Leitsatz (amtlich)
Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB begann für Rückforderungsansprüche wegen unwirksam formularmäßig vereinbarter Bearbeitungsentgelte in Verbraucherdarlehensverträgen nach § 488 BGB erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen. Zuvor war einzelnen Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage nicht zumutbar.
Normenkette
BGB § 199 Abs. 1, §§ 488, 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 04.09.2013; Aktenzeichen 2 S 48/13) |
AG Mönchengladbach (Urteil vom 21.03.2013; Aktenzeichen 3 C 600/12) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Mönchengladbach vom 4.9.2013 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Schlussurteil des AG Mönchengladbach vom 21.3.2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.015,96 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 189,20 EUR seit dem 2.3.2007 und aus weiteren 826,76 EUR seit dem 16.12.2008 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger und die beklagte Bank streiten um die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten im Zusammenhang mit dem Abschluss dreier Verbraucherdarlehensverträge.
Rz. 2
Am 8.12.2006 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag i.H.v. 5.980,25 EUR, einen Finanzierungsbetrag (Nennbetrag) von 6.379,47 EUR und eine Darlehenssumme (Gesamtbetrag) von 7.164,72 EUR. Der Gesamtbetrag umfasste eine von der Beklagten errechnete "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt" i.H.v. 189,20 EUR. Die einzelnen Kreditbestandteile sind im Vertragsformular in der Rubrik "Errechnung der Darlehenssumme" aufgeführt. Diese enthält ein vorgedrucktes Feld, in dem die Bearbeitungsgebühr betragsmäßig ausgewiesen ist. Die Darlehenssumme war in monatlichen Raten zu je 199,02 EUR ab dem 1.3.2007 zurückzuzahlen. Der Kläger entrichtete das Bearbeitungsentgelt mit der ersten Rate am 1.3.2007.
Rz. 3
Am 13.10.2008 schlossen die Parteien einen weiteren, formularmäßig vergleichbar ausgestalteten Darlehensvertrag über einen Finanzierungsbetrag (Nennbetrag) i.H.v. 44.616,70 EUR und eine Darlehenssumme (Gesamtbetrag) von 59.526,72 EUR. Die Beklagte erhob wiederum eine "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt", die sich in diesem Falle auf 1.547,10 EUR belief. Die Darlehenssumme war in monatlichen Raten von je 826,76 EUR ab dem 15.12.2008 zurückzuzahlen. Der Kläger zahlte das Bearbeitungsentgelt i.H.v. 826,76 EUR mit der ersten, am 15.12.2008 fälligen Rate und den Restbetrag von 720,34 EUR am 15.1.2009 mit der zweiten Rate.
Rz. 4
Am 24.6.2011/22.7.2011 schlossen die Parteien einen dritten Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 9.800 EUR und einen Gesamtbetrag von 12.353,04 EUR. Die Beklagte berechnete eine "Bearbeitungsgebühr" i.H.v. 3,5 % des Nettodarlehensbetrages, mithin 343 EUR. Der Zahlungsplan sieht 72 Monatsraten von je 171,57 EUR vor, zahlbar ab dem 1.9.2011. Der Kläger zahlte das Bearbeitungsentgelt mit den Darlehensraten für die Monate September und Oktober 2011.
Rz. 5
Mit Schreiben vom 8.11.2012 forderte der Kläger die Beklagte - im Ergebnis erfolglos - zur Rückzahlung sämtlicher Bearbeitungsgebühren (2.079,30 EUR) nebst einer Nutzungsentschädigung, insgesamt 2.531,83 EUR, auf. Mit seiner am 19.12.2012 beim AG eingereichten und der Beklagten am 18.1.2013 zugestellten Klage hat er sodann die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 2.079,30 EUR nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils zzgl. Zinsen, verlangt. Die Beklagte hat die Klageforderung in Höhe eines Teilbetrages von 1.063,34 EUR, der sich aus dem Bearbeitungsentgelt für das im Jahr 2011 gewährte Darlehen (343 EUR) und der im Jahr 2009 erfolgten Teilzahlung des Bearbeitungsentgelts für das im Jahr 2008 bewilligte Darlehen (720,34 EUR) zusammensetzt, nebst anteiligen vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten und Zinsen anerkannt. Im Übrigen, also hinsichtlich des Bearbeitungsentgelts für das im Jahr 2006 gewährte Darlehen (189,20 EUR) sowie des Teilbetrags von 826,76 EUR betreffend das Bearbeitungsentgelt für das im Jahr 2008 bewilligte Darlehen - insgesamt: 1.015,96 EUR - erhebt sie im Rahmen ihrer Rechtsverteidigung insb. die Einrede der Verjährung.
Rz. 6
Das AG hat wegen des anerkannten Teils der Klageforderung ein Teil-Anerkenntnisurteil erlassen. Die weitergehende Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Verurteilung der Beklagten entsprechend den in der Berufungsinstanz gestellten Schlussanträgen des Klägers.
I.
Rz. 8
Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in BeckRS 2013, 15957 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 9
Zwar handele es sich bei den Regelungen über die Bearbeitungsgebühren um unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen, weshalb es für die Zahlungen des Klägers an einem Rechtsgrund i.S.d. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB fehle. Die Forderung des Klägers sei aber verjährt. Der streitgegenständliche Rückzahlungsanspruch unterliege der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginne die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit habe erlangen müssen. Danach seien hinsichtlich der noch streitbefangenen Darlehen aus den Jahren 2006 und 2008 die Verjährungsfristen am 31.12.2009 bzw. am 31.12.2011 abgelaufen.
Rz. 10
Die Rückzahlungsansprüche des Klägers seien jeweils mit Ablauf des Jahres entstanden, in denen die Darlehensverträge abgeschlossen worden seien. Der Bereicherungsanspruch eines Darlehensnehmers entstehe nicht abschnittsweise, sondern - wie hier - in vollem Umfang im Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens. Dem Kläger seien bei Unterzeichnung der Darlehensverträge zudem alle den Anspruch begründenden Tatsachen bekannt gewesen, weshalb die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2006 bzw. 2008 zu laufen begonnen habe. Dass dem Kläger seinerzeit die Unwirksamkeit der Regelungen über die Bearbeitungsgebühr möglicherweise nicht bewusst gewesen sei, habe auf die Frage der Verjährung keinen Einfluss.
Rz. 11
Der Beginn der Verjährungsfrist sei auch nicht ausnahmsweise hinausgeschoben worden. Nur bei einer unsicheren oder zweifelhaften Rechtslage oder einer der Durchsetzung des Anspruchs entgegenstehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung könne die Erhebung einer Klage im Einzelfall zeitweise unzumutbar sein. Der BGH habe eine Unzumutbarkeit der Klageerhebung jedoch - soweit ersichtlich - lediglich bei Amts- und Notarhaftungsansprüchen angenommen, weil in diesen Konstellationen die Person des Schuldners nicht bekannt gewesen sei. Daher sei zweifelhaft, ob diese Rechtsprechung auf die hiesige Konstellation übertragen werden könne. Denn im vorliegenden Fall wolle der Kläger lediglich eine einzelne Rechtsfrage überprüfen lassen. Ihm drohe damit bei Klageerhebung zwar eine in jedem Prozess denkbare rechtliche Fehleinschätzung. Bereits nach dem Wortlaut des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB komme es aber allein auf die Tatsachenkenntnis und nicht auf eine bloße Rechtsunsicherheit an. Dass der Kläger in einem Prozess möglicherweise unterliege, sei das allgemeine Prozessrisiko einer jeden Partei.
