Leitsatz (amtlich)

An einem Vertragsschluss "unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln" fehlt es, wenn der Verbraucher während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat.

Das dem Verbraucher zur Verfügung gestellte Exemplar seiner Vertragserklärung muss nicht von ihm unterzeichnet oder mit dem Abbild seiner Unterschrift versehen sein.

Dieses Exemplar kann ihm, um die Widerrufsfrist in Lauf zu setzen, schon vor Abschluss des Vertrags überlassen werden.

Zu den Anforderungen an die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist bei Verbraucherdarlehensverträgen.

Die Kombination von Darlehensvertrag und Bausparvertrag, bei der die darlehensfinanzierte Ansparleistung zur späteren Tilgung des Darlehens bestimmt ist, unterfällt nicht § 358 Abs. 3 BGB in der bis zum 3.8.2011 geltenden Fassung.

 

Normenkette

BGB § 312b Abs. 1 S. 1 Fassung: 2014-06-12, § 495 Abs. 1, § 492 Abs. 3, § 355 Abs. 2 S. 3 Fassung: 2010-06-10, § 358 Abs. 3 Fassung: 2011-08-03

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Urteil vom 03.02.2017; Aktenzeichen 8 U 612/16)

LG Koblenz (Urteil vom 21.04.2016; Aktenzeichen 3 O 391/15)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 3.2.2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Koblenz vom 21.4.2016 wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den Abschluss dreier Verbraucherdarlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers.

Rz. 2

Der Kläger und seine Ehefrau besprachen Anfang Januar 2007 mit einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten die Einzelheiten der Gewährung zweier Darlehen und stellten einen Darlehensantrag. Daran anschließend übersandte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau zwei Exemplare eines von ihr unterzeichneten Vertragsformulars. Dieses Vertragsformular bezog sich auf ein "Annuitätendarlehen II" Nr. 00 über 105.000 EUR und einen bis zum 31.1.2022 festen Zinssatz von 4,46 % p.a. und auf ein "Vorfinanzierungsdarlehen" mit der Bezeichnung "Konstant 15" Nr. 53 über 30.000 EUR und einen Zinssatz von 4,5 % p.a. "fest bis zur Zuteilung des Bausparvertrages durch Einzahlungen in Höhe der vereinbarten monatlichen Sparrate voraussichtliche Zuteilung in ca. 6 Jahren 3 Monaten". Das "Vorfinanzierungsdarlehen" sollte durch ein Bauspardarlehen der Beklagten abgelöst werden. Ein Teilbetrag des "Vorfinanzierungsdarlehens" i.H.v. 5.000 EUR sollte dementsprechend auf ein Bausparkonto des Klägers und seiner Ehefrau bei der Beklagten fließen. Im Übrigen sollten der Kläger und seine Ehefrau monatlich Sparraten von 78,75 EUR auf den Bausparvertrag erbringen und ihre Ansprüche aus dem Bausparvertrag an die Beklagte verpfänden. Die Parteien nahmen folgende Klauseln in den Darlehensvertrag auf:

