Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame notarielle Vollmacht. Verstoss gegen Rechtsberatungsgesetz. Abschluss eines Darlehensvertrags durch unwirksam Bevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Wer eine wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB unwirksame notarielle Vollmacht erteilt hat, kann an einen vom Bevollmächtigten geschlossenen Darlehensvertrag gebunden sein, wenn dem Darlehensgeber zuvor eine Ausfertigung einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde, in der das Vorliegen einer Ausfertigung der Vollmacht vermerkt ist, zusammen mit einer Abschrift der Vollmacht zugegangen ist.
Normenkette
BGB § 172; RBerG Art. 1; RBerG § 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Köln vom 16.6.2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Kläger, ein damals 46 Jahre alter Diplomingenieur und seine Ehefrau, eine damals 40 Jahre alte Verwaltungsangestellte, wurden 1991 geworben, zwecks Steuerersparnis mit einem Eigenkapital von 750 DM eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in A. zu erwerben. Sie erteilten der S. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Geschäftsbesorgerin), die keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß, mit notarieller Urkunde vom 22.5.1991 im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages eine umfassende Vollmacht, u.a. zum Abschluss von Kauf-, Werk- und Darlehensverträgen sowie zur Stellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten. Der kalkulierte Gesamtaufwand für das Kaufobjekt war mit 221.000 DM ausgewiesen.
Mit notarieller Urkunde vom 6.6.1991 bestellte die Bauträgerin und Grundstückseigentümerin zu Gunsten der Beklagten eine nach § 800 ZPO vollstreckbare Grundschuld i.H.v. 233.287,60 DM. In derselben Urkunde übernahm die Geschäftsbesorgerin für die Kläger hinsichtlich der Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages zzgl. Zinsen die persönliche Haftung und unterwarf sie insoweit der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. In der notariellen Niederschrift ist vermerkt, dass die Vollmacht vom 22.5.1991 in Ausfertigung vorlag und in beglaubigter Abschrift als Anlage zu der Urkunde vom 6.6.1991 genommen wurde. Nach der ebenfalls am 6.6.1991 von der Geschäftsbesorgerin für die Kläger zu Gunsten der Beklagten abgegebenen Zweckbestimmungserklärung sicherten die Grundschuld und die Übernahme der persönlichen Haftung alle bestehenden und zukünftigen Ansprüche der Beklagten gegen die Kläger.
Nachdem der Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde vom 6.6.1991 nebst beigefügter Abschrift der Vollmacht vom 22.5.1991 zugegangen war, schloss sie am 21./24.6.1991 mit den durch die Geschäftsbesorgerin vertretenen Klägern zur Finanzierung des Kaufpreises und der Erwerbsnebenkosten einen Darlehensvertrag über 220.250 DM. Darin verpflichteten sich die Kläger, als Sicherheit eine Grundschuld i.H.v. 233.287,60 DM zu stellen. Das Darlehen sollte bei einer Laufzeit bis 1.12.2010 über eine Lebensversicherung getilgt werden. Die Darlehensvaluta wurde weisungsgemäß von der Beklagten an die Geschäftsbesorgerin ausgezahlt.
Am 31.3./4.10.1998 schlossen die Kläger persönlich mit der Beklagten Verträge, in denen ein geänderter Zinssatz bis zum 31.12.2002 festgeschrieben wurde. Die Kläger verpflichteten sich zur Übernahme der persönlichen Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages einschließlich Nebenleistungen und Zinsen sowie zur Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in ihr persönliches Vermögen.