Rz. 12
Selbst wenn man aber die Rechtsprechung des BGH auf die vorliegende Konstellation anwenden wolle, sei die Rechtslage Ende der Jahre 2006 und 2008 weder unsicher noch zweifelhaft gewesen. Es habe vielmehr der gefestigten Rechtsprechung des BGH entsprochen, dass Entgeltklauseln, in denen - wie hier - ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiere, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sei oder die es vorwiegend im eigenen Interesse vornehme, gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam seien.
Rz. 13
Ein rechtskundiger Dritter habe die Rechtslage zum Schluss des Jahres 2008 zuverlässig einzuschätzen vermocht. Hätte der Kläger eine rechtskundige Person befragt, hätte diese ihm nach Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung zuverlässig mitteilen können, dass der Erfolg einer Klage größer gewesen sei als ihr Misserfolg. Die Rechtslage sei auch nicht etwa deshalb unklar gewesen, weil der BGH in früheren Entscheidungen Bearbeitungsentgelte nicht beanstandet habe. Es habe in diesen Entscheidungen kein Anlass bestanden, sich mit der Wirksamkeit derartiger Klauseln auseinanderzusetzen, weil der Verfahrensgegenstand ein anderer gewesen sei. Unerheblich sei schließlich, ob die Rechtslage erst später - nach bereits eingetretener Verjährung - aufgrund der Entscheidung des OLG Celle aus dem Jahre 2010 (WM 2010, 355) für kurze Zeit unsicher geworden sei. Habe die Verjährungsfrist einmal zu laufen begonnen, werde sie nicht verlängert, wenn die Rechtslage zu irgendeinem späteren Zeitpunkt unsicher werde. Die gegenteilige Ansicht finde weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung eine Stütze und führe zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Zudem sei es mit dem Zweck der Verjährung, Rechtsfrieden zu schaffen, nicht vereinbar, wenn derjenige, der zunächst abgewartet und keine Klage erhoben habe, besser stehe als derjenige, der sich frühzeitig um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe.
II.
Rz. 14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Zwar ist das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB vorliegen (1.). Rechtsfehlerhaft hat es aber die Durchsetzbarkeit der geltend gemachten Bereicherungsansprüche in noch streitiger Höhe von insgesamt 1.015,96 EUR mit der Begründung abgelehnt, diese seien verjährt (2.).
Rz. 15
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die streitigen Bearbeitungsentgelte durch Leistung des Klägers ohne rechtlichen Grund erlangt hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB).
Rz. 16
a) Nicht gefolgt werden kann allerdings der Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe diese Entgelte bereits mit Valutierung der Darlehen durch Verrechnung erlangt. Dem stehen schon die eigenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sowie die hiermit übereinstimmenden, vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des AG, wonach der Kläger die Bearbeitungsentgelte im Rahmen bestimmter Ratenzahlungen erbrachte, entgegen.
Rz. 17
aa) Wann und in welcher Form die kreditgebende Bank das Bearbeitungsentgelt i.S.v. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB erlangt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
Rz. 18
(1) Die überwiegende Auffassung geht davon aus, das Bearbeitungsentgelt werde, sofern es - wie regelmäßig - mitkreditiert wird, mit Auszahlung der Darlehensvaluta sofort fällig und der Anspruch der Bank auf das Entgelt sogleich im Verrechnungswege in vollem Umfang erfüllt (LG Bonn WM 2013, 1942, 1943; LG Stuttgart, BeckRS 2013, 18225; LG Braunschweig, BeckRS 2014, 06199; LG Mönchengladbach ZIP 2014, 410, 411; LG Mannheim, Urt. v. 28.2.2014 - 1 S 147/13, S. 7, n.v.; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.5.2014 - 10 S 9217/13, S. 6 f., n.v.; Becher/Krepold, BKR 2014, 45, 57; Göhrmann, BKR 2013, 275, 279; Maier, VuR 2014, 30, 31 f., anders noch ders., VuR 2013, 397, 399).
Rz. 19
(2) Ein Teil der Instanzgerichte und der Literatur lehnt die Annahme einer Leistung durch Verrechnung ab. Da die Vereinbarung über das Bearbeitungsentgelt unwirksam sei, gehe eine Verrechnung mit dem Anspruch auf Zurverfügungstellung des Darlehens (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB) ins Leere. Infolgedessen bestehe der vertragliche Anspruch auf Auszahlung des Darlehens in Höhe des Bearbeitungsentgelts fort (vgl. LG Dortmund, Beschl. v. 27.9.2013 - 3 S 6/13, juris; LG Hannover, Urt. v. 15.5.2014 - 3 S 10/13, S. 4, n.v.; Bartlitz, ZBB 2014, 233, 234; Dorst, VuR 2014, 342, 343). Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts sei hingegen nur im Fall einer "Überzahlung" gegeben, d.h. sofern der mit den Darlehensraten erbrachte Tilgungsanteil die ausgekehrte Darlehensvaluta übersteige (LG Dortmund, Beschl. v. 27.9.2013 - 3 S 6/13, juris; Maier, VuR 2013, 397, 399).
Rz. 20
(3) Einer weiteren Auffassung zufolge wird das Bearbeitungsentgelt mit den Darlehensraten gezahlt, wobei unterschiedlich beurteilt wird, ob die Zahlung mit den ersten Darlehensraten (OLG Brandenburg, BeckRS 2013, 22390), mit jeder Rate anteilig (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2013 - 23 S 391/12, juris Rz. 85 ff.) oder aber mit den letzten Raten erfolgt (AG Gießen, Urt. v. 25.6.2013 - 47 C 46/13, juris Rz. 15).
Rz. 21
(4) Eine in jüngerer Zeit vertretene Ansicht schließlich will den Darlehensvertrag, sofern das Bearbeitungsentgelt mitkreditiert worden ist, zudem durch ergänzende Vertragsauslegung dahingehend korrigieren, dass ein Darlehen nur in Höhe des Nettodarlehensbetrags als aufgenommen gilt. Die Darlehensraten seien deshalb anteilig zu reduzieren, so dass Bereicherungsansprüche wegen überzahlter Zinsen und Tilgungsleistungen abschnittsweise mit Zahlung jeder Darlehensrate entstünden (Rodi, ZIP 2014, 1866, 1870 ff.).
Rz. 22
bb) Richtigerweise kann die Frage, wie und wann das Bearbeitungsentgelt entrichtet wird, nicht einheitlich für sämtliche unterschiedlichen Vertragskonstruktionen beurteilt werden. Vielmehr ist wie folgt zu differenzieren:
Rz. 23
Wird das Bearbeitungsentgelt nicht separat gezahlt, sondern mitkreditiert, so wird es in der Regel - vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung - im Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens durch Einbehalt des auf das Bearbeitungsentgelt entfallenden Teils der Darlehensvaluta in voller Höhe geleistet (1). Wird das Bearbeitungsentgelt hingegen lediglich in den Gesamtbetrag eingestellt, so ist es bis zu den vereinbarten Fälligkeitsterminen der Darlehensraten gestundet und anteilig mit den einzelnen Darlehensraten zu entrichten (2). Welche Vertragsgestaltung im Einzelfall vorliegt, ist in Ermangelung einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung über die Leistung des Bearbeitungsentgelts durch Auslegung des Darlehensvertrages und der darin enthaltenen Darlehensberechnung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2013 - 23 S 391/12, juris Rz. 88).
