könne nicht der Schluß gezogen werden, daß auch bei einem wirtschaftlichen Zusammenbruch der H. die Pflicht zur Zahlung der Leasingraten nach dem geschlossenen Leasingvertrag nicht mehr habe bestehen sollen. Gegen eine solche Erfüllungsvereinbarung der B. mit den Leasingnehmern spreche der Inhalt des Leasingvertrages und des Verwaltungsvertrages. Daraus ergebe sich, daß das Risiko für ein Scheitern des Modells bei den Leasingnehmern, also auch bei der Beklagten habe bleiben sollen. Dem stehe auch nicht entgegen, daß die Leasinggesellschaft mit der Einmalzahlung an die H. geworben und bei den Interessenten die Erwartung geweckt habe, daß die Leasingnehmer nach der Einmalzahlung praktisch von den Raten frei sein würden. Daraus ergäben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die B. gegenüber den Leasingnehmern das in dem Modell liegende offensichtliche Spekulationsrisiko übernommen habe.
Aus dem Verwaltungsvertrag lasse sich nichts für die Auffassung herleiten, daß die H. durch den Vertrag mit der B. die Schuld der Leasingnehmer übernommen habe. Auch habe die Beklagte mit der B. keine Erfüllungsvereinbarung getroffen. Der Erklärung, daß mit der Einmalzahlung in Höhe von 60 % des Neupreises die Angelegenheit für die Beklagte erledigt sei, sei dies nicht zu entnehmen. Daß es sich insoweit um nicht mehr als eine Erwartung der Kunden gehandelt habe, ergebe sich schon aus der weiteren Erläuterung durch den Autoverkäufer bzw. durch den Geschäftsführer L., daß die H. in der Lage sei, aus dem Einmalbetrag durch geschickte Anlage soviel Geld zu erwirtschaften, daß daraus die Leasingraten bezahlt werden könnten. Die vorliegenden schriftlichen Verträge stünden einer Erfüllungsvereinbarung jedenfalls entgegen. Denn durch § 3 des Verwaltungsvertrages sei klargestellt worden, daß die H. nur verpflichtet gewesen sei, mit schuldbefreiender Wirkung die vereinbarten Leasingraten an die B. zu zahlen. An keiner Stelle finde sich etwas dazu, daß der Verwaltungsvertrag etwas an der Pflicht der Leasingnehmer geändert habe, die monatlichen Leasingraten nach dem Leasingvertrag zu zahlen, wenn die H. nicht mehr habe zahlen können. Anderenfalls wäre die in § 3 Abs. 2 des Verwaltungsvertrages getroffene Regelung, wonach die H. gegenüber den Auftraggebern per 30. Juni und 31. Dezember des jeweiligen Jahres über die geleisteten Zahlungen Abrechnung zu erteilen gehabt habe, sinnlos gewesen.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen Sittenwidrigkeit der Globalzession entfällt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Globalabtretung, mit der ein Bankkunde seine gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus Geschäften mit Dritten zur Sicherung auch künftiger Ansprüche abtritt, im kaufmännischen Verkehr grundsätzlich wirksam vereinbart werden, sofern dadurch die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Zedenten nicht übermäßig beeinträchtigt wird und keine Gefährdung der Interessen zukünftiger Gläubiger des Zedenten eintritt (BGHZ 98, 303, 314). Es müssen stets weitere Umstände hinzukommen, ehe der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gerechtfertigt ist, so z.B., daß wegen der besonderen Verhältnisse die Möglichkeit einer Schädigung Dritter so naheliegt, daß sich den Vertragsschließenden die Erkenntnis aufdrängen mußte, diese Möglichkeit werde sich mit hoher Wahrscheinlichkeit verwirklichen; die Bank handelt ferner sittenwidrig, wenn sie sich von ihrem Kreditnehmer nicht nur zur Sicherheit Vermögenswerte übertragen läßt, sondern ihm damit zugleich die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit nimmt (BGH, Urteil vom 14. November 1983 – II ZR 39/83, NJW 1984, 728 unter II; BGH, Beschluß vom 17. März 1988 – III ZR 101/87, NJW-RR 1988, 1012 unter 1).
Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Gemäß Ziff. 4.3 des Abtretungsvertrages vom 25. Juli 1994 blieb die B., solange die Klägerin von ihren Rechten keinen Gebrauch machte, zur Einziehung der abgetretenen Forderungen berechtigt; in dieser Weise ist die B. zunächst auch verfahren, so daß sie ihre Geschäftskosten in dieser Zeit bestreiten konnte. Auch für eine sittenwidrige Knebelung oder eine Täuschung anderer Gläubiger über die Kreditwürdigkeit der B. fehlt jeder Anhaltspunkt.
2. Der Klägerin stehen die aus dem von der B. mit der Beklagten geschlossenen Leasingvertrag hergeleiteten Zahlungsansprüche auf die nicht von der H. geleisteten Leasingraten und auf den vereinbarten Restwert dann nicht zu, wenn die von der Beklagten an die H. geleistete Einmalzahlung von 60 % des Bruttokaufpreises schuldbefreiende Wirkung auch gegenüber der Leasinggeberin, der Firma B., entfaltet hat. Kommt diese Wirkung erst den Zahlungen der Leasingraten durch die H. an die B. zu, sind die Klageforderungen hingegen begründet. Diesen Zusammenhang hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der B. und der Beklagten durch das Berufungsgericht, wonach eine Erfüllungsvereinbarung nicht getroffen sei, beruht jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, auf Rechtsfehlern.
a) Zwar ist die Auslegung von Vertragsvereinbarungen dem Tatrichter vorbehalten und vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar. Sie bindet das Revisionsgericht aber dann nicht, wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Auslegungsregeln und der aus ihnen entwickelten allgemeinen Auslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt und den unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt hat (st.Rspr., zuletzt Senat, Urteil vom 8. Dezember 1999 – VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199 unter II 1 und Senat, Urteil vom 29. September 1999 – VIII ZR 232/98, NJW-RR 2000, 273 unter II 1). Letzteres ist vorliegend der Fall, weil das Berufungsgericht die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) nicht ausreichend beachtet hat.
b) Das Berufungsgericht stützt sich für seine Annahme, die B. habe mit der Beklagten keine Erfüllungsvereinbarung getroffen, in erster Linie auf den Inhalt des Leasingvertrages sowie auf § 3 des – „in Ergänzung zum Leasingvertrag” mit der H. geschlossenen – Verwaltungsvertrages, nach welchem die H. aus dem eingezahlten Kapital „mit schuldbefreiender Wirkung” für die Beklagte die vereinbarten Leasingraten an die B. für die Dauer des Leasingvertrages zu zahlen hatte. Daß sich durch den Verwaltungsvertrag nichts an der Verpflichtung der Leasingnehmer geändert habe, die monatlichen Leasingraten nach dem Leasingvertrag zu zahlen, wenn die H. hierzu nicht mehr in der Lage war, ergibt sich nach Auffassung des Berufungsgerichts aus der in § 3 Abs. 2 des Verwaltungsvertrags getroffenen Regelung, wonach die H. gegenüber den Auftraggebern per 30. Juni und 31. Dezember des jeweiligen Jahres über die geleisteten Zahlungen Abrechnung zu erteilen hatte. Den unstreitigen Äußerungen der für die B. handelnden L. und S., wonach mit der Einmalzahlung die Angelegenheit für die Beklagte erledigt sei, hat das Berufungsgericht entnommen, daß damit nur der „Normalfall” der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch die H. gemeint gewesen sei, jedoch keine Regelung für den Fall habe getroffen werden sollen, daß die H. ihren Zahlungsverpflichtungen nicht Folge leisten würde.