Als die Kläger ihre Zinszahlungen einstellten, kündigte die Beklagte am 30.5.2003 den Kreditvertrag und stellte die Verwertung der Sicherheiten in Aussicht.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Vollstreckungsgegenklage. Sie machen ferner geltend, die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sei als Vollstreckungstitel unwirksam, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die in ihm enthaltene Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien. Die Beklagte hält dem entgegen, die Kläger könnten sich nach Treu und Glauben auf die Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung nicht berufen, da sie sich wirksam verpflichtet hätten, ihr einen solchen Titel zu verschaffen.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
9
Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage geltend gemachten materiell-rechtlichen Einwendungen der Kläger gegen die dem Titel zugrunde liegende Forderung seien nicht begründet. Die Beklagte hafte nicht aus vorvertraglichem Verschulden. Dem Widerruf des Darlehensvertrages von 1991 stehe entgegen, dass der Vertreter nicht in einer Haustürsituation zum Vertragsschluss bestimmt worden sei.
Auch die gegen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels gerichtete Klage entsprechend § 767 ZPO sei nicht erfolgreich. Zwar führe die nichtige Vollmacht der Geschäftsbesorgerin zur Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Jedoch seien die Kläger nach § 242 BGB gehindert, die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend zu machen.
Die Kläger seien bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 21./24.6.1991 wirksam vertreten gewesen, weil die unwirksame Vollmacht der Geschäftsbesorgerin insoweit gem. §§ 171, 172 BGB ggü. der Beklagten als gültig zu behandeln sei. Der Notar habe das Vorliegen einer Ausfertigung der Vollmacht vom 22.5.1991 ausdrücklich in die Verhandlungsniederschrift vom 6.6.1991 aufgenommen und deren Ausfertigung zusammen mit einer beglaubigten Abschrift der Vollmacht der Beklagten zugestellt. Die danach wirksame darlehensvertragliche Verpflichtung der Kläger zur Bestellung einer Grundschuld gemäß Entwurf der Beklagten lasse angesichts der hierzu in der notariellen Urkunde vom 6.6.1991 abgegebenen Erklärung, die persönliche Haftung zu übernehmen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen, die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung als widersprüchliches Verhalten erscheinen.
Darüber hinaus sei es den Klägern auch deshalb nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung zu berufen, weil sie sich in den von ihnen selbst unterschriebenen Verträgen von 1998 zur Übernahme der persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen verpflichtet hätten.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage geltend gemachten Einwendungen gegen die titulierte Forderung nicht für gegeben erachtet.
a) Die von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zum Fehlen eines die Vollstreckung hindernden Schadensersatzanspruchs der Kläger sind nicht zu beanstanden.
b) Dies gilt gleichermaßen für die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen wirksamen Widerruf der zum Darlehensvertrag von 1991 führenden Willenserklärung verneint hat. Die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach es für das Vorliegen einer Haustürsituation auf die Situation des Vertreters bei Vertragsschluss ankommt, entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH v. 2.5.2000 - XI ZR 150/99, BGHZ 144, 223 [226 ff.] = MDR 2000, 1121; Urt. v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2328 [2330], m.w.N.). Anlass, von dieser Rechtsprechung im Hinblick auf von der Revision nicht näher ausgeführte europarechtliche Vorgaben abzuweichen, besteht nicht. Die Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 25.10.2005 (EuGH v. 25.10.2005 - Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 [2088 f.]) sowie des BGH vom 12.12.2005 (BGH v. 12.12.2005 - II ZR 327/04, BGHReport 2006, 434 m. Anm. Westphalen = WM 2006, 220 [221 f.]) und vom 14.2.2006 (BGH v. 14.2.2006 - XI ZR 255/04, Umdruck S. 7 f.) betreffen nicht das Vorliegen, sondern die Zurechnung einer objektiv gegebenen Haustürsituation.