Rz. 24
(1) Wird das Bearbeitungsentgelt mitfinanziert, so ist es Teil des Darlehensnennbetrages (vgl. § 498 Satz 1 Nr. 1 BGB), der sich regelmäßig aus dem gewünschten Auszahlungsbetrag - dem Nettodarlehensbetrag - und den mitkreditierten Einmalkosten zusammensetzt (BT-Drucks. 11/5462, 19; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 492 Rz. 32). Der Darlehensnehmer nimmt in diesem Falle ein um den Betrag des Bearbeitungsentgelts erhöhtes Darlehen auf, wobei das Entgelt in der Regel bei Kreditauszahlung sofort fällig wird (BGH, Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308). Die Bank zahlt lediglich den um das Bearbeitungsentgelt reduzierten Nettodarlehensbetrag (Art. 247 § 3 Abs. 2 Satz 2 EGBGB; vgl. auch § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB in der bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung) an den Darlehensnehmer aus und behält den auf das Entgelt entfallenden Teil des Nennbetrages zum Zwecke der Tilgung ihres - vermeintlichen - Anspruchs auf Zahlung des Bearbeitungsentgelts ein (Rodi, ZIP 2014, 1866, 1867). Durch den Einbehalt wird das Bearbeitungsentgelt sogleich im Wege der internen "Verrechnung" an die Bank geleistet, so dass der Bereicherungsanspruch in vollem Umfang im Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens entsteht (vgl. BGH, Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308; v. 15.6.2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rz. 15).
Rz. 25
In rechtlicher Hinsicht stellt die "Verrechnung" in der hier zu beurteilenden Fallkonstellation weder eine einseitige Aufrechnung durch die Bank (§ 387 BGB) noch eine vertragliche Aufrechnung mit dem Anspruch des Darlehensnehmers auf Zurverfügungstellung der Darlehensvaluta aus § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB dar (a.A. Staudinger/Freitag, BGB, Neubearbeitung 2011, § 488 Rz. 211; Berger in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 488 Rz. 202; Hammen, WM 1994, 1101, 1103, jeweils zum Disagio; kritisch auch Rodi, ZIP 2014, 1866, 1872 Fn. 54). Vielmehr ist der Einbehalt lediglich als eine einvernehmlich bewirkte Verkürzung des Leistungsweges zu verstehen (vgl. BGH, Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308), weil der Darlehensnehmer das mitkreditierte Bearbeitungsentgelt typischerweise nicht zur freien Verfügung erhalten soll (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.5.2014 - 10 S 9217/13, S. 7, n.v.). Für dieses Verständnis der getroffenen Leistungsabrede spricht auch die Legaldefinition des Nettodarlehensbetrages in Art. 247 § 3 Abs. 2 Satz 2 EGBGB. Denn hierunter ist der Betrag zu verstehen, der dem Darlehensnehmer nach allen Abzügen effektiv verbleibt (Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 492 Rz. 32). Es liegt mithin bei der hier gegebenen Vertragsgestaltung keine unwirksame Aufrechnung vor, die mangels Bestehens eines Anspruchs auf das Bearbeitungsentgelt ins Leere ginge (vgl. § 389 BGB; BGH, Urt. v. 5.11.1997 - XII ZR 20/96, NJW 1998, 978, 979 m.w.N.) und den Anspruch des Darlehensnehmers auf vollständige Valutierung des Darlehens fortbestehen ließe. Stattdessen stellt der direkte Einbehalt der Darlehensvaluta durch die Bank vereinbarungsgemäß die Leistung des Bearbeitungsentgelts durch den Darlehensnehmer i.S.v. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB dar (vgl. zur Parallele bei den Anweisungsfällen und dem Geheißerwerb Schwab in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 812 Rz. 59, 61 ff.). Der Darlehensnehmer ist daher so zu stellen, wie wenn die Bank die Darlehensvaluta voll an ihn ausgezahlt und er diese teilweise sogleich zur Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts an die Bank verwendet hätte (vgl. LG Bonn WM 2013, 1942, 1943).
Rz. 26
Durch den Einbehalt erfüllt der Darlehensgeber zugleich den Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers aus § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zwar ist dem Darlehensnehmer das Darlehen grundsätzlich erst dann i.S.v. § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Verfügung gestellt, wenn der Darlehensgegenstand endgültig aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausgeschieden ist und dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zugeführt wird (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 336 zu § 607 BGB a.F.). Von einer Zurverfügungstellung der Darlehensvaluta ist aber auch dann auszugehen, wenn das Darlehen teilweise zum Zwecke der Tilgung einer Verbindlichkeit des Darlehensnehmers gegenüber dem Darlehensgeber aufgenommen wurde, die Darlehensvaluta vom Darlehensgeber hierfür bereitgestellt und sogleich einbehalten wird (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.2000 - XI ZR 200/99, WM 2000, 1243 f.; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung 2012, § 492 Rz. 32, § 494 Rz. 20). Denn der Darlehensnehmer hat sich wirksam mit einem geringeren Auszahlungsbetrag und dem Einbehalt des höheren Betrages zur Tilgung der vermeintlichen Gegenforderung - wie hier des Anspruchs auf das Bearbeitungsentgelt - einverstanden erklärt (anderer Fall BGH, Urt. v. 17.1.2012 - XI ZR 457/10, WM 2012, 312 Rz. 15).
Rz. 27
Danach kann der Darlehensnehmer aufgrund der Unwirksamkeit der Vereinbarung über das Bearbeitungsentgelt zwar dessen Rückzahlung sowie Nutzungsersatz (§ 818 Abs. 1 BGB) verlangen. Das aufgenommene Darlehen hat er aber - trotz geringerer Auszahlung - gem. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB vereinbarungsgemäß nebst den geschuldeten Zinsen zurückzuführen. Ein Anspruch auf Neuberechnung des Darlehens und Gutschrift zu viel bezahlter Beträge besteht dagegen nicht. Denn der Darlehensvertrag im Übrigen und die insoweit getroffenen Abreden sind wirksam (vgl. § 306 Abs. 1 BGB). Spätere Darlehensraten werden somit ausschließlich auf den wirksam begründeten Rückzahlungsanspruch (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) erbracht und nicht anteilig auf das zu Unrecht geforderte Bearbeitungsentgelt. Welche und wie viele Darlehensraten der Darlehensnehmer bereits an die kreditgebende Bank gezahlt hat, spielt deshalb im Falle einer Mitkreditierung des Bearbeitungsentgelts für die Prüfung des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs keine Rolle (LG Bonn WM 2013, 1942, 1943).