"4. Besondere Bedingungen für Zwischenkredite, Konstant- und Vorausdarlehen - (im Folgenden Darlehen genannt) - 4.1 Bausparvertrag Besteht noch kein D. -Bausparvertrag, verpflichtet sich der Schuldner, bei der Gläubigerin einen Bausparvertrag in Höhe der erforderlichen Bausparsumme abzuschließen und die vereinbarte Besparung vorzunehmen. Höhere Sparzahlungen können jederzeit von der Gläubigerin zurückgewiesen werden. Werden bei Konstant- und Vorausdarlehen zu den vertraglich vereinbarten Leistungen zusätzlich vermögenswirksame Leistungen eingezahlt oder werden diese nicht mehr gezahlt, wird die Gläubigerin den Betrag des Lastschrifteinzugs entsprechend ermäßigen bzw. erhöhen. Vertragsänderungen sind während der Zinsfestschreibung eines gewährten Darlehens nicht möglich. 4.2 Sicherungsverpfändung der Rechte aus dem Bausparvertrag Zur Sicherstellung des Darlehens werden sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Bausparvertrag, insb. das Kündigungsrecht, der Anspruch auf das Bausparguthaben einschließlich eventueller Wohnungsbauprämien, an die Gläubigerin verpfändet. [...] 4.3 Zuteilung des Bausparvertrages Auf Rechte aus der Zuteilung des Bausparvertrages, insb. der Zuteilungsannahme, wird während der Zinsfestschreibung des Darlehens verzichtet. Höhere als die vertraglich vereinbarten Sparleistungen können die Zuteilung beschleunigen, führen aber grundsätzlich nicht zu einer vorzeitigen Ablösung des Darlehens. Lässt die Gläubigerin ausnahmsweise eine vorzeitige Ablösung des Darlehens zu, ist ihr der durch die vorzeitige Rückzahlung entstehende Schaden gemäß Ziffer [...] zu ersetzen. 4.4 Rückzahlung mit anderen Mitteln als der zugeteilten Bausparsumme Wird das Darlehen mit anderen Mitteln als der zugeteilten Bausparsumme zurückgezahlt und auf das Bauspardarlehen verzichtet, steht dem Schuldner kein Zinsbonus [...] zu. 4.5 Zinsfestschreibung, Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmer Die Zinsfestschreibung des Darlehens beginnt mit dem Datum des Eingangs des unterschriebenen Darlehensvertrages bei der Gläubigerin. Die unter dem Abschnitt 'Konditionen' im Darlehensvertrag vereinbarten Sparraten sind ab dem letzten des auf die erste Auszahlung folgenden Monats zu leisten. Die Sparraten können bereits direkt nach Abschluss des Darlehensvertrages geleistet werden, wonach die Darlehenslaufzeit der im Abschnitt 'Konditionen' angegebenen entspricht. Die Zinsfestschreibung endet bei vertragsgemäßer Besparung mit der Zuteilung des Bausparvertrages. Der im Abschnitt 'Konditionen' im Darlehensvertrag genannte Zinssatz ist für die Dauer der Zinsfestschreibung unveränderlich. Weder Gläubigerin noch Schuldner sind berechtigt, bei Veränderungen der Kapitalmarktsituation oder aus sonstigen Gründen Anpassungen des Zinssatzes vorzunehmen bzw. zu verlangen. Werden höhere als die vertraglich vereinbarten Sparraten geleistet, so gilt die Regelung unter dem Abschnitt 'Konditionen' im Darlehensvertrag. Werden geringere als die vereinbarten Sparraten geleistet oder wird die Besparung später als vereinbart begonnen und verlängert sich dadurch der Zeitraum bis zur voraussichtlichen Zuteilung, wird die Zinsfestschreibung nicht bis zum neuen Zuteilungstermin verlängert. Das Recht des Darlehensnehmers zur Kündigung des Darlehens vor Ende der Zinsfestschreibung bestimmt sich nach § 489 BGB. [...] 4.7 Höchstzinssatz bei Konstant- und Vorausdarlehen Wird die Bausparsumme trotz ordnungsgemäßer Besparung nach Ablauf der vereinbarten Zinsfestschreibung nicht zugeteilt, gewährt die Gläubigerin das Darlehen mit einem Zinssatz von 5 %".

Rz. 3

Die Beklagte belehrte den Kläger und seine Ehefrau über ihr Widerrufsrecht wie folgt:

Rz. 4

Der Kläger und seine Ehefrau sandten im Januar 2007 ein von ihnen gegengezeichnetes Exemplar des Vertragsformulars samt Widerrufsbelehrung an die Beklagte zurück. Ein Vertragsformular samt Widerrufsbelehrung verblieb in ihrem Besitz.

Rz. 5

Der Kläger und seine Ehefrau besprachen im Mai 2007 mit einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten die Einzelheiten der Gewährung eines weiteren Darlehens und stellten einen Darlehensantrag. Daran anschließend übersandte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau erneut zwei Exemplare eines von ihr unterzeichneten Vertragsformulars. Dieses Vertragsformular bezog sich auf ein "Vorfinanzierungsdarlehen" mit der Bezeichnung "Konstant 15" Nr. 61 über 12.000 EUR und einen Zinssatz von 4,68 % p.a. "fest bis zur Zuteilung des Bausparvertrages voraussichtliche Zuteilung in ca. 6 Jahren 3 Monaten". Das "Vorfinanzierungsdarlehen" sollte wiederum durch ein Bauspardarlehen der Beklagten abgelöst werden. Ein Teilbetrag des "Vorfinanzierungsdarlehens" i.H.v. 2.000 EUR sollte dementsprechend auf ein Bausparkonto des Klägers und seiner Ehefrau bei der Beklagten fließen. Im Übrigen sollten der Kläger und seine Ehefrau monatlich Sparraten von 31,50 EUR auf den Bausparvertrag erbringen und ihre Ansprüche aus dem Bausparvertrag an die Beklagte verpfänden. Die Beklagte belehrte den Kläger und seine Ehefrau über ihr Widerrufsrecht wie folgt:

Rz. 6

Der Kläger und seine Ehefrau sandten Ende Mai 2007 ein von ihnen gegengezeichnetes Exemplar des Vertragsformulars samt Widerrufsbelehrung an die Beklagte zurück. Ein Vertragsformular samt einer Widerrufsbelehrung verblieb in ihrem Besitz. Mit Schreiben vom 15.7.2015 widerrief der Kläger seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

Rz. 7

Seine Klage auf Feststellung, die Darlehensverträge seien wirksam widerrufen und in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden, weiter auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten hat das LG abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers, mit der er nur noch die Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse und Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten begehrt hat, hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und dem Feststellungsantrag entsprochen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 8

Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.

Rz. 9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 10

Die Feststellungsklage sei zulässig. Vom Vorrang der Leistungsklage sei eine Ausnahme zu machen, wenn davon auszugehen sei, die Beklagte werde schon aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils leisten. Dies sei bei Banken anzunehmen. Für die Beklagte als Bausparkasse gelte dasselbe.

Rz. 11

Der Kläger habe seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen noch widerrufen können, weil er unzureichend deutlich über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Beide Widerrufsbelehrungen unterrichteten nicht deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Nach dem Wortlaut der Widerrufsbelehrungen habe für das Anlaufen der Widerrufsfrist genügt, dass der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung und die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis nehme, ohne dass die Widerrufsbelehrung kenntlich gemacht habe, dass beide Unterlagen dem Darlehensnehmer während der Widerrufsfrist hätten zur Verfügung stehen müssen. Die Widerrufsbelehrungen hätten damit nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Die im Januar 2007 erteilte Widerrufsbelehrung sei überdies gesetzwidrig, weil sie keinen Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs bei einem verbundenen Geschäft enthalte. Bei dem Darlehen "Konstant 15" Nr. 53 und dem zugehörigen Bausparvertrag habe es sich um verbundene Geschäfte gehandelt. Das Darlehen "Konstant 15" Nr. 53 habe zu einem beträchtlichen Teil der Finanzierung des Bauspardarlehens gedient, das wiederum zur Tilgung des Darlehens bestimmt gewesen sei. Hieraus ergebe sich der erforderliche Finanzierungszusammenhang. Auch eine wirtschaftliche Einheit sei zu bejahen.

Rz. 12

Das Widerrufsrecht des Klägers sei nicht verwirkt.

II.

Rz. 13

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

Rz. 14

1. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen. Für den Antrag festzustellen, die Darlehensverträge hätten sich aufgrund des Widerrufs in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, fehlt, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat (Senat, Urt. v. 24.1.2017 - XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rz. 11 ff.; v. 21.2.2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rz. 13 ff.; v. 14.3.2017 - XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rz. 19; v. 16.5.2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rz. 16; v. 4.7.2017 - XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rz. 16 f.; v. 23.1.2018 - XI ZR 359/16, n.n.v.), das Feststellungsinteresse. Das gilt auch dann, wenn ein Kläger das Bestehen verbundener Geschäfte behauptet. Auch dann geht die Leistungsklage gem. § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 3.8.2011 geltenden Fassung i.V.m. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12.6.2014 geltenden Fassung und §§ 346 ff. BGB vor. Die Feststellungsklage ist nicht nach den Maßgaben des Senatsurteils vom 24.1.2017 (a.a.O., Rz. 16) abweichend von der Regel ausnahmsweise zulässig, weil nicht feststeht, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschiedenheiten der Parteien endgültig bereinigt.

Rz. 15

2. Außerdem weisen die Ausführungen zur mangelnden Deutlichkeit der von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen und damit zur fortbestehenden Widerruflichkeit der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen des Klägers Rechtsfehler auf.

Rz. 16

a) Allerdings hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig erkannt, dem Kläger sei gem. § 495 Abs. 1 BGB zunächst das Recht zugekommen, seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen nach § 355 Abs. 1 und 2 BGB in der hier nach Art. 229 §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 22 Abs. 2, 32, 38 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem 1.8.2002 und dem 10.6.2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) zu widerrufen, ohne dass seine Ehefrau als Mitdarlehensnehmerin ebenfalls einen Widerruf habe erklären müssen (Senat, Urt. v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rz. 13 ff.).