2. Auch die gegen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels gerichtete prozessuale Gestaltungsklage der Kläger ist unbegründet.
a) Dies gilt - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht - ohne Weiteres für die Zwangsvollstreckung wegen der in der Urkunde vom 6.6.1991 übernommenen dinglichen Haftungsübernahme. Denn die Unterwerfungserklärung des damaligen Eigentümers und Grundschuldbestellers hinsichtlich der dinglichen Haftung lässt die Vollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer zu. Da die Geschäftsbesorgerin insoweit für die Kläger keine Erklärung abgegeben hat, die wegen nichtiger Vollmacht unwirksam sein könnte, sind die Kläger als Rechtsnachfolger der Zwangsvollstreckung gem. § 800 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterworfen.
b) Hinsichtlich der Vollstreckung in das persönliche Vermögen ist das Berufungsgericht allerdings rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die der Geschäftsbesorgerin im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages erteilte Vollmacht unwirksam ist. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag, der so umfassende Befugnisse enthält, ist nichtig. Die Nichtigkeit erfasst neben der umfassenden Abschlussvollmacht auch die zur Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung erteilte Prozessvollmacht, deren Nichtigkeit mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB nicht überwunden werden kann (st.Rspr.; BGH v. 26.3.2003 - IV ZR 222/02, BGHZ 154, 283 [287 f.] = BGHReport 2003, 764 = MDR 2003, 944; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = WM 2005, 828 [830]; Urt. v. 21.6.2005 - XI ZR 88/04, BGHReport 2005, 1459 = MDR 2005, 1239 = WM 2005, 1520 [1521], jeweils m.w.N.). Da die Kläger somit bei Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde vom 6.6.1991 von der Geschäftsbesorgerin nicht wirksam vertreten wurden, ist ein wirksamer Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht entstanden.
c) Zutreffend ist das Berufungsgericht jedoch weiterhin davon ausgegangen, dass die Kläger nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert sind, die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend zu machen. Ist ein Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Darlehensvertrages oder sonst schuldrechtlich verpflichtet, ein selbständiges Schuldversprechen mit einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung als die Grundschuld verstärkende Sicherheit abzugeben, verhält er sich treuwidrig, wenn er versucht, aus der bisherigen Nichterfüllung seiner Verpflichtungen Vorteil zu ziehen. Den Klägern ist es daher nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich ggü. der Beklagten auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung zu berufen, wenn sie ihr gegenüber schuldrechtlich verpflichtet sind, sich hinsichtlich der Darlehensverbindlichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen (st.Rspr.; BGH, Urt. v. 15.2.2005 - XI ZR 396/03, WM 2005, 1698 [1701]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = WM 2005, 828 [830]; Urt. v. 21.6.2005 - XI ZR 88/04, BGHReport 2005, 1459 = MDR 2005, 1239 = WM 2005, 1520 [1521]; Urt. v. 27.9.2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501 [505], jeweils m.w.N.). Eine solche Verpflichtung hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen.
aa) Anders als das Berufungsgericht meint, sind die Kläger allerdings nicht bereits aufgrund des Darlehensvertrages vom 21./24.6.1991 verpflichtet, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Sie hatten nach diesem Vertrag lediglich eine Grundschuld gemäß Entwurf der Beklagten zu stellen. Damit war nicht die Verpflichtung verbunden, die persönliche Haftung zu übernehmen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen zu unterwerfen. Die Zweckbestimmungserklärung der Grundschuld vom 6.6.1991 enthält ebenfalls keine Verpflichtung der Kläger zur Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Dasselbe gilt für die notarielle Urkunde gleichen Datums. Sie umfasst zwar die Übernahme der persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung. Diesen Erklärungen ist jedoch nicht die Verpflichtung zu entnehmen, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Insoweit liegt - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat - in der abstrakten Vollstreckungsunterwerfung nicht zugleich eine Kausalvereinbarung, dass der Schuldner sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen habe (BGH, Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = WM 2005, 828 [831]).
bb) Die Kläger haben sich aber durch die von ihnen persönlich abgeschlossenen Verträge vom 31.3./4.10.1998 zur Übernahme der persönlichen Haftung und Zwangsvollstreckungsunterwerfung verpflichtet. Das Berufungsgericht hat diese Verträge rechtsfehlerfrei nicht als neue, selbständige Darlehensverträge, die eine eigenständige schuldrechtliche Verpflichtung der Kläger begründen, sondern als Änderungsvereinbarungen unter Fortführung des Darlehensverhältnisses vom 21./24.6.1991 angesehen. An die darin zusätzlich übernommenen Verpflichtungen sind die Kläger gebunden, weil der Darlehensvertrag vom 21./24.6.1991 ungeachtet der Nichtigkeit der umfassenden Abschlussvollmacht vom 22.5.1991 wirksam zustande gekommen ist.