Rz. 28
(2) Anders verhält es sich, wenn das Bearbeitungsentgelt nicht Bestandteil des Darlehensnennbetrages, sondern lediglich - wie hier - in den zurückzuzahlenden Gesamtbetrag, den Bruttodarlehensbetrag, eingerechnet ist. Das Bearbeitungsentgelt ist in diesem Fall bis zu den Fälligkeitsterminen der einzelnen Raten gestundet und wird mit diesen erbracht (dazu Rodi, ZIP 2014, 1866, 1867). Der Rückzahlungsanspruch entsteht mithin nicht bereits im Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens, sondern - anteilig - mit Entrichtung des in den einzelnen Darlehensraten enthaltenen Bearbeitungsentgelts (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB). Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass Darlehensnebenkosten wie Bearbeitungsentgelte bei einem Ratenkreditvertrag nicht vorab (§ 367 Abs. 1 BGB), sondern pro rata temporis entsprechend dem Verhältnis zum Gesamtbetrag getilgt werden, wenn aus dem Gesamtbetrag gleichbleibende monatliche Raten gebildet werden (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.1984 - III ZR 2/83, BGHZ 91, 55, 58 f.); Einzelheiten sind dem Tilgungsplan zu entnehmen (Art. 247 § 14 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, § 492 Abs. 3 Satz 2 BGB).
Rz. 29
(3) Nach diesen Maßstäben wurden die hier streitigen Bearbeitungsentgelte - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - vom Kläger nicht bereits im Zeitpunkt der Valutierung der Darlehen geleistet, sondern vielmehr mit den Darlehensraten erbracht.
Rz. 30
Nach den revisionsrechtlich bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§§ 559 Abs. 1 Satz 1, 314 ZPO) erfolgte die Zahlung des Bearbeitungsentgelts für das im Jahr 2006 geschlossene Darlehen in voller Höhe mit der ersten Rate am 1.3.2007. Entsprechendes gilt für die noch im Streit stehende erste Teilzahlung auf das Bearbeitungsentgelt aus dem im Jahr 2008 geschlossenen Darlehen i.H.v. 826,70 EUR, die der Kläger mittels der am 15.12.2008 fälligen Rate zahlte.
Rz. 31
b) Der Kläger hat die Bearbeitungsentgelte nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts auch ohne rechtlichen Grund geleistet.
Rz. 32
aa) Wie der Senat mit den beiden Urteilen vom 13.5.2014 entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten für Verbraucherkreditverträge in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (XI ZR 405/12, WM 2014, 1224 Rz. 23 ff., für BGHZ bestimmt und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rz. 32 ff.). Diese Rechtsprechung gilt auch im Streitfall. Denn bei den in Rede stehenden Bearbeitungsentgeltklauseln handelt es sich nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Rz. 33
bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung spricht hierfür bereits das von der Beklagten standardmäßig verwendete Vertragsformular, das ein vorgedrucktes Leerfeld für den Eintrag einer Bearbeitungsgebühr enthält (vgl. BGH, Urt. v. 14.5.1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238). Zudem hat die Beklagte selbst vorgetragen, in den von ihr abgeschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen ein Bearbeitungsentgelt anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages nach bestimmten Vorgaben zu berechnen (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rz. 21). Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass Betrag und rechnerischer Anteil des Bearbeitungsentgelts am Nettodarlehensbetrag nicht in allen im streitigen Zeitraum geschlossenen Darlehensverträgen gleich waren oder die Beklagte bisweilen sogar auf die Erhebung eines Bearbeitungsentgelts verzichtet hat. Denn für die Einordnung einer Bearbeitungsentgeltregelung als Allgemeine Geschäftsbedingung ist es unerheblich, dass die jeweilige Entgelthöhe variiert oder auch im Einzelfall kein Bearbeitungsentgelt erhoben wird. Es reicht vielmehr aus, dass die kreditgebende Bank regelmäßig Bearbeitungsentgelte verlangt, sie diese beim Vertragsschluss einseitig vorgibt und nicht ernsthaft zur Disposition stellt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.9.2013 - 6 U 32/13, juris Rz. 31 f.; LG Stuttgart ZIP 2014, 18). So aber liegt der Fall hier. Weder hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger im Streitfall Gelegenheit zur Abänderung der von ihr regelmäßig verlangten Bearbeitungsentgelte gegeben hätte, noch zeigt die Revisionserwiderung diesbezüglichen, vom Berufungsgericht übergangenen Vortrag auf (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rz. 25).
Rz. 34
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche seien verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB).
Rz. 35
a) Bereicherungsansprüche verjähren nach der Regelverjährung des § 195 BGB in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (BGH, Urt. v. 29.1.2008 - XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rz. 26; v. 15.6.2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rz. 12 m.w.N.). Der Verjährungsbeginn setzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag (BGH, Urt. v. 19.3.2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078). In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, Urt. v. 20.1.2009 - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rz. 47; v. 26.9.2012 - VIII ZR 279/11, WM 2013, 1286 Rz. 48; v. 22.7.2014 - KZR 13/13, NJW 2014, 3092 Rz. 23). Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht (BGH, Urt. v. 16.9.2004 - III ZR 346/03, BGHZ 160, 216, 232).
Rz. 36
b) Nach diesen Grundsätzen sind die Rückzahlungsansprüche des Klägers nicht verjährt.
Rz. 37
aa) Nicht frei von Rechtsfehlern sind bereits die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den objektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Rückzahlungsansprüche des Klägers nicht mit Valutierung der noch streitgegenständlichen Darlehen in den Jahren 2006 und 2008 entstanden, sondern - wie oben näher ausgeführt (II. 1. a) bb) (3)) - erst mit Entrichtung der das Bearbeitungsentgelt enthaltenden Darlehensraten in den Jahren 2007 und 2008.
Rz. 38
bb) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist sei bereits im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung in Gang gesetzt worden, hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Zwar hatte der Kläger mit Leistung der maßgeblichen Raten, mit denen er nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts jeweils das Bearbeitungsentgelt zahlte, Kenntnis sämtlicher den Anspruch begründenden tatsächlichen Voraussetzungen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die Klageerhebung war ihm aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vor dem Jahre 2011 nicht zumutbar, so dass der Verjährungsbeginn bis zum Schluss des Jahres 2011 hinausgeschoben war.
Rz. 39
(1) Die Frage, wann Rückforderungsansprüche wegen zu Unrecht gezahlter Bearbeitungsentgelte verjähren, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Rz. 40
(a) Die überwiegende Auffassung sieht Rückzahlungsansprüche mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung als verjährt an, wenn die Regelverjährungsfrist des § 195 BGB - gerechnet ab dem Schluss des Jahres der Leistung des Bearbeitungsentgelts - abgelaufen ist (OLG Brandenburg, BeckRS 2013, 22390; LG Bonn WM 2013, 1942, 1943; LG Braunschweig, BeckRS 2014, 06199; LG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2013 - 23 S 391/12, juris Rz. 60 ff.; LG Mannheim, Urt. v. 28.2.2014 - 1 S 147/13, S. 7 ff., n.v.; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.5.2014 - 10 S 9217/13, S. 8 ff., n.v.; AG München, Urt. v. 25.10.2013 - 283 C 16189/13, juris Rz. 16; vgl. LG Hannover, Urt. v. 15.5.2014 - 3 S 10/13, S. 8 f., n.v. - für den Anspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB; Becher/Krepold, BKR 2014, 45, 57; Edelmann, CRP 2014, 148, 149; Göhrmann, BKR 2013, 275, 277 ff.; Omlor, EWiR 2014, 405, 406; Piekenbrock/Ludwig/Rodi, ZIP 2014, 1353, 1359 ff.; Wardenbach, GWR 2013, 497; Wittmann, jurisPR-BKR 3/2014 Anm. 5; vgl. Stackmann, NJW 2014, 2403 f.).