Rz. 17

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Kläger unzureichend über das ihm zukommende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen sei, hält mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung indessen nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts informierten die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen den Kläger hinreichend deutlich über die Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F.

Rz. 18

aa) Die Bedingungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist richteten sich allein nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. Eines Hinweises auf § 312d Abs. 2, letzter Halbsatz BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8.12.2004 und dem 3.8.2009 geltenden Fassung bedurfte es nicht (dazu Senat, Urt. v. 24.1.2017 - XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rz. 29).

Rz. 19

Der Senat hat im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass es unstreitig ist, dass den Vertragsschlüssen im Januar 2007 und im Mai 2007 eine persönliche Beratung durch einen Außendienstmitarbeiter der Beklagten vorausgegangen ist, §§ 559 Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Dies haben die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.12.2015 und der Kläger mit Schriftsatz vom 15.1.2016 in erster Instanz übereinstimmend vorgetragen. In zweiter Instanz haben beide Parteien Abweichendes nicht geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat auf die bei ihm eingereichten Schriftsätze und auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen, der wiederum auf die in erster Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen hat.

Rz. 20

Auf der Grundlage des unstreitigen Vorbringens zur Vertragsanbahnung haben die Parteien Fernabsatzverträge i.S.d. § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12.6.2014 geltenden Fassung (künftig: a.F.) nicht geschlossen. An einem Vertragsschluss "unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln" fehlt es, wenn der Verbraucher während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat (OLG Stuttgart, WM 2015, 1148, 1151; AG Saarbrücken, Urt. v. 9.11.2005 - 42 C 204/05, juris Rz. 28; AG Frankfurt/M., MMR 2011, 804; Wendehorst in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 312b Rz. 53 ff.; Staudinger/Thüsing, BGB, Neubearb. 2012, § 312b BGB Rz. 34; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 312b Rz. 8; Junker in jurisPK/BGB, 4. Aufl., § 312b Rz. 54; BeckOK/BGB/Schmidt-Räntsch, Edition 7, Stand: 1.2.2007, § 312b Rz. 33; dies., VuR 2000, 427, 428; Hahn/Wilmer, Handbuch des Fernabsatzrechts, 2005, S. 49; dies., Fernabsatzrecht, 2. Aufl., § 312b BGB Rz. 12; Lütcke, Fernabsatzrecht, 2002, § 312b BGB Rz. 60 f.; Härting, Fernabsatzgesetz, 2000, § 1 Rz. 69; Reich, EuZW 1997, 581, 582; Gößmann, MMR 1998, 88, 89; Meents, CR 2000, 610 f.; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1274 f.; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1152; Schmittmann, K&R 2004, 361, 362; offen BGH, Urt. v. 12.11.2015 - I ZR 168/14, WM 2016, 968 Rz. 28).

Rz. 21

Das ergibt die gebotene richtlinienkonforme Auslegung (dazu BGH, Urt. v. 29.4.2010 - I ZR 66/08, WM 2010, 2126 Rz. 18; v. 15.5.2014 - III ZR 368/13, WM 2014, 1146 Rz. 19; v. 7.7.2016 - I ZR 30/15, WM 2017, 1711 Rz. 38 ff. sowie - I ZR 68/15, NJW-RR 2017, 368 Rz. 35 ff.) des § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. Sowohl Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. Nr. L 144 vom 4.6.1997, S. 19) als auch Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. Nr. L 271 vom 9.10.2002, S. 16) definieren einen Fernabsatzvertrag als einen Vertrag, bei dem der Lieferer "für den Vertrag bis zu dessen Abschluss einschließlich des Vertragsabschlusses selbst ausschließlich eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken verwendet" bzw. bei dem der Anbieter "für den Vertrag bis zu und einschließlich dessen Abschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet". Nach Unionsrecht setzt der Abschluss eines Fernabsatzvertrags mithin voraus, dass "die beiden Vertragsparteien - der Lieferer und der Verbraucher - bei der Anbahnung und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Fernabsatzvertrags nicht gleichzeitig körperlich anwesend sind" (Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 28.1.2010 in der Rechtssache C-511/08, ZIP 2010, 373 Rz. 27). Entsprechend erkannte schon der Gesetzgeber des § 1 FernAbsG, bei Vertreterbesuchen oder Ähnlichem liege kein Fernabsatz vor (BT-Drucks. 14/2658, 30). Mit der Einführung des § 312b Abs. 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I, 3138), der wörtlich aus § 1 FernAbsG übernommen wurde (BT-Drucks. 14/6040, 168), und mit der Umsetzung der Richtlinie 2002/65/EG durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2.12.2004 (BGBl. I, 3102) änderte er an dieser unionsrechtskonformen Definition des Fernabsatzvertrags nichts (vgl. auch BT-Drucks. 15/2946, 18). Nur in Fällen, in denen der Verbraucher keine Möglichkeit hat, vor Vertragsschluss den Vertragsgegenstand persönlich in Augenschein zu nehmen oder im persönlichen Gespräch mit dem Unternehmer oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter Fragen zu stellen und Unklarheiten auszuräumen, besteht ein Bedürfnis für ein zweiwöchiges Widerrufsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 - III ZR 380/03, BGHZ 160, 393, 398 f.).