(1) Auf die Vollmacht zum Abschluss des Darlehensvertrages sind die §§ 171, 172 BGB anders als auf die Prozessvollmacht nach der Rechtsprechung des BGH ungeachtet dessen anwendbar, dass die umfassende Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 33/03, BGHReport 2004, 108 m. Anm. Grziwotz = MDR 2004, 222 = WM 2003, 2375 [2379]; Urt. v. 10.3.2004 - IV ZR 143/03, BGHReport 2004, 1234 = MDR 2004, 1069 = WM 2004, 922 [924]; Urt. v. 8.10.2004 - V ZR 18/04, BGHReport 2005, 73 m. Anm. Lenz = MDR 2005, 259 = WM 2004, 2349 [2352]; Urt. v. 17.6.2005 - V ZR 220/04, BGHReport 2005, 1369 = MDR 2005, 1341 = WM 2005, 1598 [1599]; v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15 [24] = MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439; Urt. v. 11.1.2005 - XI ZR 272/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 574 = WM 2005, 327 [328], Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = WM 2005, 828 [831]; Urt. v. 21.6.2005 - XI ZR 88/04, BGHReport 2005, 1459 = MDR 2005, 1239 = WM 2005, 1520 [1522]). An dieser Rechtsprechung hält der Senat - wie er mit Urteilen vom 26.10.2004 (BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15 [24 ff.] = MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439) und vom 9.11.2004 (BGH, Urt. v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [73 ff.]) im Einzelnen ausgeführt hat - auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des II. Zivilsenates vom 14.6.2004 (BGH v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, MDR 2004, 1192 = WM 2004, 1529 [1531]; v. 14.6.2004 - II ZR 407/02, WM 2004, 1536 [1538]) - fest (BGH, Urt. v. 17.6.2005 - V ZR 78/04, BGHReport 2005, 1345 = MDR 2005, 1365 = WM 2005, 1764 [1766]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = WM 2005, 828 [831]).
(2) § 172 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Beklagten spätestens bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin der Kläger ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde vorlag (st.Rspr.; BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [63] = MDR 1988, 124; v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15 [29] = MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439; Urt. v. 9.11.2004 - XI ZR 315/03, MDR 2005, 460 = BGHReport 2005, 443 = WM 2005, 72 [75]; Urt. v. 15.11.2005 - XI ZR 376/04, Umdruck S. 11 f.) oder dass die Vollmacht dem Notar bei der notariellen Beurkundung der Grundschuldbestellung am 6.6.1991 vorlag, dieser das Vorliegen der Vollmacht ausdrücklich in seine Verhandlungsniederschrift aufgenommen und deren Ausfertigung zusammen mit einer Abschrift der Vollmacht dem Geschäftsgegner zugestellt hat (BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [65] = MDR 1988, 124; Urt. v. 12.11.2003 - IV ZR 43/03, Umdruck S. 10/11; Urt. v. 15.11.2005 - XI ZR 376/04, Umdruck S. 12).