Rz. 41
(b) Nach anderer Ansicht hat die Verjährungsfrist für Rückzahlungsansprüche, die vor dem Jahre 2011 entstanden sind, mangels vorheriger Zumutbarkeit der Klageerhebung erst mit Ablauf des Jahres 2011 zu laufen begonnen. Erst im Jahre 2011 habe sich eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet, die formularmäßige Bearbeitungsentgelte entgegen der älteren Rechtsprechung des BGH missbilligt habe (AG Frankfurt/M., BKR 2013, 502, 505; AG Hamburg, NJW-RR 2014, 51, 52; vgl. Casper, EWiR 2014, 437, 438; Strube/Fandel, BKR 2014, 133, 144; Nobbe, WuB IV C. § 307 BGB 2.14; Dorst, VuR 2014, 342, 346; LG Stuttgart, BeckRS 2013, 18225; anders indes für Verträge aus dem Jahre 2006 LG Stuttgart, Urt. v. 16.7.2014 - 13 S 36/14, juris Rz. 21). Teilweise wird zudem angenommen, einem Darlehensnehmer sei bis zur Veröffentlichung des Beschlusses des OLG Celle vom 13.10.2011 (3 W 86/11, juris) eine Klageerhebung nicht zumutbar gewesen (AG Stuttgart, Urt. v. 20.3.2013 - 1 C 39/13, juris Rz. 34). Denn erst mit diesem Beschluss habe das OLG Celle seine frühere, Bearbeitungsentgelte billigende Auffassung aufgegeben, die es maßgeblich auf die bisherige Rechtsprechung des BGH gestützt habe (OLG Celle WM 2010, 355).
Rz. 42
(c) Eine dritte Auffassung nimmt an, bis zur Veröffentlichung des Aufsatzes von Nobbe, dem damaligen Vorsitzenden des erkennenden Senats, in WM 2008, 185, 193 habe eine gefestigte Rechtsprechung des Inhalts bestanden, dass Bearbeitungsentgelte wirksam vereinbart werden könnten. Erst Nobbe habe sich entschieden gegen diese Rechtsprechung gestellt und damit den Streit um die Wirksamkeit von Bearbeitungsentgelten ausgelöst. Ansprüche, die bereits vor Veröffentlichung dieses Beitrags entstanden seien, seien verjährt. Für solche Ansprüche, die zwischen dieser Veröffentlichung bis zur höchstrichterlichen Klärung der Rechtslage durch die Senatsurteile vom 13.5.2014 (XI ZR 405/12, WM 2014, 1224, für BGHZ bestimmt und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325) entstanden seien, habe die Verjährung hingegen nicht vor dem 13.5.2014 zu laufen begonnen (Bartlitz, ZBB 2014, 233, 239 f.; im Ansatz ähnlich LG Stuttgart, Urt. v. 16.7.2014 - 13 S 36/14, juris Rz. 21).
Rz. 43
(d) Eine vierte Auffassung schließlich geht mit ähnlicher Begründung, wenn auch mit anderem rechtlichen Ansatz davon aus, dass die Verjährung von Rückzahlungsansprüchen zwischen der Veröffentlichung des Aufsatzes von Nobbe und der objektiven Klärung des Streits um die Wirksamkeit von Bearbeitungsentgelten gehemmt gewesen sei (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 27.1.2014 - 6 S 3714/13, juris Rz. 39 ff.).
Rz. 44
(2) Zutreffend ist im Ergebnis die zweitgenannte Auffassung. Die Frage, wann eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung führt, unterliegt der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht (BGH, Urt. v. 15.6.2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rz. 13). Danach war einzelnen Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage wegen zu Unrecht geforderter Bearbeitungsentgelte nicht vor dem Jahre 2011 zumutbar. Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB begann deshalb für früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen. Verjährt sind hingegen solche Rückforderungsansprüche, bei denen - gerechnet vom Zeitpunkt ihrer Entstehung - innerhalb der absoluten kenntnisunabhängigen 10-jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.
Rz. 45
Allerdings lässt sich das Hinausschieben des Verjährungsbeginns nicht damit rechtfertigen, im maßgeblichen Zeitpunkt der Anspruchsentstehung - hier also am 1.3.2007 bzw. 15.12.2008 - habe eine unsichere und zweifelhafte, von divergierenden Meinungen und Entscheidungen geprägte Rechtslage bestanden. Vor dem Jahre 2010 herrschte nämlich schon kein für die Annahme einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage erforderlicher ernsthafter Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung über die AGB-rechtliche Wirksamkeit von Bearbeitungsentgeltklauseln (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2010 - XI ZR 348/09, ZIP 2011, 1046 Rz. 21). Dass die Rechtslage erst unsicher wird, nachdem die Verjährung zu laufen begonnen hat, vermag die Verjährungsfrist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht zu verlängern (verfehlt daher im Ansatz LG Stuttgart, BeckRS 2013, 18225).
Rz. 46
Indessen stand der Zumutbarkeit der Klageerhebung - was das Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt hat - die ältere Rechtsprechung des BGH entgegen, die Bearbeitungsentgelte in "banküblicher Höhe" von zuletzt bis zu 2 % gebilligt hatte (BGH, Urt. v. 29.6.1979 - III ZR 156/77, NJW 1979, 2089, 2090; v. 2.7.1981 - III ZR 17/80, WM 1981, 838, 839; v. 1.6.1989 - III ZR 219/87, WM 1989, 1011, 1014; v. 29.5.1990 - XI ZR 231/89, BGHZ 111, 287, 293; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.2.1985 - III ZR 207/83, WM 1985, 686, 687; v. 5.5.1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1359; v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308). Eine Klageerhebung wurde vor diesem Hintergrund erst nach Herausbildung einer gefestigten Auffassung der OLG zur AGB-rechtlichen Unwirksamkeit solcher Klauseln im Jahre 2011 zumutbar, die eine Abkehr von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erwarten ließ.
Rz. 47
Die gegenteilige Argumentation des Berufungsgerichts vermag auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Erwägungen der Revisionserwiderung nicht zu überzeugen.
Rz. 48
(a) Die Bedenken der Revisionserwiderung gegen die Rechtsprechung zum Hinausschieben des Verjährungsbeginns im Ausnahmefall einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage sind nicht berechtigt.
Rz. 49
(aa) § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlangt Kenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen. Der Verjährungsbeginn setzt danach zwar - wie dargelegt (s. oben II. 2. a)) - grundsätzlich nicht voraus, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Jedoch ist die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers erst vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Schuldner eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung in einem Maße Erfolgsaussicht hat, dass sie zumutbar ist (BGH, Urt. v. 26.9.2012 - VIII ZR 279/11, WM 2013, 1286 Rz. 47; v. 6.5.1993 - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 324 f. zu § 852 Abs. 1 BGB a.F.).
Rz. 50
(bb) Einem derartigen Hinausschieben des Verjährungsbeginns stehen auch, anders als die Revisionserwiderung meint, systematische Erwägungen nicht entgegen.