c) Bei diesen Erwägungen hat das Berufungsgericht außer acht gelassen, daß bei der Auslegung einer Willenserklärung in erster Linie von ihrem Wortlaut auszugehen ist (st.Rspr., vgl. BGHZ 121, 13, 16; 124, 39, 44 f.; BGH, Urteil vom 31. Januar 1995 – XI ZR 56/94, WM 1995, 743 = NJW 1995, 1212 unter II 2). Nach den oben wiedergegebenen Erklärungen L. und S. sowie dem ergänzend unter Zeugenbeweis gestellten Beklagtenvortrag liegt aber eine Vereinbarung zwischen der B. und der Beklagten vor, nach welcher diese berechtigt sein sollte, mit Erfüllungswirkung gegenüber der B. an einen Dritten, hier die H., zu leisten (§ 362 Abs. 2 BGB). Wenn sich das Berufungsgericht an der Annahme einer solchen Vereinbarung mit Rücksicht auf den Inhalt des geschlossenen Leasing- sowie des Verwaltungsvertrages gehindert gesehen hat, verkennt es, daß es den Parteien rechtlich möglich war, eine von diesen Verträgen abweichende Zusatzvereinbarung zu treffen. Auch der Hinweis des Berufungsgerichts darauf, daß das mit dem sog. „Flens-Modell” verbundene Risiko erkennbar gewesen sei, trägt nicht seine Schlußfolgerung, die Äußerungen L. und S. hätten bei den Leasingnehmern nur die „Erwartung” hervorrufen können, die Zahlung von 60 % des Kaufpreises werde ausreichen, die vertraglich geschuldeten Leasingraten zu begleichen. Vielmehr geht es hier gerade um die Frage, welche der Beteiligten das Risiko tragen sollte, falls es der H. nicht gelingen würde, mit der jeweiligen Einmalzahlung der Leasingnehmer sämtliche Leasingraten und den vereinbarten Restwert zu erwirtschaften. Den Vertragspartnern steht es aber frei zu vereinbaren, wem von ihnen dieses Risiko zugewiesen werden sollte.
d) Das Berufungsgericht hat im übrigen, wie die Revision zu Recht beanstandet, den unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten außer acht gelassen, daß L. sämtlichen Leasingnehmern, also auch der Beklagten, Anfang 1995, nachdem die Klägerin die Zession seitens der B. offengelegt hatte, unter anderem folgendes geschrieben hat:
„Entgegen der Rechtsauffassung der Rechtsanwälte der Bank ist die in § 3 des Verwaltungsvertrages vereinbarte Übernahme der Zahlungsverpflichtung durch die Firma H. bzw. H. GmbH rechtswirksam. Die von der Bank erwähnte Globalzession kann nur die Ansprüche erfassen, die unsere Gesellschaft gegen Sie als Leasingnehmer hat und nicht mehr. Insoweit sind Sie aber durch die von uns genehmigte Schuldübernahme geschützt. Die Bank kann daher von Ihnen weder Zahlung noch Herausgabe verlangen.”
Zwar ist dieses Schreiben erst nach dem Vertragsschluß verfaßt worden. Es hat aber eine Indizwirkung hinsichtlich der Vorstellung, die der Geschäftsführer der B. selbst von der Vertragsgestaltung hatte. Diesem Schreiben muß entnommen werden, daß auch L. als Geschäftsführer der B. davon ausging, die B. habe nach der Einmalzahlung durch die Leasingnehmer nur noch Ansprüche gegen die H.. Daraus kann auf einen entsprechenden Willen bei Vertragsabschluß geschlossen werden.
Da die Auslegung der zwischen der B. und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen somit keinen Bestand haben kann, ist das Berufungsurteil bereits aus diesem Grund aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um dem Tatrichter Gelegenheit zu geben, tragfähige Feststellungen über den Inhalt des zwischen den Parteien des Leasingvertrages Vereinbarten zu treffen. Das Berufungsgericht wird auch zu erwägen haben, ob es den von der Beklagten als Zeugen benannten K. L. und ihren Ehemann zu ihrer weiteren Behauptung anhört, L. habe ihrem Ehemann bei Vertragsschluß die vertragliche Gestaltung dahingehend erläutert, daß die Leasingnehmer durch die Einmalzahlung an die H. ihre Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag „endgültig” erfüllt hätten.
3. Aufzuheben ist das Urteil des Berufungsgerichts auch insoweit, als es die Beklagte ferner zur Herausgabe des Fahrzeugs verurteilt und die Widerklage auf Herausgabe des Fahrzeugbriefs abgewiesen hat.
Grundsätzlich war die Beklagte verpflichtet, nach Ablauf der Leasingzeit das Fahrzeug zurückzugeben. Sie sollte allerdings nach § 5 des zwischen der H. und der Beklagten geschlossenen Verwaltungsvertrages das Recht erhalten, den Wagen für 10 % des Bruttokaufpreises zu Eigentum zu erwerben. Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe gegenüber dem Konkursverwalter der H. von diesem Erwerbsrecht Gebrauch gemacht. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob dies der Klägerin entgegengehalten werden kann.