(3) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 21./24.6.1991 eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorlag. Nach seinen Feststellungen lag ihr aber jedenfalls eine Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 6.6.1991, in der vermerkt war, dass die Vollmacht vom 22.5.1991 in Ausfertigung vorlag, sowie eine beglaubigte Abschrift dieser Vollmacht vor. Der dadurch begründete Rechtsschein bezieht sich entgegen der Auffassung der Revision nicht allein auf die Wirksamkeit der Erklärungen in der notariellen Urkunde vom 6.6.1991, sondern auch auf den Darlehensvertrag. Der für die Rechtsscheinhaftung maßgebende Anknüpfungspunkt besteht in der beurkundeten Erklärung des Notars, dass ihm die Vollmacht bei der Beurkundung in Ausfertigung vorgelegen habe. Darin liegt die Beurkundung sonstiger Tatsachen und Vorgänge i.S.d. § 36 BeurkG, die auf die unwirksame Vollmacht zurückzuführen ist und auf deren Richtigkeit die Beklagte vertrauen durfte (BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [65] = MDR 1988, 124). Beruht das Vertrauen der Beklagten in den Bestand der Vollmacht auf der notariellen Beurkundung, erstreckt sich deren Richtigkeitsgewähr nicht nur auf das beurkundete Rechtsgeschäft, sondern auch auf weitere, von der Vollmacht erfasste Geschäfte. Dem entsprechend ist der Senat in seinem Urteil vom 15.11.2005 (BGH, Urt. v. 15.11.2005 - XI ZR 376/04, Umdruck S. 12) davon ausgegangen, dass die Wirksamkeit eines den Erwerb finanzierenden Darlehensvertrages nach Rechtsscheingrundsätzen herbeigeführt werden kann, wenn die nichtige Vollmacht dem Notar bei der Beurkundung des notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrages vorlag, dieser das Vorliegen der Vollmacht ausdrücklich in die Verhandlungsniederschrift aufgenommen und deren Ausfertigung zusammen mit einer Abschrift der Vollmacht dem Darlehensgeber übermittelt hat. Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier - die notarielle Urkunde der Bestellung einer Grundschuld dient, die von den Darlehensnehmern nach dem Kreditvertrag als Sicherheit zu stellen ist.
Dagegen lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht einwenden, dass bei zwischenzeitlich widerrufener Vollmacht bloße Abschriften als Rechtsscheingrundlage herangezogen würden. Die Rechtsscheinhaftung setzt in diesen Fällen nämlich zusätzlich voraus, dass - wie hier geschehen - die Ausfertigung der notariellen Urkunde mit einer Abschrift der Vollmacht dem Geschäftsgegner zugestellt wird. Sie bleibt damit insofern hinter der Regelung der §§ 171, 172 BGB zurück, als der Geschäftsgegner nicht vor Veränderungen im Bestand oder Inhalt der Vollmacht geschützt wird, die erst nach dem für die Entstehung des Rechtsscheins maßgebenden Zeitpunkt, nämlich zwischen dem Beurkundungstermin und dem Zugang der beurkundeten Erklärungen beim Geschäftsgegner eintreten. Der Geschäftsgegner trägt also in der Zwischenzeit das Risiko eines Widerrufs der Vollmacht (BGH v. 15.10.1987 - III ZR 235/86, BGHZ 102, 60 [65 f.] = MDR 1988, 124). Nach Erhalt der notariellen Ausfertigung darf er sich dagegen - nicht anders als bei Vorlage des Originals oder einer Ausfertigung der Vollmacht - auf den Bestand der Vollmacht so lange verlassen, bis diese ihm gegenüber widerrufen wird. Dies ist bis zum Abschluss des Darlehensvertrages nicht geschehen.
III.
Die Revision war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1503253 |
DB 2006, 1053 |
DStZ 2006, 387 |
NJW 2006, 2118 |
BGHR 2006, 860 |
WM 2006, 853 |
WuB 2006, 551 |
ZIP 2006, 843 |
ZfIR 2007, 512 |
DNotZ 2006, 745 |
MDR 2006, 901 |
BKR 2006, 246 |
BTR 2006, 132 |
NotBZ 2006, 241 |
ZBB 2006, 211 |
Kreditwesen 2006, 1103 |