Rz. 51
Zwar wird gem. § 206 BGB die Verjährung bei höherer Gewalt - dem im Verhältnis zu einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage möglicherweise schwereren Tatbestand (Stoffels, NZA 2011, 1057, 1060; Jacoby, ZMR 2010, 335, 338 f.) - nur gehemmt, wenn ein tatsächliches Hindernis innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist vorgelegen hat. Hierzu steht es aber nicht in Widerspruch, bei einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage den Verjährungsbeginn hinauszuschieben. Die jeweiligen Fälle sind schon nicht vergleichbar. § 206 BGB stellt eine im Interesse des Schuldners eng auszulegende zusätzliche Schutzvorschrift dar, die dem Gläubiger die Durchsetzung von Ansprüchen auch dann noch ermöglichen soll, wenn kurz vor Ablauf der Verjährung tatsächliche Hindernisse auftreten. Zur Frage des Verjährungsbeginns, der sich allein nach § 199 Abs. 1 BGB bestimmt, verhält sich der Hemmungstatbestand des § 206 BGB jedoch nicht.
Rz. 52
(cc) Das Hinausschieben des Verjährungsbeginns in Fällen zweifelhafter Rechtslage in besonders begründeten Ausnahmefällen widerspricht zudem nicht Sinn und Zweck des Verjährungsrechts (vgl. im Ergebnis auch Theisen/Theisen, Festschrift Nobbe, 2009, S. 453, 469 f.; a.A. Jacoby, ZMR 2010, 335, 339; kritisch Stoffels, NZA 2011, 1057, 1061). Das Verjährungsrecht erfordert angesichts seines Schutzzwecks eindeutige Verjährungsregeln und eine Auslegung, die die gebotene Rechtssicherheit gewährleistet (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2012 - XI ZR 56/11, WM 2012, 2190 Rz. 24). Jedoch müssen Verjährungsregeln mit Rücksicht auf das verfassungsrechtlich geschützte Forderungsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) stets einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Schuldners und des Gläubigers darstellen (BGH, Urt. v. 17.6.2005 - V ZR 202/04, WM 2005, 1801, 1804). Dies kann in engen Grenzen Ausnahmen rechtfertigen, um dem Gläubiger eine faire Chance zu geben, seinen Anspruch geltend zu machen (BGH, Urt. v. 17.6.2005 - V ZR 202/04, WM 2005, 1801, 1804; s. auch Theisen/Theisen, a.a.O., S. 460).
Rz. 53
(dd) Entgegen der Revisionserwiderung spricht auch der Wille des Gesetzgebers für eine Anwendung der zu § 852 BGB a.F. entwickelten Grundsätze (s. BGH, Urt. v. 27.5.1952 - III ZR 128/51, BGHZ 6, 195) im Anwendungsbereich des § 199 Abs. 1 BGB. Zwar sollte mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz das Verjährungsrecht vereinfacht und vereinheitlicht werden. Der Gesetzgeber hat aber bei der Schaffung des § 199 Abs. 1 BGB bewusst an § 852 BGB a.F. angeknüpft (BT-Drucks. 14/6040, 104, 107). Mangels einer ausdrücklichen anderweitigen Regelung ist deshalb davon auszugehen, dass die zu § 852 BGB a.F. entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze zum Hinausschieben des Verjährungsbeginns ebenfalls fortgelten sollen. Das wird auch dadurch belegt, dass der Gesetzgeber mit § 199 Abs. 1 BGB das erklärte Ziel verfolgt hat, dem Gläubiger eine faire Chance zur Durchsetzung seines Anspruchs zu eröffnen (BT-Drucks. 14/6040, 95; vgl. auch Theisen/Theisen, Festschrift Nobbe, 2009, S. 453, 460). Hierzu gehört nach der Gesetzesbegründung insb., dass dem Gläubiger grundsätzlich hinreichend Gelegenheit gegeben werden muss, das Bestehen seiner Forderung zu erkennen (BT-Drucks. 14/6040, 95).
Rz. 54
(b) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist der Anwendungsbereich der Rechtsprechungsgrundsätze zum Hinausschieben des Verjährungsbeginns bei unklarer und zweifelhafter Rechtslage nicht auf Fälle beschränkt, in denen - wie bei Notar- oder Amtshaftungsansprüchen - Unsicherheit über die Person des Schuldners besteht (Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 199 Rz. 18a; Piekenbrock/Ludwig/Rodi, ZIP 2014, 1353, 1355; a.A. Bitter/Alles, NJW 2011, 2081, 2082 ff.; Börstinghaus, NJW 2011, 3545, 3547; Göhrmann, BKR 2013, 275, 277). Vielmehr entspricht es gefestigter Rechtsprechung des BGH, dass diese Rechtsgrundsätze auf sämtliche Ansprüche anwendbar sind (st.Rspr., s. nur BGH, Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 Rz. 19; v. 20.1.2009 - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rz. 49; v. 26.9.2012 - VIII ZR 279/11, WM 2013, 1286 Rz. 48 ff.; v. 22.7.2014 - KZR 13/13, NJW 2014, 3092 Rz. 23 ff.; vgl. auch Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 199 Rz. 18a; Bartlitz, ZBB 2014, 233, 237).
Rz. 55
(c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Ausnahmefalles einer unklaren und zweifelhaften Rechtslage liegen im Streitfall vor. Darlehensnehmern war vor dem Jahre 2011 die Erhebung einer Rückforderungsklage wegen zu Unrecht vereinnahmter Bearbeitungsentgelte nicht zumutbar.
Rz. 56
(aa) Zumutbar ist die Klageerhebung nach allgemeinen Grundsätzen erst, sobald sie erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist (st.Rspr., BGH, Urt. v. 6.5.1993 - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 326; v. 26.9.2012 - VIII ZR 279/11, WM 2013, 1286 Rz. 52 m.w.N.). Das war hier vor dem Jahr 2011 nicht der Fall.
Rz. 57
Der Zumutbarkeit der Klageerhebung stand, was das Berufungsgericht verkannt hat, die ältere Rechtsprechung des BGH entgegen, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebilligt hatte (dazu die Nachweise unter II. 2. b) b) (2)). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren Bearbeitungsentgelte nicht lediglich mangels Entscheidungserheblichkeit unbeanstandet geblieben. Vielmehr hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1989 ausdrücklich entschieden, dass Banken berechtigt sind, Bearbeitungsgebühren in banküblicher Höhe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbaren (BGH, Urt. v. 1.6.1989 - III ZR 219/87, WM 1989, 1011, 1014). Zudem nahm er in zwei Entscheidungen aus dem Jahre 2004 an, ein Bearbeitungsentgelt i.H.v. 4 % lasse sich aufgrund seiner ungewöhnlichen Höhe nicht mit dem einmaligen Aufwand der dortigen Beklagten bei der Darlehensgewährung rechtfertigen, so dass es als laufzeitabhängige Vergütung mit zinsähnlichem Charakter einzuordnen sei (BGH, Urt. v. 14.9.2004 - XI ZR 11/04, WM 2004, 2306, 2308 und XI ZR 10/04, juris Rz. 18). Dass für die Bearbeitung ein Entgelt verlangt werden dürfe, wurde hierbei nicht grundlegend in Abrede gestellt. Ein rechtskundiger Dritter, den ein Darlehensnehmer um Rat gefragt hätte, musste vor diesem Hintergrund nicht von der Unwirksamkeit formularmäßiger Bearbeitungsentgelte ausgehen.