Rz. 22

bb) Die von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen entsprachen entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.

Rz. 23

Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. muss die Widerrufsbelehrung einen "Hinweis auf den Fristbeginn" enthalten. Das war hier der Fall. Die Widerrufsbelehrungen machten Angaben zu den Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist. Mittels der Wendung "nachdem Sie den von Ihnen unterschriebenen Darlehensvertrag mit der ebenfalls unterschriebenen Widerrufsbelehrung an uns abgesandt haben" gaben sie korrekt wieder, der Beginn der Widerrufsfrist setze nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. die Abgabe (Senat, Beschl. v. 25.4.2017 - XI ZR 255/16, juris; BGH, Urt. v. 23.9.2010 - VII ZR 6/10, BGHZ 187, 97 Rz. 15 ff.) - nicht auch den Zugang - der Vertragserklärung des Darlehensnehmers voraus.

Rz. 24

Dass die Widerrufsbelehrungen keinen Hinweis darauf enthielten, dem Verbraucher müsse während der Widerrufsfrist ein Exemplar seiner Vertragserklärung und der Widerrufsbelehrung zur Verfügung stehen (dazu Senat, Urt. v. 13.1.2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rz. 18 und - XI ZR 508/07, juris Rz. 16; Senatsbeschluss v. 7.3.2017 - XI ZR 282/16, juris), schmälerte ihre Deutlichkeit nicht. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. fordert nicht, dass sämtliche Vorgaben des § 355 Abs. 1 und 2 BGB a.F. ausdrücklich in der Widerrufsbelehrung genannt werden (vgl. Senatsbeschluss v. 24.10.2017 - XI ZR 183/17, juris). Soweit der Senat mit Urteil vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rz. 15) dahin erkannt hat, der Widerrufsbelehrung müsse bei Schriftform des Vertrags eindeutig zu entnehmen sein, der Lauf der Widerrufsfrist setze zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraus, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde sei, sollte damit lediglich zum Ausdruck kommen, die Widerrufsbelehrung dürfe nicht unrichtig suggerieren, für den Fristbeginn genüge die Vorlage des Vertragsantrags des Unternehmers.

III.

Rz. 25

Das Berufungsurteil unterliegt mithin der Aufhebung (§ 562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO).

IV.

Rz. 26

Die Sache ist im Sinne einer Zurückweisung der Berufung des Klägers entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Rz. 27

1. Die Widerrufsbelehrungen der Beklagten wiesen auch sonst keine Fehler auf.

Rz. 28

Für die im Januar 2007 erteilte Belehrung gilt dies unbeschadet des Umstands, dass die Beklagte den Kläger und seine Ehefrau nicht auch nach § 358 Abs. 5 BGB in der bis zum 3.8.2011 geltenden Fassung belehrte. Der Darlehensvertrag "Konstant 15" Nr. 53 und der zugehörige Bausparvertrag bildeten keine verbundenen Verträge i.S.d. § 358 Abs. 3 BGB in der bis zum 3.8.2011 geltenden Fassung (künftig: a.F.). Zwar handelte es sich um rechtlich selbständige Verträge (vgl. zu dieser Voraussetzung Senat, Urt. v. 15.12.2009 - XI ZR 45/09, BGHZ 184, 1 Rz. 21; v. 5.5.2015 - XI ZR 406/13, BGHZ 205, 249 Rz. 24). Die Kombination von Darlehensvertrag und Bausparvertrag, bei der die darlehensfinanzierte Ansparleistung zur späteren Tilgung des Darlehens bestimmt ist und mit der die Parteien im wirtschaftlichen Ergebnis zwei Darlehensverträge hintereinander schalten, wird aber von Sinn und Zweck des § 358 Abs. 3 BGB a.F. nicht erfasst. Darauf, ob und mit welcher Rechtsfolge § 139 BGB Anwendung finden kann, muss in einer Widerrufsbelehrung nicht hingewiesen werden. Aus dem Senatsurteil vom 11.10.2016 (XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rz. 22) ergibt sich nichts anderes.