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Sollte das Berufungsgericht, gegebenenfalls nach einer Beweisaufnahme, erneut zu der Annahme gelangen, daß zwischen der B. und der Beklagten eine schuldbefreiende Wirkung der Einmalzahlung nicht vereinbart worden sei, so müßte es sich mit dem Einwand der Beklagten befassen, ihr hätten Schadensersatzansprüche gegen die B. zugestanden, die sie nunmehr der Klägerin entgegenhalten könne. Die Beklagte hat geltend gemacht, L. habe bewußt wahrheitswidrig behauptet, die H. werde die Leasingraten aus der Anlage der Einmalzahlung erwirtschaften, und er habe sie damit zum Abschluß des Leasingvertrages statt des ursprünglich beabsichtigten Kaufs des Fahrzeugs bestimmt.
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen die B., der auf Befreiung der Beklagten von ihren Verbindlichkeiten aus dem Leasingvertrag gerichtet wäre und den sie über § 404 BGB im Wege der dolo-petit Einrede auch der Klägerin entgegenhalten könnte, abschließend verneint. Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht die beantragte Beiziehung der Strafakten der Staatsanwaltschaft Kiel gegen die Zeugen L. und H. nicht vorgenommen und einen Schadensersatzanspruch der Beklagten mangels Substantiierung abgelehnt hat.
Die Argumentation des Berufungsgerichts, wonach es sich allenfalls um einen Betrug zu Lasten der Klägerin habe handeln können, nicht jedoch zu Lasten der Beklagten, weil diese vorgetragen habe, sie habe „ebenfalls” an das Konzept geglaubt, trägt nicht. Unzutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgericht, die weitere Behauptung der Beklagten, bei L. und H. habe ein Betrugs- oder Unterschlagungsvorsatz schon bei Abschluß des Leasingvertrages vorgelegen, sei gleichsam ins Blaue hinein erfolgt. Wenn die Beweisaufnahme ergeben sollte, daß L. und H. der Beklagten zugesichert hatten, sie müsse außer der Einmalzahlung definitiv keine weiteren Zahlungen erbringen, dann bestehen allerdings ihr gegenüber keine Ansprüche aus dem Leasingvertrag mehr, so daß eine einen Schaden verursachende Täuschungshandlung ausscheidet. Sollte die Beklagte hingegen aus dem Leasingvertrag noch zu weiteren Zahlungen verpflichtet sein, wäre eine sie schädigende Täuschungshandlung in der bewußt wahrheitswidrigen Behauptung zu sehen, die H. könne aus dem gezahlten Einmalbetrag die Leasingraten erwirtschaften. Das Landgericht ist davon ausgegangen, daß es sich bei dem sogenannten „Flens-Modell” um ein „groß angelegtes Betrugsmanöver” gehandelt hat und daß H. und L. im Gegensatz zu ihren Kunden nicht daran glaubten, tatsächlich die erforderlichen Beträge durch die Anlage der Einmalzahlungen der Leasingnehmer aufbringen zu können. Die Revision verweist dabei zu Recht auf das eigene Vorbringen der Klägerin in der Klageschrift, das Vertragsmodell „Vermögensverwaltungsvertrag” habe sich als groß angelegter, auf dem Prinzip des Schneeballsystems beruhender Betrug herausgestellt; diesen Vortrag hat sich die Beklagte ausdrücklich zu eigen gemacht. Schließlich geht auch die Staatsanwaltschaft Kiel in ihrer Anklageschrift gegen L. und H. wegen eines Betruges zum Nachteil der Klägerin davon aus, daß zugleich ein Anlagebetrug zu Lasten der Leasingnehmer vorliegen könnte. Von einer Behauptung ins Blaue hinein kann daher keine Rede sein.
b) Darüber hinaus wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls erneut mit den aus dem Verbraucherkreditgesetz hergeleiteten Einwendungen der Beklagten auseinanderzusetzen haben (zum Zurückbehaltungsrecht des Verbrauchers vgl. Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, 13. Aufl., § 4 VerbrKrG, Rdnr. 25).
III.
Bei der Zurückverweisung hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball, Dr. Frellesen
Fundstellen
Haufe-Index 936533 |
DB 2003, 1218 |
NJW 2003, 2382 |
BGHR 2003, 849 |
EWiR 2003, 955 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 1089 |
WuB 2003, 773 |
ZMR 2003, 563 |
DAR 2003, 414 |
MDR 2003, 800 |
NZV 2003, 375 |
VRS 2003, 248 |
ZfS 2003, 346 |
BKR 2003, 496 |
ZBB 2003, 299 |