Rz. 58
In der Literatur war diese Rechtsprechung bis in das Jahr 2008 nur vereinzelt erörtert worden (Steppeler, Bankentgelte, 2003, Rz. 425 ff.; Krüger/Bütter, WM 2005, 673, 676) und die entsprechenden Beiträge waren auch ohne Widerhall in Form gerichtlicher Auseinandersetzungen geblieben. Erst der Aufsatz von Nobbe (WM 2008, 185, 194) führte zu zahlreichen Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzverbänden gegen entsprechende Klauseln. Die erste oberlandesgerichtliche Entscheidung, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen einer solchen Klage für unwirksam erklärte, traf das OLG Bamberg im Jahre 2010 (WM 2010, 2072). Die nachfolgende Entscheidung des OLG Dresden wurde erst im Jahre 2011 veröffentlicht (OLG Dresden, BeckRS 2011, 13603). Demgegenüber erachtete das OLG Celle unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung des BGH formularmäßige Bearbeitungsentgelte für wirksam (WM 2010, 355, 356). Damit lagen im Jahre 2010 zwei veröffentlichte - jedoch inhaltlich gegensätzliche - oberlandesgerichtliche Entscheidungen zur Wirksamkeit formularmäßiger Bearbeitungsentgelte in Verbraucherdarlehensverträgen nach § 488 BGB vor, von denen eine noch der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung folgte. In dieser Situation bot die Erhebung einer Rückforderungsklage nicht in einem Maße Aussicht auf Erfolg, dass sie zumutbar gewesen wäre.
Rz. 59
Eine Änderung trat insoweit erst ein, nachdem sich im Jahre 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen auf breiter Front missbilligte. Den Entscheidungen der OLG Bamberg und Dresden aus dem Jahre 2010 folgten die OLG Zweibrücken (MDR 2011, 1125), Düsseldorf (Urt. v. 24.2.2011 - 6 U 162/10, juris), Hamm (BeckRS 2011, 08607), Karlsruhe (WM 2011, 1366) und Frankfurt/M. (BeckRS 2012, 09048). Damit war unabhängig davon, dass das OLG Celle seine bisherige, Bearbeitungsentgelte billigende Rechtsprechung mit Beschluss vom 13.10.2011 aufgab (3 W 86/11, juris), ein hinreichend sicherer Boden für eine Rückforderungsklage bereitet. Zwar hat der erkennende Senat erst mit Urteilen vom 13.5.2014 (XI ZR 405/12, WM 2014, 1224, für BGHZ bestimmt und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325) entschieden, dass er an der älteren höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH, die formularmäßige Bearbeitungsentgelte unbeanstandet gelassen hat, nicht festhält. Ein rechtskundiger Dritter musste jedoch bereits vor dem 13.5.2014 aufgrund der Veröffentlichung zahlreicher oberlandesgerichtlicher Entscheidungen im Jahre 2011 billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des BGH künftig versagt werden wird (s. insb. OLG Bamberg WM 2010, 2072, 2073 f.; OLG Karlsruhe WM 2011, 1366, 1369 f.; vgl. OLG Frankfurt, BeckRS 2012, 09048; a.A. Bartlitz, ZBB 2014, 233, 240 f.).
Rz. 60
(bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ließ sich die AGB-rechtliche Unwirksamkeit von Bearbeitungsentgelten im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung selbst für einen rechtskundigen Dritten nicht schon früher aus allgemeinen Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Entgeltklauseln in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße ableiten. Zwar besteht keine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage, wenn die Rechtslage ausgehend von früheren höchstrichterlichen Entscheidungen und den darin aufgestellten Grundsätzen zuverlässig erkennbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2012 - VIII ZR 279/11, WM 2013, 1286 Rz. 50, 53; v. 22.7.2014 - KZR 13/13, NJW 2014, 3092 Rz. 26). So lagen die Dinge hier aber nicht.
Rz. 61
Allerdings sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Denn es gehört zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts, dass jeder Rechtsunterworfene solche Tätigkeiten zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.5.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 385 f.; v. 21.4.2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rz. 21 m.w.N.). Einer schlichten Übertragung dieser Grundsätze auf formularmäßige Bearbeitungsentgelte stand indes die ausdrückliche höchstrichterliche Billigung solcher Entgelte in der älteren Rechtsprechung des BGH entgegen, auf die sich kreditgebende Banken wie die Beklagte regelmäßig zur Abwehr von Rückzahlungsforderungen der betroffenen Darlehensnehmer berufen haben.
Rz. 62
Hinzu kommt, dass in der bisherigen Rechtsprechung des Senats im wesentlichen solche Entgeltklauseln für unwirksam erklärt worden waren, mit denen Kreditinstitute eine Vergütung für bestimmte Geschäftsvorfälle während der Vertragslaufzeit verlangt hatten, wie etwa die Bearbeitung oder Überwachung von Pfändungsmaßnahmen (BGH, Urt. v. 18.5.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380) oder die entgeltliche Benachrichtigung des Kontoinhabers über die Nichteinlösung von Lastschriften wegen fehlender Deckung (BGH, Urt. v. 13.2.2001 - XI ZR 197/00, BGHZ 146, 377). Diese Entgelte wurden - anders als das Bearbeitungsentgelt - nicht im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss erhoben. Das Bearbeitungsentgelt war somit, wie die Revision zutreffend geltend macht, mit den zuvor beanstandeten Entgelttatbeständen nicht ohne Weiteres vergleichbar (vgl. Bartlitz, ZBB 2014, 233, 239; a.A. Göhrmann, BKR 2013, 275, 279; Piekenbrock/Ludwig/Rodi, ZIP 2014, 1353, 1361; Wardenbach, GWR 2013, 497). Darüber hinaus gingen Teile sowohl der Fachliteratur als auch der Instanzrechtsprechung noch in den Jahren 2012 bis 2014 von der Wirksamkeit formularmäßiger Bearbeitungsentgelte und der Gültigkeit der hierzu bislang ergangenen älteren Rechtsprechung des BGH aus (s. nur Piekenbrock/Ludwig, WM 2012, 2349, 2350 ff.; Billing, WM 2013, 1777 ff., 1829 ff.; Becher/Krepold, BKR 2014, 45, 48 ff.; Casper/Möllers, BKR 2014, 59, 60 ff.; vgl. AG Düsseldorf, BKR 2013, 500 Rz. 50 ff.; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 27.12.2013 - 10 O 5948/13, juris Rz. 37 ff.; LG München I, ZIP 2014, 20 f.; vgl. zu einem Bausparvertrag auch OLG Hamburg, Beschl. v. 24.5.2011 - 10 U 12/09, juris Rz. 8 ff.).