Rz. 29

Die Hinweise unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte" in der im Mai 2007 erteilten Widerrufsbelehrung genügten als Sammelbelehrung (Senat, Urt. v. 21.2.2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rz. 50; Senatsbeschluss v. 24.1.2017 - XI ZR 66/16, WM 2017, 370 Rz. 9) den gesetzlichen Vorgaben. Die Beklagte hat zwar die Konjunktion "oder" in § 358 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB a.F. ("wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient") durch die Konjunktion "und" ("wenn wir uns bei Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen") ersetzt. Sie hat sich dabei allerdings an der Formulierung des Gestaltungshinweises (8) der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zwischen dem 1.9.2002 und dem 7.12.2004 geltenden Fassung orientiert. Wenn auch der Verordnungsgeber in Gestaltungshinweis (9) der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8.12.2004 und dem 31.3.2008 geltenden Fassung wieder enger am Gesetzestext orientiert formuliert hat, lässt die Formulierung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zwischen dem 1.9.2002 und dem 7.12.2004 geltenden Fassung einen hinreichenden Rückschluss darauf zu, dass der (materielle) Gesetzgeber auch eine Belehrung wie von der Beklagten erteilt nicht für undeutlich erachtet hat. Insofern liegt der Fall anders als der, der Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 12.12.2017 (XI ZR 769/16, juris) war. Dort hatte die Beklagte - vom Verordnungsgeber nie so vorgegeben und erheblich missverständlich - die beiden Varianten des § 358 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. entgegen der gesetzlichen Vorgabe durch die Konjunktion "und" und nicht durch die Konjunktion "oder" verbunden. Damit ist der hiesige Fall nicht vergleichbar.

Rz. 30

2. Darüber hinaus erfüllte die Beklagte die Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F., wenn sie dem Kläger und seiner Ehefrau ein Exemplar des Vertragsformulars überließ, das nach Unterschriftsleistung durch den Kläger und seine Ehefrau deren Vertragserklärung dokumentierte. Weil nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. die Abschrift der Vertragserklärung des Verbrauchers genügt, muss das ihm belassene Exemplar nicht von ihm unterzeichnet oder mit dem Abbild seiner Unterschrift versehen sein (vgl. zu § 361a Abs. 1 Satz 4 BGB BT-Drucks. 14/2658, 47 rechte Spalte oben; vgl. auch BT-Drucks. 16/11643, 80 linke Spalte unten; OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 7.9.2017 - 17 U 107/17, juris Rz. 5; v. 30.1.2012 - 19 W 4/12, BKR 2012, 243, 244; OLG Köln, Beschl. v. 1.9.2017 - 12 U 203/16, juris Rz. 33 f.). § 492 Abs. 3 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung, der sich nicht mit den Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist befasst, enthält keine Modifikation des § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. für Verbraucherdarlehensverträge (undeutlich Schürnbrand in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 492 Rz. 86; Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 492 Rz. 18).

Rz. 31

3. Dass es aufgrund der Zurückweisung der Berufung des Klägers für den Feststellungsantrag bei der Abweisung als unbegründet durch das LG bleibt, steht einer entsprechenden Entscheidung des Senats nicht entgegen. Das Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO ist nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung. Ein Feststellungsbegehren, das das Berufungsgericht für zulässig erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungsinteresse in der Revisionsinstanz aus sachlichen Gründen abgewiesen werden (st.Rspr., zuletzt etwa Senat, Urt. v. 4.7.2017 - XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rz. 31; v. 10.10.2017 - XI ZR 457/16, WM 2017, 2256 Rz. 29).

 

Fundstellen

Haufe-Index 11640116

NJW 2018, 1387

EWiR 2018, 321

WM 2018, 729

WuB 2018, 281

ZIP 2018, 774

JZ 2018, 339

MDR 2018, 539

VuR 2018, 279

GWR 2018, 312

ZBB 2018, 195

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