Rz. 63
(cc) An dieser Einschätzung vermag der von der Revisionserwiderung angeführte Umstand nichts zu ändern, dass die Bearbeitungsentgelte billigenden Entscheidungen des BGH vor der Reform des Schuldrechts zum 1.1.2002 zum alten Darlehensrecht der §§ 607, 608 BGB a.F. ergangen sind (a.A. Piekenbrock/Ludwig/Rodi, ZIP 2014, 1353, 1360, 1361). Zwar kam der Darlehensvertrag nach der damals geltenden Realvertragstheorie erst mit Hingabe der Darlehensvaluta zustande, so dass anders als nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB Zinsen nur für die Kapitalbelassung und nicht auch für die Zurverfügungstellung der Darlehensvaluta geschuldet waren (§ 608 BGB a.F.; s. dazu Mülbert, AcP 192 (1992) 447, 455 f.). Die AGB-rechtliche Wirksamkeit von Bearbeitungsentgelten war aber in der älteren Rechtsprechung nicht auf die rechtliche Konstruktion des Darlehensvertrages als Realvertrag gestützt, sondern mit der allgemeinen Erwägung begründet worden, dass solche Entgelte in banküblicher Höhe zulässig seien (BGH, Urt. v. 1.6.1989 - III ZR 219/87, WM 1989, 1011, 1014). Ein rechtskundiger Dritter musste deshalb allein aufgrund der geänderten Rechtslage nicht zuverlässig von einer abweichenden AGB-rechtlichen Würdigung bei Verbraucherdarlehensverträgen nach § 488 BGB ausgehen.
Rz. 64
(dd) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung wurde die Klageerhebung auch nicht bereits mit der Veröffentlichung einzelner Aufsätze zur Thematik der Bearbeitungsentgelte in bankrechtlichen Fachzeitschriften in den Jahren 2003, 2005 und 2008 zumutbar.
Rz. 65
Abgesehen davon, ob vor dem Hintergrund einer gegenläufigen höchstrichterlichen Rechtsprechung einzelne Literaturbeiträge überhaupt die Zumutbarkeit der Klageerhebung zu begründen vermögen, übten Steppeler (Bankentgelte, 2003, Rz. 427 ff.) und Krüger/Bütter (WM 2005, 673, 676) - was die Revisionserwiderung unberücksichtigt lässt - keine grundlegende Kritik an der Wirksamkeit formularmäßiger Bearbeitungsentgelte. Steppeler (a.a.O. Rz. 427 ff.) bemängelte lediglich die prozentuale Anknüpfung an den Nettodarlehensbetrag bei größeren Darlehensbeträgen. Für Ratenkredite kleineren Umfangs - wie sie auch hier im Streit stehen - ging er jedoch von der Wirksamkeit formularmäßiger Bearbeitungsentgelte aus. Krüger/Bütter hielten zwar ein Entgelt für die Kreditbearbeitung und Bonitätsprüfung für unwirksam, nahmen jedoch im Übrigen an, dass bestimmte Leistungen im Zusammenhang mit der Kreditvergabe, wie etwa Beratungsleistungen, bepreist werden dürften. Sie forderten deshalb die Kreditwirtschaft nicht generell zum Verzicht auf die Erhebung von Bearbeitungsentgelten auf, sondern schlugen im Gegenteil zu deren Rechtfertigung vor, Banken sollten künftig darstellen, welche Dienstleistungen mit dem Entgelt konkret abgegolten würden; zudem sprachen sie sich dafür aus, die prozentuale Anknüpfung des Bearbeitungsentgelts an den Nettodarlehensbetrag zugunsten eines aufwandsabhängigen Entgelts zu überdenken (Krüger/Bütter, WM 2005, 673, 676).
Rz. 66
Erstmals der Aufsatz von Nobbe (WM 2008, 185, 193) stellte die Wirksamkeit formularmäßiger Bearbeitungsentgelte grundlegend in Frage. Er gab freilich, wenngleich es sich um eine in der bankrechtlichen Literatur bedeutsame Stimme handelte, allein die persönliche Auffassung des damaligen Vorsitzenden des erkennenden Senats wieder. Auch ein fachkundig beratener Darlehensnehmer musste deshalb jedenfalls bis zu den dargestellten zahlreichen Entscheidungen der OLG im Jahre 2011, die auf breiter Front der Auffassung von Nobbe folgten, weiter damit rechnen, dass eine beklagte Bank sich nach wie vor mit Erfolg auf die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung würde berufen können (a.A. Bartlitz, ZBB 2014, 233, 240 f.; Wardenbach, GWR 2013, 497).
Rz. 67
(ee) Einer Klageerhebung vor dem Jahre 2011 stand daher, anders als das Berufungsgericht ausgeführt hat, nicht lediglich das allgemeine, stets vorhandene Risiko eines Prozessverlustes entgegen. Vielmehr konnte aufgrund der Billigung formularmäßiger Bearbeitungsentgelte in der älteren Rechtsprechung des BGH die Erhebung einer Rückforderungsklage nicht aussichtsreich erscheinen.
Rz. 68
(d) Gemessen hieran sind die noch streitbefangenen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche des Klägers nicht verjährt. Diese sind zwar bereits mit Leistung der Bearbeitungsentgelte am 1.3.2007 und am 15.12.2008 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Da die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB mangels vorheriger Zumutbarkeit der Klageerhebung - wie dargelegt - erst mit Ablauf des Jahres 2011 zu laufen begann, wurde die Verjährung aber durch die mit Schriftsatz vom 19.12.2012 beim AG eingereichte und der Beklagten am 18.1.2013 zugestellte Klage rechtzeitig Ende des Jahres 2012 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO).
III.
Rz. 69
Die Abweisung der Klage stellt sich entgegen der Revisionserwiderung auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Beklagten kann ein Anspruch auf Zahlung der streitgegenständlichen Bearbeitungsentgelte gegen den Kläger nicht nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zugebilligt werden. Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 13.5.2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rz. 105 ff.) sind nicht dargetan.
IV.
Rz. 70
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen in der Hauptsache getroffen. Weitergehende Feststellungen zu den geltend gemachten Nebenforderungen sind mangels insoweit erforderlicher Sachaufklärung (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht geboten.
Rz. 71
Dem Kläger steht über die von der Beklagten bereits anerkannten Beträge hinaus gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Rückzahlungsanspruch i.H.v. weiteren 1.015,96 EUR zu. Die begehrten Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz kann der Kläger - wie zuletzt beantragt - als Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 BGB ab dem 2.3.2007 aus 189,20 EUR und ab dem 16.12.2008 aus weiteren 826,76 EUR verlangen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich auf die Herausgabe der vom Leistungsempfänger tatsächlich gezogenen Zinsen beschränkt. Bei Zahlungen an eine Bank besteht aber eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Urt. v. 24.4.2007 - XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147 Rz. 35 m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 7447531 |
BGHZ 2015, 115 |
BB 2014, 2690 |
BB 2014, 2881 |
BB 2015, 10 |
DB 2014, 2958 |
DB 2014, 6 |
NJW 2014, 3713 |
NJW 2014, 8 |
NWB 2014, 3383 |
DWW 2015, 77 |
EBE/BGH 2014 |
EWiR 2014, 765 |
JR 2015, 581 |
NZG 2014, 5 |
WM 2014, 2261 |
WuB 2015, 56 |
ZIP 2014, 2334 |
ZIP 2014, 85 |
JZ 2015, 206 |
JZ 2015, 34 |
JZ 2015, 6 |
JuS 2014, 10 |
JuS 2015, 168 |
MDR 2015, 46 |
NJ 2014, 5 |
VuR 2014, 6 |
VuR 2015, 143 |
ZInsO 2014, 3 |
BKR 2015, 19 |
GWR 2014, 530 |
InsbürO 2015, 112 |
NWB direkt 2014, 1139 |
ZBB 2014, 427 |
ZBB 2015, 60 |
ZVI 2015, 14 |
Jura 2015, 417 |